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08.10.2004 · IWW-Abrufnummer 042619

Oberlandesgericht Düsseldorf: Urteil vom 13.10.2003 – 1 U 33/03

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Oberlandesgericht Düsseldorf
1. Zivilsenat

Urteil

Aktenzeichen: 1-1 U 33/03

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 09. Januar 2003 verkündete Urteil des Einzelrichters der 10. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach ? 10 O 109/01 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

1.

Die Klage auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes ist dem Grunde nach im vollen Umfang gerechtfertigt.

2.

Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen materiellen und immaterieller Schaden aus dem Unfall vom 26.05.1999 zu erstatten, soweit die Ansprüche nicht auf öffentlichrechtliche Versicherungsträger übergegangen sind oder übergehen.

3.

Die Sache wird an den Einzelrichter der '10. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach zur Entscheidung über die Höhe des Anspruchs und die Kosten des Rechtsstreits insgesamt zurückverwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers hat auch in der Sache Erfolg.

Wegen des Fahrradunfalls vom 26. Mai 1999 haftet der Beklagte dem Kläger in vollem Umfang gemäß §§ 823 Abs.1, 847 BGB. Er hat daher gegen den Beklagten dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeld, der nicht durch die Anrechnung eines Mitverschuldensanteils zu kürzen ist, sowie auf die Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten hinsichtlich der unfallbedingten materiellen und immateriellen Schäden des Klägers.

Da hinsichtlich der Bemessung des Schmerzensgeldes noch weitergehende Aufklärung in Bezug auf den Umfang der klägerischen Verletzungen und die Verletzungsfolgen zu betreiben ist, hat der Senat den Rechtsstreit insoweit an das Landgericht zurück verwiesen (§ 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO).

1.

Zu Unrecht hat das Landgericht eine Verantwortung des Beklagten für das Unfallgeschehen vom 26. Mai 1999 verneint.

Er hat den Unfall ursächlich dadurch verschuldet, dass er bei dem Überholen seiner Ehefrau mit dem Fahrrad über die Fahrbahnmitte hinweg auf die Fahrbahnseite des Klägers gefahren ist, obwohl er die Gegenfahrbahn im Bereich der Kurve nicht so weit überblicken konnte, dass er davon ausgehen durfte, dass während des ganzen Überholvorganges jede Behinderung des Gegenverkehrs ausgeschlossen war (§ 5 Abs. 2 Satz 1 StVO). Denn er musste insbesondere in Betracht ziehen, dass aus dem nicht einsehbaren Bereich auf der Gegenfahrbahn andere - bevorrechtigte - Fahrzeuge entgegen kommen konnten, darunter auch Radfahrer, die sich auf dem abschüssigen Teil der Straße mit deutlich größerer Geschwindigkeit, möglicherweise auch überhöhter Geschwindigkeit, bewegten als er selbst bei seinem bergauf und daher relativ langsam durchgeführten Überholmanöver.

2.

Hingegen läßt sich - entgegen der Entscheidung des Landgerichts - ein (Mit)verschulden des auf seiner Fahrbahnseite vorfahrtsberechtigten Klägers an dem Unfall nicht feststellen.

Weder ein Verstoß des Klägers gegen das Sichtfahrgebot noch eine fehlerhafte Bremsreaktion ist bewiesen. Es kann auch nicht angenommen werden, dass eine dieser Alternativen jedenfalls zutrifft.

Ein Verstoß gegen das Sichtfahrgebot des § 3 StVO, welches grundsätzlich auch für Fahrradfahrer gilt (vgl. OLG Hamm NZV 1996, 495; 2002, 129), lässt sich schon deshalb nicht feststellen, weil unklar geblieben ist, mit welcher Geschwindigkeit (im Hinblick auf welche Sichtmöglichkeiten) der Kläger gefahren ist. Bei einer möglichen Geschwindigkeit von 25 km/h hatte der Kläger jedenfalls nur einen Anhalteweg von 12 Metern.

Auch wenn er mit dieser (möglicherweise angepassten) Geschwindigkeit gefahren sein sollte, läßt sich eine fehlerhafte Bremsreaktion des Klägers nicht feststellen. Zwar hätte er nach den Ausführungen des Sachverständigen N. in diesem Fall sein Rad durchaus mit angemessener Reaktion auf der jedenfalls überschaubaren Strecke von 25 Metern zum Stehen bringen können und zudem genügend Platz und Zeit gehabt, an dem Beklagten rechts vorbei zu fahren. In diesem Zusammenhang kann jedoch nicht hinreichend sicher ausgeschlossen werden, dass - entsprechend der Einlassung des Klägers im Verhandlungstermin vom 17.11.2003 - die Sichtmöglichkeit am Unfalltag geringer als 25 m (10 bis 15 Meter) war und sich der Beklagte in einer Schrägfahrt befand als sich der Kläger mit seinem Rad näherte. Bei einem derartigen Fahrverhalten des Beklagten war dem Kläger aber der Ausweichweg versperrt und angesichts der kurzen Distanz zum Beklagten die eingeleitete Vollbremsung eine richtige Reaktion um die drohende Kollision zu vermeiden. Soweit der Sachverständige N. in seinem Gutachten ausgeführt hat, dass die von dem Kläger angegebene Schrägfahrt "fahrtechnisch keinen Sinn" mehr gehabt habe, wenn der Beklagte schon in Höhe seiner Ehefrau gewesen sei, so ist dies jedenfalls nicht zum Ausschluß eines derartigen Sachverhalts geeignet. Zum einen ist schon ungesichert in welcher konkreten Position sich der Beklagte zum Unfallzeitpunkt befand, zum anderen kann nicht ausgeschlossen werden, dass dieser einen rein fahrtechnisch gesehen "unsinnigen", sich für den Kläger als Schrägfahrt darstellenden, Bogen um seine Ehefrau herum gefahren ist.

Die Einlassung des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 17.11.2003 ist nicht verspätet, da das Thema einer Schrägfahrt des Beklagten bereits erstinstanzlich vorgetragen war und insoweit von dem Kläger lediglich weiter verdeutlicht worden ist.

3.
Da insofern lediglich ein unfallursächliches Verschulden des Beklagten festzustellen ist, haftet dieser auch allein für die Unfallfolgen.

4.
In Bezug auf die Schmerzensgeldforderung sind die Verletzungen und Verletzungsfolgen, insbesondere der Genesungsverlauf sowie das Erfordernis weiterer operativer Eingriffe streitig. Dieser Sachverhalt ist deshalb durch die angebotenen Beweise, namentlich durch Einholung eines Sachverständigengutachtens aufzuklären. Insoweit hat der Senat von der in § 538 Abs.2 NrA ZPO bestimmten Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Sache an das Landgericht zurückverwiesen .

II.

Auch die Entscheidung über die Kosten des Rechtstreits einschließlich des Berufungsrechtszuges wird dem Landgericht übertragen, da das Verhältnis des wechselseitigen Obsiegens und Unterliegens der Parteien noch nicht feststeht.

Eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist nicht veranlaßt.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird für den Schmerzensgeldantrag auf 8.947,60 EUR, für den Feststellungsantrag auf 3.000,-- EUR festgesetzt. Da die Haftpflichtversicherung des Beklagten die Ansprüche vorprozessual zu einer Quote von 50 % anerkannt hat (vgl. BI. 18 GA), ist es nicht angebracht, den Streitwert für die Feststellungsklage höher festzusetzen.

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