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  • · Fachbeitrag · Reform der Inkassodienstleistungen

    Gläubiger, Verbraucher, Rechtsanwälte und Inkassodienstleister sind nachteilig betroffen

    von VRiOLG Frank-Michael Goebel

    | Im Jahr 2008 hat der Gesetzgeber das Rechtsberatungsrecht einer größeren Reform unterzogen, um im Jahre 2013 aus seiner Sicht bestehende Missstände bei den Inkassodienstleistungen mit dem „Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken“ zu beseitigen. Jetzt will der Gesetzgeber insbesondere bei den Inkassokosten noch einmal nachsteuern. Das BMJV hat am 4.9.19 einen Referentenentwurf vorgelegt. Wegen der großen wirtschaftlichen Bedeutung für Gläubiger, ihre Dienstleister und den Schuldner berichten wir schon jetzt über das Vorhaben, das bereits Mitte des nächsten Jahres umgesetzt sein soll. Der folgende Beitrag fasst das Wichtigste zusammen. |

    1. Vorbemerkungen

    Rechtsdienstleistung ist nach § 2 Abs. 1 RDG jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert. Als Rechtsdienstleistung gilt nach § 2 Abs. 2 RDG aber auch die Inkassodienstleistung. Sie liegt bei der Einziehung fremder oder zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretener Forderungen vor, wenn die Forderungseinziehung als eigenständiges Geschäft betrieben wird. Inkassodienstleistungen werden dementsprechend sowohl von Rechtsanwälten als auch von Inkassodienstleistern erbracht.

     

    Der Gesetzgeber spricht verschiedene Themenbereiche in dem Referentenentwurf an, die es allesamt in sich haben. Insoweit wird abzuwarten bleiben, welche Interessengruppen im Gesetzgebungsverfahren hier noch nach Veränderungen suchen. Ungeachtet dessen wird wohl die Systematik nicht mehr in Frage gestellt werden.

    2. Gläubiger sind in der Pflicht

    Offenbar hat der Gesetzgeber bei der Inanspruchnahme von Inkassodienstleistungen nicht nur Rechtsanwälte und Inkassounternehmen als vermeintliche Übeltäter identifiziert, sondern auch den Gläubiger selbst. Dieser verlagere das Liquiditätsrisiko im Hinblick auf die Rechtsverfolgungskosten auf Inkassodienstleister und Rechtsanwälte und lasse im Ergebnis die zahlenden Schuldner auch die Rechtsverfolgungskosten tragen, die die letztlich nicht zahlenden Schuldner verursachten. Das sei nicht hinzunehmen. Dass statt- dessen die Gesamtheit der Verbraucher die Kosten tragen muss, wird ausgeblendet. Der Gesetzgeber denkt hier nicht in Alternativen.

     

    Auch machten die Gläubiger dem Schuldner nicht hinreichend deutlich, dass er die Rechtsverfolgungskosten tragen müsse.

     

    Diese Sichtweise des Gesetzgebers soll ganz praktische Folgen haben:

     

    • Soweit die Vergütung für Inkassodienstleistungen verringert wird, geht der Gesetzgeber davon aus, dass die wirtschaftliche Wirkung für Inkasso-dienstleister und Rechtsanwälte geringer sein wird, weil die Gläubiger sich künftig an den Rechtsverfolgungskosten umfänglich beteiligen.
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    • Hieraus spricht eine gewisse Naivität des Gesetzgebers. Gläubiger werden die Kosten auf die Verbraucherpreise aufschlagen, soweit dies möglich ist, ihre Produktivität zulasten von Arbeitsplätzen steigern oder die Rechtsdienstleister in ihren Einkommensmöglichkeiten beschränken, was Arbeitsplätze und insbesondere bei kleineren Unternehmen auch Existenzen kosten wird. Hat der Gesetzgeber die Differenziertheit des Marktes gesehen?

     

    • Gläubiger müssen künftig vor oder mit der verzugsbegründenden Mahnung darauf hinweisen, dass mit der Abgabe an einen Rechtsdienstleister weitere Rechtsverfolgungskosten entstehen, die der Schuldner tragen muss. Fehlt es hieran, sind die Kosten nicht erstattungsfähig. Dabei soll es Anforderungen an die Gestaltung des Hinweises geben.

     

    Die Ausführungen des Gesetzgebers blenden wesentliche Aspekte aus:

     

    • Gläubiger ergreifen regelmäßig umfangreiche Maßnahmen, um den Schuldner vor der Abgabe an einen Rechtsdienstleister zur Zahlung anzuhalten. Die Übergabe von Forderungen liegt im Inkasso weit jenseits der 100 Tage nach Fälligkeit.

     

    • Es erscheint schlicht abwegig, dass einem Schuldner nicht bewusst ist, dass die Abgabe der Forderungseinziehung an einen Rechtsdienstleister weitere Kosten verursacht. Hier werden „Ausreden“ unterstützt, statt Ursachen (Zahlungsmoral) zu bekämpfen.

    3. Gleichstellung der Rechtsdienstleister

    Eine insbesondere für Inkassodienstleister erfreuliche Nachricht ist die konsequente Fortsetzung der ‒ ohnehin verfassungsrechtlich geforderten ‒ Gleichstellung des Inkassodienstleisters mit den Rechtsanwälten bei der Erbringung von Inkassodienstleistungen. Das ist schon bei der Streichung der Ermächtigung zum Erlass einer Inkassovergütungsverordnung nach § 4 Abs. 5 S. 2 RDGEG a.F. angeklungen (BT-Drucksache 18/9521, S. 217).

     

    Die Gleichstellung hat ganz praktische Auswirkungen. Der Gesetzgeber bestätigt drei Grundsätze:

     

    • Neben den prozessrechtlichen Kostenerstattungsansprüchen, wie §§ 91, 788 ZPO und § 4 Abs. 5 RDGEG, sind auch die materiell-rechtlichen Kostenerstattungsansprüche (wie §§ 280, 286 BGB, §§ 823, 826 BGB usw.) selbstständig zu betrachten.

     

    • Es widerspricht dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz (Art. 3 GG), Inkassodienstleister von der prozessualen Kostenerstattung durch die Begrenzung in § 4 Abs. 4 RDGEG in Höhe von 25 EUR auszuschließen. Deshalb wird § 4 Abs. 4 RDGEG gestrichen und dessen S. 2 auch nicht ins RDG übernommen, wie es für die übrigen erstattungsrechtlichen Vorschriften aus dem RDGEG vorgesehen ist.
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    • MERKE | Im gerichtlichen Mahnverfahren können Inkassounternehmen künftig in gleicher Weise den Erstattungsanspruch des Gläubigers geltend machen, wie ein Rechtsanwalt.

       
    • Alle Regelungen betreffen nicht den Inkassodienstleister oder den Rechtsanwalt, sondern die Inkassodienstleistung als solches wird zum Betrachtungsobjekt, unabhängig von der Frage, welcher Rechtsdienstleister diese erbringt.

    4. Weitere Schwellengebühr bei der Geschäftsgebühr

    Die Geschäftsgebühr beträgt nach Nr. 2300 VV RVG zwischen 0,5 und 2,5 der vollen Gebühr und ist vom Rechtsdienstleister nach den Kriterien des § 14 RVG zu bestimmen. Dabei ist heute die 1,3-Schwellengebühr nach der Anmerkung zu Nr. 2300 VV RVG zu beachten. Sie darf nur überschritten werden, wenn die Sache umfangreich und schwierig ist. Damit bildet die 1,3-Geschäftsgebühr die Regelgebühr für einen durchschnittlichen Fall ab.

     

    Der Gesetzgeber will nun zwischen bestrittenen und unbestrittenen Forderungen differenzieren. Während es für bestrittene Forderungen bei der dargestellten Rechtslage bleiben soll, soll es für unbestrittene Forderungen ‒ der Schuldner hat bis zur Übergabe an den Inkassodienstleister oder Rechtsanwalt keine Reaktion gezeigt ‒ eine zweite Schwellengebühr geben. Sie soll 0,7 betragen. Die 1,3-Geschäftsgebühr soll zugleich die absolute Obergrenze darstellen, auch wenn die 0,7-Schwellengebühr überschritten werden kann; der Rahmen für unbestrittene Forderungen liegt so bei einer 0,5- bis 1,3-Gebühr.

     

    MERKE | Nach der Entwurfsbegründung will der Gesetzgeber nur den Verbraucher vor Inkassokosten schützen. Das lässt sich dem Text aber nicht entnehmen. Die Regelung gilt ihrem Wortlaut nach ‒ wie bisher ‒ gleichermaßen für B2C, wie für B2B.

     

    Die Auffassung des Gesetzgebers, der Aufwand sei mit einem durchschnittlichen Fall in der anwaltlichen Beratung nicht zu vergleichen, hat nur das Masseninkasso im Blick und vernachlässigt ersichtlich die vielen kleinen Inkassodienstleister in den Regionen, die für kleine und mittlere Unternehmen den Forderungseinzug übernehmen. Hier bedarf es keines Bestreitens durch den Schuldner, um eine Rechtsprüfung einzuleiten. Schon die Größe des Auftraggebers, der regelmäßig über keinen Unternehmensjuristen verfügt, macht es erforderlich, die Haupt- und Nebenforderung auf ihre materielle Berechtigung, die Fälligkeit und den Verzug zu prüfen. Das geschieht auch im Interesse des Schuldners.

     

    MERKE | Der Gesetzgeber blendet insoweit aus, dass durch Inkassodienstleistungen eine erhebliche Entlastung der Justiz herbeigeführt wird, weil die Inkassounternehmen schätzungsweise zwischen 5 bis 10 Mio. offene Forderungen im Jahr erledigen, die nicht tituliert und vollstreckt werden müssen und bei denen dem Schuldner die weiteren Kosten erspart bleiben. Grundlage ist dafür weit mehr als nur ein oder zwei Mahnschreiben.

     

    Beklagenswert ist in rechtlicher Hinsicht, dass der Entwurfsverfasser zumindest in der Begründung nicht präzise bleibt. Hier wird nämlich zwischen dem Auftrag und der tatsächlichen Tätigkeit nicht hinreichend differenziert. Für das Entstehen der Vergütung muss stets der Inhalt des Auftrags maßgeblich sein. Ist dieser ‒ aus der ex-ante-Sicht vertretbar ‒ zweckmäßig und erforderlich, kann auch im Erstattungsverhältnis nichts anderes gelten. Maßgeblich ist auch hier der Auftrag. War dieser (auch) auf eine Rechtsprüfung gerichtet, kann also die Schwellengebühr nichts bewirken.

    5. Einigungsgebühr mit neuer Differenzierung

    Bei der Einigungsgebühr wird heute für den Gegenstandswert danach unterschieden, ob es sich um eine reine Zahlungsvereinbarung handelt oder eine umfangreichere Regelung getroffen wird. Im erstgenannten Fall wird der Gegenstandswert nach § 31b RVG auf 20 Prozent der Haupt- oder Gesamtforderung ‒ je nach Einziehungsphase, §§ 23, 25 RVG ‒ beschränkt, was sich aber gerade bei kleineren Forderungen nicht auswirkt. Dann wird nur unterschieden, ob die Einigung außergerichtlich oder während der Anhängigkeit eines gerichtlichen Verfahrens erzielt wird. Im erstgenannten Fall fällt eine 1,5-Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV RVG, im letztgenannten Fall nur eine 1,0-Einigungsgebühr nach Nr. 1000, 1003 VV RVG an.

     

    Der Gesetzgeber will nun einerseits den Gegenstandswert bei reinen Zahlungsvereinbarungen von 20 Prozent der Haupt- bzw. Gesamtforderung auf 50 Prozent anheben, um gleichzeitig den Gebührensatz bei Einigungen, die allein die Erfüllung einer unstreitigen Forderung betreffen, auf 0,7 abzusenken. So soll aus seiner Sicht im Ergebnis die Belastung bei kleinen Forderungen abgesenkt und ein identisches wirtschaftliches Ergebnis bei höheren Forderungen erreicht werden.

     

    Der Referentenentwurf begründet dies zunächst sachfremd mit der Belastung des Schuldners, ohne zu sehen, dass der Umstand, dass es überhaupt der gütlichen Einigung bedarf, auf dessen Pflichtverletzung zurückgeht. Um sein Argument ‒ auch verfassungsrechtlich ‒ zu retten, führt er ‒ ohne Substanz ‒ aus, solche Vereinbarungen machten weniger Mühe. Einen Beleg dafür nennt er nicht. Eine rechtstatsächliche Untersuchung fehlt offensichtlich. Jeder Praktiker weiß ‒ bis in den gerichtlichen Alltag hinein ‒, dass es sehr viel einfacher ist, eine Einigung über rechtliche Ungewissheiten zu erreichen, als bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten, wenn eine der Leistungsfähigkeit entsprechende Rate gefunden werden muss. Auch werden Vergleichsvereinbarungen über rechtliche Ungewissheiten in der Regel sofort erfüllt, während wirtschaftliche Einigungen immer wieder abgebrochen werden und es deshalb vielfacher Erinnerungen und einer intensiven Zahlungsüberwachung bedarf.

    6. Einer für alle

    Verschiedene Gläubiger entscheiden sich aus unterschiedlichen Motiven für einen Wechsel der Rechtsdienstleister, wenn der ursprünglich beauftragte Rechtsdienstleister nicht erfolgreich war. Der Hauptgrund ist, dass nach verschiedenen Untersuchungen dies die Mahnmüdigkeit überwindet, zu einem geänderten Zahlungsverhalten führt und letztlich in Betrachtung der Alternativen für alle (!) Beteiligten kostengünstiger ist. Diese sogenannten Bearbeiterwechsel finden manchmal innerhalb einer Angelegenheit ‒ meist vorgerichtlich ‒, manchmal über zwei Angelegenheiten hinweg ‒ vom vorgerichtlichen Forderungseinzug zum gerichtlichen Mahnverfahren ‒ statt.

     

    Der Gesetzgeber postuliert nun den ‒ aus der Privatautonomie ohnehin zwingend folgenden ‒ Grundsatz, dass es allein dem Gläubiger obliegt, zu entscheiden, wen er wann mit der Erbringung einer Rechts- und/oder Inkassodienstleistung beauftragt. Zugleich ergänzt er diesen Grundsatz aber um die Regel, dass im Erstattungsverhältnis stets nur der Betrag erstattungsfähig ist, der erstattungsfähig gewesen wäre, wenn von Anfang an ein Rechtsanwalt beauftragt worden wäre. Im Kern soll sichergestellt werden, dass trotz der Bearbeiterwechsel die Anrechnungsregeln durchgreifen.

     

    MERKE | Das darf nicht dahin falsch verstanden werden, dass nur die Rechtsanwaltskosten erstattungsfähig sind, sondern dass die Summe von Inkassokosten und Rechtsanwaltsvergütung nur in Höhe der maximalen Rechtsanwaltsvergütung erstattungsfähig sind. Im Erstattungsverhältnis bedarf es insoweit auch keiner Differenzierung. Gleichwohl wäre es wünschenswert, wenn der Gesetzgeber dies klarstellt.

     

    Keine Regel ohne Ausnahme: Wenn der Schuldner die Forderung zunächst unbestritten lässt, dann aber im Inkassoprozess des Inkassodienstleisters, etwa erstmals im gerichtlichen Mahnverfahren, Widerspruch oder Einspruch erhebt, muss er die Mehrkosten tragen, die durch die ausbleibende Anrechnung der Verfahrensgebühr nach Nr. 3305 VV RVG auf die Verfahrensgebühr im streitigen Verfahren nach Nr. 3100 VV RVG entstehen.

    7. Rechtsverfolgungskosten in der Vollstreckung

    Der Referentenentwurf will die bisherige Regelung in § 4 Abs. 4 RDGEG in das RDG übernehmen, wonach die Kosten eines Inkassodienstleisters in der Zwangsvollstreckung nach § 788 ZPO erstattungsfähig sind. Die Selbstverständlichkeit findet also nur einen neuen Regelungsort.

     

    MERKE | Viele Gläubiger sind froh, dass Inkassodienstleister wegen ihrer besonderen Expertise in der Vollstreckung ‒ sie gehört nicht zum Kernbereich anwaltlicher Ausbildung ‒ für die absolut niedrigen 0,3-Verfahrensgebühren nach Nr. 3309, 3310 VV RVG überhaupt tätig werden. Ansonsten stünde das staatliche Gewaltmonopol längst in Frage. Anwälten ist die Zwangsvollstreckung in der Breite eher lästig. Gerade die Informationsbeschaffung ist extrem aufwändig. Das Bemühen um Erkenntnisse zur wirtschaftlichen und persönlichen Situation des Schuldners, um zugriffsfähiges Einkommen und Vermögen als Grundlage einer zielgerichteten Vollstreckungsmaßnahme zu ermitteln, ist sehr personal- und arbeitsintensiv.

     

    Die beabsichtigte materielle Änderung liegt in einem anderen Bereich. Der Gesetzgeber meint, dass der Praxis einiger Rechtsdienstleister ‒ von Anwälten wie von Inkassodienstleistern ‒ ältere titulierte Forderungen nicht im Wege der Zwangsvollstreckung, sondern außergerichtlich in Anwendung von Nr. 2300 VV RVG beizutreiben, die rechtliche Grundlage fehlt. Hier irrt er allerdings und übersieht wesentliche Zusammenhänge in einer Langzeitüberwachung.

    8. Berufsaufsicht: Zentraler und mit mehr Möglichkeiten

    Die Berufsaufsicht wird in verschiedenen Richtungen tangiert.

     

    • Haben die Länder in den letzten Jahren die vielen dezentralen Registrierungsbehörden von über 70 auf 36 reduziert, möchte der Referentenentwurf die Möglichkeit schaffen, eine weitere länderübergreifende Konzentration herbeizuführen. Diese kann dahin gehen, dass bestimmte Einzelaufgaben ‒ etwa die Meldung und Registrierung ausländischer Inkassodienstleister ‒ bundeseinheitlich bei einer Behörde konzentriert werden. Auch können aber verschiedene Bundesländer ‒ insbesondere die kleineren ‒ ihre Aufsichtsbehörden zusammenlegen.
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    • Der Referentenentwurf lässt gegen allgemeine Empfehlungen und Forderungen die Chance ungenutzt, eine Konzentration auf Bundesebene herbeizuführen. Genau dies wäre aber bei einer überschaubaren Branche ‒ etwa 2.000 Inkassodienstleister gegenüber rund 165.100 Rechtsanwälten (Stand: 1.1.19) ‒ notwendig, um tatsächlich die „schwarzen Schafe“ zu lokalisieren, die sich auch Ortswechsel nutzbar machen, den Wettbewerb durch uneinheitliche Verfügungen nicht zu tangieren und die notwendige Fachkompetenz aufzubauen. Es bleibt nur die Hoffnung, dass dies im Gesetzgebungsverfahren noch korrigiert wird oder die Länder eine bundeseinheitliche Konzentration durch eine Verwaltungsvereinbarung herbeiführen.

     

    • War Gegenstand der Berufsaufsicht für Inkassounternehmen bisher nur die Einhaltung der Bestimmungen des RDG (§ 13 Abs. 2 RDG), soll dies nun erheblich erweitert werden. Die zuständige Behörde soll jetzt gegenüber Personen, die Rechtsdienstleistungen erbringen, Maßnahmen treffen, um die Einhaltung des RDG „und der sich aus anderen Gesetzen für die berufliche Tätigkeit der registrierten Personen ergebenden Pflichten sicherzustellen“.
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    • MERKE | Nach der Begründung des Referentenentwurfs (S. 25, S. 45 ff.) sollen die Aufsichtsbehörden damit künftig auch Unterlassungsverfügungen im Hinblick auf §§ 3 bis 7 UWG erlassen können. Es fragt sich, weshalb es dieser Doppelstrukturen kollektiven Rechtsschutzes bedarf. So können Mitbewerber ‒ wie andere Inkassodienstleister oder vor allem Anwälte ‒ ebenso nach dem UWG vorgehen, wie die Verbraucherzentralen. Daneben besteht noch der individuelle Rechtsschutz des einzelnen Schuldners. Der Rechtsschutz wird durch solche Doppelstrukturen nicht verbessert, sondern es besteht die Gefahr, dass „der eine auf den anderen“ wartet und am Ende das Rechtsschutzniveau sogar faktisch sinkt.

       

    9. Wie geht es weiter?

    Zu einem Referentenentwurf finden regelmäßig eine Ressortabstimmung zwischen den Bundesministerien, eine erste Beteiligung der Länder und meist auch eine Anhörung von Interessenverbänden statt. Soweit zu hören, soll dies aber schon im Oktober 2019 abgeschlossen sein. Wie schon 2012/2013 scheint das BMJV der Beratung und Abstimmung nicht viel Raum geben zu wollen ‒ und dies, obwohl schon die Begründung des Referentenentwurfs zeigt, dass nur wenige rechtstatsächlichen Untersuchungen und Erkenntnisse vorliegen. Der Entwurf gäbe hinreichend Gelegenheit, in diesem Sinne die Regelungen zu hinterfragen und tatsächlich zu einer längerfristig tragfähigen Regulierung des Inkassoberufsrechts zu kommen. Stattdessen dokumentiert das BMJV seine Unsicherheit dadurch, dass am Ende der Begründung eine erneute Evaluierung nach wenigen Jahren in Aussicht gestellt wird. Es wäre gut, die notwendigen Erkenntnisse zu sammeln, bevor hier eine so beeinträchtigende und möglicherweise auch Existenzen gefährdende Regelung in die Welt gesetzt wird. Verlässliche Politik sieht anders aus.

     

    Nach diesem ersten Beteilgungsschritt wird der Entwurf ‒ jedenfalls theoretisch ‒ überarbeitet und dem Bundeskabinett sowie der Bundesregierung zugeleitet, um hier einen Beschluss herbeizuführen. So wird aus dem Referentenentwurf ein Gesetzentwurf. Nachdem der Bundesrat hierzu Stellung genommen hat, wird er dem Bundestag zugeleitet. Das parlamentarische Verfahren kann dann eine unterschiedliche Dauer in Anspruch nehmen. FMP wird am Thema bleiben und weiter berichten.

    Quelle: Ausgabe 10 / 2019 | Seite 168 | ID 46120130