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  • · Fachbeitrag · Mitarbeiterführung

    Veränderung fängt beim eigenen Führungsstil an

    von Marion Ketteler, Münster, www.kanzleiprofiling.de

    | Unumstritten ist, dass der Branche gerade der größte Umbauprozess bevorsteht, den sie je erlebt hat. Das hat erhebliche Auswirkungen auf alle Arbeitsstrukturen und auf die zwischenmenschliche Zusammenarbeit. Die Digitalisierung wird jeden einzelnen Arbeitsplatz inhaltlich und fachlich transformieren. Deswegen lohnt es sich zu überlegen, welche Auswirkungen diese tiefgreifenden Veränderungsprozesse auf die Zusammenarbeit zwischen Beschäftigten und Führung haben werden. Denn Fakt ist: Führung von gestern und Arbeit der Zukunft passen nicht zusammen. |

    Akzeptanz schaffen ‒ Mitarbeiter frühzeitig „abholen“

    Die Frage, die bei allen Kanzleiinhabern und Führungskräften immer wieder auftaucht, ist: Wie akzeptieren meine Beschäftigten die anstehenden Veränderungen? Wie können wir nicht nur Veränderungen in den Arbeitsstrukturen, sondern auch in den Köpfen der Mitarbeiter erreichen? Wie schaffen wir es, dass sich Mitarbeiter den Veränderungen nicht nur ausgeliefert fühlen, sondern sie aktiv mitgestalten? Wie motivieren wir sie, den Weg gemeinsam mit uns zu gehen? Aber auch: Wie gehen wir selbst mit Veränderungen um? Fallen sie uns leicht oder schwer? Was brauchen wir, damit wir uns selbst und unsere Mitarbeiter für die Herausforderungen motivieren können?

     

    Durch eine kleine, knackige Mitarbeiterbefragung, die eher ein Blitzlicht als eine umfängliche Evaluation ist, kommen Sie Antworten auf die Spur. Am Beginn einer Veränderung durchgeführt, ergeben die Antworten Aufschluss über die grundsätzliche Bereitschaft, Veränderungen mitzutragen und anzugehen.

     

    • Vier Leitfragen für eine kleine Mitarbeiterbefragung
    • Wie informiert fühlen Sie sich (jetzt gerade)?
    • Halten Sie die Veränderung(en) für notwendig?
    • Wie hoch ist momentan der Einfluss der Veränderung(en) auf Ihre Arbeit?
    • Wie zufrieden sind Sie mit den eingeleiteten Veränderungen?
     

    Diese Fragen führen zwangsläufig zu einer anderen Art der Führung. Ohne Kooperation und Mitsprache können diese tiefgreifenden Veränderungen nicht bewältigt werden. Auch eine Kanzleileitung weiß nicht zu jeder Zeit die beste Lösung. Ergibt die erste Befragung, dass die Kommunikation nicht ausreichend ist oder dass den Mitarbeitern die Strategie hinter dem Prozess nicht klar ist, werden sie ihn nicht unterstützen, sondern verhindern wollen.

    Akzeptanz schaffen ‒ Mitarbeitern den Sinn vermitteln

    In den allermeisten Fällen ist die Kommunikation an dieser Stelle noch nicht ausreichend oder anfällig für Störungen und Missverständnisse. Das ist in der Regel systembedingt, weil Kanzleiinhaber strategische Überlegungen, die zur Einführung bestimmter Veränderungen führen, nicht mitteilen. Sie sind nicht gewohnt, darüber Auskunft zu geben. Das ist neu und ungewohnt, aber letztlich unerlässlich, damit auf Mitarbeiterebene die Bereitschaft besteht, sich überhaupt auf Veränderungen einzulassen.

     

    Zu Beginn des Veränderungsprozesses ist vielen Führenden nicht bewusst, dass hier Anweisungen alleine nicht weiterbringen. Die Führenden sollten verstehen, dass Menschen viel lieber und besser mitarbeiten, wenn sie einen Sinn in der Aufgabe erkennen können. Ist die Veränderung für sie jedoch nicht mit dem Sinn (der Strategie) verknüpft, empfinden sie sie als Hindernis und in seltenen Fällen sogar als Schikane. Dem werden sie sich zu entziehen versuchen.

     

    PRAXISTIPP | Setzen Sie an dieser Stelle regelmäßige Austauschmeetings an, in denen die Beschäftigten über ihre Erfahrungen berichten können. So können Sie den Fortschritt begleiten und an den Stellen unterstützen oder erklären, wo es nötig ist. Unbedingt erforderlich ist, dass die Mitarbeiter ehrlich sein dürfen und keine Sanktionen befürchten, wenn sie Kritik üben.

     

    Führen Sie diese Blitzlichtbefragung unbedingt sechs Monate später erneut durch. Meistens klappt die Kommunikation nun besser und alle Beteiligten wissen um die Notwendigkeit der Einführung von Veränderungen. Das heißt jedoch nicht, dass diese auch akzeptiert werden. Oft ist die Stimmung im Keller, weil die Veränderungen tiefgreifender sind als gedacht. Die Mitarbeiter wissen, dass sie diese nicht wieder rückgängig machen können, sind aber weit davon entfernt, alle zu akzeptieren. Die zweite Frage können Sie nun durch diese ersetzen: Welche positiven Entwicklungen nehmen Sie wahr? Damit öffnen Sie den Blick der Beschäftigten weg vom Problem und hin zur (positiven) Veränderung.

     

    • Leitfragen für eine Folgebefragung
    • Wie informiert fühlen Sie sich (jetzt gerade)?
    • Welche positiven Entwicklungen nehmen Sie wahr?
    • Wie hoch ist momentan der Einfluss der Veränderung(en) auf Ihre Arbeit?
    • Wie zufrieden sind Sie mit den eingeleiteten Veränderungen?
     

    Akzeptanz schaffen ‒ Offen kommunizieren

    Gehen Sie auch hier in einen offenen Austausch und bleiben Sie in engem Kontakt. Vielleicht ist es auch eine gute Idee, für bestimmte Bereiche Arbeitsgruppen einzuführen, die die Veränderungen begleiten und die mit den Führungskräften im engen Austausch sind. Begleitend dazu sollten sich Führende die Frage stellen, was sie an ihrem eigenen Verhalten ändern können und sollten, damit die Stimmung besser wird und die Veränderungen akzeptiert werden.

     

    PRAXISTIPP | Machen Sie sich zum „Mitmacher“ und sitzen Sie nicht in Ihrem Elfenbeinturm. Sagen Sie in den Austauschrunden, was Ihnen persönlich schwerfällt. Vielleicht auch, was Ihnen vorher besser gefallen hat und Sie nicht ausreichend bedacht haben. Das macht Sie menschlicher. Ihre Mitarbeiter nehmen wahr, dass auch Sie an denselben Hürden scheitern wie sie selbst. Sie können auch eins der Meetings dafür nutzen, um gemeinschaftlich heraus zu finden, wie alle besser mit der Situation zurechtkommen können. Setzen Sie diese Ideen bitte auch um und schauen Sie, was wirkt. Zusätzlich dazu können Sie auch einfach einmal ein gemeinsames Frühstück in der Kanzlei ausrichten, wo ausdrücklich nichts Fachliches besprochen wird. Das hebt die Stimmung und schafft Gemeinschaftsgefühl.

     

    Grundsätzlich ‒ Das eigene Führungsverhalten hinterfragen

    Hinterfragen Sie aber bitte auch immer wieder, wie hoch Ihre eigene Veränderungsbereitschaft ist. Sie können nicht mehr von Ihren Beschäftigten verlangen, was Sie selber nicht zu tun gewillt sind. Kommunizieren Sie mit Ihren Mitarbeitern über diese Einstellung und schieben Sie nicht immer nur Fachliches ins Feld. Gerade die Einstellung jedes einzelnen entscheidet über Erfolg oder Misserfolg aller.

     

    • Leitfragen für die Führungskraft

    Leiten Sie aus den Antworten der Mitarbeiter ab, was diese mit Ihrer eigenen Führung zu tun haben.

     

    • Wo kommuniziere ich gut und ausreichend?
    • In welchen Bereichen ist meinen Mitarbeitern nicht alles klar?
    • Wie kann ich Klarheit schaffen?
    • Wie werde ich als Führungskraft wahrgenommen?
    • Wann und wie werde ich angesprochen?
    • Welche Aufgaben muss ich in der Zukunft selbst übernehmen und an dieser Stelle meine Mitarbeiter entlasten?
    • Welche Aufgaben kann ich vertrauensvoll abgeben?
     

    Ihr Ziel sollte sein, dass Ihre Mitarbeiter verstehen, dass sie alle im selben Boot sitzen und nur Kooperation zwischen allen Hierarchien dazu beitragen kann, dass die Kanzlei in Zukunft gut aufgestellt bleibt. Ist der Veränderungsprozess abgeschlossen, können Sie Ihre Mitarbeiter fragen, was gut und was an welcher Stelle nicht gut gelaufen ist. Fragen Sie, was sich Ihre Mitarbeiter zu welchem Zeitpunkt gewünscht hätten. Welche Unterstützung? Welches Verständnis? Welches Zugeständnis? Mitarbeiter wissen diese Dinge sehr oft ganz genau und wenn Sie an dieser Stelle gut zuhören, können Sie für die Zukunft Ihre Führung viel besser und strukturierter angehen. So können Sie neben den inhaltlichen Veränderungen gleichzeitig Ihre Führung verändern und an die neuen Zeiten anpassen. Ein Gewinn für Sie und Ihre Kanzlei.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Führung fängt beim richtigen Menschenbild an (Pracher-Hilander, KP 18, 216)
    • Führung als Tauschgeschäft oder Führung durch Vertrauen (Pracher-Hilander, KP 19, 20)
    • Motivierte und zufriedene Mitarbeiter sind möglich (Pracher-Hilander, KP 19, 95)
    • Change-Management ‒ Veränderungen beginnen im Kopf (Pracher-Hilander, KP 19, 119)
    Quelle: Ausgabe 05 / 2020 | Seite 90 | ID 46311674

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