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08.02.2005 · IWW-Abrufnummer 050332

Oberlandesgericht Hamm: Beschluss vom 09.12.2004 – 3 Ss OWi 679/04

Macht der Betroffene gegenüber der Verhängung eines Fahrverbotes geltend, er verfüge nicht über hinreichend liquide Mittel, um sich zeitweise eines Fahrers zu bedienen, der aus dem bisherigen Personalbestand nicht rekrutiert werden könne, ist der Betroffene darauf zu verweisen, dass selbst eine kurzfristige Kreditaufnahme hierfür noch zumutbar ist.


3 Ss 679/04 OLG Hamm

Beschluss

gegen E.O.
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit.

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen vom 28. Juli 2004 gegen das Urteil des Amtsgerichts Essen vom 27. Juli 2004 hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 09. 12. 2004 durch die Richterin am Oberlandesgericht als Einzelrichterin gemäß § 80 a Abs. 1 OWiG n.F. nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird auf seine Kosten als unbegründet verworfen.

Gründe:
I.
Der Betroffene ist durch Urteil des Amtsgerichts Essen vom 27. Juli 2004 wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften zu einer Geldbuße von 100,- ? verurteilt worden. Gegen ihn wurde ferner ein Fahrverbot von einem Monat verhängt.

Zu den persönlichen Verhältnissen des Betroffenen und zur Sache hat das Amtsgericht die folgenden Feststellungen getroffen:

?Der Betroffene führt seit 1999 mit einem Partner einen Weinbetrieb. Im Rahmen dieser Tätigkeit fährt er in der Regel zwei- bis dreimal die Woche bundesweit zu Kunden, um dort Proben durchzuführen. Bei diesen Fahrten werden jeweils mehrere Termine hintereinander durchgeführt. Neben dem Partner arbeiten in dem Betrieb drei Aushilfen, sowie drei Verkäufer in anderen Aufgabengebieten als der Betroffene.

Der Betroffene befürchtet, dass wenn gegen ihn ein Fahrverbot verhängt werde, die Existenz der Firma gefährdet ist.

Der Verkehrszentralregisterauszug enthält eine Eintragung:
Gegen den Betroffenen wurde vom Amtsgericht Hassfurth am 29.01.2003 eine Geldbuße von 50,- ? verhängt, weil der Betroffene die zulässige Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaft um 23 km/h überschritten hatte.

Der Betroffene befuhr am 14.02.2004 um 10:16 Uhr die BAB 40 in Essen in Fahrtrichtung Duisburg. In Höhe von Kilometer 63,9 überschritt der Betroffene die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 41 km/h (abzüglich Toleranz). Dies ergab eine durchgeführte Geschwindigkeitsmessung.

Dieser Sachverhalt steht fest aufgrund des glaubhaften Geständnisses des Betroffenen.?

Wegen der weiteren Ausführungen in den Urteilsgründen, zur rechtlichen Würdigung der Tat und zu den Rechtsfolgen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, die er mit Schreiben vom 30.08.2004 auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt hat, mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch aufzuheben und von der Verhängung eines Fahrverbotes gegen den Betroffenen unter angemessener Erhöhung der Regelgeldbuße abzusehen. Mit näheren Ausführungen erhebt der Betroffene die allgemeine Sachrüge. Er macht insbesondere geltend, dass das Fahrverbot für den Betroffenen eine erhebliche Härte darstelle und für ihn unzumutbar sei, weil es zu einer Existenzgefährdung des Betroffenen führe, was er mit näheren Ausführungen darlegt.

Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, das angefochtene Urteil mit den Feststellungen aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Essen zurückzuverweisen.

II.

Die gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 2 OWiG statthafte Rechtsbeschwerde ist rechtzeitig eingelegt und form- und fristgerecht begründet worden.

Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Entgegen der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft ist die Beschränkung der Rechtsbeschwerde auf den Rechtsfolgenausspruch wirksam. Voraussetzung einer wirksamen Beschränkung ist, dass die angefochtene Entscheidung hinreichende Feststellungen für die durch das Rechtsbeschwerdegericht zu treffende Entscheidung über die Rechtsfolgen enthält. Unwirksam ist dagegen eine Beschränkung auf

den Rechtsfolgenausspruch, wenn die Schuldfeststellungen in dem angefochtenen Urteil derart knapp, unvollständig, unklar oder widersprüchlich sind, dass sie keine hinreichende Grundlage für die Prüfung der Rechtsfolgenentscheidung bilden (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 47. Aufl., § 318 Randziffer 16 m.w.N.). Diese Grundsätze gelten auch im Ordnungswidrigkeitsverfahren (vgl. Göhler, OWiG, 13. Aufl., § 79 Randziffer 9 m.w.N.). Das angefochtene Urteil enthält ausreichende Feststellungen sowohl zur äußeren als auch zur inneren Tatseite der dem Betroffenen vorgeworfenen Geschwindigkeitsüberschreitung und ermöglicht daher eine Überprüfung des Schuldumfangs. Aus den Feststellungen geht hervor, welche zulässige Höchstgeschwindigkeit der Betroffene zur Tatzeit mit dem von ihm außerhalb geschlossener Ortschaft geführten PKW zu beachten hatte, sowie in welchem Umfang der Betroffene diese Geschwindigkeit überschritten hat. Aus dem angefochtenen Urteil lässt sich auch entnehmen, dass der Tatrichter von einem fahrlässigen Handeln des Betroffenen ausgegangen ist.

Der Wirksamkeit der Beschränkung der Rechtsbeschwerde auf den Rechtsfolgenausspruch steht nicht entgegen, dass das angefochtene Urteil keine Angaben zum angewandten Messverfahren und zur Höhe des Toleranzabzuges enthält. Zwar sind diese Angaben erforderlich, wenn kein uneingeschränktes Geständnis des Betroffenen vorliegt; hier beruhen die Feststellungen ausweislich der Urteilsgründe indes ausschließlich auf dem glaubhaften Geständnis des Betroffenen. Angaben zum Messverfahren und zum Toleranzabzug sind nicht Teil der Feststellungen eines Schuldspruchs wegen Geschwindigkeitsüberschreitung, sondern gehören zu der ihm zugrunde liegenden Beweiswürdigung (vgl. BGHSt 39, 291, 301; OLG Köln NZV 2003, 100; Senatsbeschluss vom 22.06.2004 - 3 Ss OWi 350/04 -; Senatsbeschluss vom 18.03.2004 - 3 Ss OWi 11/04 -). Deshalb bedeutet das Fehlen dieser Angaben nicht, dass die Feststellungen zu der dem Betroffenen vorgeworfenen Geschwindigkeitsüberschreitung als lückenhaft anzusehen sind. Eine wirksame Beschränkung auf die Rechtsfolgenseite setzt keine rechtsfehlerfreie Beweiswürdigung voraus. Sind die Feststellungen zum Schuldspruch wie hier noch ausreichend, liegt eine wirksame Rechtsmittelbeschränkung selbst dann vor, wenn die Beweiswürdigung nicht frei von Rechtsfehlern ist oder gar eine falsche Anwendung des Rechts enthält (vgl. Senatsbeschluss vom 24.02.2004 - 3 Ss OWi 686/03 -; BGH NStZ 1996, 352).

Der Rechtsfolgenausspruch des angefochtenen Urteils hält ebenfalls der rechtlichen Nachprüfung Stand.

Die Verhängung eines Bußgeldes in Höhe von 100,- ? entspricht der Regelgeldbuße des Bußgeldkataloges und ist nicht unangemessen; sie ist auch von dem Betroffenen nicht beanstandet worden.

Soweit der Betroffene die Verhängung des Regelfahrverbots von einem Monat beanstandet, bleibt die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg. Zu Recht ist das Amtsgericht davon ausgegangen, dass die gegebene Tatbestandsverletzung als grobe Pflichtverletzung i.S.d. § 25 Abs. 1 S. 1 StVG qualifiziert ist, bei dessen Vorliegen ein Fahrverbot gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 BKatV in der Regel zu verhängen ist. Auch hat das Amtsgericht besondere Umstände im Verkehrsgeschehen selbst, die hier die Verhängung eines Fahrverbotes als unangemessen erscheinen lassen könnten, rechtsfehlerfrei verneint.
Berufliche und wirtschaftliche Schwierigkeiten als Folge eines angeordneten Fahrverbots rechtfertigen ein Absehen grundsätzlich nur bei Härten ganz außergewöhnlicher Art, wie z.B. dem drohenden Verlust des Arbeitsplatzes oder des Verlusts einer sonstigen wirtschaftlichen Existenzgrundlage (vgl. OLG Hamm VRS 90, 210; Senatsbeschlüsse vom 26.02.2002 - 3 Ss OWi 1065/01 -, 06.06.2000 - 3 Ss OWi 237/00 -). Dass die Verhängung eines Fahrverbotes vorliegend mit derart schwerwiegenden Folgen für den Betroffenen verbunden ist, hat das Amtsgericht rechtsfehlerfrei deshalb verneint, weil der Betroffene nach den Feststellungen nicht täglich auf seinen PKW angewiesen ist und auch nicht jede Woche Termine hat. Damit handelt es sich nicht um einen völligen Ausfall der Arbeitskraft des Betroffenen, sondern nur um eine zeitlich begrenzte Einschränkung der selbstständigen Reisetätigkeit. Unter Berücksichtigung der Möglichkeit, einen Teil der Termine zu verlegen, einige Termine von dem Partner des Betroffenen übernehmen zu lassen oder einen Aushilfsfahrer zu beschäftigen und auch unter Berücksichtigung der gewährten 4-Monats-Frist nach § 25 Abs. 2 a StVG ist ein Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen bei der Verhängung des Fahrverbotes nicht zu erkennen. Das Rechtsbeschwerdevorbringen des Betroffenen führt zu keiner anderen Beurteilung. er ausführt, dass er nicht über hinreichend liquide Mittel verfüge, sich zeitweise eines Fahrers zu bedienen, der aus dem bisherigen Personalbestand nicht rekrutiert werden könne, ist der Betroffene darauf zu verweisen, dass selbst eine kurzfristige Kreditaufnahme hierfür noch zumutbar ist (vgl. OLG Karlsruhe NZV 2004, 213; BayObLG NZV 2002, 143). Derartige Belastungen durch einen Kredit, der in kleineren für den Betroffenen tragbaren Raten abgetragen werden kann, und die sich im Hinblick auf die verhältnismäßig kurze Dauer eines Fahrverbots von nur einem Monat in überschaubaren Grenzen bewegen, sind hinzunehmen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 StPO i.V.m. § 46 OWiG.

RechtsgebieteStVO, BkatVVorschriftenStVO 3; BkatV 4

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