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  • · Fachbeitrag · Corona-Krise

    COVID-19-Pandemie ‒ Der Mandant zahlt nicht, und jetzt?

    von RA Hans-Günther Gilgan, Münster, www.gilgan.de

    | Das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht (BGBl I 20, 569 ff., KP, Nachricht vom 27.3.20 ) enthält erhebliche Eingriffe (s. Art. 240 § 1 EGBGB ) in bestehende Vertragsverhältnisse zwischen Steuerberatern und Mandanten. Verbraucher und Kleinstunternehmen dürfen Leistungen zur Erfüllung von Ansprüchen bis zum 30.6.20 verweigern, wenn der Steuerberatungsvertrag bis zum 8.3.20 geschlossen wurde. |

    Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein?

    Das Gesetz begünstigt zwei Gruppen:

     

    • Verbraucher ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugeordnet werden können (§ 13 BGB).
    • Kleinstunternehmen: Darunter werden alle Unternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitern und einem Jahresumsatz oder einer Bilanzsumme von weniger als zwei Millionen EUR verstanden.

     

    Die Leistung muss im Zusammenhang mit einem Dauerschuldverhältnis stehen und der Verbraucher/Kleinstunternehmer kann infolge von Umständen, die auf die COVID-19-Pandemie zurückzuführen sind, die Leistung nicht erbringen oder die Erbringung würde die wirtschaftlichen Grundlagen des Unternehmens gefährden.

    Welche Schuldverhältnisse begünstigt das Gesetz?

    Das Rechtsverhältnis zu einem Steuerberater ist i. d. R. ein auf Dauer angelegtes Vertrauensverhältnis, aus dem Dienste höherer Art geschuldet werden, für die keine feste Vergütung vereinbart wird (= Dauerschuldverhältnis). Wenn statt einer Einzelleistung die Summe der Einzelleistungen im Vordergrund steht, ist das Dauerschuldverhältnis als Dienstvertrag zu qualifizieren. Selbst wenn der Steuerberater bei einer umfassenden Beauftragung bestimmte Einzelarbeiten zu erstellen hat (z.B. Jahresabschluss, Steuererklärung), ändert das die Bewertung des Vertrags nicht, da die Gesamtleistung im Vordergrund steht (z. B. OLG Düsseldorf 20.11.01, 23 U 21/01).

     

    PRAXISTIPP | Für die Praxis bedeutet dies, dass der zu Beginn des Mandatsverhältnisses geschlossene Steuerberatungsvertrag die Pflichten und Rechte der Vertragsparteien allgemein festlegt. Der Steuerberater verpflichtet sich in diesem Zusammenhang entweder zu vertraglich fest bestimmten bzw. nach dem jeweiligen Bedarf des Mandanten bestimmten Leistungen. Mit jeder neuen Leistung konkretisiert sich der Steuerberatungsvertrag als Dauerschuldverhältnis neu, sodass insoweit ein neuer Auftrag zustande kommt.

     

     

    • Abgrenzung: Dauerschuldverhältnis vs. Werkvertrag

    Dauerschuldverhältnis: Mandant und Steuerberater schlossen am 1.2.15 (= Beginn des Dauerschuldverhältnisses) einen Steuerberatungsvertrag zur jährlichen Erstellung der Buchführung, des Jahresabschlusses und der Steuererklärungen. Seit März 2015 überreicht der Mandant monatlich die dafür notwendigen Unterlagen. Damit kommt seit März 2015 ‒ im Rahmen des Dauerschuldverhältnisses ‒ jährlich ein neuer Auftrag über die Erstellung der Buchführung, des Jahresabschlusses und der Steuererklärungen zustande. Dieser Steuerberatungsvertrag fällt unter das neue Gesetz.

     

    Werkvertrag: Der Mandant ist mit der Buchhaltung überfordert und bittet einen Steuerberater am 20.2.20 das Jahr 2019 einmalig nachzubuchen. Er übergibt die Unterlagen am 7.3.20. Dieser Werkvertrag fällt nicht unter das neue Gesetz.

     

    Was heißt das für den Steuerberater?

    Leistungen aus einem Dauerschuldverhältnis kann der Mandant, wenn er denn Verbraucher oder Kleinstunternehmer ist, verweigern, soweit der Steuerberatungsvertrag bis zum 8.3.20 geschlossen wurde. Das bedeutet für Steuerberater, dass der Mandant alle offenen und bis zum 8.3.20 nicht bezahlten Rechnungen bis zum 30.6.20 nicht ausgleichen muss. Da er sich aufgrund des Leistungsverweigerungsrechts nicht in Verzug befindet, schuldet er für diesen Zeitraum auch keine Zinsen. Das gilt nicht für Zinsen, die bis zum 8.3.20 angefallen sind.

     

    Allerdings muss das Leistungsverweigerungsrecht „einredeweise“ geltend gemacht werden, d. h. der Mandant muss sich ausdrücklich hierauf berufen und nachweisen, dass die Zahlung wegen der COVID-19-Pandemie nicht möglich ist oder seine wirtschaftliche Existenz gefährdet. Unklar ist, inwieweit das gelingen wird. Steuerberater sollten es sich gut überlegen, ob sie säumige Mandanten in dem zur Leistungsverweigerung berechtigenden Zeitraum zivilrechtlich auf Zahlung verklagen. Denn wenn der Nachweis des Leistungsverweigerungsrechts gelingen sollte, würde die Klage „als zurzeit unbegründet“ kostenpflichtig abgewiesen.

     

    Für alle nach dem 8.3.20 abgeschlossenen Steuerberatungsverträge gilt das Leistungsverweigerungsrecht jedoch nicht, da der Mandant diesen in Kenntnis der Auswirkungen der Corona-Krise geschlossen hat und deshalb nicht schutzwürdig ist.

     

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    Quelle: Ausgabe 05 / 2020 | Seite 95 | ID 46495868

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