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17.01.2001 · IWW-Abrufnummer 010088

Oberlandesgericht Köln: Urteil vom 31.10.2000 – 9 U 65/00

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Oberlandesgericht Köln
Im Namen des Volkes
Urteil
Anlage zum Protokoll
vom 31.10.2000
Verkündet am 31.10.2000

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln
auf die mündliche Verhandlung vom 19.09.2000



für Recht erkannt :

Die Berufung des Klägers gegen das am 09.03.2000 verkündete Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 24 0 236/99 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.



Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.





E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:



Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung des Klägers ist unbegründet.

Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Entschädigungsanspruch wegen der Entwendung seines Kraftwagens Volvo - Kombi V 70 Tdi in der Nacht vom 19. auf den 20.11.1998 auf Grund der mit der Beklagten abgeschlossenen Teilkaskoversicherung nach § 12 Abs.1 Nr. I b) AKB nicht zu.

Die Beklagte ist nach § 61 VVG leistungsfrei. Der Kläger hat den Schaden nämlich durch grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt.

Voraussetzung für die Annahme der Herbeiführung des Versicherungsfalls in diesem Sinne ist zunächst, daß der Versicherungsnehmer durch sein Verhalten - Tun oder Unterlassen - den als vertragsgemäß vorausgesetzten Standard an Sicherheit gegenüber der Diebstahlgefahr deutlich unterschritten hat (vgl. BGH, r+s 1989, 62 = VersR 1989, 141). Das ist vorliegend der Fall. Die Gefahr eines Diebstahls wird nämlich deutlich erhöht, wenn ein Kraftwagen auf ungesichertem, frei befahrbarem Gelände eines Autohauses im Industriegebiet abgestellt und der zugehörige Fahrzeugschlüssel in einen in unmittelbarer Nähe befindlichen Außenbriefkasten der Werkstatt, der erkennbar über keine besonderen Sicherungen verfügt, eingeworfen wird. Diese Umstände können einen potentiellen Dieb leichter veranlassen, sich den Fahrzeugschlüssel zu verschaffen und den Wagen zu entwenden.

Die Leistungsfreiheit des Versicherers nach § 61 VVG setzt ferner voraus, daß sich der Versicherungsnehmer bei der Herbeiführung des Versicherungsfalles grob fahrlässig verhalten hat. Das bedeutet, daß er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in hohem Maße außer acht gelassen hat und das Nächstliegende, das jedem in der gegebenen Situation einleuchtet, nicht beachtet. Darüber hinaus erfordert die Annahme grober Fahrlässigkeit ein subjektiv unentschuldbares Fehlverhalten. Es muß sich auch in subjektiver Hinsicht um ein gegenüber einfacher Fahrlässigkeit gesteigertes Verschulden handeln (vgl. BGH, a.a.O.; Senat, r+s 2000, 404; Knappmann in Prölss/Martin, VVG, 26. Aufl., § 12 AKB, Rn. 68 ff). So liegt der Fall hier.

Der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit ergibt sich insbesondere daraus, dass der Fahrzeugschlüssel in dem an der Gebäudewand angebrachten Briefkasten gegen den Zugriff Dritter erkennbar unzureichend gesichert war. Der Briefkasten befand sich frei zugänglich zwischen einem Fenster zum Ausstellungsraum und der Reparaturannahme. Es handelte sich - ausweislich der von der Polizei gefertigten Farbfotografien - um einen schwarzen Blechbriefkasten, der mit nach unten aufgeklappter Tür von der Polizei vorgefunden wurde. Der Riegel war in Verschlussstellung. Letzlich bot der Briefkasten keine Sicherung gegenüber dem Zugriff auf den Inhalt. Damit ist ein solcher Briefkasten kein sicherer Aufbewahrungsort für Fahrzeugschlüssel, die Zutritt zu wertvollen Kraftwagen gewähren. Anders wäre es zu beurteilen, wenn ein Briefkasten vorhanden wäre, der in der Eingangstür oder Hauswand angebracht ist (vgl. den Fall OLG Hamm, r+s 2000,403), wie etwa bei Banken oder Sparkassen, bei denen ein Herausnehmen, - mit Hilfsmitteln - Herausangeln des Inhalts und Aufbrechen nahezu unmöglich ist.

Wenn in den Abendstunden Fahrzeuge auf dem Gelände eines Autohauses mit Reparaturwerkstatt stehen und ein Briefkasten vorhanden ist, kann ein potentieller Dieb leicht auf die Idee kommen, das Abstellen von Fahrzeugen, möglicherweise auch das Einwerfen der Fahrzeugschlüssel in den Briefkastenschlitz zu beobachten und in dem Briefkasten einmal nachzusehen, ob sich nicht die passenden Schlüssel für die in unmittelbarer Nähe abgestellten Fahrzeuge darin befinden.

Auch in subjektiver Hinsicht ist dem Kläger der Vorwurf des grob fahrlässigen Verhaltens zu machen. Er hat sich sorglos und leichtsinnig verhalten. Dass die Abgabe von Schlüsseln nach Geschäftsschluss am Vorabend des Werkstatt ? Termin, nicht unüblich ist, ist allgemein bekannt. In den meisten Fällen werden die Schlüssel dann aber in gesicherte Briefkästen in der Hauswand in das Innere des Gebäudes geworfen. Die allgemeine Üblichkeit entlastet den Kläger vorliegend nicht. Dieser Umstand entbindet ihn nicht von der Prüfung, ob auch hier der konkrete Aufbewahrungsort für die Schlüssel sicher genug konstruiert ist. Auch wenn das Einwerfen einer Vereinbarung mit dem Autohaus entsprochen haben sollte und es - wie behauptet - bisher in der Praxis immer "gutgegangen" ist, so muss doch stets im Einzelfall geprüft werden, ob die Sicherung ausreicht.

Dass der Kläger auch im übrigen leichtsinnig handelt, zeigt sich auch darin, dass er - neben den verschwundenen 17 Ölgemälden - sämtliche wichtigen Papiere, unter anderem Fahrzeugpapiere, Führerschein, Personalausweis, Reisepass, Eurocard sowie EC-Karte, im Wagen gelassen hat, mögen letztere auch von außen unsichtbar gewesen sein.

Auf die Frage, ob der Kläger eine oder mehrere unbekannte Personen in der Nähe vor oder nach dem Einwerfen der Schüssel bemerkt haben will, kommt es nicht entscheidend an. Im Ermittlungsverfahren hat der Kläger angegeben, "zur Abstellzeit" sei ihm "auf dem Gelände" eine männliche Person aufgefallen, die am Schaufenster vorbei in Richtung eines anderen Autohauses gelaufen sei. Wenn der Kläger den begründeten Verdacht gehabt hätte, es handele sich um einen potentiellen Dieb, hätte er notfalls Hilfe holen müssen und das Fahrzeug nicht zurücklassen dürfen. Ausweislich der Ermittlungsakte waren noch zwei Fahrzeugschlüssel im Besitz des Klägers.

Der Kraftwagen des Klägers ist von dem Dieb auch mit dem Schlüssel, der sich im Briefkasten befunden hat, gefahren worden. Dies ergibt sich daraus, dass beim Auffinden des Wagens durch die Polizei, der Originalschlüssel im Zündschloss steckte.

Nach alledem bestand ein Entschädigungsanspruch gegen die Beklagte nicht.



Die prozessualen Nebenentscheidungen über die Kosten und die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO. Der Wert der Beschwer ist nach § 546 Abs. 2 ZPO festzusetzen.

Streitwert für das Berufungsverfahren und Wert der Beschwer des Klägers: 11.708,94 DM

RechtsgebietZPO

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