OFD Niedersachsen - S 2252 - 177 - St 223

Ertragsteuerliche Erfassung der Zinsen auf Steuernachforderungen und Steuererstattungen gem. § 233a AO

Bezug: BStBl 2000 I S. 1508

Aufgrund der Aufhebung des § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG und der Änderung des § 10 Nr. 2 KStG durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom / BGBl 1999 I S. 402) können Zinsen auf Steuernachforderungen gem. § 233a AO mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 1999 nicht mehr steuermindernd geltend gemacht werden. Demgegenüber führen Zinsen auf Steuererstattungen gem. § 233a AO beim Gläubiger zu Einkünften aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG oder i. V. m. § 20 Abs. 3 EStG zu Einkünften anderer Art. Diese unterschiedliche steuerliche Behandlung von Zinsen führt regelmäßig nicht zu einer sachlichen Unbilligkeit. Es handelt sich vielmehr um eine bewusste gesetzgeberische Entscheidung, die konsequent daran anknüpft, dass private Schuldzinsen nicht abzugsfähig, Guthabenzinsen aber steuerpflichtig sind. Die Regelung kann jedoch in Einzelfällen zu einem sachlich unbilligen Ergebnis führen, wenn – auf die Einkommen- oder Körperschaftsteuer bezogen – sowohl Steuernachforderungen als auch Steuererstattungen gegenüber demselben Steuerpflichtigen auf ein und demselben Ereignis beruhen.

Zur Vermeidung unbilliger Härten gilt nach dem Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder Folgendes:

Aus Gründen sachlicher Härte sind auf Antrag Erstattungszinsen im Sinne des § 233a AO nach § 163 AO nicht in die Steuerbemessungsgrundlage einzubeziehen, soweit ihnen nicht abziehbare Nachforderungszinsen gegenüberstehen, die auf ein und demselben Ereignis beruhen. Dabei sind die Erstattungszinsen und die diesen gegenüberstehenden Nachforderungszinsen auf den Betrag der jeweils tatsächlich festgelegten Zinsen begrenzt. Der Antrag ist bei dem für die Personensteuer örtlich zuständigen Finanzamt zu stellen.

Ereignis in diesem Sinne ist der einzelne Vorgang, der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis für unterschiedliche Veranlagungszeiträume im engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang erhöht und vermindert (z. B. Erhöhung des Warenbestandes eines Jahres/Erhöhung des Wareneinsatzes im Folgejahr).

Beispiel 1 (sachliche Unbilligkeit liegt vor):

Eine Betriebsprüfung in 09 umfasst die Veranlagungszeiträume bis einschließlich 04.

Veranlagungszeitraum 04


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Erhöhung des Warenbestandes = Gewinnerhöhung um
100
Einkommensteuer 04
+ 50
Nachforderungszinsen:
Zinslauf bis
(45 volle Monate × 0,5 % = 22,5 %)
11,25

Veranlagungszeitraum 05


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Erhöhung des Wareneinsatzes = Gewinnminderung um
100
 
Einkommensteuer 05
– 50
Erstattungszinsen:
Zinslauf bis
8,25
(33 volle Monate × 0,5 % = 16,5 %)
 

Die Erstattungszinsen in Höhe von 8,25 sind auf Antrag nicht zu versteuern, weil ihnen nicht abziehbare Nachforderungszinsen gegenüberstehen, die auf ein und demselben Ereignis beruhen.

Beispiel 2 (sachliche Unbilligkeit liegt nicht vor):

Eine Betriebsprüfung in 09 umfasst die Veranlagungszeiträume bis einschließlich 05.

Veranlagungszeitraum 04


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Nichtanerkennung einer Teilwertabschreibung = Gewinnerhöhung um
100
 
Einkommensteuer 04
+ 50
Nachforderungszinsen:
Zinslauf bis
11,25
(45 volle Monate × 0,5 % = 22,5 %)
 

Veranlagungszeitraum 05


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Zusätzliche Betriebsausgaben = Gewinnminderung um
100
 
Einkommensteuer 05
– 50
Erstattungszinsen:
Zinslauf bis
8,25
(33 volle Monate × 0,5 % = 16,5 %)
 

Ein Verzicht auf die Versteuerung der Erstattungszinsen in Höhe von 8,25 kommt nicht in Betracht, weil Nachforderungs- und Erstattungszinsen auf unterschiedlichen Ergebnissen beruhen.

Die nach § 163 AO außer Ansatz zu lassenden Erstattungszinsen sind im Bedarfsfall sachgerecht zu schätzen.

Die Folgerungen aus dieser Billigkeitsregelung sind nach Abschnitt 38 Abs. 4 GewStR 1988 auch für die Ermittlung des Gewerbeertrags zu ziehen.

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt I veröffentlicht.

Nach § 2 Absatz 8 EStG – in Kraft getreten am  – können Lebenspartner für alle noch offenen Veranlagungszeiträume eine Zusammenveranlagung beantragen. Bei der erstmaligen Zusammenveranlagung von Lebenspartnern für Veranlagungszeiträume vor 2013 ist das , BStBl 2000 I S. 1508, entsprechend anzuwenden.

OFD Niedersachsen v. - S 2252 - 177 - St 223

Fundstelle(n):
ESt-Kartei NI EStG § 20 Karte 1.17 - 2241 -
DB 2014 S. 571 Nr. 11
BAAAE-55057