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12.06.2012

Finanzgericht Berlin-Brandenburg: Urteil vom 22.06.2011 – 14 K 14243/10

Beginnt die Wehrdienstzeit eines Kindes und damit die Besoldung als Soldat am Monatsersten, scheidet ein Kindergeldanspruch für diesen Monat aus. Das gilt auch dann, wenn der Einberufungsbefehl aufgrund der Osterfeiertage ein späteres Datum im Monat benennt. Denn für die Frage des Kindergeldanspruches ist nicht der Zeitpunkt maßgeblich, ab dem ein Kind nach § 1 Abs. 1 S. 1 SG aufgrund des Wehrdienstverhältnisses Soldat ist. Bestimmend ist vielmehr der Zeitpunkt, ab dem die Bundeswehr die Dienstzeit eines Kindes bemisst, weil dies der Zeitpunkt ist, ab dem das Kind als Soldat besoldet wird. Diese Auslegung ist deshalb gerechtfertigt, weil Hintergrund des Ausschlusses von Wehrdienstleistenden aus dem Katalog der Berücksichtigungstatbestände des § 32 Abs. 4 S. 1 EStG der Umstand ist, dass sie eine einheitliche und umfängliche Besoldung erhalten.


IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit

hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg – 14. Senat – aufgrund mündlicher Verhandlung vom 22. Juni 2011 durch den Richter am Finanzgericht … als Vorsitzenden, den Richter am Finanzgericht … den Richter am Finanzgericht … sowie die ehrenamtlichen Richter … und …

für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten wegen Kindergeld für April 2010.

Der Kläger hat einen am 08. Dezember 1990 geborenen Sohn – Herrn A., für den er Kindergeld bezog. Anfang des Jahres 2010 musste Herr A. seine Schulausbildung am Oberstufenzentrum X. in L. wegen Nichtbestehens der Probezeit abbrechen. Er meldete sich zur Musterung und wurde ausweislich der in der Kindergeldakte enthaltenen Bescheinigung des Kreiswehrersatzamtes L. vom 25. März 2010 mit Wirkung ab 01. April 2010 zur Ableistung seines neunmonatigen Grundwehrdienstes einberufen und erhielt ausweislich der Wehrsoldabrechnung für April 2010 auch für den vollständigen Monat April 2010 Sold.

Die Beklagte hob mit Bescheid vom 18. Mai 2010 die Kindergeldfestsetzung ab April 2010 auf und forderte den in Höhe von 184 Euro für April bereits gezahlten Betrag vom Kläger zurück.

Hiergegen wehrte sich der Kläger fristgerecht mit Einspruch.

Sein Sohn habe den Wehrdienst ausweislich des Einberufungsbefehls und aufgrund der Osterfeiertage erst am 06. April 2010 um 14 Uhr begonnen, weshalb ihm für April 2010 noch Kindergeld zustehe. Denn es reiche aus, wenn an einem Tag des Monats die Anspruchsvoraussetzungen vorlägen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 21. Juni 2010 wies die Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.

Der Wehrdienst beginne immer am Ersten eines Monats, selbst wenn er aufgrund von Feiertagen tatsächlich erst einige Tage später angetreten werde.

Hiergegen wehrt sich der Kläger fristgemäß mit seiner Klage.

Der Beginn des Wehrdienstes ergebe sich nicht allgemein aus dem Gesetz, sondern individuell aus dem Einberufungsbefehl. So regele es § 21 Wehrpflichtgesetz – WPflG –. Einberufen habe die Bundeswehr seinen Sohn indes erst zum 06. April 2010. Die Beklagte könne die Dienstzeit seines Sohnes nicht willkürlich verändern.

Der Kläger beantragt,

die Aufhebung des Bescheides vom 18. Mai 2010 und der Einspruchsentscheidung vom 21. Juni 2010 soweit darin Kindergeld für April 2010 versagt und zurückgefordert wird.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält an ihrer Einspruchsentscheidung fest.

Der Berichterstatter hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 25. Oktober 2010 abgewiesen.

Der Kläger hat fristgerecht eine mündliche Verhandlung beantragt.

Dem Gericht hat bei seiner Entscheidungsfindung die den Streitfall betreffende Kindergeldakte vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet, denn der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –).

Die Familienkasse hat in dem angefochtenen Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid zutreffend entschieden, dass für das Kind des Klägers Herrn A. während der Zeit des Wehrdienstes kein Kindergeldanspruch besteht.

Denn Kinder, die ihren Wehrdienst leisten, fallen nicht in den Katalog des § 32 Abs. 4 Satz 1 Einkommensteuergesetz – EStG –, der die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Kindergeld normiert (siehe auch zutreffend BFH, Beschluss vom 28. Januar 2009 III B 183/08, BFH/NV 2009, 911).

Zwar besteht in Fällen, in denen die Wehrdienstzeit eines Kindes nicht am Monatsersten beginnt – vorbehaltlich der weiteren gesetzlichen Voraussetzungen – ein Kindergeldanspruch für den gesamten Monat des Dienstantritts. Denn für den Kindergeldanspruch reicht es aus, wenn die Anspruchsvoraussetzungen nur an einem einzigen Tag des Monats vorliegen (Monatsprinzip, vgl. Loschelder in Schmidt, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, 30. Auflage 2011, § 32 EStG Rz. 20).

Herr A. befand sich jedoch am 01. April 2010 nicht mehr in einer Übergangszeit zwischen Ausbildung und Ableistung des Wehrdienstes im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG. Der für den Kindergeldanspruch des Klägers relevante Berücksichtigungstatbestand war ab 01. April 2010 nicht mehr erfüllt.

Denn die Ableistung des Wehrdienstes in diesem Sinne beginnt zu dem Zeitpunkt, ab dem die Dienstzeit des Soldaten gerechnet wird. Im Falle von Herrn A. war dies zur Überzeugung des Gerichts der 01. April 2010, denn das zuständige Kreiswehrersatzamt hat die Einberufung ab dem 01. April 2010 bescheinigt. Ferner erhielt Herr A. für den gesamten Monat April 2010 auch seinen Sold.

Zwar ist die Angabe des Klägers, sein Sohn habe den Dienst aufgrund der Osterfeiertage tatsächlich erst am 06. April 2010 angetreten, glaubhaft. Die in diesem Fall gegebene Abweichung von dem bescheinigten Dienstbeginn ist für das Gericht insofern nachvollziehbar als die Bundeswehr vermutlich von der in § 2 Abs. 3 Soldatengesetz – SG – vorgesehenen Handhabe Gebrauch gemacht hat, die Dienstzeit bereits vom Monatsersten an zu werten, obgleich wegen Sonn- oder Feiertagen ein anderer Tag als der Monatserste für den tatsächlichen Dienstantritt bestimmt worden war. Zutreffend weist der Kläger zudem darauf hin, dass das eigentliche Wehrdienstverhältnis mit allen Rechten und Pflichten gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SG bei einem Soldaten, der auf Grund des WPflG zum Wehrdienst einberufen wird, erst mit dem nach Maßgabe des § 21 WPflG für den Diensteintritt per Einberufungsbescheid festgesetzten Zeitpunkt beginnt. Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 SG ist ein Wehrdienstleistender erst ab jenem Zeitpunkt Soldat. Die Frage, welches Datum der Einberufungsbefehl für den Dienstantritt vorsah, war für das Gericht jedoch nicht entscheidungsrelevant.

Denn für die Frage des Kindergeldanspruches maßgeblich ist nicht der Zeitpunkt, ab dem ein Kind nach § 1 Abs. 1 Satz 1 SG aufgrund des Wehrdienstverhältnisses Soldat ist. Bestimmend ist vielmehr der Zeitpunkt, ab dem die Bundeswehr die Dienstzeit eines Kindes bemisst, weil dies der Zeitpunkt ist, ab dem das Kind als Soldat besoldet wird. Diese Auslegung ist deshalb gerechtfertigt, weil Hintergrund des Ausschlusses von Wehrdienstleistenden aus dem Katalog der Berücksichtigungstatbestände des § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG der Umstand ist, dass sie eine einheitliche und umfängliche Besoldung erhalten (zutreffend BFH, Beschluss vom 28. Januar 2009 III B 183/08, BFH/NV 2009, 911). Es entspricht daher Sinn und Zweck des Gesetzes, diesen Zeitpunkt auch für den Ausschluss aus dem Katalog der Berücksichtigungstatbestände heranzuziehen. Als Soldat besoldet wurde das Kind des Klägers bereits ab dem 01. April 2010. Seine Dienstzeit und damit die Ableistung des Wehrdienstes wurde ab jenem Zeitpunkt gerechnet. Er befand sich damit nicht mehr in der Übergangszeit zwischen Ausbildung und Ableistung des Wehrdienstes im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG.

Gemäß § 70 Abs. 2 EStG war die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung wegen der Änderung der für den Bezug von Kindergeld erheblichen Verhältnissen von der Beklagten zutreffend und zwingend vorzunehmen. Da auf Grund der Aufhebung der Kindergeldfestsetzung der rechtliche Grund für die Zahlung des Kindergeldes weggefallen war, hatte die Beklagte gemäß § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung – AO – ferner die Rückforderung des in Höhe von 184 Euro überzahlten Kindergeldes zu verfügen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

VorschriftenEStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. b, EStG § 63

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