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13.04.2005 · IWW-Abrufnummer 050981

Finanzgericht Köln: Urteil vom 15.06.2004 – 1 K 2538/00

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Datum: 15.06.2004

Urteil

Aktenzeichen: 1 K 2538/00

Tenor: Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger werden als Eheleute gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks ... in .... Dieses Grundstück wurde im Jahre 1988 für Zwecke einer Auto-Vertragshandlung mit zugehöriger Vertragswerkstatt bebaut und hergerichtet. Der Kläger verpachtete es bis zum 31. Dezember 1994 im Wege der Betriebsaufspaltung an die ihm gehörige ... GmbH, die ihrerseits das ...-Autohaus betrieb. Auf Grund eines Betriebsübernahmevertrages vom 07. November 1994 erwarb die ...- und ...-GmbH die Warenvorräte und das Anlagevermögen der ...-GmbH, unter anderem die gesamte Werkstattausrüstung mit Werkstatt- und Abschleppwagen, Prüf- und Messständen, Waschanlage, Hebebühnen und vielem anderen, sowie mit Hofbefestigung, Fahnenanlagen und anderem. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlagen zum Schriftsatz des Beklagten vom 08. April 2004 (Blatt 52 bis 65 der Gerichtsakte) verwiesen. Der Kaufpreis für das Anlagevermögen betrug 2,3 Millionen DM. Die Betriebsübernahme wurde erst mit Übergang der Auto-Konzession an den Käufer wirksam. Die ...- und ...-GmbH wurde unmittelbar nach der Betriebsübernahme von dem Gesellschafter ... als Alleingesellschafter übernommen.

Mit Mietvertrag ebenfalls vom 07. November 1994 wurde das Betriebsgrundstück für zehn Jahre mit einer Option von nochmals zweimal fünf Jahren an die ...- und ...-GmbH vermietet. Als Vermieterin trat die -GmbH & Co. KG in Gründung? auf. Mit notariellem Gesellschaftsvertrag vom 28. November 1994 wurde diese Kommanditgesellschaft mit dem Kläger als Kommanditisten gegründet. Die Eintragung ins Handelsregister erfolgte am 17. Juli 1995.

Als dem Finanzamt nach einer Betriebsprüfung diese Zusammenhänge deutlich wurden, erging (auf Grund Änderung nach § 164 Abs. 2 AO) der vorliegend streitige Einkommensteuerbescheid vom 9. November 1998, in dem der Beklagte von einem Aufgabegewinn in Höhe von DM ...,00 auf Grund der Überführung des Grundstücks mit Aufbauten ins Privatvermögen des Klägers ausging und die Einkommensteuer auf DM ...,00 festsetzte. Mit Einspruchsentscheidung vom 14. März 2000 führte der Beklagte aus: Indem die Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung mit Übertragung des Betriebs auf die ...- und ...-GmbH entfallen sei, sei das Betriebsgrundstück ins Privatvermögen zurückgefallen. Die Vermietung habe auch nicht deshalb gewerblichen Charakter gehabt, weil eine GmbH & Co. KG als Vermieterin ausgetreten sei, denn diese KG sei rechtlich erst mit der Eintragung ins Handelsregister am 17. Juli 1995, also nach Beginn der Vermietungstätigkeit zu Stande gekommen. Es habe auch keine Verpachtung eines Betriebes im ganzen stattgefunden, da wesentliche Bestandteile des Betriebs veräußert worden seien.

Mit ihrer am 6. April erhobenen Klage machen die Kläger geltend, das Grundstück habe die gewerblich-betriebliche Sphäre nicht verlassen. Sie sei unmittelbar ins Betriebsvermögen der ...-GmbH & Co. KG übergegangen, die gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG ihrer Form wegen als gewerblich tätig gelte. Diese Gesellschaft sei, wenn auch zunächst mit verschärfter Haftung des Kommanditisten, schon mit dem notariellen Vertrag, nicht erst mit Eintragung ins Handelsregister zu Stande gekommen. Darüber hinaus trage die Vermietung auch insofern gewerblichen Charakter, als sie eine Betriebsverpachtung im ganzen darstelle. Der Kläger könne den Betrieb in Gestalt des ursprünglichen Gewerbebetriebs jederzeit wieder aufnehmen und habe auch die Absicht hierzu. Viele Anlagen, z. B. die Öl-Abscheide-Vorrichtung, seien vom Kläger zurückbehalten worden. Die veräußerten Anlagegüter seien von untergeordneter Bedeutung, zumal die Werkstatt ohnehin nur ein verhältnismäßig geringen Teil zum Gesamtumsatz beigetragen habe. Zudem seien alle veräußerten Anlagegüter, wie z. B. die Hebebühnen, jederzeit leicht wieder zu beschaffen.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid für 1994 dahin zu ändern, dass der angesetzte Aufgabegewinn von DM ... außer Betracht bleibt.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er wiederholt und vertieft die Gründe seiner Einspruchsentscheidung.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Zu Recht legt der Beklagte den Überschuss des gemeinen Wertes des Grundstücks ... in ... über den Buchwert, der der Höhe nach unstreitig ist, als Aufgabegewinn im Sinne von § 16 Abs. 3 EStG der Besteuerung zu Grunde; denn der Kläger hatte seinen in Form der Betriebsaufspaltung gestalteten Gewerbebetrieb aufgegeben und das streitige Grundstück ins Privatvermögen überführt.

1. Mit dem Wegfall der Voraussetzung der Betriebsaufspaltung durch Übertragung des Betriebs an die vom Kläger nicht beherrschte ... und- ... I-GmbH wurde der Betrieb des Klägers aufgegeben. Der Wegfall der Voraussetzung der Betriebsaufspaltung führt in aller Regel auf der Seite des Besitzunternehmers zur Aufgabe des Gewerbebetriebs und Überführung des Grundstücks in das Privatvermögen, das nunmehr im Rahmen der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung genutzt wird. Dies gilt nur dann nicht, wenn die Vermietung des Grundstücks ausnahmsweise die Voraussetzungen der Verpachtung eines Betriebs im Ganzen erfüllt. Dann tritt die Aufgabe der gewerblichen Nutzung erst ein, wenn sie vom Vermieter ausdrücklich erklärt wird.

S. BFH-Urteile vom 23. April 1996 VIII R 13/95, BStBl. II 1998, 325 und vom 11. Mai 1999 VIII R 72/96, BStBl. II 2002, 722; siehe auch Schmidt EStG-Kommentar 23. Auflage 2004 § 15 RN 865 m.w.N.

Entgegen der Auffassung des Klägers liegt jedoch eine Vermietung des Betriebs im Ganzen nicht vor. Dies würde nämlich voraussetzen, dass das vermietete Grundstück die einzige wesentliche Grundlage des Betriebs darstellte.

S. die oben zitierten BFH-Urteile sowie BFH-Urteil vom 17. April 1997 VIII R 2/95, BStBl. II 1998, 388; s. auch Schmidt a.a.O. sowie § 16 RN 696 mit den Nachweisen der Rechtsprechung.

Zu der Frage, wann ein Grundstück die einzige wesentliche Grundlage eines Betriebs darstellt, hat die Rechtsprechung eine breite Kasuistik entwickelt, wonach das Grundstück insbesondere bei reinen Handelsunternehmen und bei Hotel- und Gaststättenbetrieben die einzige wesentliche Betriebsgrundlage darstellen kann.

S. das zitierte BFH-Urteil vom 17. April 1997, sowie Schmidt a.a.O.
§ 16 RN 696.

Entscheidend ist dabei eine Gesamtwürdigung des Erscheinungsbildes des Betriebes unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse des Einzelfalles und insbesondere unter Zugrundelegung einer funktionalen Betrachtungsweise.

S. das zitierte BFH-Urteil vom 17. April 1997.

Eine solche Gesamtwürdigung führt vorliegend dazu, das Grundstück nicht als die einzige wesentliche Betriebsgrundlage anzusehen. Der Betrieb, so wie er vom Kläger bis zur Übertragung geführt wurde, trug das typische Gepräge eines ...-Autohauses, zu dem neben Neu- und Gebrauchtwagenhandel auch der Werkstattbetrieb gehörte Der Senat verkennt nicht, dass für einen solchen Betrieb das Grundstück mit seiner Lage und den entsprechend hergerichteten Aufbauten wohl die wichtigste Grundlage darstellt, jedoch stellt - unabhängig vom prozentualen Anteil des Werkstattbetriebs am Gesamtumsatz des Unternehmens - auch dieser ein wesentliches Element für einen Betrieb wie den des Klägers dar. Es ist für den Käufer eines Autos gerade gehobener Klasse wichtig, nach dem Kauf auch die Gelegenheit zu fachgerechter Inspektion und Service aller Art beim konzessionierten Verkaufsunternehmen zu finden, sodass sich der Erfolg des Handels von dem der Werkstatt nicht trennen lässt. Auf der Grundlage dieser Überlegung muss auch das Anlagevermögen des Werkstattbetriebes zu den wesentlichen Grundlagen des Gesamtbetriebs gezählt werden. Zu dieser Beurteilung führt die gebotene funktionale Betrachtungsweise: Ein Werkstattbetrieb - gerade ein Konzessionsbetrieb hochwertiger Kraftfahrzeuge - ist ein Gesamtorganismus, der ohne eine Vielfalt teils sehr spezieller und einander ergänzender Geräte nicht funktionsfähig sein kann. Dem kann der Kläger auch nicht erfolgreich gegenhalten, die einzelnen Elemente der Werkstattausstattung seien jederzeit leicht wiederbeschaffbar. Zwar hat die Rechtsprechung in einigen Fällen auch einzelne funktional unentbehrliche Elemente des beweglichen Anlagevermögens nicht zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gerechnet, wenn diese jederzeit und leicht wiederbeschaffbar waren, sodass der Vermieter des Grundstücks den Betrieb jederzeit leicht im Wesentlichen ?identitätswahrend? wieder aufnehmen konnte. Ein solcher Fall ist vorliegend jedoch nicht gegeben. Das Anlagevermögen des Autobetriebs, insbesondere des Werkstattbetriebs, besteht nicht in einzelnen, leicht wiederbeschaffbaren Gegenständen, sondern es stellt - wie dargelegt - selbst einen Betriebsorganismus vielfältiger einander ergänzender Elemente dar, der - wenn er nicht als Ganzes zurückerworben werden kann - erst wieder neu aufgebaut werden muss. Welche Bedeutung dem Anlagevermögen zukommt, lässt sich im übrigen auch an dem wirtschaftlichen Gewicht bemessen, welches es auch im Verhältnis zum Wert des Grundstücks verkörperte. Ein Anlagevermögen, dass funktional unentbehrlich ist und für dessen Gesamtheit der Erwerber, wie vorliegend, 2,3 Millionen DM bezahlt, kann nicht nur als unwesentliche Betriebsgrundlage angesehen werden.

Scheitert die vom Kläger angenommene Verpachtung des Betriebs im Ganzen schon daran, dass neben dem Betriebsgrundstück auch das veräußerte Anlagevermögen als wesentliche Betriebsgrundlage angesehen werden muss, so kommt hinzu, dass der Betrieb, wie der Kläger ihn führte, auch durch die Auto-Konzession wesentlich mitgeprägt war. Ein Konzessionsbetrieb für eine renommierte Automarke ist ohne die entsprechende Konzession nicht ?identitätswahrend? fortzuführen. Die Kläger haben selbst dargelegt, in welchem Umfang die bauliche Ausstattung des Grundstücks von den Vorstellungen des Konzessionsgebers ... mitbestimmt wurde. Auch die Aufgabe der Konzession zu Gunsten des erwerbenden Betreibers ist somit ein - für sich genommen freilich möglicherweise nicht ausreichendes - Element der Betriebsaufgabe, die der Kläger durch die Übertragung seines Betriebes unter Zurückbehaltung des Grundstücks durchführte.

2. Das Grundstück des Klägers ist auch nicht aus einem anderen Gesichtspunkt in seinem gewerblichen Vermögen verblieben. Insbesondere hat der Kläger das Grundstück nicht unmittelbar mit der Aufgabe seines ursprünglichen Betriebes in das Betriebsvermögen eines anderen Gewerbebetriebes eingebracht. Selbst wenn man - wie der Kläger - davon ausgeht, dass das fragliche Grundstück - schon vor Aufgabe des Betriebs - in ... die -GmbH & Co. KG eingebracht wurde, so wäre es auch dadurch nicht gewerbliches Betriebsvermögen geworden. Denn die ...-GmbH & Co. KG konnte auch im Sinne von § 15 Abs. 3 EStG nicht als Gewerbebetrieb angesehen werden. Zwar würde sie gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG in vollem Umfang, also auch hinsichtlich der Vermietung des fraglichen Grundstücks, als Gewerbebetrieb gelten, wenn ausschließlich die GmbH persönlich haftende Gesellschafterin gewesen wäre. Dies war jedoch nicht der Fall. Zwar entstand die ...-GmbH & Co. KG schon mit Abschluss des notariellen Vertrages. Jedoch bestand sie gemäß § 176 HGB zunächst als OHG. Die Haftungsbeschränkung des Kommanditisten trat erst mit Eintragung ins Handelsregister ein. Zur Zeit der Vermietung hatte somit die Gewerblichkeitsfiktion des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG noch keine Grundlage, da zu dieser Zeit der Kläger als natürliche Person noch persönlich haftender Gesellschafter war. Das vermietete Grundstück fiel somit ins Privatvermögen des Klägers zurück.

Die Kostenentscheidung erfolgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision wird nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen, da die Voraussetzungen der Verpachtung eines Gewerbebetriebs im Ganzen weiterhin grundsätzlich klärungsbedürftig erschienen, zumal es nach einer Formulierung im zitierten

BFH-Urteil vom 11. Mai 1999

so erscheinen kann, als würde die Veräußerung des Anlagevermögens an den Pächter auch unabhängig von leichter Wiederbeschaffbarkeit die Möglichkeit der Verpachtung im Ganzen eröffnen.

RechtsgebietEinkommensteuerVorschriften§ 16 Absatz 3 EStG

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