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  • · Fachbeitrag · Einkommensteuer

    Veruntreute Mandantengelder sind einkommensteuerpflichtig

    von Oberstaatsanwalt Raimund Weyand, St. Ingbert

    Ein Anwalt, der seinen Gewinn durch eine Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, muss von ihm veruntreute Mandantengelder als Betriebseinnahmen ansetzen (FG Saarbrücken 29.2.12, 1 K 1342/09, Abruf-Nr. 122813).

    Sachverhalt

    Im Rahmen einer Betriebsprüfung stellte die Prüferin fest, dass ein Rechtsanwalt über Jahre hinweg Fremdgelder in erheblichem Umfang nicht an seine Mandantin, eine privatärztliche Abrechnungsstelle, weiterleitete. Der Anwalt wurde in der Folge wegen vielfacher gewerbsmäßiger Untreue (§ 266 Abs. 1 und 3 StGB) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren mit Bewährung verurteilt. Das FA wertete die veruntreuten Beträge überdies als Betriebseinnahmen und änderte die ESt-Bescheide der letzten 10 Jahre entsprechend. Die hiergegen gerichtete Klage des Anwalts wurde abgewiesen.

     

    Entscheidung

    Betriebseinnahmen sind alle Zugänge in Geld oder Geldeswert, die durch den Betrieb veranlasst werden, bei Rechtsanwälten also typischerweise alle Honorargutschriften. Nicht als Einnahmen zu werten sind nach § 4 Abs. 3 S. 2 EStG durchlaufende Posten, also Einnahmen und Ausgaben, die im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt bzw. verausgabt werden. Sie erhöhen das Betriebsergebnis nicht. Voraussetzung hierfür ist, dass im Zeitpunkt der Vereinnahmung/Verausgabung dem Grunde und der Höhe nach feststeht, dass der Steuerpflichtige in fremdem Namen und für fremde Rechnung gehandelt hat. Kennzeichnend für durchlaufende Posten ist allein die Verknüpfung von Einnahmen und Ausgaben zu einem einheitlichen Vorgang (etwa BFH 15.5.08, IV R 25/07, DStR 08, 1475). Nicht erforderlich hingegen ist die Existenz eines gesonderten Treuhandverhältnisses oder die Verwendung spezieller Fremdgeldkonten. Rechtsanwälte sind im Übrigen aufgrund des § 43a BRAO gehalten, Mandantengelder unverzüglich auszukehren.

     

    Nach Auffassung des Senats durchbricht ein Anwalt, der Fremdgelder abredewidrig nicht an seinen Mandanten weiterleitet, die für die Annahme steuerlich neutraler durchlaufender Posten nötige Verklammerung von Einnahmen und Ausgaben für Rechnung eines anderen. Zu diesem Zeitpunkt erhöhen die als Fremdgeld ausgewiesenen Beträge den Gewinn. Es gilt vielmehr der allgemeine Grundsatz, dass betrieblich veranlasste Geldzuflüsse Betriebseinnahmen darstellen. Es kommt dabei nicht darauf an, dass der Anwalt von seiner Auskehrungspflicht gegenüber dem Mandanten nicht frei wird. Umgekehrt kann der Steuerpflichtige, der später doch noch Zahlungen an den von den Untreuehandlungen betroffenen Auftraggeber erbringt, diese zu jenem Zeitpunkt als gewinnmindernde Betriebsausgaben berücksichtigen.

     

    Praxishinweis

    Nach Meinung des BFH stellen Beträge, die ein Vermögenspfleger von Konten der von ihm betreuten Personen abhebt und für sich verwendet, keine Betriebseinnahmen dar (BFH 19.3.87, IV R 140/84, BFH/NV 87, 577). Derartige Untreuehandlungen sind nicht betrieblich, sondern rein privat veranlasst. Diese Rechtsprechung sieht das FG nicht als relevant an: Die Geldbeträge waren in dem vom BFH beurteilten Sachverhalt nie in das Betriebsvermögen des Pflegers eingegangen, etwa durch Gutschrift auf seinem betrieblichen Konto. In der jetzt entschiedenen Sache ist der Eingang auf dem Betriebskonto des Anwalts unstreitig erfolgt. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig, der Senat hat die Revision zugelassen, die auch eingelegt wurde (Az. BFH: VIII R 19/12).

    Quelle: Ausgabe 10 / 2012 | Seite 238 | ID 35330320

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