OFD Frankfurt/M. - S 1301 A – UK.17 – St 56

Besteuerung von in Deutschland ansässigem Flugpersonal britischer Fluggesellschaften;
§ 50d Abs. 9 S. 1 Nr. 2 EStG

Bezug: BStBl 2008 I, 988

Der BFH hat in einem Musterprozess mit entschieden, dass der Arbeitslohn eines Piloten (hier: Piloten einer irischen Fluggesellschaft), der in Deutschland wohnt, aber an Bord eines Flugzeugs im internationalen Verkehr tätig ist, in Deutschland nicht besteuert werden kann. Um den Arbeitslohn steuerfrei vereinnahmen zu können, genügt es, dass der Pilot den Besteuerungsverzicht (hier Irlands) gegenüber dem FA nachweisen kann (§ 50d Abs. 8 EStG). Für eine Versagung der Freistellung nach § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG besteht dann regelmäßig kein Raum mehr.

Zur Anwendung der Urteilsgrundsätze ergeht in Kürze eine Verwaltungsanweisung.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt für die Anwendung des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG auf die Bezüge der im Inland unbeschränkt steuerpflichtigen Piloten und Flugbegleiter britischer und irischer Fluggesellschaften Folgendes:

Nach Artikel XI Abs. 5 des deutsch-britischen DBA bzw. Artikel XII Abs. 3 des deutsch-irischen DBA können Vergütungen für Dienstleistungen, die an Bord eines Luftfahrzeuges im internationalen Verkehr erbracht werden, von Großbritannien bzw. Irland besteuert werden, wenn sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des Unternehmens in Großbritannien bzw. Irland befindet. Tatsächlich unterliegen in beiden Staaten die Vergütungen des dort nicht unbeschränkt steuerpflichtigen Flugpersonals nur insoweit einer Besteuerung, als die Vergütungen auf die in Großbritannien bzw. Irland ausgeübte Tätigkeit entfällt, d. h. soweit dortige Flughäfen angeflogen werden. Ist Deutschland Ansässigkeitsstaat dieser Personen, sind, unabhängig vom Ort der Tätigkeit, die Vergütungen nach Artikel XVIII Abs. 2 Buchst. a Satz 1 i. V. m. Abs. 3 Buchst. b des deutsch-britischen DBA bzw. Artikel XXII Abs. 2 Buchst. a Doppelbuchstabe aa Satz 1 i. V. m. Abs. 3 des deutsch-irischen DBA von der deutschen Besteuerung auszunehmen. Das führt dazu, dass die Vergütungen aufgrund DBA überhaupt keiner Besteuerung unterliegen, wenn sie in Großbritannien bzw. Irland nicht steuerpflichtig sind.

Ab dem Veranlagungszeitraum 2007 werden nach § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG Einkünfte, die nach einem DBA bei einem unbeschränkt Steuerpflichtigen von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen sind, ungeachtet des DBA nicht von der Besteuerung ausgenommen, wenn die Einkünfte in dem anderen Staat nur deshalb nicht steuerpflichtig sind, weil sie von einer Person bezogen werden, die in diesem Staat nicht auf Grund ihres Wohnsitzes, ständigen Aufenthalts, des Ortes ihrer Geschäftsleitung, des Sitzes oder eines ähnlichen Merkmals unbeschränkt steuerpflichtig ist.

Diese Voraussetzung ist für den angesprochenen Personenkreis in Bezug auf den Teil der Vergütungen, der in Großbritannien bzw. Irland nicht besteuert wird, erfüllt, denn solche Einkünfte wären bei einer in Großbritannien bzw. Irland unbeschränkt steuerpflichtigen Person dort steuerpflichtig. Daraus folgt, dass die Bezüge insoweit nicht von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen sind.

Die Anwendung des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Bezüge in Großbritannien bzw. Irland zunächst dem Lohnsteuerabzug unterliegen, später jedoch eine Steuerermäßigung entsprechend der nicht in Großbritannien bzw. Irland ausgeübten Tätigkeit erfolgt. Dagegen ist § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht anwendbar, soweit Vergütungsteile, z. B. Zulagen, auch bei einer in Großbritannien bzw. Irland unbeschränkt steuerpflichtigen Person nicht besteuert werden.

Darüber, ob entsprechende Vergütungen nach § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG in Deutschland zu besteuern sind, ist grundsätzlich im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung zu entscheiden. Die Anwendung des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG kann, soweit in Großbritannien bzw. Irland kein Lohnsteuerabzug erfolgt, aber auch bereits im Lohnsteuerabzugsverfahren in Betracht kommen. Für die Sachverhaltsaufklärung gelten die erweiterten Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 AO.

Die Rechtsfolgen des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG gelten sinngemäß für unbeschränkt steuerpflichtiges Flugpersonal anderer ausländischer Fluggesellschaften, wenn das DBA mit dem Staat, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung der Fluggesellschaft befindet, Regelungen enthält, die den Regelungen in den DBA mit Großbritannien und Irland inhaltlich entsprechen.

Diese Regelung entspricht der des Bezugsschreibens vom , welches im BStBl. 2008 I, 988 veröffentlicht ist.

Hinweis

Am ist das neue DBA zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland in Kraft getreten ( BStBl 2011 I, 485) und findet ab dem Veranlagungszeitraum 2011 Anwendung.

Nach Art. 14 Abs. 3 des neuen deutsch-britischen DBA können Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person für eine an Bord eines Luftfahrzeugs ausgeübte unselbständige Arbeit erbringt, nur in diesem Staat besteuert werden. Auf den Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des Unternehmens wird nicht mehr abgestellt.

OFD Frankfurt/M. v. - S 1301 A – UK.17 – St 56

Fundstelle(n):
GAAAE-18131