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09.08.2006 · IWW-Abrufnummer 062322

Finanzgericht des Saarlandes: Urteil vom 23.05.2006 – 1 K 443/02

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


FINANZGERICHT DES SAARLANDES

URTEIL

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit XXX

wegen Einkommensteuer 1993, 1995 - 1997

hat der 1. Senat des Finanzgerichts des Saarlandes in Saarbrücken unter Mitwirkung des Vizepräsidenten des Finanzgerichts Dr. Axel Schmidt-Liebig als Vorsitzender, der Richter am Finanzgericht Dr. Peter Bilsdorfer und Günter Berwanger sowie der ehrenamtlichen Richter Johanna Busch (Studiendirektorin) und Klaus-Rudolf Werding (Gärtnermeister)

auf Grund der Sitzung vom 23. Mai 2006 ohne mündliche Verhandlung für Recht erkannt:

Unter Änderung der Bescheide vom 29. Juli 1999, alle in Form der Einspruchsentscheidung vom 28. Oktober 2002, wird die Einkommensteuer unter Berücksichtigung von negativen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (1993 i.H.v. 12.275 DM, 1995 i.H.v. 11.316 DM, 1996 i.H.v. 9.939 DM und 1997 i.H.v. 8.577 DM) aus dem streitigen Anwesen festgesetzt. Dem Beklagten wird aufgegeben, die Steuer neu zu berechnen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, sofern nicht der Kläger zuvor Sicherheit leistet.

Rechtsmittelbelehrung

Die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil kann durch Beschwerde angefochten werden.

Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof (Anschrift siehe unten) einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Abschrift oder Ausfertigung des angefochtenen Urteils beigefügt werden. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Auch die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen.

Rechtsmittel können auch über den elektronischen Gerichtsbriefkasten des Bundesfinanzhofs eingelegt und begründet werden, der über die vom Bundesfinanzhof zur Verfügung gestellte Zugangs- und Übertragungssoftware erreichbar ist. Die Software kann über die Internetseite "www.bundesfinanzhof.de" lizenzkostenfrei heruntergeladen werden. Hier befinden sich auch weitere Informationen über die Einzelheiten des Verfahrens, das nach der Verordnung der Bundesregierung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesverwaltungsgericht und beim Bundesfinanzhof vom 26. November 2004 (BGBl. I S. 3091) einzuhalten ist.

Bei der Einlegung und Begründung der Beschwerde muss sich jeder Beteiligte durch einen Steuerberater, einen Steuerbevollmächtigten, einen Rechtsanwalt, einen niedergelassenen europäischen Rechtsanwalt, einen Wirtschaftsprüfer oder einen vereidigten Buchprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen. Zur Vertretung berechtigt sind auch Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften sowie zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugte Partnerschaftsgesellschaften, die durch einen der in dem vorherigen Satz aufgeführten Berufsangehörigen tätig werden. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie durch Diplomjuristen im höheren Dienst vertreten lassen.

Lässt der Bundesfinanzhof aufgrund der Beschwerde die Revision zu, so wird das Verfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. Der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses des Bundesfinanzhofs über die Zulassung der Revision ist jedoch bei dem Bundesfinanzhof eine Begründung der Revision einzureichen. Die Beteiligten müssen sich auch im Revisionsverfahren nach Maßgabe des vorstehenden Absatzes vertreten lassen.

Anschrift
B u n d e s f i n a n z h o f
Ismaninger Str. 109
81675 München
Telefax 089 / 9231 - 201

Tatbestand

Der 1940 geborene Kläger hatte 1987 das Hausgrundstück, T-straße 3 in L erworben, um dort seine Buchhandlung zu betreiben, die sich zuvor in anderweitig gemieteten Räumen befunden hat. Im Erdgeschoss des Hauses waren zwei Ladenflächen vorhanden, von denen ein Teil bis zum 31. Juli 1991 fremd vermietet und der übrige Teil für eigengewerbliche Zwecke des Klägers genutzt worden ist. Im Obergeschoss befand die Wohnung der ehemaligen Eigentümerin. Die Wohnung stand seit dem Kauf des Hauses leer. Zunächst wurden die gewerblichen Flächen im Erdgeschoss saniert sowie Instandhaltungsmaßnahmen am Gebäude durchgeführt. Ab dem 1. August 1991 wurde die bisher fremd vermietete Ladenfläche vom Kläger ebenfalls eigengewerblich genutzt. Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb werden vom Finanzamt M unter der Steuernummer 00 0000000 gesondert festgestellt.

In seinen Einkommensteuer-Erklärungen machte der Kläger negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bezüglich der Wohnung geltend (anteilige Schuldzinsen und Grundsteuer):

1989 / 1990 / 1991 / 1992 / 1993 / 1994 / 1995 / 1996 / 1997

14.085 / 14.721 / 14.100 / 18.396 / 13.619 / 13.380 / 12.706 / 12.107 / 10.243

Die Einkünfte wurden bis 1996 wie beantragt veranlagt. Nachdem auch 1997 keine Einnahmen aus der Wohnung erzielt worden sind, versagte der Beklagte die weitere Berücksichtigung der negativen Einkünfte für 1997 und erließ am 29. Juli 1999 einen dementsprechenden Bescheid. Am selben Tage änderte er die nach § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Einkommensteuerbescheide 1993, 1995 und 1996 in gleicher Weise. Die hiergegen gerichteten Einsprüche vom 19. August 1999 wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 28. Oktober 2002 als unbegründet zurück.

Am 29. November 2002 erhob der Kläger Klage. Er beantragt, unter Änderung der Bescheide vom 29. Juli 1999, alle in Form der Einspruchsentscheidung vom 28. Oktober 2002, die Einkommensteuer unter Berücksichtigung von negativen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (1993 i.H.v. 12.275 DM, 1995 i.H.v. 11.316 DM, 1996 i.H.v. 9.939 DM und 1997 i.H.v. 8.577 DM) aus dem streitigen Anwesen festzusetzen.
Zum 31. Dezember 1991 hätten die gesamten Darlehen (einschließlich derer, die zu Beginn der gewerblichen Tätigkeit aufgenommen worden seien) 482.610 DM betragen. Als jährlicher Kapitaldienst für diese Darlehen hätten insgesamt 62.541 DM aufgebracht werden müssen. Die Einkünfte des Klägers hätten - insbesondere in den Jahren 1991 und 1992 - nicht einmal ausgereicht, um den jährlichen Kapitaldienst zu bedienen. Die Fehlbeträge seien durch Darlehen von Bekannten (rd. 60.000 DM) sowie durch Erhöhung von Lieferantenverbindlichkeiten und höherer Kontokorrentschulden, die durch ein Darlehen der Hausbank i.H.v. 100.000 DM 1997 abgelöst worden seien, aufgebracht worden. Unter diesen Umständen sei es unmöglich gewesen, die Renovierungskosten der Wohnung zu finanzieren (fehlende Sicherheiten, mangelnde Kapitaldienstfähigkeit). Die Vermietungsabsicht sei nicht aufgegeben, sondern auf einen Zeitpunkt verschoben worden, in dem die Finanzierung hätte sichergestellt werden können. Durch die positive Geschäftsentwicklung ab 1995 sei der Lagerbedarf für die Buchhandlung so groß, dass die Räume im Obergeschoss als Lager genutzt worden seien. Aus diesem Grund sei dieser Gebäudeteil mit den entsprechenden Darlehen 1998 in das Betriebsvermögen überführt worden (Bl. 20 f.).

Wegen dieser Finanzsituation des Klägers könne aus dem vorübergehenden Leerstehen der Wohnung nicht auf eine fehlende Einkunftserzielungsabsicht des Klägers geschlossen werden. Der Entschluss zur Einkunftserzielung sei endgültig gefasst gewesen, was hinreichend für die steuerliche Anerkennung vorab entstandener Werbungskosten sei (BFH vom 27. Januar 1993 IX R 64/88, BFH/NV 1993, 528 m.w.N.). Eindeutige Hinweise darauf, dass eine ernsthafte Absicht der Vermietung nicht bestanden habe, gebe es im vorliegenden Fall nicht (Bl. 21, 52, 57).

Da die Wohnungsräume seit 1998 für Lagerzwecke der Buchhandlung genutzt würden, habe sich ihr Zustand nicht verändert, so dass die notwendigen Renovierungsmaßnahmen ohne Probleme durch einen Sachverständigen festgestellt werden könnten. Die Kläger hätten immer die Absicht gehabt, spätestens bei Geschäftsaufgabe, die auf Grund des Alters der Klägers bald anstehe, das Ladenlokal zu vermieten und die Wohnräume zu renovieren und ebenfalls zu vermieten. Die gute Geschäftsentwicklung ab 1993 habe dazu geführt, dass die Darlehen von ursprünglich etwa 250.000 EUR auf zur Zeit nur noch rund 100.000 EUR zurückgeführt worden seien. Aus dem Verkauf des Buchhandels könnte in etwa 2 bis 3 Jahren der verbleibende Darlehensrest getilgt und die notwendige Renovierung der Wohnräume vorgenommen werden. Unter diesen Voraussetzungen sei dann auch ab dem 47. Jahr nach der Anschaffung ein Totalüberschuss zu erzielen. Da die damaligen Aufteilungsgrundlagen nicht mehr vorliegen würden, sei der Anteil der auf die Wohnung entfallenden Zinsen - entsprechend der auf die Wohnung entfallenden Darlehen - mit 31% der gesamten Zinsen anzusetzen. Zudem sei die anteilige AfA zu berücksichtigen (Bl. 50 ff.).

Der Beklagte beantragt, die Klage als unbegründet abzuweisen.
Aufwendungen für eine leerstehende Wohnung könnten als vorab entstandene Werbungskosten nur abgezogen werden, wenn der Entschluss zur Einkunftserzielung endgültig gefasst und später nicht wieder weggefallen sei (BFH vom 21. September 2000, BFH/NV 2001 S. 585; vom 19. August 2002 IX B 190/01, BFH/NV 2003, 147). Die zeitlich verzögerte Umsetzung des Entschlusses könne unschädlich sein, auch wenn die Verzögerung ihre Ursache im Bereich der Lebensführung habe (BFH vom 27. Januar 1993, BFH/NV 1993, 528). Die Verzögerung müsse jedoch einen überschaubaren Zeitraum umfassen. Ein langjähriger Leerstand spreche daher gegen eine Vermietungsabsicht (FG Niedersachsen vom 4. Oktober 1990 XII 322/87). Entsprechendes gelte, wenn eine Wohnung wegen mehrjähriger Renovierung leer stehe, ohne dass ein Bemühen um die Fertigstellung zur Vermietung erkennbar sei (FG Baden-Württemberg vom 12. Januar 1995, EFG 1995, 669 und vom 17. Juli 1996, EFG 1996, 1211; FG Münster vom 3. April 1995, EFG 1995, 804) oder wenn eine objektiv fehlende Vermietbarkeit nicht in absehbarer Zeit beseitigt werde (FG Münster vom 24. September 1996, EFG 1997, 213). Dem zeitlichen Zusammenhang zwischen Aufwendungen und späterer Vermietung komme bei der Gesamtwürdigung der Umstände ebenso eine indizielle Bedeutung zu wie der "Dauer einer Renovierung zur Vorbereitung einer Vermietungstätigkeit" (Bl. 46, 54 f.).

Die Kläger seien den Nachweis für die Renovierungsbedürftigkeit der Wohnung schuldig geblieben. Die frühere Wohnung im Obergeschoss habe bis zu ihrer Umwidmung zum betrieblichen Lagerraum im Jahr 1998 leer gestanden. Die Kosten seien daher ab diesem Zeitpunkt den Einkünften aus Gewerbebetrieb zuzuordnen. Ein Zusammenhang mit der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung sei daher spätestens ab diesem Zeitpunkt nicht mehr gegeben. Der Entschluss, die Wohnung zu vermieten, sei dann wieder fallengelassen worden. Zu keinem Zeitpunkt in diesem Zeitraum von ca. 10 Jahren sprächen die dargelegten finanziellen Verhältnissen dafür, dass in absehbarer Zeit Einnahmen hätten erzielt werden können. Die Kläger selbst gäben an, die Vermietungsabsicht auf einen Zeitpunkt zu "verschieben", in dem die Finanzierung sichergestellt worden sei. Die geltend gemachten Werbungskosten hätten von 1989 bis 1997 bereits 113.357 DM betragen. Hinzu kämen die behaupteten erheblichen Renovierungskosten. Inwieweit unter diesen Umständen ein Totalüberschuss erzielt werden könne, sei nicht ersichtlich (Bl. 46 f., 54 f.).

Ohnedies seien die geltend gemachten Schuldzinsen nicht in der zunächst beantragten Höhe den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zuzuordnen. Die Anschaffungs- und Renovierungskosten hätten zum 1. August 1991 insgesamt 387.039 DM betragen. Das Gesamtdarlehen habe sich zu diesem Zeitpunkt jedoch auf 482.610 DM belaufen, von denen 45.590 DM dem Betrieb des Klägers direkt zugeordnet worden seien. Das restliche Darlehen über 437.019 DM sei zu 42,2 % der Wohnung zugerechnet worden. Neben den jährlich hierauf entfallenden Zinsen würde nur noch die Grundsteuer als Werbungskosten beantragt. Daher sei nicht ersichtlich, aus welchen Gründen die Zinsen, die auf denjenigen Anteil des Darlehens entfallen würden, der die Anschaffungskosten der Wohnung zzgl. der anteiligen Renovierungskosten am Gesamtgebäude übersteige, durch die Einkunftsart Vermietung und Verpachtung veranlasst sei (Bl. 47 f.). Gegen die Neuberechnung bestünden keine Bedenken. Wegen fehlender Vermietungsabsicht würden sich aber auch die neu berechneten Werbungskosten nicht auswirken (Bl. 55).

Am 18. April 2006 hat der Berichterstatter mit den Beteiligten das streitige Anwesen in Augenschein genommen und den Rechtsstreit mit ihnen erörtert. Auf das Protokoll vom selben Tage wird Bezug genommen. Im Anschluss daran haben die Beteiligten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die beigezogenen Akten des Beklagten und das Protokoll der Augenscheinseinnahme verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig und auch begründet.

1. Werbungskosten sind gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sind Werbungskosten grundsätzlich alle durch diese Einkunftsart veranlassten Aufwendungen. Nach der Rechtsprechung des BFH liegt eine derartige Veranlassung vor, wenn (objektiv) ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit der auf Vermietung und Verpachtung gerichteten Tätigkeit besteht und (subjektiv) die Aufwendungen zur Förderung der Nutzungsüberlassung gemacht werden (z.B. BFH-Urteil vom 5. April 2005 IX R 48/04, BFHReport 2005, 513, m.w.N.). Sind die Aufwendungen nicht (allein) durch die Einnahmeerzielung (§ 21 Abs. 1 EStG), sondern auch (und zwar nicht unerheblich) durch die private Lebensführung veranlasst (§ 12 Nr. 1 EStG), können sie nicht als Werbungskosten abgezogen werden (BFH vom 14. Dezember 2004 IX R 34/03, BStBl. II 2005, 343, m.w.N.). Werbungskosten können bereits anfallen, wenn noch keine Einnahmen erzielt werden. Voraussetzung für die Berücksichtigung vorab entstandener Werbungskosten ist, dass ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart besteht, in deren Rahmen der Abzug begehrt wird (BFH vom 4. Juli 1990 GrS 1/89, BStBl. II 1990, 830, unter C. III. 2. a; vom 4. März 1997 IX R 29/93, BStBl. II 1997, 610). In aller Regel geht der wirtschaftliche Zusammenhang zwischen den vorweggenommenen Werbungskosten und den späteren Einnahmen mit einem zeitlichen Zusammenhang einher. Aber auch bei einem längeren zeitlichen Abstand zwischen beiden kann der wirtschaftliche Zusammenhang bestehen, wenn er sich aus anderen Gegebenheiten des Einzelfalls erkennen lässt (zum Zusammenhang der Finanzierungskosten für die Anschaffung eines unbebauten Grundstücks mit den späteren Mieteinnahmen des Gebäudes: BFH vom 8. Februar 1983 VIII R 130/79, BStBl. II 1983, 554).

"Einkünfte" (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 EStG) setzen u.a. ein Streben nach positiven Einkünften (§ 2 Abs. 2 EStG: "Gewinn" oder "Überschuss") voraus. Fehlt es hieran, so fallen die Tätigkeiten auch dann nicht unter eine der Einkunftsarten, wenn sie sich ansonsten ihrer Art nach unter § 2 Abs. 1 EStG einordnen ließen. Diese Einkunftserzielungsabsicht kann u.U. erst nach Aufnahme der Tätigkeit einsetzen und noch vor deren Beendigung wieder entfallen (BFH v. 22. April 1997 IX R 17/96, BStBl. II 1997, 650; v. 23. März 1982 VIII R 132/80, BStBl. II 1982, 463). Bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist für die Einkunftserzielungsabsicht grundsätzlich nicht das Ergebnis der Vermögensnutzung eines oder weniger Jahre, sondern das Gesamtergebnis der Vermögensnutzung (sog. "Totalperiode") entscheidend; einkommensteuerfreie Veräußerungsgewinne sind nicht in die Betrachtung einzubeziehen (Grundlegend: BFH v. 25. Juni 1984 GrS 2/84, BStBl. II 1984, 751, 765 ff.). Nach dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, einen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften; die Einkunftserzielungsabsicht kann insoweit nur in Ausnahmefällen verneint werden (BFH vom 30. September 1997 IX R 80/94, BStBl II 1998, 771). Eine Vermietungstätigkeit ist auf Dauer angelegt, wenn sie nach den bei Beginn der Vermietung ersichtlichen Umständen keiner Befristung unterliegt (BFH vom 9. Juli 2002 IX R 57/00, BStBl. II 2003, 695). Der durch die Absicht der Einkunftserzielung begründete Veranlassungszusammenhang wirkt fort, solange er nicht durch eine der privaten Vermögenssphäre zuzuweisende neue Veranlassung überlagert wird (BFH vom 15. November 2005 IX R 3/04, BStBl. II 2006, 258).

Ob der Steuerpflichtige die Vermietung seiner Immobilie beabsichtigt hat, ist an Hand der Gesamtwürdigung aller Indizien des Einzelfalles vorzunehmen (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO, vgl. z.B. BFH vom 9. Juli 2002 IX R 47/99, BStBl. II 2003, 580, Stein, INF 2006, 349 jew. m.w.N.). Dabei ist vor allem darauf abzustellen, wie sich der Steuerpflichtige tatsächlich verhalten hat (vgl. dazu BFH vom 14. Dezember 2004 IX R 1/04, BStBl. II 2005, 211). Es muss sich anhand objektiver Umstände feststellen lassen, dass der Steuerpflichtige den Entschluss, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, endgültig gefasst hat (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH vom 4. Juni 1991 IX R 30/89, BStBl. II 1991, 761; vom 4. November 2003 IX R 55/02, BFH/NV 2004, 484).

2. Bei Zugrundelegung der vorgenannten Rechtsgrundsätze ist der Senat trotz des relativ langen Leerstandes der Räume zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger bereits in den Streitjahren den Entschluss zur Vermietung oder sonstigen Einkunftserzielung gefasst hatte. Er hat ihn aber wegen finanzieller Engpässe zunächst nicht umsetzen können. Nachdem die gewerbliche Nutzung der streitigen Räume erforderlich wurde, hat er die Art der Einkunftserzielung geändert (von Vermietung und Verpachtung zu Einkünften aus Gewerbebetrieb).

Der wirtschaftliche Zusammenhang zwischen den geltend gemachten Werbungskosten und den beabsichtigten Einkünften ergibt sich zum einen aus den glaubhaften Schilderungen des Klägers über seine finanziellen Verhältnisse während des streitigen Zeitraums, die auch vom Beklagten nicht in Zweifel gezogen werden. Zudem folgt er daraus, dass wegen der Lage des Hauses im Zentrum von L dessen Vermietbarkeit außer Zweifel steht und keine Formen einer privaten Nutzung (z.B. Eigennutzung zu Wohnzwecken, Veräußerung) erkennbar sind. Bei der Augenscheinseinnahme des Grundstücks war der ursprünglich - wie vom Kläger dargelegt - stark renovierungsbedürftige Zustand der Räume erkennbar. Mit der Renovierung war im Hinblick auf die Elektroanlage begonnen, diese aber nicht fortgeführt worden. Durch ein im Rohbau befindliches Treppenhaus sollte die Wohnung einen vom Ladengeschäft unabhängigen Zugang erhalten. Dies lässt ohne Weiteres den Schluss zu, dass der Kläger sich nach dem Erwerb des Hauses zwar um eine Renovierung mit dem Ziel der anschließenden Vermietung bemüht hat, diese aber wegen fehlender Finanzmittel nicht fortsetzen und abschließen konnte, bis schließlich die Räume zu Lagerzwecken für das im Erdgeschoss befindliche Geschäftslokal genutzt worden sind. Dass sich die Einkunftserzielung durch die gewerbliche Nutzung schließlich auf andere Weise als ursprünglich geplant verwirklicht hat, spielt letztlich keine Rolle.

3. Der Klage war nach alledem stattzugeben. Die vom Kläger während des Verfahren auf neuer Grundlage ermittelten Kosten wurden vom Beklagten anerkannt.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten gemäß § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO auferlegt. Die Abweichung der letztlich geltend gemachten Aufwendungen von den ursprünglich beantragten ist relativ geringfügig (lt. Klageschrift insgesamt 44.126 DM; lt. Antrag:42.107 DM).

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Verpflichtung des Beklagten zur Neuberechnung der Steuer beruht auf § 100 Abs. 2 Satz 2 und 3 FGO.

Zur Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO bestand keine Veranlassung.

RechtsgebietEStGVorschriften§§ 2, 21 EStG

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