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  • · Fachbeitrag · Scheinselbstständigkeit

    Eine Radiologin, die die Urlaubsvertretung in einer Gemeinschaftspraxis übernimmt, kann selbstständig tätig sein

    | Für die Frage, ob ein Arzt in der Arztpraxis eines Dritten aufgrund eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses beschäftigt ist, kommt es maßgebend darauf an, ob der Arzt nach dem Gesamtbild seiner Tätigkeit in einem persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnis zum Praxisinhaber steht (LSG Baden-Württemberg 21.2.17, L 11 R 2433/16). |

     

    Eine Radiologin hatte aufgrund mündlicher Vereinbarung mehrfach Urlaubsvertretungen für den Praxisinhaber übernommen. Sie befundete radiologische Untersuchungen in den Praxisräumen. Dafür stellte sie Rechnungen nach einem vereinbarten Stundensatz. Sie hatte für ihre Tätigkeit eine private Berufshaftpflichtversicherung abgeschlossen. Die zu befundenen Untersuchungen wurden ihr durch eine Praxismitarbeiterin mitgeteilt. Die fertigen Befunde wurden von ihr unterschrieben und von einem der Gesellschafter gegengelesen. In Dienstpläne und Urlaubsregelungen war sie nicht eingebunden. Sie war nicht verpflichtet, an Dienstbesprechungen teilzunehmen. Ein Weisungsrecht bestand gegenüber nichtärztlichem Personal. An Betriebskosten war sie nicht beteiligt. Auch wurde ihr keine Dienstkleidung gestellt. Ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung oder Urlaubsvergütung bestand nicht. Aufträge konnte sie ablehnen, Dritte durfte sie nicht beauftragen.

     

    In der Gesamtabwägung sprach vor allem die fehlende konkrete Eingliederung in die Praxis bei ansonsten weitgehend nicht aussagekräftigen Indizien für eine selbstständige Tätigkeit. Insoweit sprach auch der tatsächliche Wille der Vertragsparteien, keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung begründen zu wollen, hier für dieses Ergebnis. Diesem Willen kommt nach der Rechtsprechung des BSG indizielle Bedeutung dann zu, wenn dieser Wille den festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnissen nicht offensichtlich widerspricht und er durch weitere Aspekte gestützt wird bzw. die übrigen Umstände gleichermaßen für Selbstständigkeit wie für eine Beschäftigung sprechen (BSG 28.5.08, B 12 KR 13/07 R).

     

    PRAXISHINWEIS | Entscheidend war, dass die Ärztin ihren Bereich weisungsfrei ausgeübt hat und nicht in die fremde Betriebsorganisation eingegliedert war. Fachlich besteht bei ärztlichen Tätigkeiten aus der Natur der Sache eine weitgehend weisungsfreie Tätigkeit, die nur bei der Eingliederung in Hierarchien durchbrochen wird. Gewisse organisatorische Zwänge führten zwar dazu, dass sie nicht völlig frei neben der betrieblichen Organisation gearbeitet hat, sie war jedoch nicht in vergleichbarem Maße eingegliedert wie die angestellten Ärzte.

     
    Quelle: Ausgabe 06 / 2017 | Seite 149 | ID 44653660

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