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10.11.2006 · IWW-Abrufnummer 063267

Amtsgericht Hof: Urteil vom 04.09.2006 – 14 C 1694/05

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Amtsgericht Hof

14 C 1694/05
verkündet am 4.9.2006

Im Namen des Volkes

In dem Rechtsstreit XXX

wegen Schadenersatz

erlässt das Amtsgericht Ho durch Richter am Amtsgericht aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17.7.2006 am 4.9.2006 folgendes

END - URTEIL

I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 1,00 nebst 5 % Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 05.11.2004 zu bezahlen.

II. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 997,46 nebst 5 % Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 11.11.2004 zu bezahlen.

III. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

I.

Die Klägerin macht gegen die Beklagte restliche Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall vom 14.10.2004 gegen 23.15 Uhr geltend. Zu diesem Zeitpunkt fuhr Frau XXX mit dem bei der Beklagten versicherten Pkw mit dem amtl. Kz.: XXX gegen den von der Tochter der Klägerin ordnungsgemäß abgestellten Pkw mit dem amtl. Kz.: XXX. Unstreitig wurde der Verkehrsunfall alleine durch die unfallbeteiligte XXX verursacht. Die Haftung dem Grunde nach zu 100 % zu Lasten der Beklagten ist unstreitig. Der Pkw der Klägerin erlitt bei dem Verkehrsunfall am 14.10.2004 einen Totalschaden. Die Tochter der Klägerin mietete in der gleichen Nacht vom Abschleppunternehmen Autohaus XXX für den Zeitraum vom 15.10. bis 28.10.2004 einen Pkw an, da sie am nächsten Morgen um 09.00 Uhr in Nürnberg an einem beruflich verpflichtenden Seminar teilnehmen musste und anschließend nach Straubing weiterfahren wollte. Dafür entstand gem. Rechnung der Fa. XXX vom 28.10.2004 ein Rechnungsendbetrag von EUR 2.389,60 auf der Basis eines sog. Unfallersatztarifs. Die Klägerin lässt sich hierauf 10 % Eigenersparnis in Höhe von EUR 175,50 anrechnen. Unter Hinzurechnung von Kosten für die Haftungsbefreiung in Höhe von EUR 140,00 und für die Zustellung in Höhe von EUR 25,00 des Mietfahrzeuges und Anrechnung von 16 % MwSt. in Höhe von EUR 279,12 verlangt die Klägerin von der Beklagten Ersatz der insgesamt entstandenen Mietwagenkosten von brutto EUR 2.023,62. Die Beklagte hat hierauf einen Betrag von EUR 1.026,16 bezahlt, so dass noch ein offener Betrag auf Mietwagenkosten in Höhe von EUR 997,46 offen steht. Darüber hinaus verlangt die Klägerin von der Beklagten noch EUR 1,00 auf die Unkostenpauschale, nachdem die Beklagte lediglich EUR 25,00 insoweit bezahlt hat.

Die Klägerin ist der Meinung, dass die Beklagte zum vollständigen Ersatz der ihr entstandenen Mietwagenkosten verpflichtet sei, da sie berechtigt gewesen sei, ein Fahrzeug zum Unfallersatztarif anzumieten, und zwar für die gesamte Dauer der Anmietzeit. Eine nachträgliche Erkundigungspflicht nach 3 Tagen Anmietung sei ihr nicht zuzumuten.

Die Klägerin beantragt daher:

I. Die Beklagte wird verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin einen Betrag von EUR 1,00 auf die Unkostenpauschale nebst 5 % Punkten Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 05.11.2004 zu bezahlen.

II. Die Beklagte wird als Gesamtschuldnerin verurteilt, an die Klägerin offene Mietwagenkosten in. Höhe von EUR 997,46 nebst 5 % Punkten Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 11.11.2004 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt
Klageabweisung.

Sie trägt vor, dass die Klägerin nicht die gesamten Mietwagenkosten ersetzt bekommen darf. Es handele sich bei dem von der Autovermietung in Ansatz gebrachten Tarif um einen sog. Unfallersatztarif. Zur Anmietung zu einem derartigen Tarif sei die Klägerin nicht berechtigt gewesen. Die Klägerin sei nach der neuesten Rechtsprechung des BGH im Rahmen der Schadensminderungspflicht gem. § 254 BGB verpflichtet gewesen, den teuren Miet-Pkw nach spätestens 3 Tagen zurückzugeben und bei bestehendem Fahrbedarf ein günstigeres Fahrzeug zu einem günstigen Normaltarif anzumieten. Dieser Pflicht sei die Klägerin nicht nachgekommen, so dass ihr für die restliche Anmietdauer von 11 Tagen lediglich die Kosten nach der Schwackeliste zu ersetzen seien. Diese Ausgaben seien durch die Beklagte bereits überzahlt, so dass der Klägerin kein weiterer Anspruch zustünde und diese die darüber hinausgehenden Mietwagenkostenl selbst tragen müsse.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der eingereichten Schriftsätze sowie die übergebenen Unterlagen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist teilweise begründet.

Nach der Rechtsprechung des BGH kann der Geschädigte vom Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer nach § 249 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Geschädigte ist dabei ebenso wie bei anderen Kosten der Wiederherstellung und ebenso wie in anderen Fällen, in denen er die Schadensbeseitigung selbst in die Hand nimmt, nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung .zu wählen. (Vgl. beispielhaft BGH VI ZR 161/05).

Im gegenständlichen Fall war die Tochter der Klägerin, aufgrund der Unfallsituation, der Unfall trug sich nachts um 23.15 Uhr zu und der Verpflichtung der Tochter der Klägerin, der Nutzerin des Pkws, am nächsten Tag um 09.00 Uhr verpflichtend an einem Seminar in Nürnberg teilnehmen zu müssen, berechtigt, in der gleichen Nacht zu einem erhöhten Tarif ein Fahrzeug anzumieten. Der von der Fa. XXX geltend gemachte Tarif war gem. § 249 BGB für die Tochter der Klägerin erforderlich, um ihrer beruflichen Verpflichtung nachzukommen und nach Ende des Seminars von Nürnberg zu ihrem Hauptwohnsitz nach Straubing zurückzukehren.

Unstreitig ist auch, dass aufgrund der subjekt bezogenen Schadensbetrachtung der Geschädigten, dies ist hier die Nutzerin des Pkws, die Zeugin XXX, dass ihr unter Berücksichtigung ihrer individuellen Erkenntnis und Einflussmöglichkeit und unter zumutbarer Anstrengungen auf dem in ihrer Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt kein wesentlich günstigerer "Normaltarif" zugänglich war. Damit stand der Klägerin frei, einen Pkw zum sog. Unfallersatztarif anzumieten. Unerheblich insoweit ist jedoch, ob die Autovermietfirma lediglich einen Tarif anbietet oder mehrere Tarife unterscheidet. Entscheidend ist, dass der tatsächlich angebotene Tarif dermaßen eklatant über dem des sog. Normaltarifs liegt, dass es sich tatsächlich um einen sog. Unfallersatztarif handelt.

Nach Ansicht des Gerichts hätte die Tochter der Klägerin das Fahrzeug zum überteuerten Tarif auch angemietet, wenn sie dieses hätte selbst zahlen müssen. Sie hat sich wie ein verständiger wirtschaftlich denkender Mensch verhalten und durfte die entstandenen Mietwagenkosten für zweckmäßig und notwendig erachten. Die Klägerin muss sich hier auch nicht auf einen Normaltarif verweisen. lassen. Nach Ansicht des Gerichts ist ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht gem. § 254 BGB nicht gegeben. Auch die neueste Rechtsprechung des BGH bedeutet nach Ansicht des Gerichts nicht, dass für den Fall, dass der Geschädigte berechtigt war, zum Unfallersatztarif anzumieten, spätestens nach 3 Tagen eine erneute nachträgliche Erkundigungspflicht eingetreten ist, ob nunmehr ein günstigerer Tarif zur Verfügung steht. Nach der Rechtsprechung des BGH ist entscheidender Zeitpunkt für die Frage der Erforderlichkeit und auch des Mitverschuldens der des Anmietzeitpunkts. Möglicherweise kann bei einer sehr langen Mietdauer des Fahrzeugs zum Unfallersatztarif auch eine erneute nachträgliche Erkundigungspflicht für den Anmieter greifen. Bei der hier gegenständlichen Mietdauer von 14 Tagen jedenfalls, gilt diese nicht. Die Klägerin war berechtigt, das Fahrzeug über den gesamten Zeitraum zum Unfallersatztarif anzumieten. Die gegenteilige Auffassung würde die Klägerin, die unverschuldet Geschädigte, einseitig übermäßig belasten. Diese müsste regelmäßig in zeitlichen Abständen sich um einen günstigeren Tarif bemühen, unabhängig davon, ob dies ihr beruflich möglich ist, überzöge diese Ansicht die Schadensminderungspflicht der Geschädigten, zumal sie erst den ersten Mietvertrag kündigen müsste, um einen neuen eingehen zu können.

Die Klägerin kann von der Beklagten Ersatz der vollständigen Mietwagenkosten und der restlichen Unkostenpauschale verlangen. Die Klage ist im vollen Umfang begründet.

Die Auslagenpauschale beträgt BUR 26,00, so dass der Klägerin auch insoweit noch EUR 1,00 zusteht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

RechtsgebietBGBVorschriften§ 249 Abs. 2 Satz 1 BGB § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB

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