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13.02.2006 · IWW-Abrufnummer 060456

Finanzgericht Köln: Urteil vom 16.08.2005 – 9 K 2708/01

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Finanzgericht Köln
9. Senat

Urteil

Aktenzeichen: 9 K 2708/01

Tenor:

Unter Änderung der Umsatzsteuerbescheide für 1995 und 1996 vom 1998 sowie des Umsatzsteuerbescheides für 1997 vom 1999 und Aufhebung der dazu ergangenen (zusammengefassten) Einspruchsentscheidung vom 2001 wird die Umsatzsteuer für 1995, 1996 und 1997 nach Maßgabe der Entscheidungsgründe herabgesetzt.

Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidungen vom 2001 (1998) und vom ... 2001 (1999) und Änderung der Umsatzsteuerbescheide 1998 und 1999 vom.. 2005 wird die Umsatzsteuer für 1998 und 1999 ebenfalls nach Maßgabe der Entscheidungsgründe ermäßigt.

Die Steuerberechnung für sämtliche Streitjahre (1995 -1999) wird dem Beklagten übertragen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers vorläufig vollstreckbar.

TAT B ES T A N 0:

Streitig ist, ob Leistungen, die der Kläger als Referent im Rahmen eintägiger Fortbildungsseminare für die Steuerberaterkammer erbracht hat, umsatzsteuerbefreit sind.

Der Kläger, der habilitiert und im Besitz einer Lehrberechtigung für die Fächer Steuerrecht, Handels-, Bank- und Wirtschaftsrecht sowie Bürgerliches Recht ist, übt als Rechtsanwalt und Steuerberater eine unternehmerische Tätigkeit i.S. des UStG aus. Daneben erzielte er in den Jahren 1995 -1999 (Streitjahre) Umsätze aus schriftstellerischer und Vortragstätigkeit.

Am 1995 schloss der Kläger einen Vertrag mit der in ansässigen Bundessteuerberaterkammer ab, in dem er sich dieser gegenüber verpflichtete, ein eintägiges, insgesamt sechs Zeitstunden umfassendes Seminar zum Thema "Kapitalanlagen und Steuern" vorzubereiten und an verschiedenen von der Bundessteuerberaterkammer oder den regionalen Steuerberaterkammern festgelegten Orten durchzuführen. Als Arbeitsunterlage hatte der Kläger hierzu ein vervielfältigungsfähiges Manuskript mit einem Umfang von etwa 100 Seiten anzufertigen und zur Verfügung zu stellen. Die Seminare sollten zunächst von der Bundessteuerberaterkammer zentral veranstaltet werden, danach konnten sie von den regionalen Steuerberaterkammern abgenommen werden, wobei die jeweiligen Termine mit dem Kläger abzustimmen waren. Dieser verpflichtete sich, der Bundessteuerberaterkammer alle urheberrechtlichen Befugnisse an der Bearbeitung, Nutzung, Vervielfältigung und Verbreitung sämtlicher Unterlagen und Ausgaben der von ihm erstellten Seminarunterlagen zu übertragen. Hiervon ausgenommen war die Nutzung für wissenschaftliche Zwecke sowie für Vorträge und Seminare an Hochschulen. Als Entgelt wurde ein Honorar von DM je Veranstaltung vereinbart.
Außerdem sollten ihm für das Manuskript pro Seminarteilnehmer 15 DM erstattet werden. Mangels Vorsteuerabzugsberechtigung der Bundessteuerberaterkammer wurde vereinbart, dass eine ggf. anfallende Umsatzsteuer in den genannten Beträgen enthalten sei.

In einem weiteren Vertrag vom 1997, dessen Inhalt mit den vorgenannten Vereinbarungen weitgehend übereinstimmt, verpflichtete sich der Kläger gegenüber der Bundessteuerberaterkammer, gegen Zahlung eines Honorars von DM ein Seminar zum Thema "Euroumstellungsberatung durch Steuerberater" vorzubereiten und durchzuführen. Auch für das hierzu anzufertigende Manuskript sollte der Kläger 15 DM je Seminarteilnehmer erhalten. Darüber hinaus wurden ihm die Reisekosten erstattet.

Das Seminar mit dem Thema "Kapitalanlagen und Steuern" hielt der Kläger insgesamt 22 mal ab, zweimal in 1995,19 mal in 1996 und einmal im Jahre 1997. Die Veranstaltung "Euroumstellungsberatung durch Steuerberater" fand in 1997 zweimal, in 199841 mal und in 1999 zweimal, insgesamt also an 45 Tagen statt.

Ausweislich der in den Steuerakten befindlichen Unterlagen hat z.B. die Steuerberaterkammer ihren Mitgliedern mit Schreiben vom 1998 bekannt gegeben, dass wegen der großen Nachfrage die "Vortragsveranstaltung" über das Thema "Die Umstellung auf den Euro" am 1998 in der Zeit von 9.00 bis 16.30 Uhr wiederholt werde. Dabei wurde der Kläger als "Referent" bezeichnet.

In einem Informationsblatt der Bundessteuerberaterkammer warb diese außerdem unter der Überschrift "Fortbildungsseminare Betriebswirtschaft" für die Teilnahme an dem "Seminar" zum Thema "Kapitalanlagen und Steuern", das in der Zeit von Ende Oktober 1995 bis Anfang Februar 1996 insgesamt fünfmal an verschiedenen Orten angeboten wurde. Auch hier wurde der Kläger als "Referent" bezeichnet.
Schließlich äußerte die Bundessteuerberaterkammer in einem Schreiben vom 1997 an den Kläger ihre Zufriedenheit über die "ersten beiden Seminare", bedankte sich herzlich für den "lebendigen Vortrag" und teilte ihm mit, dass sein "Referat" bei den Teilnehmern ausgezeichnet angekommen sei.

Unter dem 2000 hat die Bezirksregierung der Bundessteuerberaterkammer rückwirkend ab 1987 bescheinigt, dass ihre beruflichen Bildungsmaßnahmen "Fortbildungsseminare Betriebswirtschaft" und "Internationale Steuerberaterseminare" im Sinne des § 4 Nr. 21a), bb) UStG ordnungsgemäß durchgeführt würden.

In seinen für die Streitjahre eingereichten Umsatzsteuererklärungen behandelte der Kläger die aufgrund seiner Referententätigkeit erbrachten Leistungen als gemäß § 4 Nr. 21 bzw. 22 UStG steuerfreie Umsätze ohne Vorsteuerabzug und bezifferte diese

für 1995 mit DM,
für 1996 mit DM,
für 1997 mit DM,
für 1998 mit DM und
für 1999 mit DM.

Nachdem der Beklagte den Umsatzsteuererklärungen des Klägers für 1995 und 1996 zunächst zugestimmt hatte, erließ er unter dem 1998 gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderte Bescheide über DM (1995) bzw. DM (1996), in denen er die aus der Referententätigkeit erzielten Umsätze einschließlich erstatteter Reisekosten im Anschluss an die Feststellungen einer bei dem Kläger durchgeführten Umsatzsteuersonderprüfung der Umsatzsteuer unterwarf. Wegen der Einzelheiten der dort getroffenen Feststellungen wird auf den Bericht 1998 Bezug genommen.

Die Umsatzsteuer 1997 setzte der Beklagte nach ursprünglich erteilter Zustimmung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung mit Bescheid vom 1999 auf DM fest. Dabei behandelte er - wie in den Vorjahren - die für die Steuerberaterkammer erbrachten Leistungen des Klägers als Referent (zzgl. Reisekostenerstattungen) als umsatzsteuerpflichtig. Zur Erläuterung der Abweichungen verwies er auf ein unter dem 1999 verfasstes Schreiben des Klägers, das sich nicht in den Akten befindet.

Für 1998 buchte der Beklagte am 2000 einen die erklärte Umsatzsteuer ( DM) übersteigenden Nachzahlungsbetrag LH. von DM von dem Bankkonto des Klägers ab und erteilte ihm unter dem 2000 eine entsprechende Abrechnung. Anlass für diese Vorgehensweise war ein der Umsatzsteuererklärung beigefügtes Begleitschreiben des Klägers vom 2000, in dem dieser die von seiner Steuererklärung abweichenden, sich nach Auffassung der Umsatzsteuersonderprüfung ergebenden Steuerbeträge bezüglich der streitigen Seminarhonorare einschließlich Reisekostenerstattungen im einzelnen aufgeführt und angeregt hatte, unter Zugrundelegung dieser Zahlen einen Umsatzsteuerbescheid zu erlassen, gegen den er sodann Einspruch einlegen werde.

Die zunächst mit Bescheid vom 2001 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf 35.586 DM festgesetzte Umsatzsteuer für 1999 erhöhte der Beklagte mit nach § 164 Abs. 2 AO geändertem Bescheid vom 2001 auf ....... DM. Dabei ging er - wie bei der Umsatzsteuer 1998 - entsprechend der Anregung des Klägers von den sich nach der Rechtsansicht der Umsatzsteuersonderprüfung ergebenden Zahlen aus, die der Kläger in seinem Begleitschreiben zur Umsatzsteuererklärung mitgeteilt hatte.

Die Einsprüche des Klägers, mit denen dieser für sämtliche Streitjahre begehrt hatte, die Umsätze aus seiner Seminartätigkeit einschließlich der in diesem Zusammenhang vereinnahmten Reisekostenerstattungen umsatzsteuerfrei zu belassen, wies der Beklagte mit Rechtsbehelfsentscheidungen vom 2001 (für 1995 -1997 und 1998) und vom 2001 (1999), auf deren Inhalt wegen der Begründung Bezug genommen wird, als unbegründet zurück.

Mit der vorliegenden Klage verfolgt der Kläger sein außergerichtliches Begehren weiter. Hierzu trägt er im Wesentlichen vor:

Der Beklagte habe seine - des Klägers - Leistungen, die er auf den von der Bundessteuerberaterkammer bzw. den regionalen Steuerberaterkammern veranstalteten Seminaren erbracht habe, zu Unrecht der Umsatzsteuer unterworfen. Rechtsgrundlage für die Steuerfreiheit der genannten Leistungen sei Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der 6. EG-Richtlinie i.V.m. Abschnitt 112a UStR 1992/96. Obwohl Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der 6. EG-Richtlinie, der "den von Privatlehrern erteilten Schul- und Hochschulunterricht" von der Umsatzsteuer befreie, nach Auffassung des BFH eng auszulegen sei, gelte die Befreiungsvorschrift nach den BFH-Urteilen vom 17. Juni 1998 (XI R 68/97, BFH/NV 1999, 81) und vom 27. August 1998 (V R 73/97, BStSl. 111999,376) auch dann, wenn der von Privatlehrern durchgeführte Unterricht - gemessen an den (zu ergänzen: wissenschaftlichen und didaktischen) Anforderungen - dem Unterricht entspreche, der üblicherweise an einer Schule oder Hochschule erteilt werde.

Da Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der 6. EG-Richtlinie zunächst nur unvollkommen in das nationale Gesetzesrecht transformiert worden sei mit der Folge, dass nur die Träger von privaten Schulen und anderen Bildungseinrichtungen, nicht aber die an diesen Schulen und Einrichtungen tätigen selbständigen Lehrer begünstigt worden seien, habe die Finanzverwaltung in Abschnitt 112a UStR 1992/96 eine auch von den Finanzgerichten zu beachtende allgemeine Billigkeitsregelung getroffen, nach der die Steuerbefreiung unter bestimmten - hier vorliegenden - Voraussetzungen auch den selbständigen Lehrern an "ähnlichen" Bildungseinrichtungen gewährt werde. Der Anspruch auf Gleichbehandlung gebiete es, diese allgemeine Billigkeitsregelung auch im Streitfall anzuwenden.

Die Bundessteuerberaterkammer sei eine "ähnliche Bildungseinrichtung" LS. des Abschnitts 112a UStR 1992/96. Ihr obliege es unter anderem, die berufliche Fortbildung der Steuerberater zu fördern. Diese Obliegenheit erfülle sie, indem sie durch eine eigene Abteilung Fortbildungsveranstaltungen organisiere. Die Tatsache, dass es sich bei der Bundessteuerberaterkammer um eine Bildungseinrichtung handele, werde darüber hinaus durch die Bescheinigung der Bezirksregierung Köln vom 1. Februar 2000 bestätigt, in der es wörtlich heiße "Ihrer Einrichtung wird ... bescheinigt".

Soweit das FG Rheinland-Pfalz in seinem Urteil vom 29. April 1999 (4 K 2514/99, EFG 1999, 1051) die Auffassung vertreten habe, Abschnitt 112a UStR 1992/96 sei eine unzutreffende Auslegung des § 4 Nr. 21 b UStG a.F. und als solche von den Gerichten nicht zu berücksichtigen, weil eine einzelne Person keine "Einrichtung" i. S. des Gesetzes sei, sei diese Entscheidung durch die neuere EuGH-Rechtsprechung überholt, derzufolge der Begriff der "Einrichtung" natürliche Personen, die ein Unternehmen betrieben, nicht ausschließe.

Die von ihm - dem Kläger - abgehaltenen Fortbildungsseminare seien als Bildungseinrichtung der Bundessteuerberaterkammer auch hinsichtlich der wissenschaftlichen und didaktischen Anforderungen einer Schule oder Hochschule "ähnlich" gewesen. Da zu den Seminaren nur Steuerberater, also Personen mit einer abgeschlossenen qualifizierten Berufsausbildung, zugelassen worden seien, hätten sämtliche Teilnehmer über einen einheitlichen Mindestwissensstand verfügt. Er, der habilitiert sei und im Jahre 1973 von der Universität die Lehrberechtigung für die Fächer Steuerrecht, Handels-, Bank- und Wirtschaftsrecht sowie Bürgerliches Recht erhalten und damit eine amtlich festgestellte Lehrbefähigung vorzuweisen habe, hätte die bei der Bundessteuerberaterkammer durchgeführten Seminare mit demselben Inhalt auch im Rahmen einer Lehrveranstaltung an der Universität abhalten können. Insoweit unterscheide sich der vorliegende Fall von den den BFH-Urteilen in BFH/NV 1999, 81 und BStB!. 111999,376 zugrunde liegenden Sachverhalten.

Schließlich habe die Bundessteuerberaterkammer für beide von ihm - dem Kläger - abgehaltenen Fortbildungsseminare auch Lehrprogramme i.S. des Abschnitts 112a UStR 1992/96 festgelegt. Ein Lehrprogramm sei der von der Bildungseinrichtung vorgegebene Rahmen für den vom Dozenten zu erteilenden Unterricht. Der Dozent dürfe hiervon nicht nach eigenem Ermessen abweichen und sei verpflichtet, seinen Unterricht 50 zu gestalten, dass etwa festgelegte Ziele bei möglichst vielen Teilnehmern erreicht würden. Die streitigen Seminare seien auf Anregung der von der Bundessteuerberaterkammer eingesetzten Fachausschüsse entwickelt und konzipiert worden. Der Seminarstoff sei im Rahmen längerer Besprechungen zwischen dem Vorsitzenden des jeweils zuständigen Ausschusses, dem Hauptgeschäftsführer der Bundessteuerberaterkammer und ihm - dem Kläger - in Form einer Grobgliederung abgegrenzt worden, die in Prospekte und Zeitschrifteninserate aufgenommen worden sei, um für die Seminare zu werben. Zugleich sei die Feingliederung besprochen worden, die dem jeweiligen Seminarmanuskript voranzustellen gewesen sei. So sei z.B. bei dem Seminar "Kapitalanlagen und Steuern" von der Bundessteuerberaterkammer festgelegt worden, dass sämtliche Anlageformen zu behandeln seien, die in der Beratungspraxis eine Rolle spielen könnten; umgekehrt habe die Bundessteuerberaterkammer auch bestimmt, welche Kapitalanlageformen nicht zum Seminarstoff gehören sollten. Für das Seminar "Euroumstellungsberatung durch Steuerberater" habe die Bundessteuerberaterkammer vorgegeben, dass betriebswirtschaftliche Fragestellungen im Vordergrund stehen sollten. Die Inhalte des Seminars, insbesondere die von den Beratern vorzuschlagenden Maßnahmen, seien von der Bundessteuerberaterkammer detailliert festgelegt worden.

Darüber hinaus habe er - der Kläger - mit der Bundessteuerberaterkammer vereinbart, dass die jeweils erste Seminarveranstaltung, an der mehrere Kammervertreter und Ausschussmitglieder teilnehmen sollten, als "Testveranstaltung" dienen solle. Im Anschluss an diese Testveranstaltungen habe die Bundessteuerberaterkammer zusätzliche Anregungen zum Seminarinhalt gegeben und Auflagen gemacht, deren Einhaltung sie anhand der überarbeiteten Feingliederung kontrolliert habe.

Die weitere Voraussetzung der Steuerfreiheit nach Abschnitt 112a UStR 1992/96, dass durch die Seminartätigkeit Kenntnisse im Rahmen "festliegender" Lehrprogramme vermittelt worden seien, sei ebenfalls erfüllt. Der Begriff "festliegend" sei entgegen der Auffassung des Beklagten gleichbedeutend mit "vom Veranstalter festgelegt und für den Dozenten bindend". Nicht erforderlich sei, dass das Lehrprogramm "ein für allemal festgelegt", also über Jahre hinweg gleich sei. Dieses Begriffsverständnis ergebe sich aus dem Sinn und Zweck des Abschnitts 112a UStR 1992/96, den Letztverbraucher wirksam zu entlasten. Dieses Ziel könne nur erreicht werden, wenn die Steuerbefreiung auf der vorgelagerten Stufe, d.h. für die Leistungen der Lehrkräfte, ähnlich weit gefasst werde wie die Freistellung auf der nachgelagerten Stufe, d.h. für die von den Bildungseinrichtungen erbrachten Leistungen i.S. des § 4 Nr. 21b UStG 1993. Bei den von der Bundessteuerberaterkammer veranstalteten Fortbildungsseminaren handele es sich schließlich auch wie in Abschnitt 112a UStR 1992/96 gefordert - um "Unterricht". Unterricht sei nach der Erläuterung in Meyers Großem Taschenlexikon "ein geplanter Lehr- und Lernprozess, in dem durch einen Lehrer einem oder mehreren Schülern Wissen, Fähigkeiten, Handlungsweisen und Einstellungen in meist organisierter und institutionalisierter Form vermittelt werden". Ob eine Unterrichtstätigkeit die Anforderungen der BFH-Rechtsprechung erfülle, hänge in erster Linie davon ab, welche Vorbildung der Dozent habe und wie er die Wissensvermittlung gestalte. In den hier streitigen Seminaren sei nicht nur reines Faktenwissen weitergegeben, sondern auch die Fähigkeit zur selbständigen Problemlösung vermittelt worden. Dabei habe er - der Kläger - die an die Erwachsenenfortbildung zu stellenden didaktischen Anforderungen berücksichtigt. Die Abhaltung der Seminare in Unterrichtsform sei nicht zuletzt dadurch ermöglicht worden, dass nur eine begrenzte Teilnehmerzahl von maximal 40 bis 50 Personen zugelassen gewesen sei. Insofern unterschieden sich die streitigen Seminare von Fachkongressen, die häufig von bis zu 1000 Teilnehmern besucht würden. Außerdem habe eine Erfolgskontrolle in Gestalt eines von den Teilnehmern auszufüllenden Fragebogens stattgefunden. Auf diese Weise sei wie bei einem "Unterricht im Rahmen eines festliegenden Lehrprogramms" üblich - die Qualität der Seminare überprüft worden.

Er - der Kläger - habe die streitige Tätigkeit auch "regelmäßig und für eine gewisse Dauer" ausgeübt. Denn die Seminare seien in den Streitjahren häufiger, genau 22 bzw. 45 mal, und nicht nur einmalig oder ganz gelegentlich abgehalten worden. Dass die Fortbildungsveranstaltungen nicht "häppchenweise" wie Kurse an der Volkshochschule einmal wöchentlich für anderthalb Stunden stattgefunden hätten, stehe ihrer Regelmäßigkeit nicht entgegen. Die Durchführung von Ganztagsseminaren sei auf die praktischen Bedürfnisse der Teilnehmer zugeschnitten gewesen, die bei der Anreise oft weite Entfernungen zurückzulegen hätten und daran interessiert seien, Fortbildung und Kanzleibetrieb zeitlich gut zu koordinieren. Die Seminare hätten sich, da sie morgens um 9.00 Uhr begonnen und erst nachmittags um 17.00 Uhr geendet hätten, auch über eine "gewisse Dauer", nämlich über acht Unterrichtsstunden zu je 45 Minuten, erstreckt. Zudem habe er sie insgesamt über einen Zeitraum von fünf Kalenderjahren abgehalten.

Durch den zeitlichen Umfang der Seminare unterschieden diese sich auch von "einzelnen Vorträgen" i.S. des Abschn. 112a Abs. 1 Satz 4 UStR 1992/96, die regelmäßig nur 45 Minuten dauerten und wegen der zeitlichen Begrenzung auch thematisch und inhaltlich sehr beschränkt seien. Außerdem zeichneten sich Vorträge - anders als die hier streitigen Seminare - dadurch aus, dass nur der Vortragende spreche und allenfalls im Anschluss an seine Ausführungen Gelegenheit zur Diskussion gegeben werde.

Im Übrigen sei eine Gleichbehandlung des vorliegenden Falles mit den nach Auffassung des BMF umsatzsteuerbefreiten Leistungen der Gastdozenten an der Bundesfinanzakademie und am Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung geboten, die in ihren Jahresprogrammen neben Ausbildungs- auch zahlreiche Fortbildungsveranstaltungen anböten, die vom Zeitumfang und -ablauf her ähnlich konzipiert seien wie die Seminare der Steuerberaterkammer.

Die Ausarbeitung der vervielfältigungsfähigen Seminarmanuskripte, die als Arbeitsunterlagen gedient hätten, und die Übertragung der daran bestehenden Urheberrechte seien umsatzsteuerlich als unselbständige Nebenleistungen zu den steuerfreien Unterrichtsleistungen zu behandeln.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Klagebegründung wird insbesondere auf die umfangreichen Ausführungen des Klägers in seinen Schriftsätzen vom 6. Juli 2001 (BI. 9 ff der Prozessakte), vom 2. November 2001 (BI. 87 ff der Prozessakte) und vom 12. März 2004 (BI. 98 ff der Prozessakte) verwiesen.

Der Beklagte hat wegen hier nicht (mehr) streitiger Punkte unter dem 22. Juli 2005 gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderte Bescheide erlassen, in denen er die Umsatzsteuer für 1998 auf 65429,- DM (= 33.453,32 Euro) und für 1999 auf 36.817,- DM (= 18.824,- Euro) herabgesetzt hat. Die Bescheide sind gemäß § 68 FGO Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens geworden.

Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung der Einspruchsentscheidungen vom 2001 und vom 2001 und Änderung der angefochtenen Umsatzsteuerbescheide die gegenüber der Bundessteuerberaterkammer erbrachten Leistungen (einschließlich der Reisekostenerstattungen) umsatzsteuerfrei zu belassen,

hilfsweise,

den Beklagten zu verpflichten, in Anwendung der allgemeinen Billigkeitsregelung in Abschnitt 112a UStR 1992/96 entsprechende Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre zu erlassen,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Zur Begründung verweist er auf den Inhalt seiner Einspruchsentscheidungen. Ergänzend führt er sinngemäß aus: Soweit sich der Kläger auf die BFH-Urteile vom 17. Juni 1998 (XI R 68/97) und vom 27. August 1998 (V R 73/97) berufe, verkenne er, dass diese nicht für seine, sondern für die Rechtsauffassung des Beklagten sprächen.

Nach den zitierten Entscheidungen seien die Begriffe, mit denen die Steuerbefreiungen des Art. 13 der 6. EG-Richtlinie umschrieben seien, als Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz, dass Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger erbringe, der Umsatzsteuer unterlägen, eng auszulegen. Bei der danach gebotenen restriktiven Auslegung lasse Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der 6. EG-Richtlinie die Umsatzsteuerbefreiung des von Privatlehrern gehaltenen Unterrichts nur zu, wenn dieser an einer Schule oder Hochschule erteilt werde, oder wenn er - gemessen an seinen Anforderungen dem Unterricht entspreche, der üblicherweise an einer Schule oder Hochschule durchgeführt werde.

Der Kläger könne sich auf die genannte Bestimmung der 6. EG-Richtlinie nicht berufen, da diese nach dem BFH-Urteil vom 27. August 1998 (V R 73/97) nicht in nationales Gesetzesrecht umgesetzt worden sei. Nach dieser BFH-Entscheidung entspreche Abschnitt 112a UStR 1992/96 nur insoweit der EG-Richtlinie, als er den von Privatlehrern erteilten Schul- und Hochschulunterricht begünstige.

Es komme daher für die Entscheidung des Rechtsstreits einzig und allein darauf an, ob es sich bei den vom Kläger erbrachten Leistungen um eine Unterrichtstätigkeit handele, die gemessen an ihren Anforderungen dem üblicherweise an einer Schule oder Hochschule erteilten Unterricht entspreche. Diese Frage sei indes zu verneinen. Der Kläger habe im Rahmen der Fortbildungsveranstaltungen keinen Unterricht erteilt, sondern Einzelvorträge gehalten. Auch könne die Festlegung des Seminarstoffs nicht als Lehrplan angesehen werden. Eine zum Verständnis des Seminarthemas unerlässliche Gliederung sei kein Lehrplan im herkömmlichen Sinne.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.

E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E:

Die Klage ist begründet.

I. Die angefochtenen Umsatzsteuerfestsetzungen für die Jahre 1995 bis 1999 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat die Referententätigkeit des Klägers im Rahmen der von der Bundessteuerberaterkammer veranstalteten Fortbildungsseminare einschließlich der damit zusammenhängenden Reisekostenerstattungen zu Unrecht als sonstige Leistungen i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG der Umsatzsteuer unterworfen. Denn diese Leistungen sind nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG (6. EWGRL) von der Umsatzsteuer befreit.

Gemäß Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der 6. EWGRL befreien die Mitgliedstaaten von der Umsatzsteuer "den von Privatlehrern erteilten Schul- und Hochschulunterricht". Dabei lässt die - in den Streitjahren noch nicht vom deutschen Gesetzgeber transformierte - Vorschrift, auf die sich ein Steuerpflichtiger vor den nationalen Gerichten grundsätzlich unmittelbar berufen kann (BFH-Urteile vom 11. August 1994 XI R 99/92, BFHE 170, 70, BStBl. 11 1995, 346, und vom 17. Juni 1998 XI R 68/97, BFH/NV 1999, 81, sowie EuGH-Urteil vom 6. Juli 1995 Rs. C 62/93 - Soupergaz -, Sig. 1995, 177/388/EWG, UR 1995,404, jeweils m.w.N.), die Umsatzsteuerbefreiung des von Privatlehrern gehaltenen Unterrichts nur zu, wenn dieser an einer Schule oder Hochschule erteilt wird, bzw. wenn er - gemessen an seinen Anforderungen dem üblicherweise an einer Schule oder Hochschule erteilten Unterricht entspricht (BFH in BFH/NV 1999, 81, und BFH-Urteil vom 27. August 1998 V R 73/97, BFHE 187,60, BStBl. 111999,376). Diese eng am Wortlaut orientierte Gesetzesauslegung rechtfertigt der BFH mit dem Hinweis darauf, dass Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der 6. EWGRL die Steuerbefreiung ausdrücklich nur für den von Privatlehrern erteilten "Schul- und Hochschulunterricht" anordnet, die ferner in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der 6. EWGRL aufgeführten Tätigkeiten (Erziehung von Kindern und Jugendlichen, die Ausbildung, die Fortbildung oder die berufliche Umschulung) aber gerade nicht aufgreift (BFH in BFHE 187,60, BStBl. 111999, 376).

Der Kläger hat zwar im Rahmen der von der Bundessteuerberaterkammer bzw. den regionalen Steuerberaterkammern organisierten Fortbildungsveranstaltungen - unstreitig - keinen "Schul- oder Hochschulunterricht" erteilt. Denn die genannten Einrichtungen sind weder Schulen noch Hochschulen. Nach dem Normverständnis des BFH in BFHE 187, 60, BStBI. 111999, 376 greift die Steuerbefreiung des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der 6. EWGRL jedoch trotz betont enger Gesetzesauslegung auch dann ein, wenn der Unterricht - "gemessen an seinen Anforderungen - dem Unterricht entspricht, der üblicherweise an einer Schule oder Hochschule erteilt wird". Diese Voraussetzungen liegen nach Auffassung des erkennenden Senats im Streitfall vor.

Entgegen der Ansicht des Beklagten hat der Kläger anlässlich der von der Bundessteuerberaterkammer durchgeführten Fortbildungsveranstaltungen keine bloße Vortragstätigkeit ausgeübt, sondern er hat den Seminarteilnehmern "Unterricht" i.S. des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der 6. EWGRL erteilt.

"Unterricht" ist nach allgemeinem Begriffsverständnis ein geplanter Lehr- und Lernprozess, in dem durch einen Lehrer einem oder mehreren Schülern Wissen, Fähigkeiten, Handlungsweisen und Einstellungen in meist organisierter und institutionalisierter Form vermittelt werden (Meyers Großes Taschenlexikon in 24 Bänden, Auflage 1992, Stichwort Unterricht"). Wesenstypisch ist dabei ein planmäßiges, regelmäßiges Lehren, durch das ein (meist komplexeres) Wissen und Können in einem bestimmten Fach oder einem durch ein bestimmtes Bildungsziel geprägten Fächerkanon weitergegeben wird (Der Große Brockhaus in zwölf Bänden, 18. Auflage, Stichwort "Unterricht"). Anhaltspunkte dafür, dass dem Tatbestandsmerkmal "Unterricht" im Rahmen des Art. 13 Teil A Abs.1 Buchst. j der 6. EWGRL eine von dieser Definition abweichende - gesetzesspezifische - Bedeutung zukommt, sind nicht ersichtlich.

Die den Begriff des "Unterrichts" im vorgenannten Sinne kennzeichnenden Merkmale liegen im Streitfall vor. Der Kläger, der aufgrund seiner langjährigen Erfahrung als Privatdozent an einer Hochschule - unstreitig - über didaktische Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, hat den Teilnehmern der von der Bundessteuerberaterkammer ausgerichteten Fortbildungsveranstaltungen auf einem bestimmten Gebiet bzw. Fach, nämlich im Bereich des Steuer- und Wirtschaftsrechts, Wissen einschließlich der Fähigkeit zu dessen Umsetzung in der Beratungspraxis vermittelt. Dass die von dem Kläger mehrmals jährlich abgehaltenen Seminare ganz konkrete, zu diesem Zeitpunkt aktuell beratungsrelevante Themen wie die "Euroumstellungsberatung durch Steuerberater" und "Kapitalanlagen und Steuern" zum Gegenstand hatten, steht deren Zugehörigkeit zu einem bestimmten Fachgebiet oder Fächerkanon nicht entgegen. Denn auch an Hochschulen ist es durchaus üblich, innerhalb eines bestimmten Studienfachs, z. B. des Steuerrechts, Seminare zu einem mehr oder weniger eng umrissenen Themenkomplex durchzuführen. Auch der Umstand, dass die Seminarteilnehmer im vorliegenden Fall als praktizierende Steuerberater bereits über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügten, steht weder ihrer Stellung als "Schüler" noch der Annahme von "Unterricht" entgegen, da dieser Begriff die Wissensvermittlung sowohl zum Zwecke der Ausbildung als auch zum Zwecke der Fortbildung umfasst. Schließlich beschränkte sich die Tätigkeit des Klägers nicht auf die Darstellung von Gesetzes- und Rechtsprechungsänderungen im Sinne einer reinen Wissensvermittlung und die Weitergabe von Beratungshinweisen. Nach dem insoweit unwidersprochenen Vorbringen des Klägers hat dieser sich vielmehr bemüht, die Seminarteilnehmer zum kritischen Mitdenken und zu ergänzenden Fragestellungen im Rahmen einer Diskussion zu ermuntern. Um die aktive Mitwirkung seiner Zuhörer zu fördern, hat er - wie dies für Hochschulseminare typisch ist - konkrete Beispiele gebildet und gemeinsam mit den Teilnehmern Problemlösungen erarbeitet. Unter anderem durch diese Vorgehensweise des Klägers als "Lehrer" unterschieden sich die von ihm erbrachten Seminarleistungen deutlich von der reinen Vortragstätigkeit eines Referenten auf Fachkongressen, Tagungen und sonstigen Informationsveranstaltungen. Aber auch der hiervon abweichende Ablauf und die zeitliche Gestaltung der von dem Kläger abgehaltenen Seminare sprechen für das Vorliegen einer unterrichtenden Tätigkeit. Anders als bei Fachkongressen, an denen nicht selten mehrere hundert Personen teilnehmen, war die Zahl der Teilnehmer bei den hier in Rede stehenden Seminaren jeweils auf vierzig bis fünfzig Personen begrenzt. Dies entspricht in etwa der Größenordnung eines typischen Hochschulseminars. Außerdem umfassten die jeweils ganztägig, d. h. von 9.00 bis 17.00 Uhr, veranstalteten Fortbildungsseminare des Klägers - anders als ein Fachvortrag, der zwanzig bis dreißig Minuten Redezeit gewöhnlich nicht übersteigt - regelmäßig acht "Unterrichtsstunden" zu je 45 Minuten. Schon dieser zeitliche Rahmen ermöglichte es dem Kläger, einen umfangreichen Themenkomplex ausführlich und an hand von praktischen Fallbeispielen im ständigen Dialog mit den Teilnehmern zu behandeln.

Soweit der Beklagte die Annahme von Unterricht mit der Begründung verneint, der Seminartätigkeit des Klägers liege kein Lehrplan zugrunde, das von ihm vereinbarungsgemäß erstellte Manuskript sei vielmehr lediglich eine Art Gliederung zum besseren Verständnis seines Vortrags, teilt der Senat diese sehr enge - dem Schulbetrieb - entlehnte Betrachtungsweise nicht. Wesentliches Merkmal des Unterrichtsbegriffs ist nach der eingangs zitierten allgemeinen Definition ein "planmäßiges, regelmäßiges Lehren" bzw. ein "geplanter Lehr- und Lernprozess" (Der Große Brockhaus, a.a.O., und Meyers Großes Taschenlexikon, a.a.O., jeweils Stichwort "Unterricht"). PIanmäßigkeit in diesem Sinne erfordert nach dem Begriffsverständnis des Senats (nur), dass die Wissensvermittlung usw. auf einem zuvor durch den Lehrer - ggf. in Absprache mit der den Unterricht veranstaltenden Einrichtung - festgelegten Konzept beruht, aus dem sich Inhalt und Reihenfolge der zu vermittelnden Kenntnisse und Fähigkeiten zumindest in ihren groben Zügen ergeben.
Diesen Anforderungen genügt das von dem Kläger gefertigte, zu den Akten gereichte Manuskript. Dass die schriftliche Zusammenstellung der einzelnen Programmpunkte - anders als ein Schullehrplan einer allgemeinbildenden Schule - den Seminarteilnehmern zugleich als Arbeitsunterlage diente, steht der hierin dokumentierten PIanmäßigkeit der Fortbildungsveranstaltung nicht entgegen. Die Annahme von Unterricht setzt nach Auffassung des Gerichts auch nicht voraus, dass die Wissensvermittlung usw. stundenweise regelmäßig wiederkehrend - z.B. einmal oder mehrmals wöchentlich - über einen gewissen Zeitraum stattfindet. Auch an Hochschulen werden aus Gründen der Praktikabilität meist in der vorlesungsfreien Zeit sogenannte "Blockseminare" veranstaltet, deren Unterrichtscharakter trotz zeitlicher Konzentration auf einen oder wenige Tage außer Zweifel steht.

Der von dem Kläger durchgeführte "Unterricht" entsprach auch - wie in der BFH-Entscheidung vom 27. August 1998 (V R 73/97, BFHE 187,60, BStBI. 111999,376) gefordert - "gemessen an seinen Anforderungen dem Unterricht, der üblicherweise an einer Schule oder Hochschule erteilt wird".

Zwar hat der BFH in seinem vorzitierten Urteil nicht näher dargelegt, welche konkreten Anforderungen er meint. Weder in seinen abstrakten Rechtsausführungen noch im Rahmen der anschließenden Sachverhaltssubsumtion finden sich Hinweise darauf, in bezug auf was der - nicht an einer Schule oder Hochschule erteilte - Unterricht dem dort erteilten Unterricht entsprechen muss. Der Senat folgt indes der naheliegenden Auffassung des Klägers, dass Vergleichsmaßstab sinnvollerweise nur die didaktischen und qualitativen Anforderungen sein können. Insoweit hat der Kläger zum einen zutreffend darauf hingewiesen, dass er als Honorarprofessor - anders als der Kläger in dem der BFH-Entscheidung vom 27. August 1998 (V R 73/97, BFHE 187,60, BStBI. 111999,376) zugrunde liegenden Fall- über eine amtlich festgestellte Lehrbefähigung an einer Hochschule verfügt und aufgrund seiner langjährigen Hochschultätigkeit umfangreiche Kenntnisse auf dem Gebiet der didaktischen Wissensvermittlung besitzt. Zum anderen dürfte auch das wissenschaftliche und fachliche Niveau der von der Bundesssteuerberaterkammer veranstalteten Seminare qualitativ den Ansprüchen eines Hochschulseminars genügen. Schon allein der auf Steuerberater, also fachlich vorgebildete Personen, beschränkte Teilnehmerkreis gewährleistet einen homogenen Mindestwissensstand, der es dem Kläger als Lehrendem ermöglichte, die Seminarthemen in einer dem Hochschulunterricht adäquaten Art und Weise zu behandeln.

Die angefochtenen Umsatzsteuerfestsetzungen für die Streitjahre sind auch insoweit rechtswidrig, als die Anfertigung der Manuskripte und Übertragung der an ihnen bestehenden Urheberrechte als gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerpflichtige sonstige Leistungen erfasst worden sind. Da es sich insoweit um unselbständige Nebenleistungen zu der Unterrichtstätigkeit des Klägers handelt, teilen diese deren rechtliches Schicksal als nach Art. 13 Abs. 1 Teil A Buchst. j der 6. EWGRL steuerbefreiter Umsatz.

Nach alledem sind die Leistungen, die der Kläger im Rahmen der von der Bundessteuerberaterkammer und den regionalen Steuerberaterkammern veranstalteten Fortbildungsseminare erbracht hat, einschließlich der Manuskripterstellung und der ihm erstatteten Reisekosten nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der 6. EWGRL umsatzsteuerfrei zu belassen. Dem Beklagten wird aufgegeben, die Umsatzsteuer für die Jahre 1995 bis 1999 nach Maßgabe der Entscheidungsgründe neu zu berechnen und das Ergebnis dieser Berechnung unverzüglich formlos mitzuteilen (§ 100 Abs. 2 Sätze 2 und 3 FGO).

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit resultiert aus §§ 151 Abs. 3,155 FGO i.V.m. § 709 ZPO.

III. Der Senat hat die Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage zugelassen, unter welchen - im BFH-Urteil vom 27. August 1998 (V R 73/93, BFHE 187, 60, BStBI. 111999,376) nicht näher konkretisierten - Voraussetzungen ein Unterricht, gemessen an seinen Anforderungen, dem Unterricht entspricht, der üblicherweise an einer Schule oder Hochschule erteilt wird.

RechtsgebietUmsatzsteuerrechtVorschriften§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG; Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der 6. MwSt-Richtlinie

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