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09.08.2006 · IWW-Abrufnummer 062295

Oberlandesgericht Köln: Urteil vom 19.06.2006 – 16 U 10/06

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


OBERLANDESGERICHT KÖLN
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

16 U 10/06

Anlage zum Protokoll vom 19.06.2006

Verkündet am 19.06.2006

In dem Rechtsstreit

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 22.05.2006 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Jennissen sowie die Richterinnen am Oberlandesgericht Dr. Ahn-Roth und Appel-Hamm

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - das Urteil des Amtsgerichts Aachen vom 16.01.2006 - 4 C 429/05 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 32,42 ¤ nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.08.2005 zu zahlen sowie ihn von der Forderung der Firma T Autovermietung GmbH aus dem Kfz-Mietvertrag vom 26.12.2004 in Höhe von 564,25 ¤ freizustellen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz tragen der Kläger zu 59 % und die Beklagten zu 41 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

(gem. den §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO)

Die Berufung ist zulässig und hat in der Sache teilweise Erfolg.

Die volle Haftung der Beklagten aus dem Unfallereignis vom 26.12.2004 ist dem Grunde nach außer Streit.

Soweit der Kläger mit der vorliegenden Klage von den Beklagten außer vorgerichtlich verauslagter Rechtsanwaltskosten die Zahlung restlicher Mietwagenkosten begehrt, steht ihm der geltend gemachte Zahlungsanspruch nicht zu, weil die Mietzinsforderung der Firma T Autovermietung GmbH unstreitig noch nicht beglichen ist. Insoweit hat er sein Klagebegehren in zweiter Instanz aber erweitert, in dem er hilfsweise die Freistellung von der Mietzinsforderung der Firma T Autovermietung GmbH verlangt. Diese Klageerweiterung im Berufungsrechtszug ist zulässig und in der Sache in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet.

Im Ansatz zutreffend geht das Amtsgericht davon aus, dass der Kläger gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB von den Beklagten als erforderlichen Herstellungsaufwand den Ersatz der Mietwagenkosten verlangen kann, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig und notwendig halten darf. Wenn der Geschädigte die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann, ist er deshalb unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gehalten, im Rahmen des ihm zumutbaren von mehreren möglichen, den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Dabei kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes auch die Anmietung eines Kraftfahrzeuges zu einem Unfallersatztarif zur Schadensbehebung nach § 249 BGB erforderlich sein, soweit dessen Besonderheiten mit Rücksicht auf die Unfallsituation einen gegenüber dem "Normaltarif" höheren Preis rechtfertigen (vgl. BGH Urteil vom 14.02.2006 - VI ZR 32/05 = VersR 2006, 564 f. m.w.N; BGH Urteil vom 04.04.2006 - VI ZR 338/04 m.w.N.).

Ob dies vorliegend der Fall ist, bedarf jedoch - entgegen der Auffassung der Beklagten - keiner gerichtlichen Prüfung.

Auch wenn der von dem Kläger beanspruchte Unfallersatztarif mit Rücksicht auf die Unfallsituation nicht im geltend gemachten Umfang als erforderlicher Herstellungsaufwand im Sinne von § 249 BGB anzusehen wäre, kann er im Hinblick auf die gebotene subjektbezogene Schadensbetrachtung (BGHZ 132, 373 ff., 376) den übersteigenden Betrag dennoch ersetzt verlangen, wenn ihm ein günstigerer "Normaltarif" nicht ohne Weiteres zugänglich war (vgl. BGH VersR 2006, 564 f. m.w.N.).

Hiervon muss im vorliegenden Fall ausgegangen werden.

Der Kläger hat dargelegt, dass ihm unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbaren Anstrengungen auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt ein günstigerer Tarif nicht zugänglich war:

Der Unfall ereignete sich in Aachen am zweiten Weihnachtsfeiertag gegen 22.30 Uhr auf der Rückreise des Klägers, der in Belgien wohnhaft ist. Der Kläger hat durch Vorlage des Gutachtens des Sachverständigen Dr. J vom 09.03.2006, das dieser im Auftrag des Amtsgerichts Düren (41 C 365/05) erstattet hat, konkret dargelegt, dass die Firma T Autovermietung GmbH ausschließlich Mietfahrzeuge zum Unfallersatztarif anbietet und eine umfangreiche fernmündliche Umfrage unter den im Raum Aachen/Düren ansässigen Autovermietbetrieben ergeben hat, dass sämtliche Betriebe, die Fahrzeuge an Selbstzahler zum "Normaltarif" abgeben, entweder die Vorlage einer Kreditkarte und/oder eine Vorauszahlung in Höhe des voraussichtlichen Mietpreises verlangen. Diesem konkreten Vortrag sind die Beklagten nicht erheblich entgegengetreten. Sie haben keinen einzigen Anbieter genannt, bei dem die Anmietung eines Mietfahrzeuges durch einen selbstzahlenden Kunden ohne die Erfüllung zumindest einer der vorgenannten Bedingungen - insbesondere auch am späten Abend des zweiten Weihnachtsfeiertages - möglich gewesen wäre. Der 25 Jahre alte Kläger seinerseits hat im Termin glaubhaft und von den Beklagten unwidersprochen bekundet, dass er weder über eine Kreditkarte verfüge noch mit einem Einkommen als Lohnlandwirt von maximal 1.000,00 ¤ und ohne nennenswerte Ersparnisse finanziell in der Lage gewesen sei, die Mietwagenkosten im voraus zu entrichten. Ihm war es deshalb weder am Abend des 26.12.2004 noch zu einem späteren Zeitpunkt möglich, ein Mietfahrzeug zu einem günstigeren Normaltarif anzumieten.

Ein Verstoß des Klägers gegen die ihm bei der Schadensbehebung obliegende Schadensminderungspflicht kann mithin nicht festgestellt werden, so dass die Beklagten die Mietwagenkosten zu dem in Anspruch genommenen Unfallersatztarif für den Zeitraum schulden, der objektiv zur Anschaffung eines Ersatzfahrzeuges erforderlich war, wobei allerdings ersparte Eigenaufwendungen des Klägers in Abzug zu bringen sind, die der Senat mit 10 % in Ansatz bringt.

Unter Berücksichtigung des vom Kläger vorgelegten Gutachtens des Sachverständigen K vom 29.12.2004, in dem eine Wiederbeschaffungsdauer von 12 - 14 Kalendertagen genannt wird, hält der Senat in Anbetracht der Tatsache, dass das Schadensgutachten am 29.12.2004 erstellt wurde und der Kläger nach dem Inhalt des Gutachtens über das Vorliegen eines Totalschadens vom Gutachter vorab informiert worden war, eine Wiederbeschaffungszeit - einschließlich der erforderlichen Zeit für die Einholung eines Gutachtens - bis einschließlich 09.01.2005 für erforderlich (12 Kalendertage ab dem 29.12.2004). Es ergibt sich demnach folgende Berechnung:

2.641,42 ¤ : 19 Tage = 139,02 ¤ x 15 Tage = |2.085,30 ¤
Eigenersparnis abzüglich| 208,53 ¤
|- 1.876,77 ¤
16% Mwst|+ 300,28 ¤
|2.177,05 ¤
Kosten der Zustellung| + 52,00 ¤
|+ 8,32 ¤
|2.237,37 ¤
abzüglich gezahlter|- 1.673,12 ¤
|564,25 ¤

Von der Mietzinsforderung der Firma T Autovermietung GmbH in Höhe von 564,25 ¤ haben die Beklagten den Kläger freizustellen.

Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten kann der Kläger lediglich noch in Höhe von 32,42 ¤ beanspruchen. Insoweit ist die Berechnung der Beklagten in der Berufungserwiderung zutreffend, deren Richtigkeit auch von dem Kläger nicht mehr in Abrede gestellt wird.

Der zuerkannte Zinsanspruch beruht auf den §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB.

Die Kostenentscheidung rechtfertigt sich aus § 92 Abs. 1 und Abs.2 Ziff.1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Ziff. 10, 713 ZPO.

Berufungsstreitwert: 1.451,25 Euro.

RechtsgebietBGBVorschriftenBGB § 249

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