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  • 24.02.2011 | FamFG

    Folgen des Rechtsirrtums eines Anwalts über das nach dem FGG-RG anwendbare Recht

    von VRiOLG Dr. Jürgen Soyka, Düsseldorf

    1. Verfahren im Sinne des Art. 111 Abs. 1 S. 1 FGG-RG ist nicht nur das Verfahren bis zum Abschluss einer Instanz, sondern bei Einlegung eines Rechtsmittels auch die mehrere Instanzen umfassende gerichtliche Tätigkeit in einer Sache (im Anschluss an BGH FamRZ 10, 639 sowie Senatsurteil vom 25.11.09, FamRZ 10, 192).  
    2. Auch bei einer in zulässiger Weise erhobenen Widerklage richtet sich das nach Art. 111 Abs. 1 FGG-RG anwendbare Verfahrensrecht einheitlich nach dem durch die Klage eingeleiteten Verfahren.  
    3. Der Rechtsirrtum eines Rechtsanwalts über das nach dem FGG-RG in Übergangsfällen anwendbare Verfahrensrecht ist jedenfalls dann nicht unverschuldet, wenn er entgegen einer von der Mehrheit in Literatur und einer ersten veröffentlichten Entscheidung eines Oberlandesgerichts vertretenen Rechtsansicht von der Anwendbarkeit des neuen Rechts ausgeht.  
    (BGH 3.11.10, XII ZB 197/10, FamRZ 11, 100, Abruf-Nr. 104160)

     

    Sachverhalt

    Die Parteien sind getrennt lebende Eheleute. Der Kläger hat Klage auf Abänderung (Herabsetzung) von Jugendamtsurkunden erhoben. Die Beklagte hat als Prozessstandschafterin der Kinder Widerklage auf Erhöhung des Kindesunterhalts nach dem 1.9.09 erhoben. Das AG hat durch das dem Kläger am 19.10.09 zugestellte Urteil die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Dagegen hat der Kläger „Beschwerde“ beim AG eingelegt. Das Rechtsmittel ist am 19.11.09 beim AG per Fax eingegangen und von diesem durch Verfügung vom 20.11.09 an das OLG zuständigkeitshalber weitergeleitet worden. Dort ist es am 24.11.09 eingegangen. Mit Verfügung vom 1.12.09 hat das OLG die Anwältin des Klägers auf die Statthaftigkeit der Berufung statt der Beschwerde und die Versäumung der Berufungsfrist hingewiesen. Die auf Hinweis zunächst gewährte Stellungnahmefrist hat es später bis zum 30.12.09 verlängert. Das OLG hat das als Berufung umgedeutete Rechtsmittel des Klägers als unzulässig verworfen und eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgelehnt. Die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde blieb ohne Erfolg.  

     

    Entscheidungsgründe

    Ein Verfahren im Sinne des Art. 111 Abs. 1 S. 1 FGG-RG ist nicht nur das Verfahren bis zum Abschluss einer Instanz. Vielmehr werden auch die Rechtsmittelinstanzen umfasst.  

     

    Daran ändert auch die nach dem 1.9.09 rechtshängig gewordene Widerklage nichts. Diese ändert an der Rechtsnatur des bereits durch die Klage eingeleiteten Verfahrens nichts. Daher ist die Berufung nicht rechtzeitig beim OLG eingelegt worden.