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15.04.2005 · IWW-Abrufnummer 051064

Landgericht Berlin: Urteil vom 22.04.2004 – 58 S 410/03

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Urteil des Landgerichts Berlin

vom 22.4.2004

AZ.: 58 S 410/03
106 C 3212/03 AG Mitte

In dem Rechtsstreit XXX

hat die Zivilkammer 58 des Landgerichts Berlin, Littenstraße 12-17, 10179 Berlin (Mitte), auf die mündliche Verhandlung vom 22. April 2004 durch die Richterin am Landgericht Kathke-Weiß als Einzelrichterin für Recht erkannt.

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 23. Oktober 2003 verkündete Urteil des Amtsgerichts Mitte ? 106 C 3212/03 ? teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 530,69 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. Juni 2003 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin 14 %, der Beklagte 86 % zu tragen.

Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist teilweise begründet und führt im tenorierten Umfang zu einer teilweisen Änderung des angefochtenen Urteils.

Der Beklagte hat der Klägerin gemäß §§ 7, 17, 18 StVG, §§ 823, 249 ff. BGB, § 3 Nr. 1 und Nr. 2 PflVG 100 % ihres Schadens aus dem Verkehrsunfall vom 31. Januar 2003 zu ersetzen, bei welchem auf der Kreuzung Hermsdorfer Damm/Olafstraße in Berlin ihr Pkw VW Polo mit dem bei dem Beklagten haftpflichtversicherten Fahrzeug, polizeiliches Kennzeichen XXX zusammenstieß. Die alleinige Haftung des Beklagten für den aus diesem Unfall resultierenden materiellen Schaden der Klägerin ist zwischen den Parteien unstreitig.

Die Parteien streiten lediglich über den Umfang des der Klägerin gegen den Beklagten zustehenden Erstattungsanspruchs betreffend die Schadensposition Fahrzeugschaden. Der Klage ist diesbezüglich über die auf diese Schadensposition unstreitig bereits vorprozessual erfolgte Zahlung des Beklagten in Höhe des Betrages von 2.586, 21 Euro hinaus in Höhe des Betrages von 530,69 Euro stattzugeben. Im Übrigen ist die Klage abzuweisen und die weitergehende Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin hat gemäß § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB einen Erstattungsanspruch lediglich in Höhe des Nettobetrages des Wiederbeschaffungswerts ihres Fahrzeugs. Unter Berücksichtigung des Restwerts des Klägerfahrzeugs ergibt sich hiernach ein Erstattungsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten in Höhe des Gesamtbetrages von 3.116,90 Euro. Unter Berücksichtigung der bereits vorprozessual erfolgten Zahlung des Beklagten in Höhe des Betrages von 2.586,21 Euro (§ 362 BGB) verbleibt ein noch offener Erstattungsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten in Höhe des Betrages von 530,69 Euro.

Die Klägerin rechnet hinsichtlich der Schadensposition Fahrzeugschaden einen wirtschaftlichen Totalschaden und diesen fiktiv auf Gutachtenbasis ab. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass an dem Klägerfahrzeug ein wirtschaftlicher Totalschaden eingetreten ist. Zwischen den Parteien besteht lediglich Streit darüber, in welcher Höhe bei der Schadensabrechnung der Wiederbeschaffungswert des Klägerfahrzeugs in Ansatz zu bringen ist. Wiederum unstreitig ist, dass sich der Bruttobetrag des Wiederbeschaffungswerts des Klägerfahrzeugs auf den Betrag von 4.500 Euro beläuft. Die Parteien streiten lediglich darüber, ob und wenn ja in welcher konkreten Höhe anteilig Umsatzsteuer von dem Wiederbeschaffungswert in Abzug zu bringen ist. Der Beklagte hat bei seiner vorprozessualen Zahlung insoweit einen Anteil von 16 % in Ansatz gebracht und einen Abzug in Höhe des Betrages von 620,69 Euro vorgenommen.

Abweichend von der Auffassung der Klägerin ist im vorliegenden Fall ? wie im Termin vom 22. April 2004 erörtert ? trotz des unstreitigen Eintritts eines wirtschaftlichen Totalschadens an dem Klägerfahrzeug nicht die Regelung des § 251 BGB, sondern die des § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB anzuwenden. Denn nach dem sich aus der Entstehungsgeschichte ergebenden Normzweck erfasst die Regelung des § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB neben dem Fall der Beschädigung einer Sache auch die Fälle der Zerstörung oder Entwendung, soweit durch Beschaffung einer gleichartigen und gleichwertigen Ersatzsache eine Restitution möglich ist (vgl. Palandt-Heinrichs, Bürgerliches Gesetzbuch, 63. Auflage, § 249 Rn 15 m.w.N.; Geigel, Der Haftpflichtprozess, 24. Auflage, 5. Kapitel, Rn. 14; LG Bochum NJW 2004, 235 m.w.N.). So liegt der Fall hier.

Die Klägerin hat gemäß der Regelung des § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB keinen Erstattungsanspruch hinsichtlich des auf den Wiederbeschaffungswert entfallenden Betrags der Umsatzsteuer. Ihr Erstattungsanspruch beschränkt sich, wie durch das Amtsgericht in der angefochtenen Entscheidung zu Recht ausgeführt, auf den Nettowiederbeschaffungswert. Denn die Umsatzsteuer ist nicht tatsächlich angefallen, da sich die Klägerin unstreitig kein Ersatzfahrzeug angeschafft hat. Diese rechnet vielmehr ? wie bereits vorstehend ausgeführt ? fiktiv auf Gutachtenbasis ab.

Der Betrag der Umsatzsteuer, der in dem Wiederbeschaffungswert von 4.500 Euro brutto anteilig enthalten ist, ist daher herauszurechnen. Abweichend von der Auffassung des Beklagten und den Ausführungen des Amtsgerichts in der angefochtenen Entscheidung ist jedoch im vorliegenden Fall für die Umsatzsteuer kein Anteil von 16 % gemäß § 12 UStG in Ansatz zu bringen. Vielmehr ist die anteilige Umsatzsteuer gemäß § 287 ZPO auf den Anteil von 2 % des Bruttowiederbeschaffungswerts und damit auf den Betrag von 90 Euro zu schätzen. Der Wiederbeschaffungswert ist hiernach bei der Berechnung des Fahrzeugschadens mit dem Wert von 4.410 Euro netto in Ansatz zu bringen. Hierzu ist im Einzelnen ? wie im Termin vom 22. April 2004 ebenfalls erörtert ? auszuführen wie folgt:

Die Klägerin behauptet selbst nicht, dass ein dem Klägerfahrzeug gleichwertiges Ersatzfahrzeug nur auf dem Privatmarkt beschafft werden könnte. Gemäß dem eigenen Vorbringen der Klägerin wird ein vergleichbares Ersatzfahrzeug auf dem Gebrauchtwagenmarkt nur nicht in der Weise angeboten, dass der Veräußerer berechtigt ist, die im Kaufpreis enthaltene Mehrwertsteuer gesondert auszuweisen. Hiernach geht die Klägerin selbst zumindest von einer Differenzbesteuerung nach § 25a UStG aus.

Auf Grundlage des übrigen Vorbringens der Parteien steht ferner fest, dass in dem Wiederbeschaffungswert von 4.500 Euro brutto, der von beiden Parteien der Abrechnung des Fahrzeugschadens zugrunde gelegt wird, ein Umsatzsteueranteil gemäß der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG und nicht ein solcher von 16 % gemäß § 12 UStG enthalten ist.

Denn beide Parteien legen ihrer Schadensberechnung einvernehmlich jeweils das Gutachten des Sachverständigen XXX vom 4. Februar 2003 zugrunde. In diesem ist der Wiederbeschaffungswert des Klägerfahrzeugs mit 4.500 Euro angegeben, und zwar einschließlich der Umsatzsteuer (?Wiederbeschaffungswert incl. MwSt. 4.500,00?, vgl. BI. 30 d.A.). In dem Gutachten des Sachverständigen XXX ist ferner ausgeführt, dass alle Wiederbeschaffungswerte, die zur Bestimmung des vorgenannten Wiederbeschaffungswerts gefunden worden seien, die Mehrwertsteuer enthalten gehabt hätten. Es sei kein Wiederbeschaffungswert zu finden gewesen, der die Mehrwertsteuer separat ausgewiesen habe (BI. 30 d.A.). Dies ist der Fall der Dies ist der Fall der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG (vgl. auch zu einem vergleichbaren Fall LG Bochum NJW 2004, 235).

Der Umstand, dass das Klägerfahrzeug im Betriebsvermögen der beruflich als Steuerberaterin tätigen und unstreitig zum Vorsteuerabzug berechtigten Klägerin steht, führt abweichend von der Auffassung des Beklagten zu keiner abweichenden rechtlichen Würdigung dahingehend, dass für die Umsatzsteuer ein Anteil von 16 % nach § 12 UStG in Ansatz zu bringen ist. Denn eine Vorsteuerabzugsberechtigung nach § 15 UStG kann allenfalls in dem Umfang bestehen, in welchem Umsatzsteuer im Kaufpreis tatsächlich enthalten ist, und damit vorliegend allenfalls in Höhe des Wertes der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG. Des Weiteren ist ein Vorsteuerabzug nicht möglich, wenn die Umsatzsteuer ? wie vorliegend der Fall ? nicht separat ausgewiesen wird (§§ 14, 15 UStG).

Die nicht gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 25a UStG kann gemäß § 287 ZPO geschätzt werden (vgl. Palandt-Heinrichs, a.a.O. § 249 Rn. 18). Das Berufungsgericht schließt sich insoweit der überwiegenden Rechtsprechung sowie der Empfehlung des 42. Deutschen Verkehrsgerichtstags in Goslar, welcher empfiehlt, bei der Bestimmung des Wiederbeschaffungswerts des beschädigten Fahrzeugs den darin enthaltenen Mehrwertsteueranteil bei differenzbesteuerten Fahrzeugen pauschal mit 2 % anzusetzen (Arbeitskreis V: ?Neues Schadensersatzrecht in der Praxis?, dort Ziffer 1), an und schätzt diesen Betrag auf 2 % (vgl. Palandt-Heinrichs a.a.O.; vgl. ferner LG Bochum NJW 2004, 235 m.w.N.; AG Erkelenz NJW 2003, 2617; AG Papenburg NJW 2003, 2617; AG Halle i.W. NJW 2003, 2616; AG Kaiserslautern DAR 2003, 424; AG Frankfurt/Main NZV 2003, 534). Der Anteil von 2 % des Betrages von 4.500 Euro beläuft sich auf den Betrag von 90 Euro.

Nach alledem ist zur Bemessung des Fahrzeugschadens von dem Nettowiederbeschaffungswert in Höhe des Betrages von 4.410 Euro der Restwert des Klägerfahrzeugs in Abzug zu bringen. Dieser beläuft sich ? zwischen den Parteien gleichfalls unstreitig und von diesen ebenfalls einvernehmlich ihren Berechnungen zugrunde gelegt ? auf den Betrag von 1.293,10 Euro netto. Der Restwert ist im vorliegenden Fall mit dem Nettobetrag und nicht mit dem Bruttobetrag (unstreitig 1.500 Euro) in Ansatz zu bringen, da die Klägerin bei einer Veräußerung des in ihrem Betriebsvermögen stehenden Klägerfahrzeugs Umsatzsteuer zu entrichten hat. Abschließend ergibt sich damit für den Fahrzeugschaden der Betrag von 3.116,90 Euro.

Der Zinsanspruch beruht auf den §§ 291, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 Satz 1 2. Alternative ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Sache weder von grundsätzlicher Bedeutung ist noch die Rechtsfortbildung oder Einheitlichkeit der Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshof erfordert (§ 543 ZPO).

RechtsgebieteVerkehrsrecht, Schadenersatz, WiederbeschaffungswertVorschriften§ 249 Abs. 2 BGB

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