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  • · Fachbeitrag · Checklisten

    Durchsuchung: Drei wichtige Checklisten

    von RA Dr. Michael Tsambikakis, FA für StrR, Partner und Leiter der Praxisgruppe Wirtschafts- und Steuerstrafrecht der Kanzlei Friedrich Graf von Westphalen, Köln

    | Um die größtmögliche Durchschlagskraft zu entfalten, wird eine Durchsuchung nicht angekündigt. Die Erfahrung zeigt, dass ungebetene Gäste bisweilen ihren Gastgeber überfordern. Die folgenden Checklisten vereinfachen Betroffenen und ihren Beratern das richtige Verhalten im Notfall: Wie verhalte ich mich richtig bei der Durchsuchung? Wie prüfe ich die Rechtmäßigkeit eines richterlichen Durchsuchungsbeschlusses? Wie prüfe ich die Rechtmäßigkeit einer nichtrichterlichen Durchsuchungsanordnung bei Gefahr im Verzug? |

     

    Checkliste / Verhaltensregeln

    Wie verhalte ich mich richtig bei der Durchsuchung? Damit der Schaden einer Durchsuchung begrenzt bleibt, empfiehlt es sich, einige wesentliche Leitlinien zu beachten.

    • 1.

    Keine Verdunkelungshandlungen vornehmen

    Wenn die Polizei, Steuerfahndung oder Staatsanwaltschaft einmal da ist, wird man sie mit keinem juristischen „Kniff“ wieder los. Selbst wenn die Durchsuchung rechtswidrig wäre, würde man sie durch Verdunkelungshandlungen schlimmstenfalls wieder legitimieren. Durch Verdunkelungshandlungen kann man sich strafbar machen und läuft darüber hinaus Gefahr, Haftgründe zu schaffen, die den Erlass eines Haftbefehls gegen einzelne Beschuldigte rechtfertigen.

    • 2.

    Die Durchsuchung in geordnete Bahnen lenken:

    Damit die Durchsuchungssituation beherrschbar wird, müssen einige organisatorische Dinge beachtet werden. Sie alle bereiten den nächsten und wichtigsten Hauptpunkt „Den Informationsfluss kontrollieren“ vor.

    Ansprechpartner auf beiden Seiten benennen

    Unabhängig davon, mit wie vielen Personen die Durchsuchung durchgeführt wird, gibt es immer einen Durchsuchungsleiter. Er ist erster Ansprechpartner für alle Fragen. Genauso sollte dem Durchsuchungsleiter ein Ansprechpartner benannt werden. Es empfiehlt sich, dass es sich dabei um einen mit der Durchführung von Durchsuchungen vertrauten Juristen handelt. Meistens wird dies ein externer Rechtsanwalt sein, mit dem idealiter Durchsuchungsszenarien bereits vorab erörtert wurden. Der Beschuldigte hat jederzeit ein Recht darauf, einen Rechtsanwalt hinzuziehen oder anzurufen.

    Dem Inhaber der zu durchsuchenden Räume steht ein Anwesenheitsrecht zu. Die Ermittlungspersonen müssen identifiziert werden und jedem einzelnen wird ein vertrauenswürdiger „Begleiter“ zur Seite gestellt. Dies können Anwälte oder Mitarbeiter sein. Die Mitarbeiter sollten allerdings mit den Tatvorwürfen nichts zu tun haben, um spontane Äußerungen zu vermeiden, die sich dann später in den Akten wiederfinden. Es gibt kein Recht der Ermittler auf heimliche Durchsuchungen und es ist prinzipiell nicht wünschenswert, wenn Räume unbeobachtet durchsucht werden.

    Durchsuchungsbeschluss aushändigen lassen

    Ermächtigungsgrundlage für eine Durchsuchung ist ein schriftlicher richterlicher Durchsuchungsbeschluss. Ausnahmsweise darf bei Gefahr im Verzug darauf verzichtet werden. Beide Maßnahmen müssen auf ihre Rechtmäßigkeit geprüft werden.

    Durchsuchung räumlich und inhaltlich begrenzen

    Soweit die Anordnung der Durchsuchung rechtmäßig ist, muss ihre Durchführung kontrolliert und begleitet werden. Dabei ist vor allem darauf zu achten, dass sie räumlich und inhaltlich nur so weit ausgedehnt wird, wie es der Durchsuchungsbeschluss ausdrücklich zulässt. Allen weiteren Maßnahmen ist zu widersprechen. Der Widerspruch muss dokumentiert werden. Am besten wird er im Anschluss an die Durchsuchung noch einmal unverzüglich schriftlich begründet und per Telefax zu den Akten gereicht.

    Kontrolliert kooperieren

    Die negativen Auswirkungen einer Durchsuchung werden durch eine kontrollierte Kooperation weiter eingeschränkt. Es empfiehlt sich, den Beamten eigene Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen. Dadurch wird die öffentliche Aufmerksamkeit reduziert, ungewollte Kontakte zu Mitarbeitern etc. unterbunden und ein auf den ersten Blick zielloses „Herumstöbern“ in Unterlagen verhindert, die nicht Gegenstand des Durchsuchungsbeschlusses sind.

    Es besteht für den Betroffenen einer Durchsuchung keine Pflicht zur Mitwirkung. Dennoch empfiehlt sich stellenweise eine weitere Kooperation. Beispiel: EDV-Passwörter müssen nicht bekannt gegeben werden. Bleibt es dabei, riskiert man die Beschlagnahme der gesamten EDV. Wird das Passwort bekannt gegeben, kann man sich darauf verständigen, dass die einschlägigen Dateien kopiert werden, die EDV aber für den weiteren Geschäftsbetrieb im Unternehmen verbleibt.

    Auch kann die Hilfe bei der Suche nach bestimmten Dokumenten eine durchsuchungsbegrenzende Wirkung zeigen. Im Sicherstellungsprotokoll sollte gleichwohl vermerkt werden, dass der Betroffene nicht mit der Herausgabe einverstanden ist. Der Beschlagnahme sämtlicher Gegenstände sollte widersprochen werden, damit keine unnötigen Rechtsverluste erlitten werden. Der Widerspruch kann immer noch zurück genommen werden. Tatsächliche durchsuchungsbegrenzende Kooperation und rechtlicher Widerspruch schließen sich nicht aus.

    3.

    Den Informationsfluss kontrollieren:

    Das wichtigste Ziel des von der Durchsuchung Betroffenen ist es, den Informationsfluss zu kontrollieren. Wenn die Durchsuchung schon nicht verhindert werden kann, darf nachher wenigstens kein Zweifel bestehen, welche Informationen die Ermittlungsbehörden erlangt haben.

    Beschlagnahmte Unterlagen kopieren

    Alle sichergestellten oder beschlagnahmten Dokumente müssen exakt erfasst werden und bei Bedarf kopiert werden. Dies darf von den Ermittlungsbehörden nicht willkürlich verboten werden. Sie sind überdies verpflichtet, ein peinlich genaues Sicherstellungsprotokoll zu erstellen, das eine Identifizierung der mitgenommenen Unterlagen verwechslungsfrei ermöglicht. Widersprüche sind zu dokumentieren. Notfalls müssen Dokumente versiegelt werden, bis eine richterliche Entscheidung herbeigeführt wurde.

    Keine Vernehmungen vor Ort

    Die Durchsuchung dient dem Auffinden von Beweismitteln. Sie soll keine Vernehmung vor Ort ermöglichen. Das Hausrecht bleibt insoweit unangetastet. Der Durchsuchungsleiter wird zu ordnungsgemäßen Ladungen und Belehrungen angehalten. Vernehmungen sollten grundsätzlich anwaltlich begleitet werden. Vor Ort äußert sich niemand zur Sache.

    Durchsuchung eigenständig dokumentieren

    Ungeachtet der strengen Dokumentationspflichten der staatlichen Ermittlungsbehörden, ist die Durchsuchung nachzubereiten. Hierzu sind alle Beschuldigten zu erfassen und die Verteidigungsverhältnisse zu ordnen. Sodann ist zu prüfen, ob bei in Rede stehenden Steuerstraftaten noch Zeit und Anlass für eine Selbstanzeige besteht. Bei öffentlichkeitswirksamen Durchsuchungen ist die Außendarstellung gegenüber Presse, Kunden, Lieferanten etc. zu überprüfen und anzupassen. Schließlich muss entschieden werden, ob gegen die Durchsuchung Rechtsbehelfe eingelegt werden sollen.

     

    Checkliste / Rechtmäßigkeit des Durchsuchungsbeschlusses

    Wie prüfe ich die Rechtmäßigkeit eines richterlichen Durchsuchungsbeschlusses? Hier sind die formellen gesetzlichen Voraussetzungen eines Durchsuchungsbeschlusses zu prüfen.

    • 1. Liegt ein schriftlicher Durchsuchungsbeschluss vor bzw. in welcher Form ergeht die Durchsuchungsanordnung?

    Üblicherweise ergeht der richterliche Beschluss schriftlich und wird ausgehändigt. Beides ist allerdings nicht zwingend. Hat der Richter den Beschluss nur mündlich gegenüber der Staatsanwaltschaft erlassen, und diese die Anordnung an die ausführenden Beamten ebenfalls nur mündlich weitergegeben, sind die Ausführungen des Beamten wörtlich mitzuschreiben bzw. besser noch mittels Tonaufnahme aufzuzeichnen.

    • 2. Welches Gericht hat den Beschluss angeordnet bzw. war der anordnende Richter zuständig und wer hat den Beschluss beantragt?

    Zuständig ist in der Regel der Amtsrichter als Ermittlungsrichter des Gerichts, in dessen Bezirk die antragstellende Staatsanwaltschaft ihren Sitz hat. Der Richter wird nur auf Antrag der Staatsanwaltschaft tätig, die Polizei darf keinen Antrag auf Durchsuchung stellen. Gleiches gilt für die Steuer- und Zollfahndung, die mit ihren Beamten nach § 404 AO den Behörden und Beamten des Polizeidienstes gleichstehen. Dies gilt indes nicht für die Straf- und Bußgeldsachenstelle der Finanzbehörde (§ 386 Abs. 1 S. 2 AO, Hauptzoll-, Finanz- oder entsprechende Bundesamt), sofern sie im Steuerstrafverfahren das Ermittlungsverfahren nach § 386 Abs. 2 AO selbstständig durchführt. Sie nimmt nach § 399 Abs. 1 AO die Rechte und Pflichten der Staatsanwaltschaft wahr und ist daher antragsbefugt.

    • 3. Enthält der Beschluss ein Datum bzw. wie lange liegt die Anordnung zurück?

    Die richterliche Anordnung verliert spätestens nach Ablauf eines halben Jahres ihre die Durchsuchung rechtfertigende Wirkung.

    • 4. Spricht der Beschluss den Beschuldigten konkret an?

    Grundsätzlich muss der Beschuldigte so konkret wie möglich aufgeführt werden. Nur ausnahmsweise ist bei Durchsuchungen von Unternehmen ein Beschluss gegen „namentlich nicht bekannte Mitarbeiter und Kunden“ zulässig. Die Rechtsprechung stellt hier keine hohen Anforderungen. Für die Rechtmäßigkeit des Beschlusses kommt es darauf an, ob eine nähere Individualisierung der Personen mit vertretbarem Aufwand möglich gewesen wäre.

    • 5. Wird der Tatvorwurf in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht hinreichend konkretisiert?

    Der Beschluss muss zunächst die Straftat selbst in rechtlicher Hinsicht, deren Verfolgung die Durchsuchung dient, so genau bezeichnen, wie es ohne Gefährdung des Untersuchungszwecks und nach dem Stand der Ermittlungen möglich ist. Dieser Strafbarkeitsvorwurf ist anschließend mit aussagekräftigen Tatsachenangaben zu füllen, die konkret genug sind, um eine Subsumtion unter den aufgeworfenen Straftatbestand zu ermöglichen. Der Betroffene muss wissen, welches Verhalten ihm vorgeworfen wird. Die Tat ist so genau zu bezeichnen, wie es ohne Gefährdung des Untersuchungszwecks und nach dem Stand der Ermittlungen möglich ist.

    • 6. Sind die Durchsuchungsobjekte hinreichend genau umschrieben?

    Die Durchsuchungsobjekte - gegebenenfalls mehrere Räumlichkeiten in einem Beschluss - müssen so konkret aufgezählt und bezeichnet werden, wie es möglich ist, um die Grenzen auch für den die Durchsuchung durchführenden Beamten eindeutig erkennbar zu machen. Bei Wohnungen genügt in der Regel die Nennung der Wohnanschrift, bei Unternehmen die der Firmenanschrift. Bei Unternehmen, die sich mit weiteren Unternehmen Büroräumlichkeiten teilen, muss anhand des Beschlusses eine klare Abgrenzung vor Ort möglich sein. Bei mehreren zu durchsuchenden Niederlassungen eines Unternehmens sind diese genau zu bezeichnen. Insgesamt stellt die Rechtsprechung hier jedoch erneut keine hohen

    Anforderungen. Sofern „andere“, „besondere“ Räumlichkeiten (wie z.B. ein Kfz), die nicht unter den weiten Begriff der Wohnung fallen, durchsucht werden sollen, sind diese ebenfalls genau zu bezeichnen, wobei eine Verwendung salvatorischer Klauseln („und anderer Räume“) hier nicht ausreicht.

    • 7. Sind der Durchsuchungszweck und die sicherzustellenden Beweismittel angegeben?

    Der Durchsuchungszweck - in der Regel hier Auffinden von Beweismitteln und nicht Ergreifung eines Beschuldigten) - muss ersichtlich werden. Dient die Durchsuchung dem Auffinden von Beweismitteln, stellt deren Konkretisierung eine der wichtigsten Begrenzungen des Durchsuchungsbeschlusses dar. Ist eine genaue Bezeichnung nicht möglich - sodass auch kein einheitlicher Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss ergehen konnte -, sind sie zumindest nach Art- oder Gruppenmerkmalen näher zu bezeichnen. Die Verwendung salvatorischer Klauseln („sämtliche als Beweismittel in Betracht kommenden Gegenstände“) ist erneut unzulässig.

    • 8. Inwiefern muss der Beschluss Ausführungen zur Verhältnismäßigkeit enthalten?

    Der Richter hat in jedem Fall eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass des Beschlusses vorzunehmen. Der Beschluss muss aber nur dann Ausführungen zu ihr enthalten, wenn eine Unverhältnismäßigkeit der Durchsuchung naheliegend erscheint, d.h. z.B. bei geringem Gewicht der rechtlich vorgeworfenen Tat, bei nur schwachen, dem Tatvorwurf zu Grunde liegenden Tatsachenangaben, bei geringer Erfolgswahrscheinlichkeit der Durchsuchung oder bei einer Durchsuchung bei Angehörigen geschützter Berufe.

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