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  • 08.01.2010

    Finanzgericht Schleswig-Holstein: Urteil vom 25.10.2006 – 1 K 185/01

    Es liegt bei der Veräußerung einer Radiologiepraxis keine Teilbetriebsaufgabe vor, wenn zuvor schon ausgeübte, nicht mit einer gewissen organisatorischen Selbständigkeit ausgestattete Akupunkturbehandlungen durch den Arzt weiterbetrieben werden.


    Tatbestand

    Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob es sich bei dem durch einen Praxisverkauf entstandenen Veräußerungsgewinn um einen steuerlich nicht begünstigten laufenden Gewinn aus selbständiger Arbeit handelt.

    Die Kläger sind zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Eheleute. Der Kläger ist Facharzt für Röntgenologie und Strahlentherapie und betrieb bis Ende März 1995 eine Radiologiepraxis in einem eigenen Haus. Die Radiologiepraxis befand sich in den Räumen des Erdgeschosses sowie teilweise in den Räumen des über eine Treppe zu erreichenden ersten Obergeschosses. Die Räume des zweiten Obergeschosses bewohnten die Kläger.

    Der Kläger bildete sich seit Mitte 1989 in Akupunktur fort und erwarb einen entsprechenden Befähigungsnachweis. Der Kläger gehörte in seinem Einzugsbereich zu einem der ersten Ärzte, der sich mit Akupunktur beschäftigte. Erst später wurde diese Therapieform auch von anderen Kollegen angeboten. Der Kläger wollte mittels der Akupunktur eine zusätzliche Einnahmequelle erschließen, da die Einnahmen der Radiologiepraxis seit 1991 beständig zurückgingen, und der Kläger Probleme hatte, kostendeckend zu arbeiten. Insbesondere gegenüber der Fa. ... bestanden hohe jährliche Verbindlichkeiten. Außerdem standen Modernisierungsmaßnahmen an den in der Praxis zum Einsatz kommenden Geräten an.

    Die aus der Akupunkturtätigkeit erzielten Einnahmen betrugen im Jahr 1993 rund 46.000,-- DM, in 1994 rund 69.000,-- DM und in 1995 - bis zur Veräußerung der Praxis - rund 20.000,-- DM.

    Das Arbeitsfeld des Klägers umfasste in der Radiologiepraxis ausschließlich Diagnostik. Der Kläger nahm nach Überweisung der Patienten Durchleuchtungen innerer Organe vorwiegend des Bauchraums und der Lunge vor bzw. fertigte Röntgenaufnahmen. Die Aufnahmen begutachtete der Kläger schriftlich zur weiteren Verwendung des überweisenden Arztes. Akupunktur bot der Kläger als Schmerztherapie sowie als Therapie gegen Allergien an. Die einerseits radiologisch betreuten und andererseits mittels Akupunktur behandelten Patienten wurden in getrennten Karteien erfasst. Die Abrechnung der Patienten erfolgte bei den radiologisch betreuten gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung bzw. privat. Soweit Patienten eine Akupunkturbehandlung erhielten, stellte der Kläger diese Behandlung den Patienten privat bzw. denjenigen gesetzlichen Krankenkassen in Rechnung, die diese Leistung zum damaligen Zeitpunkt ganz oder teilweise übernahmen. Die Einnahmen wurden insgesamt auf einem Konto gesammelt und zum Bestreiten der Ausgaben der gesamten Praxis verwendet. Patienten, die eine Akupunkturbehandlung wünschten, betraten die Praxis nach Terminsvereinbarung über das Erdgeschoss, wandten sich an die im Erdgeschoss befindliche Anmeldung und hielten sich dann im Warteraum bzw. im Behandlungszimmer des ersten Obergeschosses auf. Termine für Akupunkturbehandlungen wurden telefonisch vereinbart. Dabei stand sowohl für die Vereinbarung der Radiologietermine als auch der Akupunkturtermine ein Telefon zur Verfügung, welches auch von den Klägern privat verwendet wurde. Besonderes Personal für die Betreuung der Akupunkturpatienten beschäftigte der Kläger nicht. Die bei dem Kläger nicht fest angestellte Klägerin besorgte das Bereitlegen der Karteikarten und der erforderlichen Akupunkturnadeln etc.. Die Klägerin war im Mehrschichtbetrieb anderweitig beschäftigt und verfügte über die entsprechende Zeit. Das Erstellen der Abrechnungen wurde indessen im Rahmen der einheitlichen Praxisorganisation mit erledigt.

    Der Kläger warb weder auf seinem Praxisschild noch in berufsrechtlich zulässigen Zeitungsanzeigen noch im Branchenfernsprechbuch oder sonst für die von ihm ausgeübte Akupunkturtätigkeit. Er bekam die Patienten für Akupunktur teils auf Empfehlung von Kollegen, teils durch andere Empfehlungen.

    Die aus der Akupunkturbehandlung resultierenden Einnahmen konnten zwar rechnerisch ermittelt werden, wurden jedoch nicht gesondert als Betriebseinnahmen erfasst. Ebenso existierte keine getrennte Gewinnermittlung für die Tätigkeit als Radiologe einerseits und als Arzt für Akupunktur andererseits.

    Mit Praxisübergabe- und Grundstückskaufvertrag veräußerte der Kläger seine ausgeübte radiologische Facharztpraxis und das dazugehörige Grundstück zum 01. April 1995. Der Übernahmepreis der Praxis betrug insgesamt ... DM und setzte sich aus einem ideellen Praxiswert in Höhe von ... DM sowie aus dem Wert für die Praxiseinrichtung in Höhe von ... DM zusammen. Der Erwerber trat in die bestehenden Arbeitsverträge ein. Versicherungsverträge wurden nicht übernommen. Der Telefonanschluss blieb erhalten. Die Patientenkartei der Akupunkturpatienten ging nicht an den Praxisnachfolger über. Das Grundstück verkaufte der Kläger für ... DM. Insgesamt ermittelte sich hieraus - was zwischen den Beteiligten unstreitig ist - ein Veräußerungsgewinn in Höhe von 539.077,41 DM.

    Etwa 13 Monate später, am 05. August 1996, eröffnete der Kläger eine Praxis, in der er Akupunktur und Schmerztherapie anbot. Er erwirtschaftete hieraus Einnahmen in 1996 in Höhe von rund 4.000,-- DM, in 1997 in Höhe von rund 27.000,-- DM und in 1998 in Höhe von rund 11.000,-- DM.

    In ihrer Einkommensteuererklärung für 1995 beantragten die Kläger für den Gewinn aus der Praxisveräußerung den Freibetrag nach §§ 18 Abs. 3, 16 Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) sowie den ermäßigten Steuersatz nach § 34 Abs. 1 und 2 EStG. Das Finanzamt veranlagte mit Einkommensteuerbescheid vom 01. August 1997 zunächst erklärungsgemäß und setzte die Einkommensteuer in Höhe von 121.102,-- DM fest. Den unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheid änderte das Finanzamt nach durchgeführter Betriebsprüfung durch Bescheid vom 10. Mai 2000, mit welchem es den Veräußerungsgewinn als laufenden Gewinn aus freiberuflicher Tätigkeit erfasste und die Einkommensteuer auf 246.946,-- DM festsetzte. Den Vorbehalt der Nachprüfung hob das Finanzamt auf. Das Finanzamt folgte mit dem geänderten Einkommensteuerbescheid den Feststellungen des Betriebsprüfers aus dem Bericht vom 20. April 2000: Der Prüfer ging davon aus, dass die Praxisveräußerung zum 31. März 1995 aufgrund der Fortführung der freiberuflichen Tätigkeit des Klägers in einem nicht geringen Umfang nicht als tarifbegünstigte Veräußerung anzuerkennen sei. Dabei bezog sich der Prüfer auch auf eine verbindliche Auskunft des Finanzamts ... vom 18. Oktober 1995, in welcher das Finanzamt den Klägern mitgeteilt hatte, dass die Fortführung der Akupunktur für die Gewährung des Freibetrages gemäß § 18 Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 4 EStG sowie für die Anwendung des begünstigten Steuersatzes gem. § 34 schädlich sei.

    Der gegen diesen Bescheid am 02. Juni 2000 erhobene Einspruch, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, hatte keinen Erfolg und wurde mit Einspruchsentscheidung vom 01. Juni 2001 als unbegründet zurückgewiesen. Auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung wird Bezug genommen.

    Zur Begründung ihrer hiergegen erhobenen Klage tragen die Kläger im Wesentlichen vor:

    Er - der Kläger - habe ehemals zwei wesensverschiedene Tätigkeiten ausgeübt. Der radiologischen Praxis seien die Patienten von anderen Ärzten überwiesen worden, um Bildmaterial für Diagnosezwecke des überweisenden Arztes zu fertigen und auszuwerten. Die anschließende Heilbehandlung habe dann in der Verantwortung des überweisenden Arztes gelegen. Durch die ab 1988 begonnene Gesundheitsreform habe sich seine Einnahmesituation entscheidend verschlechtert, da für Laborleistungen immer weniger Vergütung gezahlt worden sei. Seine Einkommensminderung sei auf ca. 45 % zu beziffern. Er habe sich daher aus wirtschaftlicher Not veranlasst gesehen, mit einer anderen Tätigkeit einen Nebenerwerb zu begründen. Dies sei die Akupunkturtätigkeit gewesen, deren Ausübung jedoch nur durch neue Kenntnisse und die Ausbildung möglich geworden sei. Diese Tätigkeit sei wesensverschieden gegenüber der Tätigkeit des Radiologen. Liege, wie vom BFH gefordert, eine wesensverschiedene Tätigkeit vor, könne die von dem Beklagten angeführte fehlende organisatorische Trennung nicht zu einer Zusammenführung beider Tätigkeiten führen. Das Argument des Beklagten, dass ein wesensmäßiger Zusammenhang der Tätigkeiten über die Patienten, die sowohl Akupunkturbehandlung als auch radiologische Behandlung erhalten hätten, entstehen könne, sei inhaltlich völlig unzutreffend und eine schlichte Behauptung. Es sei nicht zu einer Verflechtung der Organisation der radiologischen Praxis und der Akupunkturtätigkeit gekommen. Er habe sich weder der Gerätschaften noch der Räumlichkeiten noch des Personals der radiologischen Praxis bedient. Die Akupunktursitzungen habe er in eigener Terminabstimmung in den Räumen außerhalb der Praxis vorgenommen. Mit der Veräußerung der radiologischen Praxis sei die Akupunkturtätigkeit eingestellt worden. Es sei genügend Kapital vorhanden gewesen, die wirtschaftliche Notwendigkeit der Ausübung habe nicht mehr bestanden. Die Wiederaufnahme nach über einem Jahr der Einstellung der Akupunkturtätigkeit sei auf der Suche nach einer sinnvollen Beschäftigung im Rentnerleben geschehen. Der Umfang der Einnahmen sowie die wiederholte Einstellung seiner Tätigkeit in 1998 zeigten, dass keine Fortsetzung und Anknüpfung an die bisherige Tätigkeit der Jahre 1993 - 1995 gewollt war.

    Dem Praxisübernehmer sei seine Akupunkturtätigkeit bei der Praxisübergabe bekannt gewesen. Ein Ausschluss dieser Tätigkeit nach Praxisübernahme sei aufgrund der Wesensverschiedenheit zur Radiologie explizit nicht vorgenommen worden. Die Akupunkturbehandlung habe zum damaligen Zeitpunkt keine ärztliche Leistung dargestellt. Die Akupunkturbehandlungen seien von ihm außerhalb der Radiologiepraxiskernzeiten ausgeführt worden. Dies gehe auch aus dem Schreiben der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein vom 30. Juli 1990 und dem Schreiben der Bundesärztekammer vom 23. Mai 1990 hervor.

    Die Kläger beantragen,

    den Einkommensteuerbescheid für 1995 vom 10. Mai 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 01. Juni 2001 dergestalt zu ändern, dass die Einkommensteuer auf 121.102 DM festgesetzt wird.

    Das Finanzamt beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Zur Begründung bezieht es sich auf den Inhalt seiner Einspruchsentscheidung. Darüber hinaus führt es unter anderem aus: Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse sei von einer einheitlichen Praxisveräußerung auszugehen. Der Akupunkturbetrieb sei für sich allein nicht lebensfähig gewesen. Eine Verflechtung der radiologischen Praxis mit der Akupunktur habe sich überhaupt nicht vermeiden lassen. Im Übrigen wird Bezug genommen auf die eingereichten Schriftsätze.

    Der Berichterstatter hat mit den Beteiligten am 21. September 2006 einen Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage durchgeführt. Auf den Inhalt des Protokolls wird Bezug genommen.

    Beigezogen und Gegenstand des Verfahrens waren ein Band Einkommensteuer, zwei Bände Bilanzakten, ein Band Betriebsprüfungsakten sowie ein Band Arbeitsbogen des beklagten Finanzamts zur Steuernummer ... .

    Gründe

    Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid des Finanzamts ist rechtmäßig.

    Nach ständiger Rechtsprechung des BFH, welcher sich der Senat anschließt, kann ein steuerbegünstigter Veräußerungsgewinn gemäß § 18 Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 2 bis 4 und § 34 Abs. 1 und 2 Nr. 1 EStG entstehen, wenn ein freiberuflich Tätiger einen der selbständigen Arbeit dienenden Anteil am Vermögen, das seiner selbständigen Arbeit dient, veräußert oder in einem entsprechenden selbständigen Teilbereich seine Tätigkeit aufgibt (vgl. BFH-Urteil vom 4. November 2004 IV R 17/03, BFHE 208, 173, BStBl II 2005, 208). Eine derartige Teilpraxisveräußerung bzw. -aufgabe setzt in Anlehnung an den Begriff des Teilbetriebs i.S. des § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG einen mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestatteten, organisatorisch in sich geschlossenen und für sich lebensfähigen Teil der Gesamtpraxis voraus. Dabei kann im Hinblick auf die Eigenart der selbständigen Arbeit, insbesondere das Abstellen auf die persönliche Betätigung bei Teilen einer freiberuflichen Praxis, die erforderliche Selbständigkeit nur dann angenommen werden, wenn sich die freiberufliche Arbeit entweder auf wesensmäßig verschiedene Tätigkeiten mit zugehörigen unterschiedlichen Kunden-(Patienten-)kreisen erstreckt (1. Fallgruppe) oder bei gleichartiger Tätigkeit in voneinander getrennten örtlich abgegrenzten Bereichen ausgeübt wird (2. Fallgruppe). Handelt es sich hingegen um eine einheitliche gleichartige freiberufliche Tätigkeit, so kann regelmäßig ausgeschlossen werden, dass Teile der Praxis eine so weitgehende organisatorische Selbständigkeit erreicht haben, dass sie Teilbetrieben im gewerblichen Bereich gleichgestellt werden können (vgl. BFH-Urteil a.a.O).

    Eine Teilpraxis setzt nach der im vorliegenden Fall allein in Betracht kommenden Fallgruppe 1 im Hinblick auf die besondere Bedeutung der persönlichen Betätigung im Rahmen einer freiberuflichen Praxis voraus, dass sich die freiberufliche Arbeit auf selbständige und wesensmäßig verschiedene Tätigkeiten mit dazugehörigen unterschiedlichen Kunden-(Patienten-)kreisen erstreckt und eine gewisse organisatorische Selbstständigkeit erreicht hat, dass sie einem Teilbetrieb im gewerblichen Bereich gleichgestellt werden kann (vgl. BFH-Urteil a.a.O.).

    Im vorbezeichneten Urteilsfall hat der BFH eine wesensmäßige Verschiedenartigkeit für die Tätigkeiten eines niedergelassenen Arztes für Allgemeinmedizin einerseits und eines „Betriebsarztes” andererseits angenommen. Dagegen reicht es zur Annahme wesensverschiedener Tätigkeiten nicht aus, dass sich die Art der Behandlungsverfahren unterscheiden (vgl. bspw. Urteil des FG Münster vom 29. August 2001 8 K 6534/98 E , EFG 2002, 327 betreffend die Veräußerung des allgemeinmedizinischen Bereichs einer Praxis unter weiterer Beibehaltung der Anwendung von Psychotherapie und traditioneller chinesischer Medizin; BFH-Urteil vom 06. März 1997, IV R 28/96 , BFH/NV 1997, 746 betreffend die Veräußerung einer Kassenarztpraxis unter Beibehaltung einer Praxis für Naturheilverfahren).

    In Anwendung der dargestellten Rechtsprechungsgrundsätze liegt nach Auffassung des Senats eine wesensmäßige Verschiedenartigkeit der vom Kläger ausgeübten Radiologiepraxis einerseits und der Akupunkturtätigkeit andererseits vor. Dies folgt nach Auffassung des Senats bereits aus der Tatsache, dass die vom Kläger betriebene Radiologiepraxis der Diagnostik diente und die Akupunkturtätigkeit hingegen einen therapeutischen Ansatz verfolgte. Die beiden Tätigkeiten erforderten bereits in den Streitjahren völlig unterschiedliche Qualifikationen. Die Qualifikation zur Führung der damaligen Fachbezeichnung „Radiologe” berechtigte den Kläger nicht zur Ausübung der Akupunktur. Zur Ausübung der Akupunktur war der eigenständige Erwerb eines Fachkundenachweises (Diplom A) notwendig. Die Akupunktur ist damit auch keine Zusatzqualifikation in Ergänzung der bestehenden Facharztkompetenz als Radiologe, sondern verfolgt im Vergleich zur Tätigkeit des Klägers als Radiologe einen eigenen Ansatz.

    Indessen fehlt es nach Überzeugung des Senats nach dem Gesamtbild der Verhältnisse an einem notwendigen Grad der organisatorischen Verselbständigung beider Praxisteile. Für eine gewisse organisatorische Selbständigkeit spricht zwar die Existenz eines gesonderten Warte- und Behandlungsraums im 1. OG, die getrennte Erfassung der Patienten in einer gesonderten Kartei, die getrennte Terminvereinbarung mit den Akupunkturpatienten, die allenfalls geringe Schnittmenge der Radiologie- und Akupunkturpatienten, die Nutzung eigenen Inventars im Rahmen der Akupunkturtätigkeit (Nadeln, Stühle im Warteraum, Liege im Behandlungsraum) sowie die Tatsache, dass der Praxisveräußerungsvertrag lediglich für die radiologische Tätigkeit ein wettbewerbsrechtliches Verbot enthielt. Dies allein reicht aber für die Annahme eines Teilbetriebes nicht aus. Zu berücksichtigen ist nach Auffassung des Senats vielmehr, dass sowohl die Radiologie- als auch die Akupunkturpatienten den gleichen Eingangsbereich und Empfang frequentierten. Gesondertes Personal für die Praxisteile existierte nicht. Zwar mag die Klägerin in diesem Zusammenhang teilweise begleitende Arbeiten des Akupunkturbereiches wahrgenommen haben. Sie wickelte den Praxisbetreib „Akupunktur” aber nicht ausschließlich ab. Zum einen ging die Klägerin einer eigenen Beschäftigung außerhalb der Praxis des Klägers nach. Zum anderen erfolgte die Rechnungsstellung wenn nicht ausschließlich so jedenfalls auch durch das Personal der Radiologiepraxis. Gegen einen notwendigen Grad der organisatorischen Verselbständigung der beiden Praxisteile spricht auch die Tatsache, dass es nur einen einzigen Telefonanschluss gab, und zwar unbeschadet, dass dieser Anschluss auch von den Klägern privat genutzt worden ist. Von besonderer Bedeutung ist, dass die durch die Akupunktur bedingten Einnahmen zusammen mit den übrigen Praxiseinnahmen auf ein einheitliches Konto flossen und zur Deckung aller die Praxis betreffenden Ausgaben verwandt wurden, und dass eine gesonderte Gewinnermittlung der Radiologiepraxis bzw. der Akupunkturpraxis nicht existierte. In der Gesamtschau diente der Praxisteil Akupunktur der Erzielung von Einnahmen, die zur Deckung der Ausgaben der gesamten Praxis benötigt wurden. Wirtschaftlich waren die Praxisteile insoweit identisch. Die organisatorische Eigenständigkeit reicht nach dem Gesamtbild der Verhältnisse gerade so weit, wie es der Praxisbetrieb erforderte. Unterschiedliche Abrechnungsmodalitäten folgten der Tatsache, dass die Leistungen gegenüber unterschiedlichen Zahlungsverpflichteten abzurechnen waren. Die fehlende oder geringe Schnittmenge der Patienten begründet sich nicht aus einer organisatorischen Trennung der Praxisteile, sondern aus der Wesensverschiedenheit der Tätigkeiten, die nicht in Abrede gestellt wird.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

    Gründe zur Zulassung der Revision bestanden nach § 115 Abs. 2 FGO nicht.

    VorschriftenEStG § 18 Abs. 3, EStG § 16 Abs. 4, EStG § 34 Abs. 1, EStG § 34 Abs. 2

    Karrierechancen

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