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  • · Fachbeitrag · Rechtsprechungsüberblick

    Haushaltsnahe Dienst- und Handwerkerleistungen: Was ist klärungsbedürftig?

    von Dipl.-Finw. StB Hans Günter Christoffel, Bornheim

    | Die Steueranrechnung für haushaltsnahe Dienst- und Handwerkerleistungen hat sich zum beliebten Steuersparmodell des „kleinen Mannes“ gemausert. Kaum ein Bereich ist streitanfälliger. So gaben sich in den letzten Jahren bei Gericht die Kläger buchstäblich die Klinke in die Hand. Und oft mit Erfolg. Doch die Finanzrechtsprechung ist in vielen Fällen uneinig: Was ist zurzeit klärungsbedürftig, wo stehen noch höchstrichterliche Entscheidungen aus und wo lohnt es sich, für den Mandanten zu kämpfen? Ein kleiner Überblick hilft bei der Entscheidung. |

    1. Erschließungskosten

    Handwerkerleistungen für den Anschluss eines Haushalts an ein öffentliches Versorgungsnetz durch Wasseranschlüsse, Abwasser, Elektrizität, aber auch durch Ausbau der Gemeindestraße sind als für die Haushaltsführung notwendige Leistungen der Daseinsvorsorge vollumfänglich abziehbar. Das heißt, dies gilt auch, soweit sie im öffentlichen Raum vorgenommen werden (FG Nürnberg 24.6.15, 7 K 1356/14; a. A. FG Berlin-Brandenburg 15.4.15, 11 K 11018/15, zum Erschließungsbeitrag für den Ausbau einer bislang unbefestigten Straße).

     

    Beachten Sie | Die Finanzverwaltung wendet das Urteil des FG Nürnberg in vergleichbaren Fällen an (LfSt Bayern, Verfügung vom 20.11.15).

     

    MERKE | Auch Handwerkerleistungen, die jenseits der Grundstücksgrenze z. B. auf öffentlichem Grund erbracht werden, können nach § 35a Abs. 2 S. 2 EStG begünstigt sein. Es muss sich allerdings um Tätigkeiten handeln, die in unmittelbarem räumlichem Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und dem Haushalt dienen. Hiervon ist insbesondere auszugehen, wenn der Haushalt des Steuerpflichtigen an das öffentliche Versorgungsnetz angeschlossen wird.

     

    Beachten Sie | Umstritten ist, ob Erschließungsbeiträge, die Anwohner für die Erneuerung einer Gemeindestraße zahlen müssen, als Handwerkerleistungen angesetzt werden können, wenn die Maßnahme von der öffentlichen Hand erbracht und per Bescheid abgerechnet wird. Das FG Berlin-Brandenburg (25.10.17, 3 K 3130/17, Rev. BFH: VI R 50/17) hat den Steuerabzug für Straßenausbaubeiträge abgelehnt, da ein Zusammenhang zum Haushalt fehle. Das FG Nürnberg erkannte hingegen Erschließungskosten für einen Straßenausbau als Handwerkerleistung an und ließ eine Schätzung der Arbeitskosten aus dem Bescheid der Gemeinde zu (Az.: 7 K 1356/14). Der BFH erlaubt ebenfalls eine Schätzung der Arbeitskosten (Az.: VI R 56/12), hat aber nur zum Wasseranschluss entschieden, sodass die Rechtsfrage zu Straßenausbaubeiträgen noch nicht höchstrichterlich geklärt ist.

     

    Mit einem Musterverfahren beim FG Berlin-Brandenburg will der Bund der Steuerzahler deshalb drei Rechtsfragen klären lassen:

     

    • Sind Erschließungsbeiträge der öffentlichen Hand als Handwerkerleistungen begünstigt?
    • Liegt beim Straßenausbau ein funktional-räumlicher Zusammenhang zum Haushalt vor?
    • Dürfen Arbeitskosten aus einem Bescheid geschätzt werden?

     

    Betroffene Steuerzahler können sich auf dieses Verfahren beziehen, wenn das FA die Kosten für die Straßensanierung nicht anerkennt.

     

    PRAXISTIPP | Anliegerbeiträge zur Erstellung von Gehwegen und von Straßenlaternen können hingegen nicht abgezogen werden. Hier handelt es sich um allgemeine öffentliche Einrichtungen, die unabhängig vom Haushalt des Steuerpflichtigen errichtet werden (FG Rheinland-Pfalz 18.10.17, 1 K 1650/17, Rev. nicht zugelassen).

     

    Beachten Sie | Ist der Steuerpflichtige zur Reinigung der vor seinem Haushalt entlangführenden öffentlichen Straße und des Gehwegs verpflichtet, stellen die Straßenreinigungskosten „haushaltsnahe“ Dienstleistungen dar und berechtigen daher zur Inanspruchnahme der Steuerermäßigung (FG Berlin-Brandenburg 27.7.17, 12 K 12040/17, Rev. BFH: VI R 4/18).

    2. Jüngster Fall: Neuverlegung öffentlicher Mischwasseranlage

    Der von § 35a Abs. 3 S. 1 i. V. m. Abs. 4 S. 1 EStG vorausgesetzte räumlich-funktionale Zusammenhang zum Haushalt des Steuerpflichtigen ist nicht gegeben, wenn für die Neuverlegung einer öffentlichen Mischwasserleitung als Teil des öffentlichen Sammelnetzes ein Baukostenzuschuss erhoben wird (BFH 21.2.18, VI R 18/16).

     

    Anders als ein Haus- oder Grundstücksanschluss ist das öffentliche Wasserverteilungs- oder Sammelnetz nicht mehr zum Haushalt i. S. d. § 35a Abs. 4 S. 1 EStG zu zählen. Insoweit fehlt es an einem räumlich-funktionalen Zusammenhang der Leistung mit dem Haushalt des einzelnen Grundstückseigentümers, da die Zahlung für den Ausbau des allgemeinen Versorgungsnetzes erfolgt, das ‒ im Unterschied zum Hausanschluss ‒ nicht nur einzelnen Grundstückseigentümern, sondern vielmehr allen Nutzern des Versorgungsnetzes zugutekommt.

     

    PRAXISTIPP | Für den Abzug der Kosten kommt es danach allein darauf an, ob es sich um eine das öffentliche Sammelnetz betreffende Maßnahme handelt (kein Abzug der Kosten) oder ob es um den eigentlichen Haus- oder Grundstücksanschluss und damit die Verbindung des öffentlichen Verteilungs- oder Sammelnetzes mit dem Grundstück geht (Abzug möglich).

     

    3. Werkstattleistungen

    Die Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 3 EStG ist grds. nicht für Werkleistungen zu gewähren, die außerhalb des Haushalts in der Werkstatt des Handwerkers erbracht werden.

     

    • Sachverhalt

    Im Streitfall ging es um den Ersatz einer Haustür eines privaten Wohnhauses. Hierfür wurden vom beauftragten Schreinereibetrieb Materialkosten von 1.400 EUR und Werklohn für Herstellung und Montage der Haustür von 3.200 EUR berechnet. Der Steuerpflichtige konnte keinen Nachweis darüber erbringen, welcher Anteil des Werklohns auf die Herstellung der Tür und welcher Anteil auf die Montage entfallen war. Das Finanzamt schätzte die Montagekosten und ließ diesbezüglich die Steuerermäßigung zu.

     

     

    Beachten Sie | Das FG Nürnberg (4.8.17, 4 K 16/17) verlangte im Streitfall eine Aufteilung des Werklohns in Montage- und Werkstattkosten. Die klare Botschaft: Bei fehlender Aufteilung scheidet eine Steuerermäßigung komplett aus.

     

    Die strikte Unterscheidung in „häusliche“ und „außerhäusliche“ Leistungen führt zu dem Ergebnis, dass es allein vom Ort der Leistungserbringung abhängt, ob eine Tätigkeit begünstigt ist oder nicht. Am notwendigen unmittelbaren räumlichen Zusammenhang fehlt es auch dann, wenn Arbeiten in einer nahe gelegenen Werkstatt durchgeführt werden. Das FG Rheinland-Pfalz (6.7.16, 1 K 1252/16) hat dies zum „Bezug von Polstermöbeln“ in der nur 4 km entfernten Werkstatt des Raumausstatters eindrücklich klargestellt. Hier nützt auch die vom Raumausstatter übernommene Transportleistung nichts, weil es sich dabei nur um eine untergeordnete Nebenleistung gehandelt hat.

     

    Diese Grundsätze muss man auch bei Reparaturleistungen an Haushaltsgeräten unbedingt im Blick haben:

     

    Auf die Frage, ob die Reparatur von stationären und mobilen Elektrogeräten, wie z. B. Waschmaschinen, Geschirrspülern, Handys und Fernsehern, als Handwerkerleistungen im Haushalt steuermindernd berücksichtigt werden kann, hat sich der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Michael Meister am 25.7.17 auf Anfrage klar positioniert (BT-Drs. 18/13202). Danach gilt Folgendes:

     

    PRAXISTIPP | Im ersten Schritt wird verlangt, dass es sich um einen Gegenstand handelt, der prinzipiell in der Hausratversicherung mitversichert werden kann. Anschließend wird geprüft, ob die Reparatur im Haushalt des Steuerpflichtigen stattgefunden hat. Wenn also der Reparaturdienst zum Mandant nach Haus kommt und die Waschmaschine dort wieder flottmacht, können die Kosten geltend gemacht werden. Nimmt er die Waschmaschine mit, gibt es keinen Steuerbonus. Bei einem Handy wird es in der Regel so sein, dass das Gerät zur Reparatur eingeschickt wird. Die Steueranrechnung ist dann also nicht möglich.

     

    4. Nähe zum Haushalt auch in anderen Fällen entscheidend

    4.1 Schadensgutachten

    Ist die Abdichtung eines Kellers gegen eindringendes Grund- und Niederschlagswasser infolge von Baumängeln undicht und deswegen der Kellerbereich von Feuchtigkeitsschäden betroffen, handelt es sich bei den Kosten der Suchschachtung grds. um steuerermäßigte Handwerkerleistungen.

     

    Lässt ein Steuerpflichtiger wegen der Regressansprüche gegen den Bauunternehmer ein Gutachten erstellen und hat der beauftragte Bauingenieur die überwiegende Anzahl der abgerechneten Stunden mit der Erstellung des Gutachtens in seinem eigenen Büro verbracht, scheidet eine Berücksichtigung dieser Aufwendungen hingegen aus, da das Gutachten nicht „im Haushalt“ des Steuerpflichtigen erstellt wurde (FG Sachsen 8.11.16, 3 K 218/16).

     

    4.2 Alarmüberwachung

    Auch bei den Kosten für die Anbindung an eine Notrufzentrale ist das Kriterium der räumlichen Nähe entscheidend. Im Streitfall hatte eine Familie einen Vertrag mit einer Sicherheitsfirma abgeschlossen. Gegen Zahlung einer monatlichen Grundgebühr war das Eigenheim mit einer Meldeanlage versehen worden. Diese war mit einer Notrufzentrale verbunden.

     

    Das FG Berlin-Brandenburg (13.9.17, 7 K 7128/17, Rev. zugelassen) hat hierzu klargestellt: Pauschale Gebühren für den Anschluss an eine außerhalb des Grundstücks bei einer Sicherheitsfirma untergebrachten Notrufzentrale für den Fall des Einbruchs bzw. Brandes oder Gasaustritts sind nicht als haushaltsnahe Dienstleistungen begünstigt, wenn sich die Notrufzentrale nicht in der Nähe des Haushalts befindet. Auch hier fehlt es am unmittelbaren räumlichen Zusammenhang des Orts der Leistung zum Haushalt.

     

    Beachten Sie | Das in der Betreuungspauschale enthaltene Entgelt für ein Notrufsystem bei einer Unterbringung im Rahmen des „Betreuten Wohnens“ in einer Seniorenresidenz ist demgegenüber begünstigt (BFH 3.9.15, VI R 18/14, BStBl II 16, 272).

    5. Auch Mieter erhalten den Steuerbonus

    Auch der Mieter einer Wohnung kann die Steuerermäßigung nach § 35a EStG beanspruchen, wenn die von ihm zu zahlenden Nebenkosten Beträge umfassen, die für ein haushaltsnahes Beschäftigungsverhältnis, für haushaltsnahe Dienstleistungen oder für handwerkliche Tätigkeiten geschuldet werden. Der Anteil des Mieters an den vom Vermieter unbar gezahlten Aufwendungen muss dazu entweder aus der Jahresabrechnung hervorgehen oder durch eine Bescheinigung des Vermieters oder seines Verwalters nachgewiesen werden. Das gilt auch für den Fall der unentgeltlichen Überlassung einer Wohnung, wenn der Nutzende die entsprechenden Aufwendungen getragen hat (BMF 9.11.16, IV C 8 - S 2296 - b/07/10003 :008). Verlangt wird allerdings, dass

     

    • die im Kalenderjahr unbar gezahlten Beträge nach den begünstigten haushaltsnahen Beschäftigungsverhältnissen, Dienstleistungen und Handwerkerleistungen jeweils gesondert aufgeführt sind,
    • der Anteil der steuerbegünstigten Kosten ausgewiesen ist (Arbeits- und Fahrtkosten) und
    • der Anteil des jeweiligen Wohnungseigentümers individuell errechnet wurde.

     

    Muster / Kostenanteil des Mieters

    Name und Anschrift des Verwalters/Vermieters: …

    Name und Anschrift des Eigentümers/Mieters: …

     

    Anlage zur Jahresabrechnung für das Jahr/Wirtschaftsjahr …

    Ggf. Datum der Beschlussfassung der Jahresabrechnung …

     

    In der Jahresabrechnung für das nachfolgende Objekt … (Ort, Straße, Hausnummer und ggf. genaue Lage der Wohnung) sind Ausgaben i. S. d. § 35a EStG enthalten, die wie folgt zu verteilen sind:

     

    • a) Aufwendungen für sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen
    • 35a Abs. 2 S. 1 Alternative 1 EStG)

    Bezeichnung

    Gesamtbetrag (in EUR)

    Anteil des Miteigentümers/des Mieters

     

    • b) Aufwendungen für die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen (§ 35a Abs. 2 S. 1 Alternative 2 EStG)

    Bezeichnung

    Gesamtbetrag (in EUR)

    nicht zu berücksichtigende Materialkosten (in EUR)

    Aufwendungen bzw. Arbeitskosten (in EUR)

    Anteil des Miteigentümers/des Mieters

     

    • c) Aufwendungen für Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen (§ 35a Abs. 3 EStG)

    Bezeichnung

    Gesamtbetrag

    (in EUR)

    nicht zu berücksichtigende Materialkosten (in EUR)

    Aufwendungen bzw. Arbeitskosten (in EUR)

    Anteil des Miteigentümers/des Mieters

     

    (Ort und Datum)

    (Unterschrift des Verwalters oder Vermieters)

     

     

     

    PRAXISTIPP | Auch nach Eintritt der Bestandskraft können Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen für eine von dem Steuerpflichtigen angemietete Wohnung gemäß § 35a EStG geltend gemacht werden, wenn der Steuerpflichtige von diesen Aufwendungen aufgrund der Betriebskostenabrechnung der Verwaltergesellschaft erst nach Durchführung der Veranlagung dem Grunde und der Höhe nach Kenntnis erlangt.

     
    Quelle: Ausgabe 09 / 2018 | Seite 312 | ID 45460580

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