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02.08.2006 · IWW-Abrufnummer 062218

Landgericht Duisburg: Urteil vom 06.07.2006 – 8 O 523/05

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Landgericht Duisburg

Urteil

8 O 523/05
verkündet am 6.7.2006

In dem Rechtsstreit XXX

hat die 8. Zivilkammer de Landgerichts Duisburg auf die mündliche Verhandlung vom 8.6.2006

durch XXX für Recht erkannt.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand:

Die Klägerin macht als private Krankenversicherung gegenüber dem Beklagten Chefarzt der Klinik XXX Rückforderungsansprüche von Versicherungsnehmern aus insgesamt 14 Versicherungsfällen aus übergegangenem Recht geltend.

Von XXX bis XXX war der Beklagte arbeitsunfähig erkrankt.
Dennoch stellte der Beklagte Patienten, die während seiner krankheitsbedingten Abwesenheit im XXX Krankenhaus in XXX behandelt wurden, Leistungen als Chefarzt in Rechnung. Die Klägerin erbrachte in Kenntnis dessen Zahlungen für entsprechende ärztliche Behandlungen ihrer Versicherungsnehmer.

Auf Rechnungen des Beklagten erfolgten Zahlungen teilweise durch die Klägerin selbst im Auftrag ihrer Versicherungsnehmer, teilweise Zahlungen an ihre Versicherungsnehmer, nachdem diese an den Beklagten gezahlt hatten, gegen Abtretung etwaiger Rückforderungsansprüche durch ihre Versicherungsnehmer an die Klägerin, um es der Klägerin in der Folgezeit zu ermöglichen, gegen den Beklagten Ansprüche wegen fehlerhafter Abrechnungen geltend zu machen.

Insgesamt macht die Klägerin gegen den Beklagten eine Überzahlung von insgesamt 41.663,39 Euro geltend. Sie forderte den Beklagten mit Schreiben vom 11.04.2005 unter Fristsetzung bis zum 11.05.2005 zur Zahlung auf, die nicht erfolgte.

Die Klägerin ist der Ansicht, sie sei aktivlegitimiert aufgrund der einzelvertraglich erfolgten Abtretung sowie aufgrund von § 67 VVG. Die von ihr beanstandeten Leistungen seien ohne Rechtsgrund erfolgt. Die Wahlleistungsvereinbarungen seien unwirksam, da diese sich auf alle an der Behandlung beteiligten Ärzte losgelöst von deren Berechtigung zur gesonderten Berechnung ihrer Leistungen erstrecke. Die Zahlleistungsvereinbarungen seien zudem gemäß § 138 BGB unwirksam, da diese geschlossen worden seien, obwohl von vornherein klar gewesen sei, dass der Beklagte die Versicherungsnehmer der Klägerin nicht operieren werde. Der Beklagte habe außerdem gegen § 242 BGB verstoßen, indem er sich ein schriftliches Einverständnis mit der Operation durch den Stellvertreter habe erteilen lassen, die Behandlung nicht selbst durchgeführt, nicht beaufsichtigt und dennoch aufgrund der Vereinbarung abgerechnet habe. Die Unwirksamkeit ergebe sich zudem aus §§ 307 Abs. 2, 308 Nr. 4 i.V.m. § 306 Abs. 3 BGB. Zudem habe die Klägerin einen Anspruch aus §§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, 275, 326 BGB.

Sie behauptet, es handele sich jeweils um übergegangene Ansprüche ihrer Versicherungsnehmer. Die erfolgten Abrechungen seien - unabhängig von deren Unwirksamkeit - außerdem fehlerhaft. Dies mache einen Betrag von 8.198,89 Euro aus.

Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 41.663,39 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.05.2005 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Ansicht, .die Wahlleistungsvereinbarungen seien wirksam. Er behauptet hierzu, diese seien nach ausführlicher individueller Aufklärung erfolgt. Er ist außerdem der Ansicht, die Klägerin sei nicht aktivlegitimiert. Gebührenrechtliche Einwände der Klägerin seien nicht berechtigt. Er ist der Ansicht, die Klägerin sei mit entsprechenden Einwendungen auch ausgeschlossen, soweit die Klägerin für einen Ausgleich durch ihre Versicherungsnehmer selbst gesorgt habe.

Ergänzend wird wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes verwiesen auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nicht begründet.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten keine Ansprüche aus übergegangenem Recht.

Ansprüche der Klägerin aufgrund einzelvertraglicher Abtretungen bestehen nicht. Die einzelvertraglichen Abtretungen (§ 398 BGB) der bereicherungsrechtlichen Rückerstattungsansprüche (§ 812 Abs. 1 BGB) an die Klägerin durch ihre Versicherungsnehmer verstößt gegen Art. 1 § 1 RBerG und ist damit gemäß § 134 BGB nichtig (so auch AG Essen-Steele. Urteil vom 19.05.2004, Az.: 8 C .639/03, MedR 2004,629 ff; AG Esslingen, Urteil v. 21.02.2006, Az.: 1 C 2218/05, ZMGR 2006, 6 ff.; a.A. OLG Köln, Urteil vom 21.12.2005, Az.: 5 U 81/05: eigene Erstattungspflicht des Versicherers stehe im Vordergrund; LG München I, Urteil vom 10.11.2005, Az.: 6 S 2448/05: wirtschaftliches Interesse sei entscheidend). Indem sich die Klägerin die Rückerstattungsansprüche der Versicherungsnehmer hat abtreten lassen, hat diese ohne Erlaubnis geschäftsmäßig fremde Rechtsangelegenheiten besorgt.

Die Einziehung abgetretener Forderungen von Versicherungsnehmern zu Einziehungszwecken unterfällt der Erlaubnispflicht gem. Art 1 §1 Abs. 1 S. 1 RBerG. Die Klägerin besorgt mit der Einziehung der zu Einziehungszwecken abgetretenen Forderungen fremde Rechtsangelegenheiten. Ein eigenes Interesse der Klägerin an der Einziehung von Rückerstattungsansprüchen ihrer Versicherungsnehmer aufgrund einer Überzahlung an den behandelnden Arzt ist nicht anzuerkennen. Die Klägerin ist zur Zahlung an ihre Versicherungsnehmer in diesen Fällen nicht verpflichtet, wodurch die Interessen der Klägerin als Versicherung ausreichend geschützt sind. Die Klägerin ist, worauf sie selbst hinweist, ihren Versicherungsnehmern von vornherein nur zum Ersatz derjenigen Aufwendungen verpflichtet, die in Bezug auf das versicherte Risiko zur Ablösung berechtigter Ansprüche Dritter entstehen. Die Klägerin hat in Ergänzung und zur Prüfung vor dem Hintergrund dieser eingeschränkten Leistungspflicht ein Aufklärungsrecht gemäß § 9 Abs. 2 MB/KK, um sich alle Auskünfte zur Feststellung ihrer Leistungspflicht verschaffen zu können. Die Klägerin hat als Krankenversicherer darüber hinaus aufgrund der geschlossenen Versicherungsvertrage die Möglichkeit, ihre Versicherungsnehmer darauf hinzuweisen, dass Honorarrechnungen erst nach Prüfung durch sie als Versicherung gezahlt werden sollten, um eine Erstattung zu gewährleisten. Ein eigenes Einziehungsrecht der Klägerin als Versicherung ist dagegen gesetzlich gerade nicht geregelt. Aus diesem Grunde handelt die Klägerin jedenfalls dann, wenn sie Zahlungen .an ihre Versicherungsnehmer mit gleichzeitiger Abtretung vornimmt, um sodann Rückforderungsansprüche gegen den behandelnden Arzt geltend zu machen, nicht im Rahmen eines anzuerkennenden eigenen Interesses, sondern zur Geltendmachung (fremder) Ansprüche ihrer Versicherungsnehmer.

Die Klägerin nimmt durch die Geltendmachung damit ihren Versicherungsnehmern die Durchsetzung der abgetretenen Ansprüche ab und besorgt dies auch geschäftsmäßig. Geschäftsmäßigkeit erfordert eine selbständige, mit Wiederholungsabsicht erfolgende Tätigkeit, wobei eine Gewinnerzielungsabsicht nicht erforderlich ist. Eine solche Wiederholungsabsicht ergibt sich bereits aus Anzahl und Umfang der im vorliegenden Verfahren geltend gemachten abgetretenen Ansprüche von Versicherungsnehmern der Klägerin

Die Klägerin ist nicht wegen einer Ausnahmeregelung gemäß Art. 1 § 5 Ziff. 1 RberG von der Erlaubnispflicht befreit. Demnach können kaufmännische oder sonstige gewerbliche Unternehmer für ihre Kunden rechtliche Angelegenheiten erledigen, wenn diese mit einem Geschäft ihres Gewerbebetriebes in einem unmittelbaren Zusammenhang stehen. Ausreichend für das Vorliegen eines solchen unmittelbaren Zusammenhangs ist, dass eine subjektive Erwartung des Kunden dahingehend vorliegt, dass der Unternehmer das rechtliche Hilfs- oder Nebengeschäft (z.B. eine Rechnungsprüfung) erledigt.

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Erlaubnispflicht entfällt nicht. Die Durchsetzung eines etwaigen Rückerstattungsanspruchs wegen einer Verletzung von Pflichten aus dem zwischen Versicherungsnehmer und Arzt geschlossenen Vertrag durch den Arzt aufgrund fehlerhafter Honorarabrechnungen steht nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Versicherungsvertrag zwischen der Klägerin und ihren Versicherungsnehmern, denn es ist gerade nicht die Regel, dass die Versicherung Rückforderungsansprüche ihrer Versicherungsnehmer für diese geltend macht. Das wird auch bestätigt durch Art. 1 § 1 Abs. 1 Ziff. 2 RBerG, wonach auch die Beratung und außergerichtliche Vertretung von Versicherten durch einen Versicherungsberater erlaubnispflichtig ist.

Auf die Klägerin sind keine Ansprüche übergegangen durch einen gesetzlichen Forderungsübergang. Auch insoweit scheiden Ansprüche der Klägerin gegen den Beklagten aus.

Ein gesetzlicher Forderungsübergang gemäß § 67 VVG ist nicht erfolgt (so auch AG Essen-Steele, Urteil vom 19.05.2004, Az.: 8 C 639/03, MedR 2004,629 ff; AG Esslingen, Urteil v. 21.02.2006; Az.: 1 C 2218/05, ZMGR 2006, 6 ff.). Unter Berücksichtigung von Sinn und .Zweck der Vorschrift scheidet ein gesetzlicher Forderungsübergang vorliegend aus. Durch § 67 Abs. 1 S. 1 VVG soll erreicht werden, dass die Leistung des Versicherers einerseits den Ersatzpflichtigen nicht von seiner Verbindlichkeit befreit und andererseits die Leistung des Versicherers auch nicht zu einer Bereicherung des Geschädigten führt. Bereicherungsrechtliche Ansprüche gehen über, wenn Sinn und Zweck der Vorschrift gewahrt bleiben. Das ist nicht der Fall, wenn der Versicherer seine fehlende Leistungspflicht von vornherein kennt und durch den Übergang die Rückforderung eines überzahlten Betrages gewährleistet werden soll, der aus dem Behandlungsvertrag nicht geschuldet war. Da Grundlage der erstattungsfähigen Kosten der Versicherungsvertrag ist, ist der gesetzliche Forderungsübergang abhängig von der Leistungspflicht im Rahmen dieses Vertragsverhältnisses und scheidet aus, Wenn lediglich gewährfeistet werden soll, dass Ansprüche wegen fehlerhafter Abrechnungen aus den Verträgen der eigenen Versicherungsnehmer mit dem Beklagten gesammelt durchgesetzt werden können.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.

Streitwert: 41.663,39 Euro.

RechtsgebieteMedizinrecht, LiquidationsrechtVorschriften§ 398 BGB, § 812 Abs. 1 BGB, Art. 1 § 1 RBerG, § 134 BGB, § 67 VVG

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