BFH Urteil v. - VI R 64/05

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

I. Streitig ist die steuerliche Behandlung von Ausgleichszahlungen beim Wechsel zu einer anderen umlagefinanzierten Zusatzversorgungskasse.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) befindet sich zu 100 v.H. im Anteilsbesitz der Stadt E. Sie war bis zum Mitglied der Zusatzversorgungskasse, einer rechtlich unselbständigen Einrichtung der E (ZVKE). Mit der Mitgliedschaft verfolgte sie den Zweck, ihren Arbeitnehmern eine zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung nach den Grundsätzen des öffentlichen Dienstes zu gewähren. Die Zusatzversorgung wurde im Umlageverfahren mit gleitender Abschnittsdeckung finanziert. Die Umlagen wurden aufgrund versicherungsmathematischer Gutachten so kalkuliert, dass sie für einen Deckungsabschnitt von 10 Jahren ausreichten. Die Umlage, die in vollem Umfang von den Arbeitgebern getragen wurde, betrug zuletzt 7,3 v.H. des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts und überstieg damit den Umlagesatz der Rheinischen Zusatzversorgungskasse (RZVK) in Höhe von 4,25 v.H. E leitete zum die ZVKE zur RZVK über. In einer Vereinbarung zwischen E, die insoweit im eigenen und im Namen der übrigen Mitglieder der mittlerweile erloschenen ZVKE handelte, und der RZVK verpflichteten sich die Mitglieder der ZVKE zur Zahlung eines Ausgleichs für die mit der Übernahme der ZVKE für die RZVK verbundenen wirtschaftlichen Nachteile in Höhe von insgesamt XXX €. Der Ausgleich wird in der Weise vorgenommen, dass die RZVK von den früheren Mitgliedern der ZVKE, also auch von der Klägerin, über die Umlagen (4,25 v.H.), Sanierungsgelder und Zusatzbeiträge hinaus für eine Zeitspanne von 20 Jahren die streitbefangenen Ausgleichszahlungen in Höhe von 2,65 v.H. des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts erhebt (sog. Nachteilsausgleich).

Die Klägerin unterwarf in der Lohnsteuer-Anmeldung für Januar 2003 Ausgleichszahlungen in Höhe von 861 € der Lohnsteuer.

Das Finanzgericht (FG) wies die nach erfolglosem Einspruchsverfahren hiergegen erhobene Klage ab. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2005, 1769 veröffentlicht.

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG), § 2 Abs. 2 Nr. 3 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (LStDV).

Entgegen der Auffassung des FG seien bereits die laufenden Umlagen kein Arbeitslohn. Aber auch wenn man die gegenteilige Auffassung vertrete, könne dies nicht zur Besteuerung der strittigen Ausgleichszahlungen führen. Die Auffassung, laufende Umlagen seien Arbeitslohn, beruhe auf der Konvention, dass mit den jeweiligen Umlagebeiträgen auch die Anwartschaft des einzelnen Arbeitnehmers auf eine künftige eigene Versorgung erhöht und ein fiktiver Vermögensstamm aufgebaut werde. Die Ausgleichszahlungen bewirkten demgegenüber keine Verbesserung der Anwartschaft des einzelnen Arbeitnehmers. Sie dienten lediglich einer besseren Vermögensausstattung der RZVK zur Finanzierung von Renten. Der einzelne Arbeitnehmer wäre nicht weniger leistungsfähig geworden, hätte er auf die Leistung der Ausgleichszahlungen durch seinen Arbeitgeber verzichtet.

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die für Januar 2003 angemeldete Lohnsteuer um 101 € zu vermindern.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Korrektur der angefochtenen Lohnsteuer–Anmeldung. Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die strittigen Ausgleichszahlungen Arbeitslohn darstellen.

1. Wie der Senat mit Urteil vom VI R 148/98 (BFHE 210, 443, BFH/NV 2005, 2300) entschieden hat, fließt den Arbeitnehmern kein Arbeitslohn zu, wenn der Arbeitgeber beim Wechsel zu einer anderen umlagefinanzierten Zusatzversorgungskasse Ausgleichszahlungen leistet. Davon ist auch im Streitfall auszugehen. Zur Begründung wird auf die genannte Entscheidung Bezug genommen (vgl. auch Senatsentscheidung vom VI R 32/04, BFHE 210, 447, BFH/NV 2005, 2304). Auch hier beruhen die Ausgleichzahlungen nicht auf einer fehlenden versicherungsmathematischen Kalkulation der Beiträge zur aufgelösten Versorgungskasse, sondern unmittelbar auf einer Vereinbarung zwischen der Klägerin als Arbeitgeberin und der übernehmenden Versorgungskasse.

2. Der Vorentscheidung liegt eine andere Rechtsauffassung zugrunde; sie ist daher aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Die angefochtene Lohnsteuer–Anmeldung für Januar 2003 ist um die auf die Ausgleichsbeträge entfallende Steuer (101 €) zu mindern und entsprechend zu korrigieren (vgl. dazu Senatsentscheidung vom VI R 171/00, BFHE 206, 562, BStBl II 2004, 1087).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 1272 Nr. 7
JAAAB-82729