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  • · Rechtsprechung

    Umfassendes Nachbesserungsrecht bei prothetischer Versorgung erneut bestätigt

    Bild: ©rh2010 - stock.adobe.com

    von RAin Dr. Christina Thissen, FA MedR und RA Lucas Augustyn, Voß & Partner, Münster, voss-medizinrecht.de

    | Weil die prothetische Versorgung bei einem Patienten nicht auf Anhieb zufriedenstellend gelang, begab sich der betreffende Patient in Weiterbehandlung bei einem anderen Zahnarzt und verklagte den Ausgangsbehandler auf Schmerzensgeld und Ersatz der Kosten der Weiterbehandlung. In erster Instanz wurde die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht (OLG) Dresden (als zweite Instanz) hielt das erstinstanzliche Urteil und wies die Berufung des Patienten durch einstimmigen Beschluss vom 16.06.2022 ab (Az. 4 U 2562/21). |

     

    Behandlungsfehler nicht nachweisbar

    Zu dem vom Patienten erhobenen Behandlungsfehlervorwurf der unzureichenden Implantatversorgung der Zähne 37 und 47 stellte der gerichtliche Sachverständige in erster Instanz fest, dass die zungenseitigen Höcker der Kronen zu lang ausgeführt worden seien. Die Schichtstärke der Krone sei aber anhand der vorliegenden Modelle retrospektiv nicht mehr beurteilbar, weshalb auch nicht mehr mit Sicherheit hätte angegeben werden können, ob die Kronen noch hätten eingeschliffen werden müssen oder einschleifbar waren, ohne durchgeschliffen zu werden. Auf den Modellen seien keine ernsthaften Abweichungen vom Standard zu erkennen gewesen. Es läge nach der zwischenzeitlich vergangenen Zeit kein hinreichender Beleg für eine ursprüngliche Fehlerhaftigkeit des Zahnersatzes vor. Die vom Sachverständigen geschilderten Unwägbarkeiten gingen wegen der prozessualen Beweislastverteilung zulasten des Patienten.

     

    Gericht betont das Recht auf mehrstufige Nachbesserung

    Das OLG Dresden hob darüber hinaus ‒ unter Verweis auf seine bisherige Rechtsprechung (z. B. OLG Dresden vom 06.12.2016, Az. 4 U 1119/16, online unter Abruf-Nr. 44860378) ‒ hervor, dass die Eingliederung von Zahnersatz ein mehrstufiger Prozess sei, der es erforderlich mache, dass unter Umständen Anpassungsmaßnahmen vorzunehmen seien, an denen der Patient auch mitzuwirken habe. Genau dies habe der Patient vorliegend unterlassen, indem er die weitere Eingliederung nicht durch den Ausgangszahnarzt, sondern einen Dritten habe vornehmen lassen. Beim beklagten Behandler haben nur drei Termine mit jeweils minimalen Politurmaßnahmen stattgefunden. Es sei aufgrund des Sachverständigengutachtens davon auszugehen, dass der Beklagte durch Nachbesserungsarbeiten noch eine ordnungsgemäße Eingliederung der Kronen hätte herstellen können, sodass der Patient ihm hierzu hätte Gelegenheit geben müssen. Ansprüche wegen Behandlungsfehlern schieden entsprechend aus.

     

    Tipp: Lesen Sie zum Thema auch OLG Dresden, Beschluss vom 15.07.2021 (Az. 4 U 284/21) in PA 11/2021, Seite 12.

    Quelle: Ausgabe 10 / 2022 | Seite 13 | ID 48588140