Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

19.08.2011

Finanzgericht des Saarlandes: Urteil vom 20.04.2011 – 2 K 1020/09

1. Aufwendungen für ein sich unmittelbar an die Schulausbildung anschließendes, nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindendes Erststudium (hier: Studium der Informationswissenschaften) sind mangels eines Zusammenhangs mit einem konkreten späteren Dienstverhältnis nicht als vorweggenommene Werbungskosten abziehbar und unterliegen insoweit dem Abzugsverbot des § 12 Nr. 5 EStG.

2. § 12 Nr. 5 EStG ist nicht verfassungswidrig und verstößt insbesondere nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG (Anschluss an die die Urteile des FG Hamburg v. 25.11.2009, 5 K 193/08 sowie des FG des Saarlandes v. 4.5.2010, 1 K 2357/05).


IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit

hat der 2. Senat des Finanzgerichts des Saarlandes durch den Vizepräsidenten des Finanzgerichts … als Vorsitzenden, die Richterinnen am Finanzgericht … und … sowie die ehrenamtlichen Richterinnen … und … aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20. April 2011 für Recht erkannt:

Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die steuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen für ein Erststudium als vorweggenommene Werbungskosten.

Der Kläger absolvierte im Streitjahr 2006 im Anschluss an seine schulische Ausbildung ein Studium der Informationswissenschaften an der Universität in C.

In seiner Erklärung zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages auf den 31. Dezember 2006 machte der Kläger Aufwendungen in Höhe von X.XXX Euro (u.a. für Miete, Fahrtkosten, Studiengebühren, Verpflegungsmehraufwand) geltend. Der Beklagte lehnte die Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer zum 31. Dezember 2006 durch Bescheid vom 6. Oktober 2008 (Bl. 22 Rbh) ab. Den hiergegen eingelegten Einspruch vom 7. November 2007 (Bl. 50 Rbh) wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 19. Dezember 2008 (Bl. 55 ff. Rbh) als unbegründet zurück.

Am 21. Januar 2009 hat der Kläger Klage erhoben (Bl. 1). Der Senat hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 15. März 2011 unter Zulassung der Revision als unbegründet abgewiesen. Mit Schriftsatz vom 4. April 2011 hat der Kläger die Durchführung der mündlichen Verhandlung beantragt.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 6. Oktober 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. Dezember 2008 den verbleibenden Verlustvortrag zur Einkommensteuer zum 31. Dezember 2006 auf X.XXX Euro festzustellen.

Der Kläger äußert verfassungsrechtliche Bedenken gegen das Abzugsverbot des § 12 Nr. 5 EStG. Es verstoße gegen das objektive Nettoprinzip und den Gleichbehandlungsgrundsatz. Die universitäre Ausbildung des Klägers beziehe sich auf die klassischen Berufsanforderungen mit den Schwerpunkten Wirtschaftswissenschaften und Informatik.

Der Beklagte beantragt,

die Klage als unbegründet abzuweisen.

§ 12 Nr. 5 EStG begegne keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die hinzugezogenen Verwaltungsakten des Beklagten sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

1. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Beklagte hat den Erlass eines Bescheids über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zum 31. Dezember 2006 zu Recht abgelehnt. Denn die geltend gemachten Aufwendungen sind nach § 12 Nr. 5 EStG nicht abzugsfähig.

a) Nach § 10 d Abs. 4 EStG sind negative Einkünfte, die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichen werden können, als verbleibender Verlustvortrag gesondert festzustellen. Negative Einkünfte im Sinne von § 2 Abs. 1 EStG können bei Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit (§ 19 EStG) durch den Überschuss von Werbungskosten über die Einnahmen entstehen. Zu den Werbungskosten nach § 9 EStG können auch Aufwendungen für Bildungsmaßnahmen gehören, sofern sie beruflich veranlasst sind. Eine berufliche Veranlassung ist gegeben, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden (vgl. BFH vom 20. Juli 2006 VI R 26/05, BStBl II 2006, 764 m.w.N.). Die ursprüngliche Unterscheidung zwischen Aus- und Fortbildungskosten hat der BFH aufgegeben (BFH vom 4. Dezember 2002 VI R 120/01, BStBl II 2003, 403). Erzielt der Steuerpflichtige noch keine Einnahmen, so können dennoch (vorweggenommene) Werbungskosten vorliegen. In diesem Fall müssen sie in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Zusammenhang mit künftigen steuerbaren Einnahmen aus der beruflichen Tätigkeit stehen (BFH vom 20. Juli 2006 VI R 26/05, BStBl II 2006, 764).

Nach § 12 Nr. 5 EStG sind Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium aber nicht abzugsfähig, wenn diese nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden.

b) Die Ausbildungskosten des Klägers führen nicht zu negativen Einkünften und damit zu der Feststellung eines vortragsfähigen Verlustes auf den 31. Dezember 2006. Gemäß § 12 Nr. 5 EStG sind die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen nicht als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit des Klägers zu berücksichtigen. Denn sie sind im Rahmen eines Erststudiums im unmittelbaren Anschluss an die schulische Ausbildung ohne Bezug zu einem Dienstverhältnis angefallen. Allein der Umstand, dass sich die universitäre Ausbildung an den späteren Berufsanforderungen orientiert – wie dies regelmäßig der Fall sein sollte –, stellt noch keinen Bezug zu einem (konkreten) Dienstverhältnis her.

Der Senat teilt nicht die vom Kläger geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die angewandte Regelung des § 12 Nr. 5 EStG.

Es liegt insbesondere kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor. Der Senat verweist insoweit – um bloße Wiederholungen zu vermeiden – auf die Urteile des Finanzgerichts Hamburg vom 25. November 2009 (5 K 193/08, EFG 2010, 873) sowie des Finanzgerichts des Saarlandes vom 4. Mai 2010 (1 K 2357/05, EFG 2010, EFG 2010, 1686). Der Senat schließt sich den dortigen Begründungen an.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Beim BFH sind zu der hier streiterheblichen Frage zwei Revisionsverfahren anhängig (Az.: VI R 38/10; VI R 7/10). Nachdem der Kläger nicht mit dem Ruhen des Verfahrens einverstanden ist, ist ihm aus Sicht des Senats der Weg zum BFH zu eröffnen.

VorschriftenEStG § 12 Nr. 5, EStG § 9 Abs. 1 S. 1, EStG § 10d, GG Art. 3 Abs. 1

Sprechen Sie uns an!

Kundenservice
Max-Planck-Str. 7/9
97082 Würzburg
Tel. 0931 4170-472
kontakt@iww.de

Garantierte Erreichbarkeit

Montag - Donnerstag: 8 - 17 Uhr
Freitag: 8 - 16 Uhr