Oberfinanzdirektion Karlsruhe - S 7104

Unternehmereigenschaft beim Betrieb von Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme (z.B. Fotovoltaikanlagen, Blockheizkraftwerke)

1. Unternehmereigenschaft

Beim Betrieb einer Fotovoltaikanlage oder eines Blockheizkraftwerks liegt eine nachhaltige Tätigkeit nach den Grundsätzen des Abschn. 18 Abs. 4 UStR vor, wenn der erzeugte Strom ganz oder teilweise, regelmäßig und nicht nur gelegentlich in das allgemeine Stromnetz eingespeist wird oder wenn die erzeugte Wärme regelmäßig an den/die Mieter weitergeliefert wird.

2. Zuordnung zum Unternehmensvermögen

Unabhängig von der ertragssteuerlichen Beurteilung kann der Unternehmer Gegenstände, die er sowohl unternehmerisch als auch nichtunternehmerisch nutzt, ganz, teilweise oder gar nicht seinem Unternehmensvermögen zuordnen. Voraussetzung ist nach § 15 Abs. 1 S. 2 UStG, dass der Gegenstand zu mindestens 10 % für unternehmerische Zwecke genutzt wird. Wird der Gegenstand zu weniger als 10 % unternehmerisch genutzt, kann er nicht dem Unternehmensvermögen zugeordnet werden und ein Vorsteuerabzug ist insgesamt nicht möglich.

Im Gegensatz zu Fotovoltaikanlagen, die allein der Erzeugung von Strom dienen, sind Blockheizkraftwerke sowohl für die Erzeugung von Nutzwärme als auch für die Erzeugung von Strom geeignet. Die angefallenen Ausgaben entfallen daher auf beide Bereiche. Eine Zuordnung der Kosten ausschließlich zur Stromerzeugung ist nicht zulässig. Bei den Anlagen sind regelmäßig geeichte Messeinrichtungen vorhanden, aus denen sich der Umfang der in das Stromnetz eingespeisten Strommenge sowie des privat entnommenen Stroms und der abgegebenen Wärme ergibt.

Liegen solche Vorrichtungen nicht vor, kann als Maßstab für die Aufteilung der Gesamtkosten die gem. § 3 Abs. 7 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz vom (BGBl 2002 I S. 1092) vom Hersteller der Anlage zu bescheinigende sog. „Stromkennzahl” herangezogen werden. Dabei handelt es sich um das Verhältnis der Nettostromerzeugung zur Nutzwärmeerzeugung in einem bestimmten Zeitraum.

Wird ein Blockheizkraftwerk in ein zu eigenen Wohnzwecken genutztes Gebäude eingebaut, ist immer zu prüfen, ob mit der Einspeisung des erzeugten Stromes in das allgemeine Netz die 10 %-Grenze für das Blockheizkraftwerk überschritten wird.

3. Ausgangsumsätze

3.1 Umsätze an Dritte

Die entgeltliche Lieferung von Strom an ein Energieerzeugungsunternehmen oder an den/die Mieter ist ein steuerpflichtiger Umsatz, der dem Regelsteuersatz unterliegt. Die Stromlieferung ist keine Nebenleistung zum Vermietungsumsatz (Abschn. 76 Abs. 6 UStR).

Demgegenüber ist die Überlassung der Nutzwärme an den/die Mieter eine unselbständige Nebenleistung zum Vermietungsumsatz (Abschn. 76 Abs. 5 UStR). Ist die Vermietung nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfrei (z. B. bei einer Wohnungsvermietung) führt die Überlassung der Nutzwärme an den Mieter insoweit zum Ausschluss des Vorsteuerabzugs aus den Anschaffungs- oder Herstellungskosten und den laufenden Kosten (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG). Wurde auf die Steuerfreiheit des Vermietungsumsatzes zulässigerweise nach § 9 Abs. 1 und 2 UStG verzichtet, ist auch die Überlassung der Nutzwärme steuerpflichtig.

3.3 Verwendung der Nutzwärme und des erzeugten Stroms für private Zwecke

Die Verwendung der Nutzwärme für die Beheizung und die Warmwasserversorgung des privaten Wohnhauses oder der privaten Wohnung und die Verwendung des Stroms für private Zwecke sind steuerpflichtige unentgeltliche Wertabgaben nach § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG.

Bemessungsgrundlage für die unentgeltliche Wertabgabe sind nach § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG die anteilig für den Betrieb der Anlage entstanden Kosten. Hierzu gehören die anteiligen Anschaffungs- oder Herstellungskosten und die laufenden Kosten.

Bis zum sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten nach den ertragsteuerlichen Grundsätzen aufzuteilen; der Abschreibungsbetrag ist in die Bemessungsgrundlage der unentgeltlichen Wertabgabe einzubeziehen.

Ab dem sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf den maßgebenden Berichtigungszeitraum des § 15a UStG zu verteilen (Abschn. 155 Abs. 2 UStR; zum Anwendungszeitpunkt vgl. BStBl 2004 I S. 468). Da die Anlagen zu den wesentlichen Bestandteilen des Gebäudes gehören, beträgt der Berichtigungszeitraum nach § 15a Abs. 1 Satz 2 UStG 10 Jahre. Wurde in der Vergangenheit für ein Blockheizkraftwerk ein Berichtigungszeitraum von 5 Jahren angesetzt, kann es hierbei auf Antrag des Unternehmers verbleiben.

Wird nachträglich eine Anlage in ein bestehendes Gebäude eingebaut und sind die Ausgaben ertragsteuerlich Erhaltungsaufwendungen, sind sie im Jahr des Leistungsbezugs in voller Höhe in die Bemessungsgrundlage für die unentgeltliche Wertabgabe einzubeziehen.

4. Vorsteuerabzug und Vorsteuerberichtigung

Ordnet der Unternehmer zulässigerweise eine sowohl unternehmerisch als auch privat genutzte Anlage insgesamt seinem Unternehmensvermögen zu, ist die Vorsteuer aus den Anschaffungs- oder Herstellungskosten und aus den laufenden Kosten in vollem Umfang nach § 15 Abs. 1 UStG abziehbar. Es sind jedoch mögliche Vorsteuerausschlüsse nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG zu beachten (vgl. 3.1).

Ordnet der Unternehmer eine Anlage nur teilweise seinem Unternehmen zu (z.B. nur den unternehmerisch verwendeten Teil), kann die Vorsteuer aus den Anschaffungs- oder Herstellungskosten und den laufenden Kosten nur teilweise abgezogen werden. Wird die Anlage später in größerem Umfang für unternehmerische Zwecke genutzt, ist eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs aus den Anschaffungs- oder Herstellungskosten nach § 15a UStG nicht möglich (Abschn. 214 Abs. 7 UStR).

Der Vorsteuerabzug ist zu überwachen. Bei Anschaffungs- oder Herstellungskosten ist § 15a Abs. 1 UStG einschlägig; bei Erhaltungsaufwendungen § 15a Abs. 3 UStG, wenn die Anlage nach dem geliefert wurde (§ 27 Abs. 11 UStG).

Insbesondere folgende Nutzungsänderungen wirken sich auf den Vorsteuerabzug aus:

  • Übergang von einer steuerpflichtigen zu einer steuerfreien Vermietung

  • Veräußerung des Grundstücks

  • Übergang zur Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG

Zur Überwachung ist das Überwachungsblatt zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs gemäß § 15a UStG – Vordruck USt 1 UE – anzulegen. Mit diesem Vordruck kann auch die Bemessungsgrundlage für die unentgeltliche Wertabgabe errechnet und überwacht werden.

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Fundstelle(n):
EAAAC-17063