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  • · Fachbeitrag · Tipps und Tricks

    Die GOÄ-Abrechnung der Wundversorgung und Fremdkörperentfernung

    von Jasmin Kropp, Erstattungsservice BFS health finance GmbH, Dortmund

    | Der Gesetzgeber differenziert bei der Abrechnung der Wundversorgung nach GOÄ die verschiedenen Wundarten und -ursachen. Wunden im Sinne der Ziffern 2000 bis 2006 GOÄ sind ausschließlich solche, die aufgrund mechanischer Gewalt (Stoß, Hieb, Stich, Schnitt, Quetschung, Schürfung oder Schuss), durch thermische Einwirkung (beispielsweise durch Hitze oder Kälte) oder aufgrund elektrischer Einwirkungen oder ionisierender Strahlen entstanden sind. Für die klassische Wundversorgung nach den Ziffern 2000 bis 2015 GOÄ finden Sie nachfolgend Abrechnungstipps für eine professionelle Privatliquidation bei der Wundversorgung. |

    Tipp 1: Ausführliche Dokumentation

    Die Dokumentation ist erster Ansatzpunkt für Ihre Abrechnung und zudem eine vom Gesetzgeber vorgegebene Pflicht (siehe § 10 [Muster-]Berufsordnung-Ärzte). Im Bereich der Wunderversorgung ist eine klare und eindeutige Dokumentation, die nicht mit großem zeitlichen Aufwand verbunden ist, empfehlenswert, um eine zutreffende privatärztliche Rechnung zu erstellen.

     

    • Beispiel

    Sie versorgen eine kleine, stark verunreinigte Wunde und dokumentieren die Erstversorgung dieser Wunde. Dass diese Wunde verunreinigt ist, dokumentieren Sie leider nicht. Die Tatsache, dass Sie die Leistung zwar erbracht, aber nur unvollständig dokumentiert haben, führt dazu, dass Sie lediglich die Ziffer 2000 GOÄ „Erstversorgung einer kleinen Wunde“ mit einem Betrag von 9,38 Euro (Faktor 2,3) in Rechnung stellen können. Die zutreffende Dokumentation der erbrachten Leistung mit dem Stichwort, dass es sich um eine verunreinigte Wunde handelt, hätte in diesem Fall jedoch den Ansatz der Ziffer 2003 GOÄ gerechtfertigt (17,43 Euro bei Faktor 2,3). Hier besteht eine Differenz von 8,05 Euro!

     

    Zusatztipp 1: Dokumentieren Sie die Anzahl der versorgten Wunden

    Sollte es sich um unterschiedliche Wunden handeln, so können die entsprechenden GOÄ-Ziffern nebeneinander abgerechnet werden. Die Art sowie die betroffenen Bereiche der Wunde sollten unbedingt sowohl in der Patientenakte als auch in der Rechnung vermerkt werden.

     

    Zusatztipp 2: Dokumentieren Sie die Größe der Wunde

    Die zusätzliche Größenangabe der Wunde ist von besonderer Bedeutung. Die Ziffern 2000 bis 2005 GOÄ differenzieren nach kleinen und großen Wunden. Nur bei der Ziffer 2006 GOÄ ist die Größe der Wunde hingegen nicht relevant.

     

    Der Gesetzgeber hat die Größenordnungen, also die Definition, wann es sich um eine „kleine“ oder „große“ Wunde handelt, nicht in den Gesetzestext aufgenommen. Die Differenzierung der Wundgröße leitet sich daher unter anderem aus Ziffer I Nr. 4.3.7 Absatz 1 der Allgemeinen Bestimmungen des EBM ab, dort heißt es:

     

    • „Die Verwendung der Begriffe klein/groß, kleinflächig/großflächig, lokal/radikal und ausgedehnt bei operativen Eingriffen entspricht den Definitionen nach dem vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information herausgegebenen Schlüssel für Operationen und sonstige Prozeduren gemäß § 295 Abs. 1 Satz 4 SGB V: Länge: kleiner/größer 3 cm, Fläche: kleiner/größer 4 cm², lokal: bis 4 cm² oder bis zu 1 cm³, radikal und ausgedehnt: größer 4 cm² oder größer 1 cm³. Nicht anzuwenden ist der Begriff „klein“ bei Eingriffen am Kopf und an den Händen.“ (Stand: Januar 2013)

     

    • EBM-Definition gilt auch für die GOÄ
    Wundausdehnung
    Klein
    Groß

    Länge

    < 3 cm

    > 3 cm

    Fläche

    < 4 cm²

    > 4 cm²

    Volumen

    < 1 cm³

    > 1 cm³

     

     

    BEACHTEN SIE |  Wunden am Kopf, sichtbarem Hals oder Händen und bei Kindern bis einschließlich fünf Jahre sind immer als groß anzusehen.

     

    Tipp 2: Wundversorgung und Weiterbehandlung

    Die folgenden Tipps beziehen sich auf die Versorgung verunreinigter und zu nähender Wunden sowie auf die Weiterbehandlung:

     

    • Ist die Wunde stark verunreinigt?Eine Wunde kann klein, aber stark verunreinigt sein. In diesem Fall wird die kleine Wunde, die eine Verunreinigung aufweist, in ihrer Bewertung der großen Wunde gleichgestellt, so dass die Ziffer 2003 bzw. 2005 GOÄ in Ansatz gebracht werden kann. Eine Höherbewertung ist bei Vorliegen einer großen Wunde, die stark verunreinigt ist, nach der GOÄ allerdings nicht vorgesehen.

     

    • Ist eine Nahtversorgung notwendig? Für die Versorgung einer kleinen Wunde, einschließlich Umschneidung und Naht, kann die Ziffer 2002 GOÄ angesetzt werden. Findet die Erstversorgung einer großen Wunde statt, bei der zusätzlich eine Nahtversorgung erfolgt, wird diese Leistung über die Ziffer 2004 GOÄ abgebildet. Die Versorgung einer großen und/oder stark verunreinigten Wunde, einschließlich Umschneidung und Naht, wird mit der Ziffer 2005 GOÄ berechnet.

     

    • Ist eine Weiterbehandlung der Wunde erforderlich? Muss die Wunde weiter behandelt werden, so kann die Ziffer 2006 GOÄ (Behandlung einer Wunde, die nicht primär heilt oder Entzündungserscheinungen oder Eiterungen aufweist - auch Abtragung von Nekrosen an einer Wunde) zusätzlich in Ansatz gebracht werden. Daneben können Sie Verbände (zum Beispiel Ziffer 200 GOÄ) abrechnen. Sollten spezielle Verbände zum eigentlichen Wundverband erforderlich sein, können Sie diese ebenfalls ansetzen (kl. Schienung [Ziffer 210 GOÄ], Kompressionsverband [Ziffer 204] etc.).

    Tipp 3: Fremdkörperentfernung

    Abschließend drei Hinweise zur Entfernung von Fremdkörpern, Klammern und Antibiotikaketten:

     

    • Musste ein Fremdkörper entfernt werden? Bei der Fremdkörperentfernung ist zu differenzieren: Das problemlose Entfernen von Zecken, Insektenstacheln etc. kann analog mit der Ziffer 2007 GOÄ berechnet werden, soweit die Entfernung mit einer Pinzette erfolgte. Wird ein Fremdkörper unter einem Fingernagel mit einer Splitterpinzette entfernt, so kann dies mit der Ziffer 2009 GOÄ (Entfernung eines unter der Oberfläche der Haut oder der Schleimhaut gelegenen fühlbaren Fremdkörpers) abgerechnet werden. Werden mehrere Fremdkörper entfernt, die an unterschiedlichen Stellen liegen, ist ein mehrfacher Ansatz der Ziffer 2009 GOÄ gerechtfertigt. Sollte die Entfernung eine Versorgung durch eine Naht und/oder Verband nach sich ziehen, so können diese zeitaufwendigen Versorgungen über den Faktor ausgeglichen werden.

     

    • Sind Fäden gezogen worden oder wurden Klammern entfernt? Für das Entfernen von Fäden oder Klammern ist je Wunde die Ziffer 2007 GOÄ einmalig berechnungsfähig. Die Körperregionen sollten in der Liquidation und Dokumentation namentlich benannt sowie vermerkt werden. Der Arbeitsaufwand ist über die Faktorsteigerung auffangbar.
      • Beispiel

      Fäden-/ Klammerentfernung am Oberschenkel (1 x Ziffer 2007 GOÄ) und am Unterschenkel (1 x Ziffer 2007 GOÄ).

       
    • Sind Antibiotikaketten entfernt worden? Die Entfernung von Antibiotikaketten ist mit der Ziffer 2007 GOÄ analog zu vergüten.

     

    FAZIT |  Eine ausführliche Dokumentation ist die Grundlage für die Privatliquidation. Gerade im Bereich der Wundversorgung ist aufgrund der Differenzierung nach Art und Ursache der Wunde eine eindeutige Dokumentation empfehlenswert. Es gilt der Grundsatz: „Was nicht dokumentiert ist, wurde nicht erbracht“!

     

    Weiterführende Hinweise

    • Praxisbeispiele: Exakte Leistungsdokumentation ist für die Privatliquidation unerlässlich (AAA 02/2013, Seite 13)
    • Vorsicht bei der Abrechnung von Verbandsmaterial über Sprechstundenbedarf 
(AAA 03/2012, Seite 8)
    Quelle: Ausgabe 05 / 2013 | Seite 10 | ID 37075360