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18.10.2006 · IWW-Abrufnummer 062987

Sozialgericht Nordrhein-Westfalen: Beschluss vom 22.05.2006 – S 13 SB 182/03

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Sozialgericht Duisburg

22.11.2005

Az: S 13 SB 182/03

Beschluss

In dem Rechtsstreit XXX

hat die 13. Kammer des Sozialgerichts Duisburg am 22.11.2005 ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden. Richter am Sozialgericht XXX beschlossen:

Die von dem Beklagten an den Kläger zu erstattenden außergerichtlichen Kosten werden auf 449,14 Euro festgesetzt nebst Zinsen in Höhe von.5 vH über dem Basisleitsatz nach § 1 des Diskont-Oberleitungsgesetzes vom 09.06.1998 ab dem 22.12.2004.

Grunde:

In der Hauptsache stritten die Beteiligten darüber, ob bei dem Kläger ein Grad der Behinderung (GdB) von 60, mindestens mehr als 40, festzustellen ist.

Das Gericht holte von Amts wegen 5 Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte sowie 2 medizinische Sachverständigengutachten ein. Nach Übersendung der Gutachten an den Kläger im August 2004 meldeten sich die Prozessbevollmächtigten des Klägers.

Sie nahmen Einsicht in die Gerichts- und Verwaltungsakten. Sie fertigten einen Schriftsatz, in dem sie ausführten, daß unter Berücksichtigung der von den Sachverständigen festgestellten Einzel-GdB-Werten ein Gesamt-GdB von 60 gerechtfertigt sei. Danach erklärte sich das beklagte Land schriftsätzlich bereit, bei dem Kläger ab AntragsteIlung einen GdB von 50 festzustellen. Der Kläger erklärte sich mit dieser Regelung einverstanden und den Rechtsstreit insgesamt für erledigt.

Mit Beschluß des Gerichtes vom 01.03.2005 wurden däni Beklagten 3/4 der erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Klägers auferlegt.

Am 22.12.2004 machten die Prozessbevollmächtigten des Klägers erstattungsfähige außergerichtliche Kosten in Höhe von 574,20 Euro geltend. Dabei legten sie als Verfahrensgebühr einen Betrag von 250,00 Euro, als Terminsgebühr einen Betrag von 200,00 Euro und als Einigungsgebühr einen Betrag von 190,00 Euro zugrunde.

Der Beklagte vertrat die Auffassung. daß als Verfahrensgebühr ein Betrag von 187,50 Euro zugrunde zu legen sei. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit und die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers seien als unterdurchschnittlich zu bewerten, so daß es gerechtfertigt sei, die Mittelgebühr um 25 vH zu unterschreiten. Das gleiche gelte hinsichtlich der Einigungsgebühr. Als Terminsgebühr komme lediglich ein Betrag in Höhe von 20,00 Euro in Betracht, also die Mindestgebühr, da kein Termin vor dem Gericht stattgefunden habe. Insgesamt ergäben sich erstattungsfähige Kosten in Höhe von 323,25 Euro.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluß vom 20.04.2005 setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die zu erstattenden außergerichtlichen Kosten auf 323,64 Euro nebst Zinsen fest. Dabei legte er als Verfahrensgebühr einen Betrag in Höhe von 200,00 Euro und eine Einigungsgebühr in Höhe von 152,00 Euro zugrunde. Die Festsetzung einer Terminsgebühr lehnte er ab, weil die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien.

Gegen den am 28.04.2005 zugestellten Beschluß haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers am 06.05.2005 richterliche Entscheidung beantragt. Sie sind der Auffassung, daß die beantragten Mittelgebühren gerechtfertigt seien, weil um die Schwerbehinderung gestritten worden sei und die Sache auch rechtlich schwierig gewesen sei. Zwar seien sie erst nach Vorlage der Gutachten in den Rechtsstreit eingetreten, hätten aber die gesamten Unterlagen durcharbeiten und sich insbesondere mit den Sachverständigengutachten intensiv auseinander setzen müssen. Auch sei eine fiktive Terminsgebühr angefallen, da das Gerichtsverfahren ohne mündliche Verhandlung durch schriftlichen Vergleich zur Erledigung gebracht worden sei. Dies ergebe sich aus der analogen Anwendung der Gebührenziffer 3104 Abs. 1 Nr. 1 RVG.

Der Beklagte vertritt weiterhin die Auffassung, daß eine Terminsgebühr nicht angefallen sei.

Die von dem Beklagten an den Kläger zu erstattenden außergerichtlichen Kosten sind auf 449,14 Euro festzusetzen.

Der Vergütungsanspruch der Prozessbevollmächtigten des Klägers bestimmt sich gemäß § 61 Abs. 1 RVG nach den Vorschriften dieses Gesetzes. Gemäß § 3 Abs. 1 RVG in Verbindung mit §§ 197 a, 183 SGG entstehen hier Rahmengebühren. Gemäß § 14 Abs. 1 RVG bestimmt der Rechtsanwalt bei Rahmengebühren die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ist die Gebühr, wie hier, von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist. Die von den Prozessbevollmächtigten des Klägers festgesetzte Gebühr in Höhe von 574,20 Euro ist unbillig. Es kann dahingestellt bleiben, ob eine Unbilligkeit im Sinne des § 14 Abs. 1 RVG schon immer dann gegeben ist, wenn die festgesetzte Gebühr die angemessene Gebühr überschreitet (so zum Teil die Rechtsprechung des BSG) oder erst dann, wenn die angemessene Gebühr um mehr als 20 vH überschritten wird (so ein Teil der übrigen sozialgerichtlichen Rechtsprechung). Auch unter Zugrundelegung der zuletzt genannten Auffassung ist die von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers festgesetzte Gebühr unbillig. Die angemessene Gebühr ist mit 449,14 Euro anzusetzen.

Gemäß § 2 Abs. 2 RVG bestimmt sich die Höhe der Vergütung nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zum RVG.

Gemäß RVG W Nr. 3102 erhält der Rechtsanwalt als Verfahrensgebühr für Verfahren vor den Sozialgerichten, in denen Betragsrahmengebühren entstehen, eine Gebühr von 40,00 - 460,00 Euro,. Aus Gründen der Gleichbehandlung ist bei Rahmengebühren zunächst von der Mittelgebühr, das sind hier 250,00 Euro, auszugehen. Je nach Umständen des Einzelfalles ist die Gebühr nach unten oder oben abzuändern. Der Rechtsstreit war für den Kläger von durchschnittlicher Bedeutung, denn die Schwerbehinderteneigenschaft war im Streit. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit ist als unterdurchschnittlich zu bewerten. Die Prozessbevollmächtigten des Klägers sind erst nach Einholung und Übersendung von Befundberichten der den Kläger behandelnden Ärzte sowie zweier medizinischer Sachverständigengutachten in das Verfahren eingetreten. Zwar weisen sie zutreffend darauf hin, daß sie diese Unterlagen vollständig durcharbeiten mußten. Es ist jedoch offensichtlich. daß der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit geringer ist, wenn er zum Ende eines Verfahrens den gesamten Akteninhalt in einem Arbeitsgang durcharbeitet, als wenn er das Verfahren vom Zeitpunkt der Klageerhebung an. betreut. Im letzteren Fall muß er sich mehrfach mit dem Verfahren beschäftigen, mehrere Gespräche mit dem Mandanten führen; Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit ist als durchschnittlich zu bewerten. Der Umstand, daß der Rechtsanwalt sich in einem Arbeitsgang mit dem gesamten Verfahrensinhalt beschäftigen muß, ändert grundsätzlich nichts am Schwierigkeitsgrad dieser Tätigkeit. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers sind als leicht unterdurchschnittlich zu bewerten, da er schon seit einem Zeitpunkt lange vor Beginn des Verfahrens arbeitslos gewesen ist und Lohnersatzleistungen bezogen hat.

Hiervon ausgehend ist als Verfahrensgebühr ein Betrag von 213,25 Euro anzusetzen. Dem liegen folgende Überlegungen zugrunde: Die Mittelgebühr ist gerechtfertigt, wenn alle Bewertungskriterien als durchschnittlich zu bewerten sind. Wenn alle Kriterien mit "0" zu bewerten wären, käme lediglich die Mindestgebühr in Betracht. Das Gericht geht davon aus, dass die Bewertungskriterien grundsätzlich als gleichwertig zu behandeln sind. Wenn somit einzelne Kriterien mit ?=? zu bewerten wären, wäre es gerechtfertigt, für jedes dieser Kriterien einen Betrag in Höhe von 25 vH der DIfferenz zwischen Mittelgebühr und Mindestgebühr von der Mittelgebühr abzusetzen. Soweit einzelne Kriterien zwar nicht mit "0", aber als unterdurchschnittlich zu bewerten sind, ist ein Abschlag von der Mittelgebühr in der dem Grad der "Unterdurchschnittlichkeit" entsprechenden Höhe vorzunehmen. Im Hinblick auf den deutlich unterdurchschnittlichen Umfang der anwaltlichen Tätigkeit ist es angemessen, insoweit von der Mittelgebühr einen Betrag in Höhe von 12,50 vH der Differenz zwischen Mittelgebühr und Mindestgebühr abzusetzen. Im Hinblick auf die leicht unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers ist es angemessen, insoweit einen Betrag in Höhe von 5 vH der Differenz zwischen Mittelgebühr und Mindestgebühr abzusetzen. Insgesamt ist bei der Verfahrensgebühr die Mittelgebühr um 36,75 Euro (17,5 vH von 210,00 Euro) auf 213,25 Euro zu kürzen.

Da der Rechtsstreit aufgrund eines schriftlichen Vergleiches beendet worden ist, steht den Prozessbevollmächtigten des Klägers gemäß RVG-VV Nr. 1000 Abs. 1, 1005, 1006 eine Einigungsgebühr, und zwar in Höhe von 182,00 Euro zu. Der Gebührenrahmen für die genannten Einigungsgebühr beträgt 30,00 bis 350,00 Euro, die Mittelgebühr somit 190,00 Euro. Bei der Ausfüllung des Gebührenrahmens ist zu beachten, daß die in § 14 Abs. 1 RVG genannten Bewertungskriterien auf den Gebührentatbestand, also auf die Einigung zu beziehen sind. Da der Rechtsstreit infolge der Einigung insgesamt erledigt worden ist, gilt hinsichtlich der Bedeutung der Angelegenheit das zur Verfahrensgebühr gesagte. Auch hinsichtlich der Bewertung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers ergibt sich hier nichts anderes. Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit im Hinblick auf den Gebührentatbestand "Einigung" sind als durchschnittlich zu bewerten. Die Prozessbevollmächtigten des Klägers mußten sich mit der Schlüssigkeit medizinischer Sachverständigengutachten auseinandersetzen und prüfen, ob das Vergleichsangebot des Beklagten den Interessen des Klägers gerecht wurde. Der im Rahmen der Verfahrensgebühr zu berücksichtigende Aspekt des geringeren Arbeitsaufwandes infolge des späten Eintretens in das Verfahren spielt hier bei der Einigungsgebühr keine Rolle. Im Hinblick auf die leicht unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers ist deshalb angemessen, die Mittelgebühr um einen Betrag in Höhe von 5 vH der Differenz zwischen Mittelgebühr und Mindestgebühr, also in Höhe von 8,00 Euro (5 vH von 160,00 Euro) auf 182,00 Euro zu kürzen.

Dem Prozessbevollmächtigten des Klägers steht ferner eine Terminsgebühr in Höhe von 101,00 Euro zu. Nach RVG-VV Nr. 3106 erhält der Rechtsanwalt in Verfahren vor den Sozialgerichten, in denen Betragsrahmengebühren entstehen, eine Terminsgebühr, wenn ein Termin stattgefunden hat oder wenn in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Parteien ohne mündliche Verhandlung entschieden wird oder wenn nach § 105 Abs. 1 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsentscheid entschieden wird oder wenn das Verfahren nach angenommenen Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet. Keine dieser Voraussetzungen ist hier erfüllt. In entsprechender Anwendung der RVG-VV Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 steht den Prozessbevollmächtigten des Klägers jedoch eine Terminsgebühr zu. Nach dieser Vorschrift entsteht die Terminsgebühr auch, wenn in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird. Das diese Alternative nur für die Terminsgebühr in sozialgerichtlichen Verfahren, die nach Streitwert abgerechnet werden, gelten soll, nicht aber für die Terminsgebühr in Verfahren vor dem Sozialgericht, in denen Betragsrahmengebühren entstehen, ist in sich widersprüchlich. Dies würde auch der Intention des Gesetzgebers widersprechen, einen gebührenrechtlichen Anreiz dafür zu schaffen, daß Rechtsanwälte an der Erledigung eines Rechtsstreites ohne mündliche Verhandlung mitwirken. Das Gericht geht deshalb davon aus. daß der Fall der Erledigung eines Rechtsstreites ohne mündliche Verhandlung infolge eines schriftlichen Vergleiches vom Gesetzgeber versehentlich nicht in RVG-VV 3106 geregelt worden ist (so auch Guhl, NZS 2005, S. 193, 194).

Als Terminsgebühr ist eine Gebührenrahmen von 20,00 - 380,00 Euro vorgesehen. Die von den Prozessbevollmächtigten des Klägers angesetzte Mittelgebühr in Höhe von 200,00 Euro ist hier nicht angemessen. Auch bei der Terminsgebühr sind die in § 14 Abs. 1 RVG genannten Bewertungskriterien auf den Gebührentatbestand, nämlich den Termin, zu beziehen. Hinsichtlich der Bedeutung des Rechtsstreites für den Kläger und hinsichtlich seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse gilt das zur Verfahrensgebühr und zur Einigungsgebühr gesagte. Die Kriterien Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit im Hinblick auf einen Termin sind hier mit "0" zu bewerten, denn ein Termin hat tatsächlich nicht stattgefunden. Insoweit haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers also keinerlei Tätigkeit entfaltet, die gebührenrechtlich relevant wäre. Es ist deshalb angemessen, für die Kriterien Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit jeweils einen Betrag in Höhe von 25 vH der Differenz zwischen der Mittelgebühr und der Mindestgebühr von der Mittelgebühr abzusetzen. Im Hinblick auf die leicht unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers ist es angemessen, einen weiteren Betrag in Höhe von 5 vH der Differenz zwischen der Mittelgebühr und Mindestgebühr von der Mittelgebühr abzuziehen. Insgesamt ist von der Mittelgebühr ein Betrag von 99,00 Euro (55 vH von 180,00 Euro) abzusetzen.

Unter Einbeziehung der Auslagenpausche gemäß RVG-VV Nr. 7002 (20,00 Euro) ergeben sich insgesamt Gebühren in Höhe von 516,25 Euro. Unter Einbeziehung der Umsatzsteuer gemäß RVG-VV Nr. 7008 (16 vH) ergibt sich insgesamt ein Vergütungsanspruch von 598,85 Euro. Davon hat der Beklagte 3/4, also 449,14 Euro, zu tragen.

Der Zinsanspruch ergibt sich in entsprechender Anwendung des § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Dieser Beschluß ist unanfechtbar (§ 197 Abs. 2 SGG).

RechtsgebietRVGVorschriftenNr. 3104 VV RVG

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