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28.09.2006 · IWW-Abrufnummer 062824

Oberlandesgericht Bamberg: Beschluss vom 27.03.2006 – 3 W 43/06

Die Kosten eines während des Rechtsstreits eingeholten Privatgutachtens sind zu erstatten, wenn es erforderlich ist, um der Partei einen substantiierten Sachvortrag zu ermöglichen, der ohne das Gutachten nicht möglich ist. Gleiches gilt, wenn eine Partei sachverständiger Hilfe bedarf, um sich mit dem Inhalt einer Zeugenaussage auseinandersetzen zu können.


Oberlandesgericht Bamberg

3 W 43/06

BESCHLUSS

des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg
vom 27. März 2006

in Sachen XXX

wegen Forderung; hier: Kostenfestsetzung

I. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Schweinfurt vom 07. Februar 2006 - bzgl. der Kostenfestsetzung für die 1. Instanz - wie folgt abgeändert:

Die, von dem Kläger an die Beklagten als Gesamtgläubiger nach dem rechtskräftigen Endurteil des Landgerichts Schweinfurt vom 05.05.2004 zu erstattenden Kosten für die 1. Instanz werden auf EUR 16.497,90 (LW. sechzehntausendvierhundertsiebenundneunzig 90/100 EURO ) nebst Zinsen von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit 17.05.2004 festgesetzt.

II. Die weitergehende Beschwerde des Klägers wird zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens haben zu tragen: Der Kläger: 99,7%; Die Beklagten: 0,3%.

IV. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 9.127,89 EUR.

V. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Mit der am 29.05.2001 eingereichten Klage nahm der Kläger die Beklagten auf Erfüllung eines Zahlungsversprechens in Höhe von EUR 511.291,88 in Anspruch. Die Beklagten, die den vom Kläger verfolgten Anspruch bestritten, rechneten hilfsweise mit Schadensersatzansprüchen in Höhe von insgesamt EUR 488.995,61 auf.

Im Laufe des Rechtsstreits holten die Beklagten ein Gutachten des Dipl. Ing. (FH) B ein (Anl. B 45 im Anlagenband RAe ####, Bl. 121 ff), für das sie Kosten in Höhe von EUR 9.280 aufgewendet haben. Das Gutachten diente den Beklagten zur substantiierten Darlegung ihrer zur Aufrechnung gestellten Schadensersatzansprüche und wurde insoweit vom Erstgericht in den Entscheidungsgründen auch berücksichtigt (S. 28 des Urteils des LG Bamberg v. 05.05.2004, Bl. 380 d.A.).

Während des Rechtsstreits holten die Beklagten darüber hinaus ein Gutachten des K ein (Anl. B 44 im Anlagenband RAe U, Bl. 109 ff), für das ihnen Kosten in Höhe von EUR 1.901,07 entstanden sind. Der Inhalt dieses Gutachtens diente den Beklagten zur Auseinandersetzung mit der Aussage des Zeugen Schnabel.

Das Erstgericht hat der Klage nach Beweisaufnahme mit Urteil vom 05.05.2004 unter Abweisung im Übrigen in Höhe von EUR 106.933,75 nebst Zinsen stattgegeben und die Kosten des Rechtsstreits zu 79% dem Kläger und zu 21% den Beklagten auferlegt.

Der Kläger nahm seine gegen das vorgenannte Urteil gerichtete Berufung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 20.07.2005 zurück. Mit Beschluss des Senats vom 20.07.2005 wurden dem Kläger die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 07.02.2006 setzte der Rechtspfleger des Landgerichts Schweinfurt die von dem Kläger an die Beklagten als Gesamtgläubiger zu erstattenden Kosten für die erste Instanz auf 16.520,38 EUR nebst Zinsen seit 17.05.2004 fest. Es bejahte die Erstattungsfähigkeit der von den Beklagten aufgewandten Kosten für die Einholung der beiden Privatgutachten in Höhe von 9.280.- EUR und 1.901,07 EUR und berücksichtigte die vom Kläger geltend gemachten Abwesenheitsgelder in Höhe von 3 mal 87 EUR lediglich in Höhe von 3 mal 56,24 EUR. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom. 07.02.2006 für die erste Instanz (Bl. 874-876 d.A.) Bezug genommen.

Gegen den ihm am 09.02.2006 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss richtet sich die sofortige Beschwerde des Klägers vom 21.02.2006 (Faxeingang; vgl. BL 885 d.A.), der der Rechtspfleger mit Beschluss vom 01.03.2006 (Bl. 910, 911 d.A.) nicht abgeholfen hat.

Der Kläger ist der Auffassung, die den Beklagten für die Einholung der Privatgutachten entstandenen Kosten seien nicht erstattungsfähig. Die von ihm beantragten Abwesenheitsgelder seien zu Unrecht reduziert worden. Im Übrigen seien die ihm entstandenen Kosten für die Stellung einer Bankbürgschaft für die angeordnete Sicherheitsleistung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit in Höhe von EUR 1.296,94 zu berücksichtigen. Wegen der Einzelheiten des Beschwerdevorbringens wird auf den Inhalt des Schriftsatzes vom 21.02.2006 (Bl. 885 bis 889 d.A.) Bezug genommen.

Die Beklagten haben beantragt, die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

II.

Die sofortige Beschwerde ist statthaft und zulässig (§§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 2, 569 ZPO).

Die sofortige Beschwerde hat in der Sache nur insoweit Erfolg, als der Rechtspfleger die vom Kläger für die 3 Terminstage jeweils beantragten Abwesenheitsgelder in Höhe von je EUR 87,00 auf je EUR 56,24 reduziert hat. Diese Reduzierung ist nicht gerechtfertigt, da es dem Klägervertreter aufgrund der Entfernung seines Wohn- und Geschäftsortes zum Gericht nicht zumutbar war, jeweils erst am Terminstag anzureisen.

Soweit der Kläger mit seiner Beschwerde beantragt, bei der Kostenfestsetzung die von ihm aufgewendeten Kosten für die Bankbürgschaft in Höhe von EUR 1.296,94 zu berücksichtigen, ist dem nicht zu entsprechen, da es sich insoweit nicht um notwendige Kosten der Rechtsverfolgung handelt.

Die den Beklagten entstandenen Kosten für die beiden Privatgutachten wurden vom Rechtspfleger zu Recht berücksichtigt. Insoweit handelt es sich um Kosten, die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig waren (§§ 91 Abs. 1 Satz 1, 103 Abs. 1 ZPO). Die Beurteilung dieser Frage hat sich daran auszurichten, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei diese die kosten auslösende Maßnahme ex ante als sachdienlich ansehen durfte. Dabei darf die Partei die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte ergreifen. Unter diesem Blickpunkt kommt eine Erstattung der Kosten eines Privatgutachtens dann in Betracht, wenn die Partei infolge fehlender Sachkenntnisse nicht zu einem sachgerechten Vortrag in der Lage ist (BGH NJW 2003, 1398 bis 1400 m.w.N.).

Die Kosten eines während des Rechtsstreits eingeholten Privatgutachtens sind zu erstatten, wenn es erforderlich ist, um der Partei einen substantiierten Sachvortrag zu ermöglichen, der ohne das Gutachten nicht möglich ist. Gleiches gilt, wenn eine Partei sachverständiger Hilfe bedarf, um sich mit dem Inhalt einer Zeugenaussage auseinandersetzen zu können (vgl. hierzu Zöller-Herget, ZPO, 25. Aufl., § 91 Rdnr. 13, Stichwort: Privatgutachten).

Die vorstehend angeführten Voraussetzungen lagen hinsichtlich beider von den Beklagten eingeholten Privatgutachten vor. Das Gutachten des Dipl.-Ing. (FH) B war für die Beklagten erforderlich, um ihren zur Aufrechnung gestellten Schadensersatzanspruch überhaupt substantiiert darlegen zu können. Im Hinblick auf die Komplexität des im Raum stehenden Schadensersatzanspruchs müssen sich die Beklagten auch nicht darauf verweisen lassen, dass es sich bei ihnen selbst um Baufirmen handelt. Ausweislich der Urteilsgründe (dort S. 28) hat das vorgenannte Gutachten auch den Rechtsstreit beeinflusst.

Im Hinblick auf den Inhalt der Aussage des Zeugen Schnabel bezüglich der Kaufpreisbildung bedurften die Beklagten auch sachverständiger Hilfe, um sich mit der vorgenannten Aussage qualifiziert auseinandersetzen zu können, so dass auch die Kosten zu erstatten sind, die für die Einholung des Gutachtens des K angefallen sind.

Für die Berechnung der vom Kläger an die Beklagten zu erstattenden Koste für die 1. Instanz ist deshalb von folgenden erstattungsfähigen Kosten auszugehen:

- Erstattungsfähige außergerichtliche Kosten des Klägers: 16.806,94 EUR.
- Erstattungsfähige außergerichtliche Kosten der Beklagten: 25.351,08 EUR.
Gesamtkosten: 42.158,02 EUR.

Davon tragen: Kläger (79%) = 33304,84 EUR; Bekl. (21%) = 8.853,18 EUR. Die vom Kläger an die Beklagten als Gesamtgläubiger zu erstattenden Kosten betragen daher 16.497,90 EUR (25.351,08 ? - 8.853,18 ?).

Dieser Betrag ist ab dem Eingang des ersten Kostenfestsetzungsantrags der Beklagten, dies war der 17.05.2004, zu verzinsen (vgl. Zöller-Herget, ZPO, 25. Aufl., § 104, Rdnr. 6).

Der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Schweinfurt vom 07.02.2006 für die 1. Instanz war daher wie aus dem Tenor ersichtlich, auf die Beschwerde des Klägers abzuändern. Seine weitergehende Beschwerde war zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 9.127,89 EUR.

Er berechnet sich wie folgt:

Der Kläger begehrt, seine Kosten wie folgt festzusetzen:
16.806,94 ? (vgl Antrag im SS. vom 16.08.05; die dort aufgeführten Einzelbeträge führen nur zu einer Zwischensumme von 14.488,74 ?, nicht zu dem angegebenen Betrag von 14.788,74 ?, so dass sich ein Betrag von 16.806,94 incl. MWSt. ergibt). 1.296,94 ? Summe: 18.103,88

Hinsichtlich der von den Beklagten zu beanspruchenden Kosten meint er, vom dem vom Rechtspfleger festgesetzten Betrag i.H.v. 25.351,08 seien 9.280 ? (GA B) und 1.901,07 ? (GA K) abzuziehen, so dass insoweit von Kosten i.H.v. 14.170,01 auszugehen. sei.

Von den so zu berechnenden Gesamtkosten i H. v. 32.273,89 ? (18.103,88 ? + 14170,01) entfielen auf den Kläger 25.496,37 (79 % von 32.273,89 ?) und auf die Beklagten 6.777,52 ? (21 % von 32.273,89).

Der an die Beklagten zu erstattende Betrag beliefe sich nach dem Beschwerdevorbringen des Klägers somit auf 7.392,49 (Kosten der B: 14.170,01 - von ihnen zu tragende Kosten: 6.777,52 ?).

Die Differenz zwischen dem vom Rechtspfleger festgesetzten Betrag i.H.v. 16.520,38 und dem nach dem Beschwerdevorbringen nach Auffassung des Klägers festzusetzenden Betrag i.H.v. 7.392,49 ? bildet den Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens. Dieser beträgt somit 9.127,89 ?.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor (§ 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 ZPO).

RechtsgebietZPOVorschriftenZPO § 91

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