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09.01.2006 · IWW-Abrufnummer 060022

Finanzgericht des Saarlandes: Urteil vom 13.09.2005 – 1 K 189/01

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit


Eheleute E,
- Kläger


gegen


Finanzamt Völklingen,
- Beklagter


vertreten durch den Vorsteher XXX


wegen Einkommensteuer 1993

hat der 1. Senat des Finanzgerichts des Saarlandes in Saarbrücken unter Mitwirkung des Vizepräsidenten des Finanzgerichts Dr. Schmidt-Liebig als Vorsitzender und der Richter am Finanzgericht Dr. Bilsdorfer und Dr. Bartone sowie der ehrenamtlichen Richter Anne Reckstadt-Janzen (Personalreferentin) und Hans-Joachim Blau (Lohnbuchhalter)

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 13. September 2005 für Recht erkannt:

1. Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.

Tatbestand

Die Kläger sind Eheleute. Sie werden beim Beklagten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Im Streitjahr 1993 bezogen der Kläger als kaufmännischer Angestellter und die Klägerin als Substitutin Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Darüber hinaus sind dem Kläger Lohnersatzleistungen in Form von Konkursausfallgeld zugeflossen. In den Jahren 1990 bis 1993 absolvierte der Kläger einen Bilanzbuchhalterlehrgang beim Berufsförderungswerk des Saarlandes.

Bis zum 31. Dezember 1993 war der Kläger bei der S AG in V beschäftigt. Ab dem 1. Januar 1994 ist er zur L KG in M gewechselt. Da sein dortiger Vorgänger im Rechnungswesen bereits zum 30. September 1993 aus dem Unternehmen ausgeschieden ist, hat er - neben seiner Haupttätigkeit und nach Aktenlage unentgeltlich - seit November 1993 "die notwendigsten Aufgaben dort erledigt und koordiniert" (BI. 9 Rbh).

Am 23. Dezember 1993 befuhr der Kläger mit seinem PKW Toyota Corolla aus Richtung S kommend die Abfahrt der A 000 - Anschlussstelle V - in der Absicht links in die K-Straße einzubiegen. Hierbei verschuldete er gegen 20.40 Uhr einen Verkehrsunfall (BI. 81 ff. ESt), bei dem sein Fahrzeug so erheblich beschädigt worden ist, dass er es anschließend für 500 DM veräußerte (Zeitwert zum Unfallzeitpunkt: 9.400 DM, BI. 72 ff. ESt).

Bei der Durchführung der Veranlagung ließ der Beklagte die vorgenannten Aufwendungen nicht zum Werbungskostenabzug zu und erließ einen dementsprechenden Einkommensteuerbescheid. Nach der insofern erfolglosen Durchführung eines Einspruchsverfahrens erhoben die Kläger am 27. Juli 2001 Klage.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

unter Änderung des Bescheides vom 18. März 1996 in Form der Einspruchsentscheidung vom 4. Juli 2001 die Einkommensteuer 1993 unter Berücksichtigung weiterer Werbungskosten i.H.v. 8.900 DM festzusetzen.

Der Kläger habe am 23. Dezember 1993 gegen Ende der Heimfahrt von der Arbeitsstätte in M nach V bemerkt, dass die Tankanzeige aufgeleuchtet habe. Da es bereits gegen 20.30 Uhr gewesen sei, habe er gewusst, dass die Tankstelle in W, Sch-Straße bereits geschlossen habe. Deshalb habe er sich spontan entschieden, nicht an der Abfahrt W die A 000 zu verlassen, sondern noch ca. 1 km weiter an der Abfahrt V abzufahren und an der K-brücke sein Fahrzeug zu betanken. Auf dieser Umwegfahrt sei es zu dem selbst verschuldeten Unfall direkt an der Autobahnabfahrt gekommen (BI. 1, 22).

Der Beklagte beantragt,

die Klage als unbegründet abzuweisen.

Der Versuch, die berufliche Veranlassung der Umwegfahrt darzulegen, könne nicht überzeugen, weil der zur Neige gehende Benzinvorrat nicht erst durch das Aufleuchten der Warnanzeige angezeigt worden, sondern dem Kläger bereits aus dem Stand der Tankanzeige bekannt gewesen sei. Aus der Tatsache, dass der Kläger auf der Heimfahrt trotz der Kenntnis über den relativ geringen Benzinvorrat die sich anbietenden naheliegenden Tankmöglichkeiten in M und S nicht wahrgenommen habe, sei zu folgern, dass er sein Fahrzeug - aus welchen Gründen auch immer - an der Tankstelle in V habe betanken wollen. Da hierfür berufliche Gründe nicht ersichtlich seien, sei der Werbungskostenabzug der Unfallkosten nach § 12 Abs. 1 EStG ausgeschlossen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die beigezogenen Verwaltungsakten und das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwIesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Beklagte hat die streitigen Aufwendungen zu Recht nicht zum Steuerabzug zugelassen.

1. Rechtsgrundlagen

a) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind Werbungskosten über den Wortlaut des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG hinaus nicht nur Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen, sondern alle Aufwendungen, die durch das Arbeitsverhältnis veranlasst sind. Nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG kommt jedoch ein Werbungskostenabzug grundsätzlich dann nicht in Betracht, wenn die Aufwendungen zwar den Beruf fördern, daneben aber auch - ohne leicht nachprüfbare Trennbarkeit anhand objektiver Maßstäbe - der Lebensflihrung dienen (z.B. BFH-Urteil vom 27.April1990 VI R 54/88, BFHINV 1991,85). Da Werbungskosten steuermindernd wirken, trifft die objektive Feststellungslast (Beweislast) für ihre Voraussetzungen den Steuerpflichtigen. Unterbleibt der konkrete Nachweis können sie gegebenenfalls nach Maßgabe der §§ 162 AO, 96 Abs. 1 Halbsatz 2 FGO geschätzt werden.

b) Zu den Werbungskosten gehören gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 1 EStG insbesondere auch die Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Diese Kosten werden bei Fahrten mit dem eigenen Kraftfahrzeug nach Satz 2 dieser Vorschrift nur mit den dort genannten Pauschbeträgen als Werbungskosten berücksichtigt. Nach ständiger Rechtsprechung wird durch diese Pauschbetragsregelung jedoch der Abzug außergewöhnlicher Ausgaben, wie insbesondere der durch einen Verkehrsunfall entstandenen Kosten, nicht ausgeschlossen (vgI. z. B. BFH vom 14.Juli 1978 VI R 158/76, BStBl II 1978,595).

Macht ein Steuerpflichtiger auf der Fahrt zur Arbeitsstätte oder zurück zur Wohnung einen Umweg, so kann ein Unfall auch auf einer solchen Umwegstrecke beruflich veranlasst sein, wenn sie in einem objektiven Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis steht und von der beruflichen Zielvorstellung des Steuerpflichtigen mitgetragen wird. Es muss also auch bezüglich des Umwegs die Absicht zur Förderung des Berufs bei weitem überwiegen und die Umstände der Lebensführung müssen ganz in den Hintergrund treten. Aufgrund dieser Erwägungen hat der BFH z. B. im Urteil vom 11. Juli 1980 VI R 55/79, BStBl. II 1980, 655 die Leerfahrt zwecks Abholung des Ehegatten von der Arbeitsstätte unter den dort genannten Voraussetzungen ebenso als beruflich veranlasst gewürdigt wie im Urteil vom 11. Oktober 1984 VI R 48/81, BStBl. II 1985, 10 einen zum Betanken des Kraftfahrzeugs gewählten Umweg zum Aufsuchen einer Tankstelle. Er hat in bei den Entscheidungen anerkannt, dass Aufwendungen wegen eines Unfalls auf einer solchen Umwegstrecke Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit sein können, wenn ein enger Zusammenhang zwischen der Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und der Betankung des Fahrzeugs besteht.

2. Anwendung im Streitfall

Die fragliche Fahrt steht nicht im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Klägers bei der SAG, auf grund derer er seine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erklärt hat. Wegen der im Streit jahr bei der L KG ausgeübten Tätigkeit hat er keine Einkünfte erklärt. Es kann letztlich dahinstehen, ob insofern die Voraussetzungen vorweggenommener Werbungskosten erfüllt sind. Die Anerkennung der Unfallkosten als Werbungskosten scheitert bereits daran, dass es der behaupteten Fahrt zur Tankstelle an dem erforderlich engen Zusammenhang zur Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte fehlt. Im übrigen trägt der Kläger die Beweislast für die - weitgehend nicht nachgewiesenen - Umstände der berufliche Veranlassung des Unfalls.

Der Unfall hat sich nicht auf dem direkten Weg zwischen der Arbeitsstätte in M und Wohnort des Klägers in V, K-straße ereignet, so dass die vom BFH entwickelten Grundsätze einer sogenannten Umwegfahrt zur Anwendung kommen. Der Kläger rechtfertigt seine Abweichung von der üblichen Strecke damit, dass er das Fahrzeug habe betanken müssen. Er habe sich nach Aufleuchten der Tankanzeige spontan entschieden, die Tankstelle an der K-Brücke anzufahren. Die Tankstelle in der Sch-straße habe um 20.30 Uhr bereits geschlossen gehabt. Grundsätzlich steht eine derart motivierte Umwegfahrt einer Anerkennung des Werbungskostenabzugs nicht entgegen. Vorliegend ist jedoch von Bedeutung, dass der Umweg zur Tankstelle an der K-Brücke eine deutlich größere Wegstrecke in Anspruch genommen hat, als sie zur Beendigung der Heimfahrt in die K-straße erforderlich gewesen wäre. Der Kläger hätte also seine Heimfahrt ohne weiteres beenden und das Fahrzeug am nächsten Tag in der Sch-straße oder an einer anderen auf dem Weg liegenden Tankstelle (H-straße, K-straße u.ä.). betanken können. Der Beklagte weist in diesem Zusammenhang zu Recht daraufhin, dass dem Fahrer nach dem Aufleuchten der Tankanzeige noch eine Wegstrecke von ca. 80 Kilometern bis zur Anfahrt der nächsten Tankstelle verbleibt.

Der Senat konnte sich überdies nicht davon überzeugen, dass sich der Vorgang so, wie ihn der Kläger vorträgt, auch den Realitäten entsprochen hat. Es ist weder nachgewiesen, dass das Fahrzeug dringend betankt werden musste, noch dass der Kläger ausschließlich aus diesem Grund an der K-brücke in die Richtung der Innenstadt V abgebogen ist. Der Beklagte hat entsprechende Zweifel geltend gemacht, weil der Kläger bereits vorher an der Autobahn entsprechende Tankmöglichkeiten gehabt hatte. Zudem hat das erstmalige Aufleuchten der Tankanzeige - wie gesagt - nicht zur Folge, dass unmittelbar im Anschluss daran eine Tankstelle angefahren werden müsste. Wäre es dem Kläger also in der Tat nur um das Betanken des Fahrzeuges gegangen, so hätte er ohne weiteres nach Hause fahren und am nächsten Tag sein Fahrzeug - wo auch immer - betanken können.

3. Die Klage war somit als unbegründet abzuweisen. Die Kosten des Verfahrens waren dem Kläger aufzuerlegen (§ 135 Abs. 1 FGO).

Zur Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO sah der Senat keine Veranlassung.

RechtsgebietEStGVorschriftenVS §§ 9 Abs. 1, 12 Nr. 1 S. 2; § 162 AO; § 96 Abs. 1 FGO

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