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15.04.2005 · IWW-Abrufnummer 051065

Landgericht Essen: Urteil vom 27.01.2004 – 15 S 319/03

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


051065
Landgericht Essen
Im Namen des Volkes
Urteil

In dem Rechtsstreit

hat die 15. Zivilkammer des Landgerichts Essen auf die mündliche Verhandlung vom 27. Januar 2004 durch den Vizepräsidenten des Landgerichts Vogt, die Richterin am Landgericht Bielefeld und des Richter am Landgericht Storner für Recht erkannt:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 17.7.2003 verkündete Urteil des Amtsgerichts Gelsenkirchen ? 32 C 720/02 ? abgeändert.

Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger weitere 727,03 Euro (i. W.: siebenhundertsiebenundzwanzig und 03/100 Euro) nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 16.1.2003 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

Die Berufung ist begründet.

Der Kläger kann vollen Ersatz des ihm anlässlich des Verkehrsunfalls vom 2. November 2002 entstandenen Schadens verlangen.

Das Amtsgericht hat es rechtsfehlerfrei als erwiesen erachtet, dass der Kläger bei Grünlicht (Linkspfeil) und der Beklagte bei Rotlicht in den Kreuzungsbereich eingefahren sind. Dann überwiegt das Verschulden des Beklagten zu 1) am Unfallgeschehen derart, dass eine Mithaftung des Klägers aus dem Gesichtspunkt der Betriebsgefahr zurücktritt (vgl. Hentschl, § 9 StVO, Rdn. 55 m.w.N.).

Der Schaden des Klägers beträgt 2.142,62 Euro.

Die Berufung macht geltend, das Amtsgericht habe bei der Schadensberechnung zu Unrecht den Nettowiederbeschaffungswert zu Grunde gelegt. Von dem vom Sachverständigen ermittelten Wiederbeschaffungswert in Höhe von 1.850 Euro hat es 16 % Mehrwertsteuer abgezogen und ist von einem Fahrzeugschaden in Höhe von 1.594,83 Euro netto ausgegangen.

Nach Ansicht der Kammer ist von dem Bruttowiederbeschaffungswert auszugehen. Ein Restwert ist unstreitig nicht vorhanden.

Die Schadensbemessung bei einem Totalschaden, ein solcher liegt hier vor, richtet sich nach ständiger Rechtsprechung des BGH (vgl. BGHZ 115, 364) nach § 249 BGB.

Nach § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB kann der Geschädigte die Mehrwertsteuer nur ersetzt verlangen, wenn und soweit diese angefallen ist.

Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, er habe von einem Arbeitskollegen ein gebrauchtes Fahrzeug für 100 Euro erworben. Mehrwertsteuer ist daher nicht angefallen bei der Ersatzbeschaffung.

Der Kläger rechnet nach den fiktiven Wiederbeschaffungskosten ab.

Die Beklagten sind verpflichtet, dem Geschädigten den für die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes erforderlichen Geldbetrag zu zahlen. Im Falle eines Totalschadens bedeutet dies, dass der Schaden auf der Basis des Geldbetrages reguliert wird, den der Geschädigte für die Beschaffung eines gleichwertigen Ersatzfahrzeugs bei einem seriösen Kraftfahrzeughändler benötigt.

Bei einer fiktiven Ersatzbeschaffung ist vom Bruttowiederbeschaffungswert allenfalls ein Mehrwertsteuerbetrag von 2 % abzusetzen. Denn die volle Mehrwertsteuer in Höhe von 16 % fällt nur dann an, wenn der Händler das Fahrzeug nicht bei einem Privatmann erworben hat. Hat hingegen der Händler das Fahrzeug von einem Privatmann erworben, bezieht sich die anfallende Umsatzsteuer nur auf die Händlerspanne (Differenzbesteuerung nach § 25 a Umsatzsteuergesetz). Umsatzsteuer fällt daher in der Regel nur in Höhe von ca. 2 % an. Da der Händler nicht darauf verwiesen werden kann, ein mit 16 % regelbesteuertes Fahrzeug zu erwerben, ist bei einer fiktiven Ersatzbeschaffung vom Bruttowiederbeschaffungswert allenfalls eine Mehrwertsteuer von 2 % abzusetzen, vgl. Lang-Stahl-Suchomel NZV 2003, 441).

Im vorliegenden Fall kann nicht einmal angenommen werden, dass im Wiederbeschaffungswert 2 % Umsatzsteuer enthalten sind. Die Kammer schließt sich insoweit den Ausführungen des OLG Köln zu einem vergleichbaren Fall im Urteil vom 5.12.2003, 19 U 85/03, an.

Das Fahrzeug des Klägers war erstmals im Dezember 1990 zugelassen worden. Es war also zum Unfallzeitpunkt nahezu 12 Jahre alt. Fahrzeuge diesen Alters werden auf dem seriösen Gebrauchtwagenmarkt nicht mehr angeboten, insbesondere seit es für Händler nicht mehr möglich ist, die Gewährleistung auszuschließen.

Es lässt sich nicht feststellen, dass bei einem Kauf von Privaten ein niedrigerer Preis zu zahlen war als der, den der Sachverständige als Bruttowiederbeschaffungswert angesetzt hat, vgl. Eggert, Verkehrsrecht aktuell 2003, 156. Dies gilt erst recht, wenn der Bruttowiederbeschaffungswert auf dem gewerblichen Markt nicht ermittelt werden kann, weil ein solcher für ältere Fahrzeuge nicht existiert. Deshalb ist davon auszugehen, dass vorliegend der Bruttowiederbeschaffungswert dem entspricht, was der Kläger für Ersatzbeschaffung aufzuwenden hat. Hiervon ist wohl auch der Sachverständige XXX der DEKRA ausgegangen. Ebenso wie in dem vom OLG Köln a.a.O. entschiedene Fall hat der Sachverständige nämlich den Nettowiederbeschaffungspreis in Höhe von 1.594,83 Euro nur für den Fall der Regelbesteuerung angegeben. Er hat nicht den Bruttowiederbeschaffungspreis ausgehend vom Nettopreis errechnet, sondern umgekehrt den Nettowiederbesteuerungswert ausgehend vom Bruttopreis und nur für den Fall der Regelbesteuerung. Auch nach Ansicht der Kammer hat der Sachverständige damit ersichtlich dem Umstand Rechnung getragen, dass bei derartigen Fahrzeugen ein Nettowiederbeschaffungswert für sich gesehen nicht festgestellt werden kann, sondern maßgeblich auf den Bruttowiederbeschaffungswert abzustellen ist und dieser dem vom Käufer aufzuwendende Betrag entspricht.

Der Klage war daher stattzugeben, wobei die Kostenentscheidung auf § 91 ZPO beruht und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 713 ZPO.

RechtsgebieteVerkehrsrecht, UmsatzsteuererstattungVorschriften§ 249 Abs. 2 BGB

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