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07.06.2004 · IWW-Abrufnummer 041450

Finanzgericht München: Urteil vom 10.12.2003 – 4 K 5627/02

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Az.: 4 K 5627/02

Finanzgericht München

Urteil

In der Streitsache XXX

wegen Schenkungsteuer

hat der 4. Senat des Finanzgerichts München unter Mitwirkung XXX
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10. Dezember 2003
für Recht erkannt:

1. Unter Änderung der Ablösungsbescheide vom 04. Juli 2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. November 2002 und der Änderungsbescheide vom 20. September 2003 wird der Ablösebetrag auf jeweils 656.692 DM (= 335.760,05 ?) herabgesetzt.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 3/10 und der Beklagte zu 7/10.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Revision zu.
Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof schriftlich einzulegen. Die Revisionsschrift muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Eine Abschrift oder Ausfertigung des Urteils soll ihr beigefügt werden.
Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Auch die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen.
Bei der Einlegung und Begründung der Revision sowie in dem weiteren Verfahren vor dem Bundesfinanzhof muss sich jeder Beteiligte durch einen Steuerberater, einen Steuerbevollmächtigten, einen Rechtsanwalt, einen niedergelassenen europäischen Rechtsanwalt,

einen Wirtschaftsprüfer oder einen vereidigten Buchprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen. Zur Vertretung berechtigt sind auch Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften
sowie Partnerschaftsgesellschaften, die durch einen der in dem vorherigen Satz aufgeführten Berufsangehörigen tätig werden. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie durch Diplomjuristen im höheren Dienst vertreten lassen.
Der Bundesfinanzhof hat die Postanschrift: Postfach 86 02 40, 81629 München, und die Hausanschrift: Ismaninger Str. 109, 81675 München, sowie den Telefax-Anschluss: 089 / 9231-201.

Gründe:

Streitig ist nur noch, ob bei der Berechnung des Ablösebetrags der gestundeten Steuer nach § 25 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) im Zusammenhang mit der Übernahme der Schenkungsteuer nach § 10 Abs. 2 ErbStG im Ablösebescheid von der im Zeitpunkt der Schenkung geltenden aktuellen Sterbetafel auszugehen ist (§ 25 Abs. 1 Satz 3 ErbStG i.V.m. §10 Abs. 2 ErbStG).

I.
Mit privatschriftlichem Vertrag vom 25. März 2001 hat die Klägerin (geboren 15. April 1952) 1.071.120 Stückaktien der Fabrik KGaA im Nennbetrag von je 5 DM, also Stückaktien im Nennbetrag von 5.355.600 DM, an die Tochter C und den Sohn J. ihres Bruders, C.J. und J.J., mit Wirkung zum 1. März 2001 überlassen. Gleichzeitig hat sich die Schenkerin den Nießbrauch auf ihre Lebenszeit zurückbehalten.

In den am 27. Juni 2002 eingereichten Schenkungsteuererklärungen wurde der gemeine Wert der Anteile mit 357 % angegeben. Die Schenkungsteuer sollte dabei von der Klägerin übernommen werden und die zu stundende Steuer abgelöst werden (s. Schreiben vom 16. Juli 2002, Bl. 53 FA-Akte).

Mit Schenkungsteuerbescheiden vom 4. Juli 2002 (vgl. Berichtigung nach § 129 AO in der Einspruchsentscheidung gegenüber C. J.) wurde die Schenkungsteuer auf je 3.450.001,28 ? (6.747.616 DM) festgesetzt. Davon wurden je 2.747.774,60 ? (= 5.374.180 DM) zinslos bis zum Wegfall der Belastung mit dem Nießbrauchsrecht gestundet. Der Ablösebetrag wurde mit je 494.599,22 ? (967.358 DM) festgesetzt (5.374.212 DM x 0,180 = Vervielfältiger bei einem Lebensalter von 32 Jahren) und am 07.08.2002 bezahlt. Der Bescheid über die Ablösung erging unter dem Vorbehalt des Widerrufs.

Im Einspruchsverfahren brachte die Klägerin vor, dass für die Berechnung des Ablösebetrages ein falscher Vervielfältiger angesetzt worden sei. Im Schenkungsteuerbescheid sei nämlich von einer statistischen Lebenserwartung von 32 Jahren ausgegangen worden,

obwohl die Sterbetafel 1997/1999 eine Lebenserwartung von 34 Jahren angebe.

Die Einsprüche blieben erfolglos (s. Einspruchsentscheidungen -EE- vom 22. November 2002. Das Finanzamt hielt sich an die im gemeinsamen Ländererlass vom 15. September 1997 (BStBI 11997, 832 Tz. 213) erfolgte Bezugnahme auf die Sterbetafel 1986/-1988 gebunden.

Mit der Klage trägt die Klägerin vor, dass bei der Festsetzung des Ablösebetrags der zu stundenden Forderung im Ablösebescheid die neuere abgekürzte Sterbetafel des Statistischen Bundesamts 1998/2000 anzuwenden sei, woraus sich eine durchschnittliche Lebenserwartung von 34,30 Jahren ergebe. § 12 Abs. 3 BewG verweise im Gegensatz zu § 14 Abs. 1 BewG nicht auf die Anlage 9 zum BewG. Der insoweit entgegenstehende Ländererlass sei für das Finanzgericht nicht bindend.

Der Ablösebetrag betrage demnach 849.121,69 DM.
Während des Klageverfahrens setzte das Finanzamt wegen eines Teilwiderrufs der Schenkung gemäß § 29 ErbStG und wegen eines Nießbrauchs für Frau X mit Änderungsbescheiden vom 26. September 2003 (s. Bl. 147 ff) die Schenkungsteuer auf je 2.817.275,53 ? (= 5.510.112 DM) herab, die zu stundende Steuerbetrug je 2.111.708,07 ? (4.130.142 DM) der Ablösebetrag betrug je 380.107,17 ? (743.425 DM).
Die Steuerbescheide ergingen weiterhin unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Die Klägerin beantragt nunmehr, unter Änderung der Schenkungsteuerbescheide vom 4. Juli 2002 in Gestalt der EEen vom 22. November 2002 und der Änderungsbescheide vom 26. September 2002 den Ablösebetrag statt auf jeweils 320.207,12 ? (626.273,18 DM) auf 535.760,05 ? (656.692 DM) herabzusetzen.

Das Finanzamt beantragt
Klageabweisung.
Es hält sich nach wie vor an den gemeinsamen Ländererlass gebunden. Am 10. Dezember 2003 hat vor dem Senat mündliche Verhandlung in öffentlicher Sitzung stattgefunden. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.

II.
Die Klage ist zulässig und begründet.

1. Im Gegensatz zur Stundung nach § 25 Abs. 1 Satz 2 ErbStG, die untrennbarer Bestandteil der Steuerfestsetzung ist (s. BFH-Urteil vom 12.04.1989 II R 37/87, BStBI II 1989, 524), so dass bei Änderung der festgesetzten Steuer stets der Stundungsbetrag neu zu berechnen ist, handelt es sich beim Ablösebescheid um einen eigenständigen Steuerverwaltungsakt. Da sich bei Änderung der Steuer auch der Stundungsbetrag ändert, muss dann auch der Ablösebescheid entsprechend angepasst werden gemäß §§ 130, 131 AO, weshalb der Ablösebescheid unter dem Vorbehalt des Widerrufs ergangen ist (s. R85 Abs. 7 ErbStR). Dass dies weiterhin der Fall ist, hat das FA zusätzlich der Klin zugesichert.

2. Das FA hat zwar entsprechend dem BFH-Urteil vom 16.1.2002 II R 15/00,BStBI II 2002, 315 und der Auffassung des Senats (s. EFG 2000,85) den Ablösebetrag grundsätzlich richtig berechnet (s. H. 85 Abs. 3 2. Beispiel ErbStR 1999) jedoch bei der Abzinsung nicht die durchschnittliche Lebenserwartung der nießbrauchsberechtigten Klägerin angesetzt, die sich aufgrund der im Zeitpunkt der Zuwendung aktuellsten Sterbetafel 1998/2000 des Statistischen Bundesamts ergibt. Danach ergibt sich bei einer nach § 25 Abs. 1 Satz 3 zu stundenden Steuer von unstreitig 4.1320.142 DM bei einem Ansatz einer sich hieraus ergebenden Lebenserwartung von 34,30 Jahren bei einem Lebensalter der nießbrauchsberechtigten Klägerin von 48 Jahren (s. Bl. 82/FG-Akte)nach der Abzinsungstabelle (Tabelle 1 zu § 12 Abs. 3 BewG.) ein interpolierter Abzinsungsfaktor von 0,159; der Ablösebetrag beträgt demnach 656.692 DM.

Da der Antrag auf Ablösung der Steuer bereits schon vor der Stundung in der Steuererklärung gestellt worden war und die Steuererklärung fristgerecht abgegeben wurde, ist entsprechend R 85 Abs. 6 Satz 1 ErbStR für die Ermittlung des Ablösebetrags auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (hier § 9 Abs.1 Nr.2 ErbStG) abzustellen.

Da in § 12 Abs. 1 eine gesetzliche Verweisung auf die der Anlage 9 zu §14 BewG zugrundeliegende Sterbetafel für die Bundesrepublik Deutschland 1986/88 fehlt, ist wie bei der Ermittlung des Verkehrswerts einer als Gegenleistung im Rahmen einer gemischten Schenkung vereinbarten lebenslänglichen Rente bei der durchschnittlichen Lebenserwartung der rentenberechtigten Person auf die jeweils letzte Sterbetafel des statischen Bundesamts abzustellen, deren Erhebungszeitraum dem Stichtag vorausgeht (so FG Köln, Urteil vom 7.4.2003 9K 6330/01, BFH-Az. II BewG 68/03).

Die vom FA aufgestellte These, unverzinsliche Forderungen seien wie lebenslängliche Nutzungen bzw. Leistungen zu bewerten, kennt das Gesetz nicht, (z.B. gilt § 16 BewG nur für Nutzungen). Warum der Gesetzgeber trotz der inzwischen gestiegenen Lebenserwartung die Anlage 9 noch nicht entsprechend angepasst hat ,mag vielerlei Gründe haben (s. dazu Moench DStR 1993,898 ff Erhöhung des Ertragsanteils der Renten nach § 22 Nr.1 Satz 3a EStG, größere Minderung des Versorgungsfreibetrags nach § 17 ErbStG durch den höheren Kapitalwert solcher Renten u.a.), rechtfertigt jedoch nicht eine vom Stichtagsprinzip abweichende Bewertung. Gemäß § 9 Abs.1 Nr. 2 i.V.m. § 11 ErbStG ist auf die zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuer aktuellste Sterbetafel abzustellen.

Das diese derzeit nur auf Fortschreibungen der Sterbetafel 1986/88 beruht, die aufgrund der letzten Volkszählung erstellt wurde, steht deren Anwendung nicht entgegen, zumal diese Sterbetafeln allgemein im Rechtsverkehr gelten. Bei der in § 14 BewG einschließlich der in Bezug genommenen Anlage 9 handelt es sich um eine bewertungsrechtliche Sonderregelung (s. BFH-Urteil vom 17.10.2001 II R 72/99,BStBI II 2002, 25, 27 m.w.N.), die nicht zu Lasten des Steuerbürgers auf andere Fälle ausgedehnt werden darf.

Die Kostenentscheidung erfolgt gemäß § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO, wobei der ursprüngliche Klageantrag sowie die Änderung des Steuerbescheids aufgrund des teilweisen Widerrufs der Schenkung zu berücksichtigen war.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und über den Vollstreckungsschutz folgt aus § 151 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.

RechtsgebietErbStGVorschriften§ 25 Abs. 1 S. 3 i.V.m. § 10 Abs. 2 ErbStG

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