BFH Beschluss v. - IV B 107/04

Instanzenzug:

Gründe

Streitig ist, ob der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger), ein selbständig tätiger Architekt, nachträglich von der Einnahmenüberschussrechnung zum Bestandsvergleich übergehen konnte.

Nachdem der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) anlässlich einer Betriebsprüfung für die Streitjahre (1992 bis 1995) nicht aufgezeichnete Einnahmen von 698 820 DM festgestellt und die Einkommensteuerbescheide entsprechend geändert hatte, erklärte der Kläger im Einspruchsverfahren, er gehe ab 1992 von der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu der nach § 4 Abs. 1 EStG über.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung seines in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2004, 1111 veröffentlichten Urteils aus, der Kläger habe sein Gewinnermittlungswahlrecht für die Streitjahre bereits bindend zu Gunsten der Einnahmenüberschussrechnung ausgeübt und könne ungeachtet der technischen Möglichkeiten moderner Buchführungsprogramme nicht nachträglich und rückwirkend zum Bestandsvergleich übergehen.

Mit seiner wegen Nichtzulassung der Revision eingelegten Beschwerde beruft sich der Kläger auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, macht die Abweichung von den Entscheidungen des (BFHE 159, 123, BStBl II 1990, 287) und vom X R 192/93 (BFH/NV 1995, 587) geltend und erhebt die Verfahrensrüge mangelnder Sachaufklärung, auf der die Vorentscheidung beruhen soll.

Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten, die es für unzulässig hält.

Die Beschwerde kann keinen Erfolg haben. Der Kläger hat weder die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt, noch ist —mangels einer Divergenz— eine Entscheidung des Senats zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich; auch die Verfahrensrüge greift nicht durch.

1. Für den Kläger ist die Frage, „ob der Steuerpflichtige an die einmal getroffene Wahl der Gewinnermittlungsart gebunden ist”, von allgemeiner und damit —nach seiner Auffassung— auch von grundsätzlicher Bedeutung. Damit hat der Kläger jedoch die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entsprechenden Weise dargelegt. Denn dazu hätte er ausführen müssen, dass nach seiner Auffassung die Entscheidung des BFH aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa , BFHE 144, 137, BStBl II 1985, 625, und aus jüngster Zeit Senatsbeschluss vom IV B 135/01, BFH/NV 2004, 783). Solche Ausführungen lassen sich der Beschwerdeschrift nicht entnehmen.

Der Kläger hat in diesem Zusammenhang allerdings ausgeführt, das Wahlrecht sei „eine Subventionsnorm”. Der Freiberufler solle „durch das Wahlrecht gefördert werden” und durch dessen Ausübung „seine Steuerlast so gering wie möglich” halten können, so dass eine Bindung an die gewählte Gewinnermittlungsart ausdrücklicher gesetzlicher Regelung bedürfe. Hat der Kläger auch insoweit nicht dargelegt, ob und in welchem Umfang diese Rechtsfrage umstritten ist, so widerspricht seine Auffassung bereits dem in ständiger Rechtsprechung vertretenen Grundsatz der Gesamt- oder Totalgewinngleichheit, der es gerade verbietet, dass die Wahl der Gewinnermittlungsarten zu unterschiedlichen Steuerbelastungen führt (s. zuletzt Senatsurteil vom IV R 13/03, BFHE 203, 373, BStBl II 2004, 985 unter 3. der Gründe; zu diesem Grundsatz s. ferner die , BFHE 107, 205, BStBl II 1973, 51; vom IV R 128/81, BFHE 140, 548, BStBl II 1984, 516 zu 4. der Gründe; vom IV R 7/98, BFHE 188, 390, BStBl II 1999, 488; vom IV R 12/01, BFHE 201, 491, BStBl II 2003, 837, und vom IV R 26/01, BFHE 202, 119, BStBl II 2003, 702, sowie den Beschluss des Großen Senats des , BFHE 160, 466, BStBl II 1990, 830 unter B.III.1.c, cc).

Sofern sich Unterschiede hinsichtlich der Steuerprogression ergeben, hat der Gesetzgeber das lediglich aus Vereinfachungsgründen —und nicht um bestimmte Steuerpflichtige zu subventionieren— in Kauf genommen (vgl. Senatsurteil vom IV R 137-138/89, BFHE 162, 34, BStBl II 1991, 13 unter 2.).

2. Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet, soweit sie die Ausführungen zum Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) betrifft.

Der Kläger hat insoweit ausgeführt, „die Wertung des Finanzgerichts, die automatisierte Erstellung einer Eröffnungsbilanz reiche für die Ausübung des Wahlrechts im Sinne des § 4 Abs. 1 EStG nicht aus”, laufe „im Ergebnis darauf hinaus, dass das Wahlrecht erst bei der Abgabe der Steuererklärung ausgeübt” werde. Hierin weiche das FG von dem Urteil des BFH in BFHE 159, 123, BStBl II 1990, 287 ab, wonach das Wahlrecht durch schlichtes Verhalten ausgeübt werde. Die Vorentscheidung weiche auch von dem Urteil in BFH/NV 1995, 587 ab, worin ausgeführt sei, dass das Wahlrecht nicht mit der Steuererklärung ausgeübt werde. Selbst wenn man in diesem Vortrag eine Gegenüberstellung abstrakter Rechtssätze sehen wollte, wie dies zur Bezeichnung des Zulassungsgrundes nach § 115 Abs. 2 Nr. 2, zweite Alternative FGO (früher Divergenz) erforderlich wäre (s. etwa Senatsbeschluss vom IV B 201/02, BFH/NV 2004, 1645, m.w.N.), liegt eine Abweichung nicht vor.

Das FG hat sich nur zu den Anforderungen an die Aufzeichnungen bei der Wahl der Gewinnermittlungsart auf die Entscheidung des BFH in BFH/NV 1995, 587 bezogen. Im Übrigen geht auch dieses Urteil ebenso wie die Vorentscheidung davon aus, dass das durch § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG (und nicht durch § 4 Abs. 1 EStG) eingeräumte Wahlrecht, den Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung oder Bestandsvergleich zu ermitteln, dadurch ausgeübt wird, dass der Steuerpflichtige entweder seine Betriebseinnahmen und -ausgaben aufzeichnet oder eine Eröffnungsbilanz aufstellt und eine Buchführung einrichtet. Entgegen der Auffassung des Klägers weist diese „Eröffnungsbilanz” auch nicht eine „0” auf beiden Seiten aus. Da es sich im Streitfall um einen Wechsel der Gewinnermittlungsart handelt, ist diese Anfangsbilanz eine sog. Übergangsbilanz, in der vielmehr die Werte des Betriebsvermögens und die Schulden erstmals zu erfassen sind (dazu , BFHE 145, 537, BStBl II 1986, 390, und vom IV R 56/90, BFHE 166, 120, BStBl II 1993, 272, jeweils den Übergang von der Gewinnschätzung zum Bestandsvergleich betreffend).

Auch mit der Unterstellung, die Wertung des FG laufe im Ergebnis auf die Forderung hinaus, das Wahlrecht müsse erst bei Abgabe der Steuererklärung ausgeübt werden, kann der Kläger keine Abweichung des angefochtenen Urteils von der Entscheidung des BFH in BFH/NV 1995, 587 begründen. In dieser Entscheidung hat der BFH zwar ausgeführt, dass das Wahlrecht nicht mit dem Einreichen einer Überschussrechnung beim FA ausgeübt wird. Hiervon ist aber auch das FG ausgegangen, denn es hat bemängelt, dass der Kläger es unterlassen hat, vor Beginn des Gewinnermittlungszeitraums zum 1. Januar eine Eröffnungsbilanz aufzustellen, und damit eindeutig die Auffassung vertreten, die auch der angegebenen Divergenzentscheidung in BFH/NV 1995, 587 zu Grunde liegt.

3. Soweit der Kläger mangelnde Sachaufklärung nach § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO durch das FG rügt, weil dieses weder darauf eingegangen sei, dass er bereits mit der Einrichtung des Buchführungsprogramms Sybex Star-Kontor III das Wahlrecht auf Betriebsvermögensvergleich ausgeübt habe, noch seinem schriftsätzlichen Antrag auf Zeugenvernehmung gefolgt sei, ist ein Verfahrensmangel nicht bezeichnet (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Dazu hätte u.a. ausgeführt werden müssen, dass die Einrichtung eines Buchführungsprogramms nach der insoweit maßgeblichen materiell-rechtlichen Rechtsauffassung des FG entscheidungserheblich gewesen ist (vgl. , BFH/NV 1996, 492). Hieran fehlt es im Streitfall. Vielmehr hat das FG ausdrücklich ausgeführt, die Verwendung eines Buchführungsprogramms, welches die Aufstellung einer Eröffnungsbilanz zulasse bzw. diese automatisch erstelle, sei jedenfalls dann keine zulässige Ausübung des Wahlrechts zum Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG, wenn der Steuerpflichtige auf Grund der laufenden Buchführung tatsächlich nur eine Einnahmenüberschussrechnung erstelle. Auf der Grundlage dieser Rechtsauffassung bedurfte es auch keiner Vernehmung des Mitarbeiters der Firma, die das Buchführungsprogramm entwickelt hat.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 276 Nr. 2
DAAAB-71115