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  • · Hausrecht

    So setzen Sie rechtssicher ein Hausverbot durch

    Bild: Stop / Oatsy40 / CC CC BY 2.0 / flickr.com

    von Rechtsanwältin Julia Schinke, Göhmann Rechtsanwälte & Notare, Bremen, goehmann.de

    | Wenn Patienten aggressiv auftreten, hilft als letztes Mittel oft nur ein Hausverbot. Neben allgemeinen Verhaltensregeln ‒ wie bestimmtes Auftreten, feste Stimme und Zusammenhalt im Team ‒ gibt es aus rechtlicher Sicht einiges zu beachten. Der folgende Beitrag zeigt auf, wie Sie sich rechtssicher verhalten. |

    Wer darf ein Hausverbot aussprechen?

    Die Befugnis, ein Hausverbot auszusprechen, leitet sich aus dem Hausrecht ab. Dieses hat zunächst der Eigentümer des Gebäudes bzw. dessen Mieter als Besitzer inne. Bei einer Zahnarztpraxis fällt das Hausrecht dem Praxisinhaber zu; in einer Gemeinschaftspraxis sämtlichen Gesellschaftern.

     

    Angestellte dürfen ohne Ihre ausdrückliche Befugnis als Hausrechtsinhaber das Hausrecht nicht ausüben und vor allem kein Hausverbot aussprechen. Sie können diese Befugnis jedoch mündlich oder schriftlich delegieren.

     

    • Delegation des Hausrechts ‒ das sollten Sie beachten
    • Stimmen mit Ihrem Team ab, wer befugt ist, das Hausrecht auszuüben und aus eigener Beurteilung der Situation ein Hausverbot auszusprechen.

     

    • Je nach Praxisgröße, Personalstärke und Arbeitszeiten empfiehlt es sich, mehrere Angestellte zu ermächtigen, eigenständig ein Hausverbot auszusprechen.

     

    • Um im Team vorbereitet zu sein, sollten Sie das Vorgehen in einer derartigen Situation sowie die Ermächtigten schriftlich festhalten, damit alle Beteiligten sich hieran orientieren und im Ernstfall mit der erforderlichen Sicherheit auftreten können.
     

    Wann kann ich ein Hausverbot wirksam erteilen?

    Ausgangspunkt für ein Hausverbot ist der Straftatbestand des Hausfriedensbruchs, § 123 StGB: „Wer in die Wohnung, in die Geschäftsräume […], widerrechtlich eindringt, oder wer, wenn er ohne Befugnis darin verweilt, auf die Aufforderung des Berechtigten sich nicht entfernt, wird [...] bestraft.“

     

    Sobald ein Patient von einer hierzu ermächtigten Person zum Verlassen der Praxisräume aufgefordert wurde und dieser der Aufforderung nicht nachkommt, begeht er einen Hausfriedensbruch ‒ er macht sich strafbar. Hierbei ist der Anlass für den Ausspruch des Hausverbots unerheblich ‒ es kommt allein auf den erkennbaren Willen des Berechtigten an, den Patienten der Räumlichkeiten zu verweisen.

     

    Kommt der Patient dem nicht nach, sollten Sie das Hausverbot nicht selbst durchsetzen. Ein polizeiliches Einschreiten ist in jedem Fall zulässig und geboten. Sie sollten deshalb die Polizei rufen, wenn der Patient

    • trotz ausgesprochenen Hausverbots die Praxisräume nicht verlässt
    • bzw. sich einer wiederholten Aufforderung zum Verlassen der Praxis widersetzt.

     

    PRAXISTIPP | Wenn sich der Patient nach dem Herbeirufen der Polizei dem Hausverbot fügt, lassen Sie die bereits gerufenen Beamten trotzdem kommen, um Ihr konsequentes Handeln zu dokumentieren. Anderenfalls wird ein berechnender Patient bei der nächsten Auseinandersetzung Ihre Ankündigung der polizeilichen Hilfe nicht mehr ernst nehmen!

     

    Was ist zu tun, wenn der Patient die Praxis verlassen hat?

    Der Hausfriedensbruch wird nur auf Strafantrag des Geschädigten verfolgt. Die Staatsanwaltschaft leitet keine Ermittlungen von Amts wegen ein. Sofern Sie die strafrechtliche Verfolgung des Patienten wünschen (z. B. bei Wiederholungstätern), müssen Sie binnen drei Monaten bei der örtlich zuständigen Staatsanwaltschaft Strafantrag stellen. Eine Strafanzeige bei der Polizei reicht nicht aus.

     

    PRAXISTIPP | Dokumentieren Sie den Vorfall so detailliert wie möglich, um im späteren Streitfall etwaigen Vorwürfen des Patienten oder Nachfragen von Staatsanwaltschaft oder Krankenkasse sachlich entgegentreten zu können. Der schriftliche Vermerk sollte neben dem tatsächlichen Ablauf auch die Namen und Daten etwaiger Zeugen ‒ eigene Mitarbeiter, weitere Patienten, herbeigerufene Polizeibeamte ‒ umfassen. So sind Sie für juristische Auseinandersetzungen gerüstet.

     

    Was tun, wenn der Betreffende das Hausverbot missachtet?

    Wenn Sie einem Patienten bereits ein Hausverbot ausgesprochen haben, stellt bereits das Betreten der Praxis einen Hausfriedensbruch im Sinne des § 123 StGB dar ‒ er macht sich (erneut) strafbar. Denn: Wenn ein Hausverbot ohne zeitliche Begrenzung ausgesprochen wird, gilt es auf unbestimmte Zeit. Es ist rechtlich möglich, ein Hausverbot zeitlich zu befristen ‒ die Entscheidung obliegt dem Berechtigten.

     

    Wenn der ehemalige Patient trotz des Hausverbots erneut einen Termin vereinbaren möchte bzw. die Praxis aufsucht, sollten Sie zuvor festlegen, ob eine Behandlung in Betracht kommt oder das Hausverbot bestehen bleiben soll.

     

    PRAXISTIPP | Selbst wenn Sie oder eine Kollegin telefonisch versehentlich einen Termin an diesen Patienten vergeben haben, sollten Sie ihn beim Betreten bzw. Wiedererkennen auf das erteilte Hausverbot aufmerksam machen und der Praxis verweisen.

     

    Mögliche rechtliche Folgen eines Hausverbots für die Praxis

    Zunächst kann der Patient selbst Strafanzeige gegen Sie erheben. In Betracht kommt ‒ je nach der konkreten Situation ‒ z. B. eine Strafanzeige wegen unterlassener Hilfeleistung, Beleidigung, Körperverletzung oder Nötigung. Ob die Staatsanwaltschaft als Strafverfolgungsbehörde hinreichenden Anlass sieht, gegen Sie zu ermitteln, wird von der vom Patienten geschilderten Situation abhängen.

     

    Zivilrechtlich könnten Schadenersatzansprüche drohen. Sowohl bei Kassen- als auch Privatpatienten sind Sie jederzeit und ohne Grund berechtigt, einen Behandlungsvertrag zu kündigen (§ 627 BGB). Bei einem aggressiv auftretenden Patienten besteht in jedem Fall ein wichtiger Grund für eine Beendigung des Vertragsverhältnisses.

     

    Ferner könnte sich der Kassenpatient bei seiner Krankenkasse über Sie beschweren. Wenn Sie das Hausverbot ohne sachlichen Grund ausgesprochen haben, drohen Ihnen auch Sanktionen seitens der Krankenkasse.

     

    MERKE | Ein sachlicher Grund ist jedenfalls eine Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen Behandler und Patient. Besteht keine Vertrauensbasis (mehr), ist dem Zahnarzt eine Behandlung des Patienten nicht zumutbar. Die Vertrauensbasis kann dann wegfallen, wenn der Patient durch querulatorisches Verhalten die Betriebsabläufe der Praxis massiv stört oder sogar Patienten, Praxismitarbeiter und -inhaber bedroht oder gar tätlich angreift.

     

    Nehmen Sie Ihr Recht souverän wahr!

    Mit einer sorgfältigen Dokumentation sorgen Sie für Klarheit und können möglicherweise erhobene Vorwürfe ‒ seien sie strafrechtlicher, zivilrechtlicher oder disziplinarrechtlicher Art ‒ ausräumen. Über die jedermann treffende Hilfeleistungspflicht in Unglücksfällen oder allgemeinen Notlagen hinaus besteht für Sie als Zahnarzt nämlich keine Pflicht zur Übernahme einer Behandlung. So unangenehm und belastend die Krisensituation auch ist ‒ es ist Ihr gutes Recht, aggressive und gewalttätige Patienten der Praxis zu verweisen und hierfür polizeiliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.

     

    Checkliste / Hausverbot: rechtssicheres Vorgehen in drei Schritten

    • Vorbereitung: Wer darf das Hausrecht im Krisenfall ausüben? Absprachen im Team schriftlich festhalten.
    • In der Krise: Spätestens nach der zweiten erfolglosen Aufforderung an den Patienten, die Praxis zu verlassen: Polizei alarmieren.
    • Nachbereitung: Sorgfältige Dokumentation des Vorfalls; Zeugen mit Namen und Anschrift notieren; Vorgehen bei erneutem Kontaktversuch/Erscheinen abstimmen.
     

    Praxistipp | Wie Sie deeskalieren, sich wehren und ggf. rechtliche Schritte einleiten können, erfahren Sie im IWW-Online-Lehrgang „Der schwierige Patient“. Direkt anmelden unter lehrgang-schwieriger-patient.de.

    Quelle: Ausgabe 07 / 2022 | Seite 8 | ID 48012453