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22.09.2011 · IWW-Abrufnummer 113448

Finanzgericht Berlin-Brandenburg: Urteil vom 07.12.2010 – 5 K 5235/07

Bei nicht durchgehender Untervermietung einzelner Zimmer einer im Übrigen selbst genutzten 6-Zimmer Wohnung sind die nicht vermieteten Zimmer trotz eines grundsätzlich vorhandenen Vermietungswillens bis zum Einzug neuer Mieter dem privaten Wohnbereich zuzurechnen.


IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit
hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg – 5. Senat – aufgrund mündlicher Verhandlung vom 7. Dezember 2010 durch den Richter am Finanzgericht Klammer als Einzelrichter
für Recht erkannt:
Die Einkommensteuer 2001 wird unter Änderung des Einkommensteuerbescheids 2001 vom 23.11.2010 unter Berücksichtigung eines Werbungskostenanteils an den Gesamtaufwendungen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 60,86 % festgesetzt.
Die Einkommensteuer 2002 wird und Änderung des Einkommensteuerbescheids 2002 vom 18.4.2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25.5.2007 unter Berücksichtigung eines Werbungskostenanteils an den Gesamtaufwendungen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Höhe 52,07 % sowie von Werbungskosten zu den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit unter Berücksichtigung einer Entfernung zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte von 14 km festgesetzt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden zu 2/3 dem Kläger und zu 1/3 dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand:
Der Kläger vermietete in den Streitjahren bis zu vier Zimmer seiner von ihm selbst bewohnten Wohnung. Die Wohnung hat insgesamt sechs Wohnräume und eine Gesamtfläche von 187,7 m². Wegen des Grundrisses der Wohnung und der darin enthaltenen Zimmernummerierung, der das Gericht folgt, wird auf Bl. 41 der Gerichtsakte verwiesen. In den Streitjahren nutzte der Kläger das Zimmer Nr. 1 und Nr. 6 mit einer Gesamtfläche von 54,7 m² selbst. Die Gesamtfläche von Flur, Küche und Bad beträgt 50,8 m². Die weitgehend vermieteten Zimmer mit den Nrn. 2 bis Nr. 5 haben insgesamt eine Fläche von 82,2 m².
Bei der Einkommensteuerfestsetzung für 2001 und 2002 folgte der Beklagte nicht der in den Steuererklärungen vorgenommenen Aufteilung der insgesamt auf die Wohnung entfallenden Kosten in Werbungskosten und in auf die Privatnutzung entfallenden Aufwendungen. Der Beklagte berücksichtigte in beiden Jahren lediglich 40,91% der Gesamtkosten als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Zudem ermittelte er die Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit des Klägers, der als Lehrer tätig ist, unter Berücksichtigung einer Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte im Jahr 2002 von 12 km. Das hiergegen gerichtete Einspruchsverfahren blieb erfolglos. Zur Begründung führte der Beklagte im Wesentlichen aus, dass der Kläger trotz Aufforderung keine ausreichenden Belege über die Vermietung der einzelnen Zimmer und seine Einnahmen vorgelegt habe. Hinsichtlich der Entfernung zur Arbeitsstätte folge er der Entfernungsangabe in einer Dienstreiseabrechnung des Klägers.
Im Klageverfahren hat der Kläger verschiedene Mietverträge und Kontoauszüge vorgelegt. Hiernach sind folgende Vermietungszeiten zwischen den Beteiligten unstreitig geworden:
2001:
Zimmer Nr. 2: durchgängig vermietet (Januar bis August: B., September bis Dezember: J.)
Zimmer Nr. 3 und Nr. 4: durchgängig vermietet (G.)
Zimmer Nr. 5: vermietet von Mai bis Dezember (Mai bis August: L., September bis Dezember: M.)
2002:
Zimmer Nr. 2: durchgängig vermietet (J.)
Zimmer Nr. 3: vermietet von Januar bis März (Sch., restl. Monate strittig)
Zimmer Nr. 4: vermietet von Mai bis Dezember (P., Februar bis April strittig)
Zimmer Nr. 5 durchgängig vermietet (M.)
Für das Jahr 2001 erließ der Beklagte am 23.11.2010 einen Änderungsbescheid und berücksichtigte darin ein Anteil der Gesamtkosten von 56,3% als Werbungskosten. Dabei rechnete er Leerstandszeiten der Privatsphäre des Klägers zu. Gemeinschaftsflächen teilte er unter Zugrundelegung eines Flächenschlüssels in einen Vermietungs- und Privatanteil auf. Nach Ansicht des Beklagten ergebe sich auch für das Jahr 2002 eine Änderungsmöglichkeit. Es könnten 45% der Gesamtkosten zum Werbungskostenabzug zugelassen werden. Ein Änderungsbescheid erging bis zu mündlichen Verhandlung nicht.
Der Kläger begehrt die Berücksichtigung eines höheren Werbungskostenanteils. Er ist der Ansicht, dass Leerstandszeiten der Vermietung zugerechnet werden müssten, höchstens jedoch zu 50% in die Privatsphäre fielen. Die Gemeinschaftsflächen seien nicht nach einem Flächenschlüssel, sondern nach Anzahl der Nutzer aufzuteilen. Das Zimmer Nr. 4 sei im Jahr 2002 drei Monate von Herrn G. angemietet worden, was dieser auch schriftlich bestätigt habe. Das Zimmer Nr. 3 sei ganzjährig von Frau Sch. gemietet worden. Ihre ausstehende Miete sei Anfang des Jahres 2003 gezahlt worden.
Der Kläger beantragt,
unter Änderung des Einkommensteuerbescheids 2001 vom 23.11.2010 sowie des Einkommensteuerbescheids 2002 vom 18.4.2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25.5.2007 die Einkommensteuer 2001 unter Berücksichtigung eines Werbungskostenanteils bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 63,45 % festzusetzen und die Einkommensteuer 2002 unter Berücksichtigung eines Werbungskostenanteils bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Höhe 64,6 % sowie von Werbungskosten zu den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit unter Berücksichtigung einer Entfernung zur Arbeitsstätte von 14 km festzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er führt aus, dass ein Nachweis über die Vermietung des Zimmers Nr. 3 im Jahr 2002 an Herrn G. nicht vorgelegt worden sei. Zwar sei am 11.3.2002 auf dem Konto des Klägers eine Zahlung von Herrn G. in Höhe von 127,82 EUR eingegangen, der Mietzahlungszeitraum sei aus dem vorgelegten Kontoauszug jedoch nicht erkennbar. Eine über drei Monate hinausgehende Vermietung an Frau Sch. sei nicht anzuerkennen, da entsprechend der vorgelegten Mahnung vom 24.3.2002 der Verlängerung des Mietverhältnisses widersprochen worden sei. Im Jahr 2002 habe Frau Sch. keine Mietzahlungen geleistet.
Dem Gericht hat bei seiner Entscheidung neben der Verfahrensakte ein Band mit Einkommensteuerakten (Band I) vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage hat zum Teil Erfolg. Von den auf die Wohnung des Klägers entfallenden Gesamtkosten sind im Jahr 2001 60,86 % und im Jahr 2002 52,07 % als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen. Zudem muss bei der Steuerfestsetzung für das Jahr 2002 im Rahmen der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit ein Arbeitsweg des Klägers von 14 km zum Ansatz kommen.
Nach § 9 Absatz 1 S. 1 Einkommensteuergesetz – EStG – sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt sich, dass zwischen den Aufwendungen und den Einnahmen zumindest ein Veranlassungszusammenhang bestehen muss. Daher können Aufwendungen, die auf die private Nutzung der Wohnung durch den Kläger entfallen, nicht als Werbungskosten abgezogen werden. Bei der Ermittlung eines Aufteilungsschlüssels sind die vom Kläger selbst genutzten Räume (Zimmer Nr. 1 und Nr. 6) nicht mit den Mieteinnahmen im Zusammenhang stehend zu berücksichtigen. Zudem entfällt auch ein Teil der gemeinsamen genutzten Flächen von Küche, Flur und Bad auf die Privatnutzung des Klägers. Für letztgenannte Flächen hält das Gericht eine personenbezogene Aufteilung für sachgerecht, da die Privatnutzung der Gemeinschaftsflächen nicht im Zusammenhang mit der Größe der selbstgenutzten Wohnräume steht. Dies gilt auch für den Flurbereich, da auf die Zimmer des Klägers kein erkennbar größerer Anteil daran entfällt. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ergäbe sich bei einer durchgehenden Vermietung der vier Zimmer an vier verschieden Personen folgender Aufteilungsmaßstab:
Gesamtfläche Wohnung: 187,7 m² = 100 %
privat genutzte Wohnräume des Klägers: 54,7 m² = 29,14 %
vermietete Zimmer: 82,2 m² = 43,79 %
Küche, Flur, Bad: 50,8 m² = 27,07 %
? bei Vollvermietung an vier verschiedene Mieter eine Aufteilung 4/5
(21,65 %) zu 1/5 (5,42 %)
Privatanteil bei Vollvermietung insgesamt:
? Wohnfläche: 29,14 %
? Gemeinschaftsflächen: 5,42 %
? Summe: 34,56 %
Vermietungsanteil bei Vollvermietung: 65,44 %
Da der Kläger in beiden Streitjahren nicht alle Zimmer durchgehend vermietet hat, ist der auf den Wohnbereich und auf die Gemeinschaftsflächen entfallende Privatanteil entsprechend den Leerstandszeiten zu erhöhen. Das Gericht behandelt dabei Leerstandszeiten als Selbstnutzung der entsprechenden Räume durch den Kläger. Denn aufgrund der unmittelbaren Einbindung der vermieteten Zimmer in die private Wohnsphäre des Klägers fallen nicht vermietete Zimmer trotz eines grundsätzlich vorhandenen Vermietungswillens bis zum Einzug neuer Mieter dem privaten Wohnbereich des Klägers zu. Dem steht nicht entgegen, dass nicht vermietete Räumlichkeiten auch anderen Mietern zur Verfügung gestellt worden sind. Dies geschah nämlich nicht im Rahmen der laufenden Vermietungsverhältnisse, sondern ist Ausfluss der privaten Verfügungsbefugnis des Klägers über seine Wohnung und diente nicht der Einnahmeerzielung. Entgegen der Ansicht des Klägers ergibt sich aus dem Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 25.2.2010, 11 K 100/08 nicht Entgegenstehendes. Die in diesem Urteil vorgenommene hälftige Zurechnung von Leerstandszeiten einer Ferienwohnung zur Vermietung wurde nur für den Fall vorgenommen, in dem der Umfang der Selbstnutzung nicht aufgeklärt werden konnte. Im Streitfall jedoch nimmt das Gericht bei Leerstand stets eine Selbstnutzung an. Auch ohne Erfolg beruft sich der Kläger auf die geänderte Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – BFH – zu § 12 Nr. 1 S. 2 EStG (Großer Senat des BFH vom 21.9.2009, GrS 1/06). Im hiesigen Verfahren ist es nicht, wie in dem vom Großen Senat zu entscheidenden Fall, strittig, ob gemischte Aufwendungen überhaupt aufgeteilt werden dürfen, sondern nur, welcher Aufteilungsmaßstab anzuwenden ist.
Das Gericht berücksichtigt bei seinen Berechnungen einen Leerstand im Jahr 2001 von Zimmer Nr. 5 über einen Zeitraum von vier Monaten und im Jahr 2002 von Zimmer Nr. 3 über einen Zeitraum von 9 Monaten sowie von Zimmer Nr. 4 über einen Zeitraum von drei Monaten.
Das Gericht ist nicht davon überzeugt, dass das Zimmer mit der Nr. 3 über März 2002 hinaus an Frau Sch. vermietet gewesen war. Der Mietvertrag war bis zum 31.3.2002 befristet worden und sollte in ein Dauermietverhältnis übergehen, soweit keiner der Vertragschließenden dem widerspricht (Bl. 98 der Gerichtsakte). In der Mahnung des Klägers gegenüber Frau Sch. vom 24.3.2002 widerspricht der Kläger der Verlängerung des Mietvertrags über den 31.3.2002 hinaus, wenn die Mietrückstände in Höhe von 1.367,35 EUR nicht bis zum 30.3.2002 auf seinem Mietkonto eingehen. Nach den vorliegenden Kontoauszügen sind im Jahr 2002 keine Zahlungen von Frau Sch. eingegangen, so dass die Gesamtumstände für eine Beendigung des Mietverhältnisses sprechen. Gegenteiliges hat der Kläger nicht nachgewiesen. Für eine Weiterführung des Mietverhältnisses spricht nicht der in der mündlichen Verhandlung behauptete Zahlungseingang Anfang des Jahres 2003 in Höhe von 2.071,44 EUR. Das Gericht kann aus dem vom Kläger in einer selbst gefertigten Tabelle aufgezeichneten Betrag nicht erkennen ob überhaupt und für welche Zeiträume Miete von Frau Sch. gezahlt sein soll.
Der Leerstand von Zimmer Nr. 4 erstreckt sich über einen Zeitraum von drei Monaten. Lediglich für den Monat März nimmt das Gericht an, dass an Herrn G. vorübergehend vermietet worden ist. Nur für diesen Monat ging am 11.3.2002 auf dem Konto des Klägers eine Zahlung ein mit dem Verwendungszweck: Miete März 2002 (Bl. 93 der Gerichtsakte). Für die vom Kläger behauptete Vermietung über weitere zwei Monate hat er weder einen Mietvertrag vorlegen können noch sind Zahlungseingänge zu verzeichnen.
Hieraus folgend hat das Gericht den Privatanteil und die Aufteilungsquoten wie folgt ermittelt:
2001:
Leerstand: Zimmer Nr. 5 von 4 Monaten
entspricht 2,49 % erhöhte Privatnutzung der Wohnflächen
entspricht 2,10 % erhöhte Privatnutzung der Gemeinschaftsflächen (Aufteilung der Gemeinschaftsflächen: an acht Monaten 1/4 zu 3/4 und an vier Monaten 1/3 zu 2/3)
zusätzlicher Privatnutzungsanteil: 4,59 %
Privatnutzungsanteil bei Vollvermietung: 34,55 %
Summe Privatnutzungsanteil: 39,14 %
Vermietungsanteil: 60,86 %
2002:
Leerstand: Zimmer Nr. 3 von neun Monaten, Zimmer Nr. 4 von drei Monaten
entspricht 11,96 % erhöhte Privatnutzung der Wohnflächen
entspricht 1,42 % erhöhte Privatnutzung der Gemeinschaftsflächen (Aufteilung der Gemeinschaftsflächen an einem Monat 1/5 zu 4/5, an zehn Monaten 1/4 zu 3/4 und an einen Monat 1/3 zu 2/3)
zusätzlicher Privatnutzungsanteil: 13,38 %
Privatnutzungsanteil bei Vollvermietung: 34,55 %
Summe Privatnutzungsanteil: 47,93 %
Vermietungsanteil: 52,07 %
Als Entfernung zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte des Klägers i.S. des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 S. 2 EStG sind 14 km anzusetzen, da laut Routenplaner die Strecke zur … Straße … 13,9 km (über die Autobahn) bzw. 13,5 km (ohne Autobahn) beträgt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 137 S. 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –. Der Kläger hätte Kontoauszüge und Mietverträge bereits vor Klageerhebung vorlegen können. Die auf Vorlage dieser Unterlagen beruhende Abhilfe des Beklagten wird kostenmäßig zulasten des Klägers berücksichtigt.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung – ZPO –.

VorschriftenEStG § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, EStG § 9 Abs. 1 S. 1

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