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27.12.2004 · IWW-Abrufnummer 043240

Kammergericht Berlin: Urteil vom 16.07.2004 – 25 U 17/04

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Kammergericht
Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer:
25 U 17/04

verkündet am: 16. Juli 2004

In dem Rechtsstreit

hat der 25. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 16. Juli 2004 durch die Richterin am Kammergericht Diekmann als Einzelrichterin für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das am 10. Dezember 2003 verkündete Urteil der Zivilkammer 21 des Landgerichts Berlin - Geschäftsnummer: 21 O 524/03 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Von der Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

II.

Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt worden, mithin zulässig. Sie hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

1. Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten kein Anspruch aus Garantiehaftung (§ 443 BGB n.F.) zu. Ausweislich der vom Kläger vorgelegten Garantie-Urkunde Nr. 009796 sind die hier maßgeblichen "Zahnriemen" nicht von der Garantie umfasst.

2. Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass dem Kläger auch kein Anspruch auf Schadensersatz gemäß §§ 434 Abs. 1, 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 Satz 1 BGB n.F. zusteht.

Voraussetzung eines entsprechenden Anspruchs ist die Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs bei Gefahrübergang. Nach § 434 Abs.1 Satz 1 BGB n.F. ist eine Sache frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat. Eine derartige Vereinbarung kann ausdrücklich oder konkludent getroffen werden. Hier ist keine ausdrückliche Vereinbarung erfolgt. Der Ansatz des Landgerichts, wonach es sich um eine Vereinbarung hinsichtlich des Verkaufs eines "Gebrauchtfahrzeuges mit Unfallschaden" gehandelt habe, verfängt nicht. Es liegt dabei nur eine Beschreibung des tatsächlichen Zustandes des Fahrzeugs vor. Maßgeblich ist, dass das Fahrzeug im Straßenverkehr eingesetzt werden sollte. Es kann dahinstehen, ob die Parteien eine entsprechende konkludente Abrede getroffen haben. Sofern davon nicht auszugehen ist, ist die Regelung in § 434 Abs. 1 Satz 2 Ziffer 1 BGB n.F. einschlägig (vgl. zu dieser Differenzierung: BT-Drucks. 14/6040, S. 213). Danach ist die Sache frei von Sachmängeln, wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet.

Das Fahrzeug war jedenfalls für die Dauer von ca. 25.000 km nach dem unstreitigen Sachverhalt zum Einsatz im Straßenverkehr geeignet. Es war beim Kauf etwa sechs Jahre als und wies einen Kilometer-Stand von etwa 158.000 km auf. Der Kläger konnte damit nicht erwarten, praktisch ein Neufahrzeug zu erwerben. Er durfte erwarten, dass die Funktionsfähigkeit des Fahrzeugs zum Zeitpunkt des Verkaufs nicht beeinträchtigt war. Allerdings musste er die typischen Verschleißerscheinungen eines Fahrzeugs dieses Alters und dieser Laufleistung in Rechnung stellen. Zu rechnen war mit schon vorhandenen, jedoch noch nicht offenbar gewordenen Verschleißerscheinungen, die im weiteren Verlauf zur Funktionsunfähigkeit führen konnten, wenn das Verschleißteil nicht erneuert wurde. Das OLG Köln hat in einer Entscheidung (VersR 1997, 1019) Folgendes ausgeführt: "(...) Zur Zeit des Verkaufs beeinträchtigte der Zahnriemen trotz seines angeblich schadhaften Zustandes die Funktionsfähigkeit nicht. Es liegt demnach der typische Fall vor, dass Material infolge Gebrauchs zu einem bestimmten, im vorhinein aber nicht exakt bestimmbaren Zeitpunkt versagt." (...). Hier liegt eine vergleichbare Sachlage vor. Ausweislich des vom Kläger selbst eingereichten außerprozessualen Gutachtens des Dipl. Ing. L. G., das als qualifizierter Parteivortrag zu werten ist, lag ein Motorschaden vor. Dieser war auf ein ausgeschlagenes Wasserpumpenlager, das ein Abrutschen des Zahnriemens bedingte, zurückzuführen. Ausdrücklich heisst es, dass das "Ausschlagen" der Wasserpumpenlagerung und die damit einhergehende Spielvergrößerung nicht plötzlich entstehen, sondern verschleißbedingt allmählich über mehrere Zehntausend Kilometer. Zur Zeit des Verkaufs beeinträchtigte die Wasserpumpenlagerung, ihre behauptete Schadhaftigkeit unterstellt, die Fahrtüchtigkeit offenkundig noch nicht. Dies ergibt sich aus der mit dem Fahrzeug seit dem Kauf zurückgelegten Wegstrecke. Der Schaden ist - wie bei Verschleißerscheinungen üblich - erst im Laufe des Gebrauchs aufgetreten.

Unter diesen Umständen greift die Regelung in § 476 BGB n.F. nicht ein. Danach wird, wenn sich innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang ein Sachmangel zeigt, vermutet, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar. Zwar gilt die gesetzliche Vermutung des § 476 BGB n.F. grundsätzlich auch für gebrauchte Sachen. Allerdings greift sie nicht bei den hier vorliegenden Verschleißerscheinungen. Denn angesichts der vorbeschriebenen Typik, dass nämlich ein Schaden zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt eingetreten kann, ist die Vermutung, dass das Fahrzeug bei Gefahrübergang mangelhaft war, nicht gerechtfertigt (s. aber zu einem Fall, in dem ein untypischer Defekt vorlag: OLG Köln OLGR 1004, 18 f.).

Dem Kläger obliegt es danach, hinreichend darzulegen und zu beweisen, dass die Schadhaftigkeit bereits zum Zeitpunkt des Verkaufs gegeben war. Nach Ansicht des Senats hat der Kläger dazu keine substantiierten Darlegungen erbracht. Die Ausführungen in der Berufungsbegründung (dort Seite 2 Mitte / Bl. 66 d.A.) lassen einen entsprechenden Zeitpunkt nicht erkennen. Es ist lediglich ergänzend auszuführen, dass ausweislich der vom Kläger eingereichten Garantieunterlagen bei einem Stand von 160.900 km eine Inspektion des Fahrzeugs durchgeführt worden ist. Anhaltspunkte, dass dort eine Schadhaftigkeit festgestellt worden ist, sind nicht ersichtlich.

Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass mögliche Wartungen nicht durchgeführt worden seien. Das etwaige Unterlassen von Wartungen steht der Eignung zur gewöhnlichen Verwendung bereits nicht entgegen. Außerdem kann der Gebrauchtwagenkäufer, jedenfalls soweit er nicht ein als scheckheftgepflegt bezeichnetes Fahrzeug erwirbt, nicht erwarten, dass Herstellerempfehlungen stets beachtet werden (OLG Köln VersR 1997, a.a.O).

Auf die Frage, ob die Wartungen regelmäßig erfolgt sind, kommt es danach nicht an.

2. Unter diesen Umständen kommt auch kein Anspruch wegen etwaiger Verletzung von Aufklärungspflichtungen in Betracht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision ergibt sich aus § 543 Abs. 2 ZPO. Die Rechtssache hat angesichts des vorliegenden Einzelfalles keine grundsätzliche Bedeutung, § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Desweiteren erfordert sie keine Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, § 543 Abs. 2 ZPO.

RechtsgebieteZPO, BGBVorschriftenZPO § 540 Abs. 2 ZPO § 313 a Abs. 1 Satz 1 BGB § 280 Abs. 1 Satz 1 n. F BGB § 434 Abs. 1 BGB § 434 Abs. 1 Satz 1 n. F. BGB § 434 Abs. 1 Satz 2 Ziffer 1 n. F. BGB § 437 Nr. 3 BGB § 476 n. F.

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