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12.01.2006 · IWW-Abrufnummer 060025

Finanzgericht Münster: Urteil vom 17.08.2005 – 12 K 3383/03 E

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Finanzgericht Münster, 12 K 3383/03 E
Datum: 17.08.2005
Gericht:. Finanzgericht Münster
Spruchkörper: 12. Senat
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: 12 K 3383/03 E

Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.

Die bis zum 21.02.2005 entstandenen Kosten des Verfahrens tragen die Kläger zu 41 v. H. und der Beklagte zu 59 v. H., die danach entstandenen Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Kläger abwenden, soweit nicht die Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leisten.

Gründe:
Zu entscheiden ist noch, ob bei den Einkünften des Klägers (Kl.) aus selbstständiger Arbeit ein privater Anteil an den Telefonkosten gewinnerhöhend anzusetzen ist.

Der Kl. ist als Rechtsanwalt selbstständig tätig. In seiner Gewinnermittlung gem. § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) setzte er selbst einen privaten Anteil an den Telefonkosten in Höhe von 30 v. H. = 798 DM gewinnerhöhend an. Dementsprechend führte das Finanzamt (FA) die Einkommensteuer (ESt)-Veranlagung der Kl. durch. Durch Bescheid vom 28.03.2003 setzte es die ESt für das Kalenderjahr 2001 auf 6.805,29 Euro unter Berücksichtigung von Einkünften des Kl. aus selbstständiger Arbeit in Höhe von 16.804 DM fest. Gegen diesen Bescheid erhoben die Kl. Einspruch, der durch die Einspruchsentscheidung (EE) des FA vom 30.05.2003 als unbegründet zurückgewiesen wurde.

Hiergegen haben die Kl. Klage erhoben, mit der sie jetzt nur noch geltend machen, die Einkünfte des Kl. aus selbstständiger Arbeit seien nicht um einen privaten Telefonkostenanteil zu erhöhen. Der von dem Kl. in der Gewinnermittlung angegebene Betrag von 798 DM müsse außer Ansatz bleiben. Zum 01.01.2000 habe der Gesetzgeber die private Nutzung von betrieblichen Telekommunikationsgeräten durch Arbeitnehmer mit Einführung des § 3 Nr. 45 EStG steuerfrei gestellt. Der Gesetzgeber habe damit die private Nutzung moderner Telekommunikationstechnologie fördern wollen. Wegen dieser Begründung des Gesetzgebers gebe es keinen sachlichen Grund, Selbstständige von dieser Steuerfreiheit auszuschließen. Die private Nutzung durch Selbstständige fördere den Umgang mit moderner Telekommunikationstechnologie ebenso wie die private Nutzung durch Arbeitnehmer. Die Ausschließung von Selbstständigen von der Steuerfreiheit verstoße gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG).

Die Kl. beantragen jetzt noch, die ESt für das Kalenderjahr 2001 unter Berücksichtigung von Einkünften des Kl. aus selbstständiger Arbeit in Höhe von 16.006 DM festzusetzen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.

Es ist der Auffassung, der private Anteil der Telefonkosten des Kl. sei nicht nach § 4 Abs. 4 EStG betrieblich veranlasst. Er betreffe vielmehr die private Lebensführung des Kl. und könne daher gem. § 12 Nr. 1 EStG nicht abgezogen werden. Diese zutreffende Behandlung sei nicht im Hinblick auf § 3 Nr. 45 EStG zu korrigieren. Mit dieser Vorschrift habe der Gesetzgeber nur den geldwerten Vorteil von Arbeitnehmern aus der privaten Nutzung von betrieblichen Personalcomputern und Telekommunikationsgeräten steuerfrei gestellt. Der Unternehmer, der seinen Arbeitnehmern betriebliche Telekommunikationsgeräte zu privaten Zwecken überlasse, gewähre den Arbeitnehmern geldwerte Vorteile, die Teile des Arbeitslohnes seien. Die darauf entfallenden Telefonkosten seien als Lohnaufwendungen betrieblich bedingt und daher als Betriebsausgabe stets steuermindernd abzugsfähig, unabhängig davon, ob der geldwerte Vorteil bei dem einzelnen Arbeitnehmer zu steuerpflichtigen oder steuerfreien Einnahmen führe.

Wegen der Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze, die EE und die Steuerakten verwiesen. Die Sach- und Rechtslage wurde am 28.01.2005 vom Berichterstatter mit den Beteiligten erörtert. Auf die hierüber gefertigte Niederschrift wird Bezug genommen. Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.
Die Klage ist nicht begründet.

Die privat veranlassten Telefonkosten des Kl. stellen keine Betriebsausgaben gemäß § 4 Abs. 4 EStG dar. Nach dieser Vorschrift sind Betriebsausgaben nur die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Die privat veranlassten Telefonkosten des Kl. betreffen vielmehr seine private Lebensführung und sind deshalb nach § 12 Nr. 1 EStG nicht abzugsfähig. Nach dieser Bestimmung dürfen weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge abgezogen werden.

Dieses Ergebnis ist nicht im Hinblick auf § 3 Nr. 45 EStG zu ändern. Nach dieser Vorschrift sind die Vorteile des Arbeitnehmers aus der privaten Nutzung von betrieblichen Personalcomputern und Telefonkommunikationsgeräten steuerfrei. Schon nach dem Wortlaut der Bestimmung kann sich der Kl. nicht auf § 3 Nr. 45 EStG berufen. § 3 Nr. 45 EStG stellt nur die Vorteile des Arbeitnehmers aus der privaten Nutzung von betrieblichen Personalcomputern und Telekommunikationsgeräten steuerfrei. Der KI. ist in seiner Funktion als selbstständiger Rechtsanwalt jedoch nicht Arbeitnehmer im Sinne dieser Norm. Dementsprechend werden nach einhelliger Meinung im Schrifttum durch diese Bestimmung Gewerbetreibende und Freiberufler nicht begünstigt (vgl. Kirchhof, EStG Kompaktkommentar, 5. Auflage 2005, § 3 Rdnr. 153; Erhard in Blümich, EStG Kommentar März 2004, § 3 Rdnr. 186; Bergkemper in Hermann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar Juli 2001, § 3 Nr. 45 Rdnr. 3). § 3 Nr. 45 EStG verstößt nicht deswegen gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil diese Steuervergünstigung nur Arbeitnehmern zusteht. Die Anwendung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes des Art. 3 Abs. 1 GG beruht stets auf einem Vergleich von Lebensverhältnissen, die nie in allen, sondern stets nur in den einzelnen Elementen gleich sind. Es ist Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, welche Elemente der zu ordnenden Lebensverhältnisse er als maßgebend dafür ansieht, sie im Recht gleich oder verschieden zu behandeln. Voraussetzung für die Übereinstimmung einer Regelung mit dem Gleichheitssatz ist lediglich, dass die gewählte Differenzierung auf sachgerechten Erwägungen beruht. Im Rahmen seiner weitgehenden Gestaltungsfreiheit im Bereich des Steuerrechtes kann sich der Gesetzgeber von finanzpolitischen, volkswirtschaftlichen, sozialpolitischen oder steuertechnischen Erwägungen leiten lassen. Seine Gestaltungsfreiheit endet erst dort, wo die gleiche oder ungleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist, wo also ein sachlicher Grund für die Gleichbehandlung oder Ungleichbehandlung fehlt (vgl. Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 10.02.1987 1 BvL 18/81,1 BvL 20/82, BStBI II 1987,240 m. w. H.)

Nach der Begründung des Gesetzgebers zu § 3 Nr. 45 EStG (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Investitionszulagengesetzes 1999, Bundestags-Drucksache 14/4626, S. 13) soll diese Vorschrift erreichen, dass Arbeitgeber, die zulassen, dass ihre Geräte auch privat von Arbeitnehmern genutzt werden können, diese Leistung unbelastet von Lohnsteuer erbringen können. Damit soll zwar auch die Nutzung des Internets verbreitet und dessen Akzeptanz vergrößert werden. Die Steuerbefreiung soll jedoch auch steuervereinfachend wirken, weil sie Erfassungs- und Bewertungsaufwand vermeidet, den der Arbeitgeber im Hinblick auf die nur begrenzte Freistellung gemäß § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG ansonsten leisten müsste. Damit ist die Zielrichtung der Steuerbefreiung eine andere als die, die der Kl. anstrebt. Die vom Gesetz vorgenommene Beschränkung der Steuerbefreiung auf Arbeitnehmer ist insoweit auch sachgerecht, da der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer regelmäßig ein Interesse daran hat, die private Mitbenutzung betrieblicher Telekommunikationseinrichtungen einzuschränken. Dieser natürliche Interessengegensatz fehlt jedoch beim Unternehmer selbst. Eine Erweiterung des Anwendungsbereiches des § 3 Nr. 45 EStG auf Steuerpflichtige mit Gewinneinkünften würde die Möglichkeit eröffnen, gezielt private Aufwendungen in den steuerrelevanten betrieblichen Bereich zu verlagern und auf diese Weise ungerechtfertigte Steuervorteile zu erlangen. Der Arbeitnehmer hat diese Möglichkeit nicht, weil er zunächst auf die Erlaubnis seines Arbeitgebers zur unentgeltlichen privaten Mitbenutzung der Telekommunikationsanlagen angewiesen ist (vgl. BMF, Schreiben vom 06.05.2002 IV A 6-S 2144-19/02, Deutsches Steuerrecht 2002, 999). Aus diesen unterschiedlichen Interessenlagen ist eine steuerlich andere Behandlung von Arbeitnehmern und Unternehmern sachlich gerechtfertigt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO), die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 155 FGO, 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Von der Vorschrift des § 3 Nr. 45 EStG ist eine Vielzahl von Steuerpflichtigen betroffen. Eine Entscheidung durch den Bundesfinanzhof liegt aus Gründen der Rechtsklarheit im allgemeinen Interesse. Die Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung wird im Schrifttum unterschiedlich beurteilt. Während Bergkemper in Hermann/Heuer/Raupach, aaO, § 3 Nr. 45 Rdnr. 2 die Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung bejaht, werden von Kirchhoff/Söhn/Mellinghoff, EStG Kommentar, § 3 Nr. 45 B 45/15 und Heinicke in Schmidt, EStG Kommentar, 24. Auflage 2005, § 3 "Arbeitsmittelgestellung" Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung geäußert.

RechtsgebietEStGVorschriftenVS §§ 3 Nr. 45, 4 Abs. 4, 8 Abs. 2 S. 9, 12 Nr. 1 EStG, Art. 3 Abs. 1 GG

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