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  • · Fachbeitrag · Editorial FK 10/2022

    Rechtspflege zu Pandemiezeiten

    | Liebe Kolleginnen und Kollegen,was früher kaum denkbar war, fasst zunehmend Fuß bei der Gewährung gerichtlichen Rechtsschutzes: Viele Justizverwaltungen haben in Videokonferenztechnik investiert. Immer öfter sind in einem gerichtlichen Verfahren Beteiligte, Prozessbevollmächtigte, Beistände, Zeugen oder Sachverständige über eine Videokamera zugeschaltet. Kürzlich wurde in Hessen gar das erste E-Examen als Probe für die zweite juristische Staatsprüfung abgehalten. |

     

    Im Hinblick auf einen effektiven Infektionsschutz, auch auf Zeitersparnis und Nachhaltigkeit, ist diese Entwicklung zu begrüßen. Politisch ist ebenfalls eine Ausweitung der Verfahrensordnungen, z. B. § 128a ZPO, gewünscht. Der Bundesjustizminister hat sich in diesem Zusammenhang wohlwollend geäußert.

     

    Höchstrichterlich hat sich jüngst das BVerfG mit dem Einsatz von Telekommunikation bezüglich einer telefonischen Anhörung in einem Sorgerechtsverfahren auseinandergesetzt. In dem Nichtannahmebeschluss vom 7.2.22, 1 BvR 1655/21 i. d. F. des Berichtigungsbeschlusses der Kammer vom 14.3.22 (OLG Stuttgart, AG Böblingen) wurde die telefonische Anhörung eines betroffenen 15-jährigen Jugendlichen bei der Frage der Entziehung der elterlichen Sorge als zulässig erachtet. Es liege kein Verstoß gegen das Elterngrundrecht der Mutter aus Art. 6 Abs. 2 GG vor. Zwar entspräche ein Telefongespräch nicht den Voraussetzungen der „persönlichen Anhörung“ i. S. v. § 159 FamFG, da insoweit keine visuelle und akustische Wahrnehmung erfolge. Allerdings ginge nicht mit jedem Verstoß gegen einfaches Recht auch stets eine Verletzung von Verfassungsrecht einher.