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  • 24.02.2011 | Versorgungsausgleich

    Die Härteklausel als Haftungsfalle für Anwälte

    von VRiOLG Hartmut Wick, Celle

    1. Zur Schadenersatzpflicht eines Rechtsanwalts im Versorgungsausgleichsverfahren, wenn zum Ausschluss des Versorgungsausgleichs gemäß der Härteklausel des § 1587c Nr. 1 BGB a.F. nichts vorgetragen und auch auf die Möglichkeit zum Abschluss einer Verzichtsvereinbarung nicht hingewiesen wird.  
    2. Auch in den vom Untersuchungsgrundsatz beherrschten Verfahren, die unabhängig vom Vortrag und einem Sachantrag eines Beteiligten geführt werden, hat der Rechtsanwalt dafür Sorge zu tragen, dass die zugunsten des Mandanten sprechenden rechtlichen Gesichtspunkte möglichst umfassend berücksichtigt werden, um den Mandanten vor einer Fehlentscheidung zu bewahren.  
    (BGH 7.10.10, IX ZR 191/09, FamRZ 10, 2067, Abruf-Nr. 110416)

     

    Sachverhalt

    Die Klägerin wurde im Scheidungsverfahren von den beklagten Anwälten vertreten. Sie wurde nach kinderloser Ehe, in der beide Ehegatten berufstätig gewesen waren, durch Urteil vom 7.6.06 von ihrem 17 Jahre jüngeren Ehemann geschieden. Zu diesem Zeitpunkt stand die Klägerin zweieinhalb Jahre vor dem Eintritt ins Rentenalter. Zu ihren Lasten wurde (nach altem Recht) ein Versorgungsausgleich (VA) durchgeführt. Ihre Ausgleichspflicht ergab sich daraus, dass sie im ersten Teil der von Mai 96 bis September 05 dauernden Ehezeit über ein höheres Erwerbseinkommen als ihr Ehemann verfügte. Nach der Trennung im Mai 99 erzielten beide Eheleute ungefähr gleich hohe versicherungspflichtige Einkommen. Die Klägerin verlangte die Feststellung, dass die Beklagten ihr zum Ersatz des Rentenschadens verpflichtet seien, der ihr durch die Durchführung des VA entstanden sei. Das Berufungsgericht (LG Mainz) hat der Klage stattgegeben. Die Revision der Beklagten führte zur Aufhebung und Zurückverweisung an das LG.  

     

    Entscheidungsgründe

    Die Beklagten würden der Klägerin wegen fehlerhafter anwaltlicher Beratung auf Schadenersatz haften, wenn der VA im familiengerichtlichen Verfahren hätte ausgeschlossen werden müssen. Einer Pflichtverletzung stünde nicht entgegen, dass der Ausschluss des VA nach § 1587c BGB a.F. durch das Familiengericht von Amts wegen zu berücksichtigen war. Die Pflichten des Anwalts setzen nicht erst dort ein, wo die Entscheidung des Gerichts von dem Vorbringen und den Anträgen der Beteiligten abhängig ist. Der Anwalt muss vielmehr auch in amtswegigen Verfahren alle Gesichtspunkte vortragen, die geeignet sind, seinen Mandanten vor einer Fehlentscheidung zu bewahren.  

     

    Nach den bisherigen Feststellungen des LG lagen die Voraussetzungen für einen Ausschluss des VA jedoch nicht vor. Eine unbillige Härte i.S. des § 1587c Nr. 1 BGB a.F. ist nur gegeben, wenn der Zweck des VA, eine dauerhaft gleichmäßige Teilhabe beider Ehegatten an den in der Ehezeit insgesamt erworbenen Versorgungsanrechten zu gewährleisten, unter den besonderen Gegebenheiten des konkreten Falls verfehlt würde. Zwar kann ein außergewöhnlich langes Getrenntleben der Eheleute einen (Teil-) Ausschluss des VA in Bezug auf die Trennungszeit rechtfertigen. Hier hat sich die Ausgleichspflicht der Ehefrau aber gerade aus dem unterschiedlich hohen Einkommen beider Ehegatten während des Bestehens der ehelichen Gemeinschaft ergeben. Nach der Trennung haben die Eheleute annähernd gleich viel verdient, sodass sich die lange Trennungszeit nicht auf die Höhe des VA ausgewirkt hat.