Oberfinanzdirektion Karlsruhe - S 2221/38 - St 111

Kürzung des Vorwegabzugs (bis 2004) bzw. des Höchstbetrags (ab 2005) bei Gesellschafter-Geschäftsführern

1 Alleingesellschafter-Geschäftsführer

Bei einem Alleingesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH mit Pensionszusage ist der Vorwegabzug bzw. der Höchstbetrag nicht zu kürzen. Seine Pensionsanwartschaft beruht in vollem Umfang auf eigenen Beitragsleistungen, weil die Altersversorgung durch die (gewinnmindernde) Bildung einer Pensionsrückstellung bei der GmbH seine gesellschaftsrechtlichen Ansprüche auf den GmbH-Gewinn, d.h. seine möglichen Gewinnausschüttungen, mindert ( BStBl 2004 II S. 546; BStBl 2004 I S. 582, BStBl 2005 I S. 429, Rz 28).

2 Gesellschafter-Geschäftsführer mit Pensionsansprüchen, die ihrer Beteiligung entsprechen

Sagt eine GmbH ihren zu jeweils 50 v.H. beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführern gleich hohe Pensionsansprüche zu, so steht beiden der Vorwegabzug bzw. der Höchstbetrag ungekürzt zu ( BStBl 2005 II S. 634). Diese BFH-Rechsprechung ist in allen offenen gleichgelagerten Fällen anzuwenden. Die anders lautende Regelung in Rz 28 des a.a.O., ist insoweit überholt.

Im Urteilsfall waren beide (nicht gleich alte) 50 v.H.-Gesellschafter zu Geschäftsführern bestellt und nicht rentenversicherungspflichtig. Beide hatten eine Pensionszusage über eine Altersversorgung i.H. von monatlich (umgerechnet) 2.000 Euro ab Vollendung des 65. Lebensjahres erhalten.

Die GmbH führte der Pensionsrückstellung im Streitjahr auf der Grundlage eines versicherungsmathematischen Gutachtens für den älteren Gesellschafter-Geschäftsführer (umgerechnet) 10.000 Euro und für den jüngeren 8.500 Euro zu. Die unterschiedliche Höhe der Zuführungen ergab sich aus dem unterschiedlichen Alter der beiden Gesellschafter-Geschäftsführer.

Nach der Entscheidung des BFH steht beiden Gesellschafter-Geschäftsführern der Vorwegabzug bzw. der Höchstbetrag ungekürzt zu. Beide haben ihre Pensionsanwartschaft – bei wirtschaftlicher Betrachtung – ausschließlich durch einen ihrer Beteiligungsquote entsprechenden Verzicht auf gesellschaftsrechtliche Ansprüche erworben. Von den bei Vollendung des 65. Lebensjahres gleich hohen (gewinnmindernd gebildeten) Pensionsrückstellungen der GmbH für die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer hat jeder die Hälfte durch entsprechend geringere Gewinnausschüttungen „bezahlt”.

Handelt es sich um eine GmbH mit drei oder mehr quotal gleich hoch beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführern, z.B. drei mit jeweils 33  1/3  v.H. bzw. vier mit jeweils 25 v.H. beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführern, die alle gleich hohe Pensionsansprüche haben, ist ebenfalls keine Kürzung des Vorwegabzugs bzw. Höchstbetrags (mehr) vorzunehmen.

Darüber hinaus steht der Vorwegabzug bzw. der Höchstbetrag auch den Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH mit zwei oder mehreren Gesellschafter-Geschäftsführern ungekürzt zu, wenn sie Pensionsansprüche haben, die ihrer Beteiligungsquote entsprechen. Das ist dann der Fall, wenn der gesamte Aufwand der GmbH für die Altersversorgung des jeweiligen Gesellschafter-Geschäftsführers, d.h. der volle Anwartschaftsbarwert bei Eintritt des Versorgungsfalles, seiner quotalen Beteiligung am Gesamtaufwand der GmbH für die Altersversorgung aller Gesellschafter-Geschäftsführer entspricht. Auch in diesem Fall hat jeder einzelne Gesellschafter-Geschäftsführer seine Anwartschaft auf Altersversorgung ausschließlich durch einen seiner Beteiligungsquote entsprechenden Verzicht auf gesellschaftsrechtliche Ansprüche erworben. Jeder muss für seine Versorgung letztlich selbst aufkommen, weil jeder Gesellschafter-Geschäftsführer den Aufwand der GmbH für seine Pensionsrückstellung im wirtschaftlichen Ergebnis selbst „bezahlt”.

Beispiel 1

An der AB-GmbH sind A mit 70 v.H. und B mit 30 v.H. beteiligt und zugleich als Geschäftsführer bestellt. Beide Gesellschafter-Geschäftsführer haben eine Pensionszusage, wonach ihnen ab Vollendung des 65. Lebensjahres eine monatliche Pension (ohne Hinterbliebenenversorgung) zusteht, und zwar 3.500 Euro für A (voller Anwartschaftsbarwert 350.000 Euro) und 1.500 Euro für B (voller Anwartschaftsbarwert 150.000 Euro).

Lösung

Bei A und bei B ist der Vorwegabzug bzw. Höchstbetrag nicht zu kürzen. Der Aufwand der AB-GmbH für die Pensionsanwartschaft des A (350.000 Euro) entspricht seiner quotalen Beteiligung (70 v.H.) am gesamten Aufwand für die Pensionsverpflichtungen der GmbH (500.000 Euro × 70 v.H. = 350.000 Euro). Dementsprechend entspricht auch der Aufwand der AB-GmbH für die Pensionsanwartschaft des B (150.000 Euro) seiner quotalen Beteiligung am gesamten Aufwand der AB-GmbH für die Pensionsverpflichtungen (500.000 Euro × 30 v.H. = 150.000 Euro).

3 Zwei oder mehrere Gesellschafter-Geschäftsführer mit unterschiedlich hohen Pensionen

Hat eine GmbH ihren Gesellschafter-Geschäftsführern eine Altersversorgung zugesagt, die nicht dem quotalen Beteiligungsverhältnis entspricht, ist bei dem Gesellschafter-Geschäftsführer der Vorwegabzug bzw. Höchstbetrag zu kürzen, dessen Pensionsanspruch( = voller Anwartschaftsbarwert bei Eintritt des Versorgungsfalles) höher ist als sein quotaler Anteil (entsprechend seiner Beteiligung an der GmbH) an den gesamten Pensionsverpflichtungen der GmbH.

In diesem Fall hat der Gesellschafter-Geschäftsführer seine Anwartschaft auf die Altersversorgung teilweise zu Lasten der gesellschaftsrechtlichen Ansprüche seiner Mitgesellschafter, d.h. insoweit ohne eigene Beitragsleistung, mit der Folge erworben, dass bei ihm der Vorwegabzug bzw. Höchstbetrag zu kürzen ist (, juris).

Beispiel 2

An der CDE-GmbH sind C mit 50 v.H., D mit 30 v.H. und E mit 20 v.H. beteiligt und zugleich als Geschäftsführer bestellt. Alle drei Gesellschafter-Geschäftsführer haben eine Pensionszusage, wonach ihnen ab Vollendung des 65. Lebensjahres eine monatliche Pension (ohne Hinterbliebenenversorgung) zusteht, und zwar 4.000 Euro für C (voller Anwartschaftsbarwert 400.000 Euro) und jeweils 2.000 Euro für D und E (voller Anwartschaftsbarwert jeweils 200.000 Euro).

Lösung

Der Vorwegabzug bzw. der Höchstbetrag ist nur bei E zu kürzen. Der Aufwand der CDE-GmbH für die Finanzierung seiner Pensionszusage (200.000 Euro) ist höher als 20 v.H. (seine Beteiligungsquote) am Gesamtaufwand der CDE-GmbH für alle Pensionsverpflichtungen (800.000 Euro × 20 v.H. =) 160.000 Euro. Demnach wurden seine Pensionsansprüche teilweise (40.000 Euro) zu Lasten seiner Mitgesellschafter finanziert, d.h. er hat sie teilweise ohne eigene Beitragsleistung erworben.

Bei C ist der Vorwegabzug bzw. Höchstbetrag nicht zu kürzen. Der Aufwand der CDE-GmbH für seine Pensionsanwartschaft (400.000 Euro) entspricht genau seiner quotalen Beteiligung (50 v.H.) an dem Aufwand für die gesamten Pensionsverpflichtungen der GmbH (800.000 Euro × 50 v.H. = 400.000 Euro).

Auch bei D ist der Vorwegabzug bzw. Höchstbetrag nicht zu kürzen. Der Aufwand der CDE-GmbH für seine Pensionsanwartschaft (200.000 Euro) ist nämlich niedriger als sein Anteil an den gesamten Pensionsverpflichtungen der GmbH (800.000 Euro × 30 v.H. = 240.000 Euro).

Handelt es sich um eine GmbH, bei der nicht alle Gesellschafter-Geschäftsführer eine Pensionszusage haben, ist der Vorwegabzug bzw. Höchstbetrag bei allen Gesellschafter-Geschäftsführern mit Pensionszusage zu kürzen. Denn jeder von ihnen hat einen Teil seiner Pensionsanwartschaft zu Lasten der Gesellschafter-Geschäftsführer ohne Pensionszusage, d.h. zum Teil ohne eigene Beitragsleistung, erworben. Die Gesellschafter-Geschäftsführer ohne Pensionszusage haben die Pensionsanwartschaften derjenigen mit Pensionszusage – wirtschaftlich betrachtet – durch Gewinnverzicht zum Teil mitfinanziert.

Ebenso ist bei einer GmbH, bei der nicht alle Gesellschafter zur Geschäftsführung berufen sind, der Vorwegabzug bei allen Gesellschafter-Geschäftsführern mit Pensionszusage zu kürzen. Jeder nicht geschäftsführende Gesellschafter hat nämlich die Altersversorgung der Gesellschafter-Geschäftsführer durch Gewinnverzicht teilweise mitfinanziert.

Hinweis
  • Die Kürzung ist auch bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer mit Pensionszusage vorzunehmen, wenn nur er und sein mit ihm zusammen veranlagter Ehegatte zusammen 100 v.H. des Stammkapitals der GmbH halten und der Ehegatte nicht Geschäftsführer, sondern nur Gesellschafter der GmbH ist. Wegen des zu dieser Frage beim BFH anhängigen Revisionsverfahrens X R 3/05 ruhen betroffene Einsprüche allerdings nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO.

4 Beweislastverteilung

Der Gesellschafter-Geschäftsführer mit Pensionszusage, der eine Kürzung des Vorwegabzugs bzw. des Höchstbetrags vermeiden will, trägt die objektive Feststellungslast (Beweislast) dafür, dass er für sein Anwartschaftsrecht auf Altersversorgung wirtschaftlich betrachtet selbst aufkommen muss.

Vor diesem Hintergrund muss der betreffende Gesellschafter-Geschäftsführer die Beteiligungsverhältnisse und die vorhandenen Pensionszusagen sowie deren Anwartschaftsbarwerte seinem Wohnsitzfinanzamt darlegen. Fehlende Angaben sowie Anstellungsverträge nebst (ggf. separater) Pensionszusagen sowie versicherungsmathematische Gutachten über die Entwicklung der Pensionsrückstellungen sind anzufordern. Daraus ergibt sich i.d.R. der maßgebende Anwartschaftsbarwert bei Eintritt des Versorgungsfalles. Die Höhe der Pensionsrückstellung am jeweiligen Bilanzstichtag der GmbH bzw. die Höhe der jährlichen Zuführung im Veranlagungsjahr sind unerheblich. Entscheidend ist vielmehr nur der Gesamtaufwand, der bei der GmbH für die Finanzierung der Pensionsverpflichtung (ggf. einschließlich Hinterbliebenenversorgung) voraussichtlich insgesamt anfallen wird.

Hinweis

Oberfinanzdirektion Karlsruhe v. - S 2221/38 - St 111

Fundstelle(n):
GmbHR 2006 S. 277 Nr. 5
IAAAB-77029