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08.12.2010 · IWW-Abrufnummer 103999

Verwaltungsgericht Aachen: Urteil vom 22.10.2010 – 7 K 1519/09

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Verwaltungsgericht Aachen

7 K 1519/09

Tenor:
Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Bescheides vom 10. Juni 2009 verpflichtet, dem Kläger gemäß § 4 Nr. 21 a) bb) UStG zu bescheinigen, dass die von September 2008 bis Dezember 2009 gemäß § 33 SGB III durchgeführten Maßnahmen zur vertieften Berufsorientierung auf einen Beruf bzw. auf eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Berufung wird zugelassen.

T a t b e s t a n d :
Der Kläger begehrt von der Beklagten für von ihm durchgeführte berufsorientierende Maßnahmen die Ausstellung einer Bescheinigung als Voraussetzung für eine Befreiung von der Umsatzsteuer.
Beim Kläger handelt es sich um einen eingetragenen, gemeinnützig tätigen Verein, dessen satzungsgemäßer Gegenstand die Unterstützung sozial benachteiligter sowie hilfsbedürftiger Personen ist. Mit Schreiben vom 14. November 2008 beantragte der Kläger sinngemäß für die Durchführung der vertieften Berufsorientierung im Rahmen des - von der Bundesagentur für Arbeit bezuschussten - Programms "Verbesserung der Ausbildungschancen Jugendlicher" nach § 33 SGB III eine Bescheinigung gemäß § 4 Nr. 21 a) bb) UStG. Er legte Qualifikationsnachweise seiner Dozenten sowie das Konzept der Maßnahme vor. Aus diesem ergibt sich im Kern Folgendes: Die Maßnahme wurde an insgesamt 15 weiterführenden Schulen in B. (jeweils drei Haupt-, Gesamt- und Realschulen, fünf Gymnasien und eine Förderschule) angeboten und zwar für Schüler im achten bis zehnten Schuljahr beziehungsweise in der elften und zwölften Jahrgangsstufe. Eine Maßnahme setzte sich aus vier Modulen mit einem Umfang von 42 Stunden zusammen, die außerhalb der regulären Schulzeit, etwa im Rahmen einer Arbeitsgemeinschaft am Nachmittag oder an einem Wochenende, stattfanden. Die in sich abgeschlossenen Module konnten je nach Bedarf der Schule einzeln oder kombiniert durchgeführt werden. Als Inhalt der vier Module war angegeben: Interessenserkundung, Berufsfelderkundung, Kompetenzfeststellung und Bewerbungstraining. Ziel des Moduls Interessenserkundung war das Bewusstwerden der eigenen Interessen und Berufswünsche. Das Modul Berufsfelderkundung sollte Kenntnisse über berufliche Inhalte und Anforderungen vermitteln. Im Modul Kompetenzfeststellung kamen standardisierte berufliche Kompetenzfeststellungsverfahren zur Anwendung, während im Modul Bewerbungstraining der Ablauf und das Verhalten während eines Bewerbungsverfahrens sowie die Optimierung vorhandener Bewerbungsunterlagen im Mittelpunkt stand.
Mit Schreiben vom 30. April 2009 hörte die Beklagte den Kläger zur beabsichtigten Ablehnung des Antrages an und führte aus: Die vertiefte Berufsorientierung in vier Modulen stelle keine Maßnahme der beruflichen Qualifizierung oder Prüfungsvorbereitung im Sinne des § 4 Nr. 21 a) bb) UStG dar. Sie möge zwar nützlich sein für die spätere Berufswahl der Schüler. Es stehe aber nicht die Vermittlung von Kenntnissen im Vordergrund, die für eine konkrete Berufsausübung oder für die schulische Abschlussprüfung erforderlich seien.
Der Kläger wandte hiergegen ein, dass aus einer vergleichenden Betrachtung mit anderen, von der Bundesagentur für Arbeit geförderten Maßnahmen sowie unter Berücksichtigung des Gemeinschaftsrechts ein Anspruch auf Umsatzsteuerbefreiung folge. Er legte eine Verfügung der Oberfinanzdirektion Karlsruhe vom 20. September 2009 hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Behandlung von Maßnahmen privater Anbieter zur (Wieder-)Eingliederung Arbeitsloser vor, die von der Bundesagentur für Arbeit gefördert und umsatzsteuerrechtlich nach § 4 Nr. 21 UStG begünstigt sein sollen. Weiter verwies er auf ein Urteil des Bundesfinanzhofes vom 10. Juni 1999 - V R 84/98 -.
Mit Bescheid vom 10. Juni 2009 lehnte die Beklagte die Erteilung der begehrten Bescheinigung ab. Sie wiederholte im Wesentlichen die Gründe des Anhörungsschreibens und wies ergänzend darauf hin, dass die Prüfung anderer Möglichkeiten der Umsatzsteuerbefreiung der Prüfung durch das Finanzamt obliege. Gegenstand des Bescheinigungsverfahrens sei lediglich die Frage, ob es sich bei der zu beurteilenden Leistung um eine ordnungsgemäße Berufs- bzw. Prüfungsvorbereitung im Sinne des § 4 Nr. 21 a) bb) UStG handle.
Entsprechend der von der Beklagten erteilten Rechtsbehelfsbelehrung hat der Kläger am 13. Juli 2009 Klage beim Verwaltungsgericht L. erhoben, das den Rechtsstreit mit Beschluss vom 26. August 2009 an das Verwaltungsgericht B. verwiesen hat.
Der Kläger trägt vor: Die von der Bundesagentur gezahlten Zuschüsse seien nach § 4 Nr. 21 UStG als umsatzsteuerfrei zu behandeln. Materiellrechtliche Voraussetzung hierfür sei allerdings, dass die Beklagte gemäß § 4 Nr. 21 a) bb) UStG eine entsprechende Bescheinigung ausstelle. Die Bescheinigung sei unerlässliche Voraussetzung für die Steuerbefreiung. Alle Module seines Programms hätten einen spezifischen beruflichen Hintergrund. Die Konzeption und Ausgestaltung des Programmes erfolge in enger Abstimmung mit den Schulen, es werde mit dem sonstigen Unterricht eng verzahnt. Auch wenn die vertiefte Berufsorientierung nach § 33 SGB III nicht zum klassischen Pflichtfachstoff gehöre, stelle sie zumindest eine eng verbundene Dienstleistung im Sinne der gemeinschaftsrechtlichen Mehrwertsteuerrichtlinie dar. Dies komme auch deutlich in der Rahmenvereinbarung zwischen der Bundesagentur für Arbeit und der Kultusministerkonferenz vom 15. Oktober 2004 zum Ausdruck. Die Finanzverwaltung stufe Fördermaßnahmen der Bundesagentur als umsatzsteuerfrei ein, wenn die Maßnahme - wie hier - dem Bereich Aus- und Fortbildung zuzuordnen sei. Auch Kurse zur Hochbegabtenförderung würden privilegiert. Nach der finanzgerichtlichen Rechtsprechung seien sogar Balletunterricht oder ein Kurs für Sofortmaßnahmen am Unfallort umsatzsteuerbefreit. Ferner seien gemeinschaftsrechtliche Vorgaben auch von der Beklagten im Rahmen der Bescheinigungsausstellung zu berücksichtigen. Sollte aufgrund der Formulierung des § 4 Nr. 21 a) bb) UStG keine Erteilung der Bescheinigung möglich sein, sei zu prüfen, ob sich ein Anspruch auf Erteilung unmittelbar aus der gemeinschaftsrechtlichen Mehrwertsteuerrichtlinie ergebe. Gegebenenfalls sei eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof geboten.
Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 10. Juni 2009 zu verpflichten, dem Kläger gemäß § 4 Nr. 21 a) bb) UStG zu bescheinigen, dass die von September 2008 bis Dezember 2009 gemäß § 33 SGB III durchgeführten Maßnahmen zur vertieften Berufsorientierung auf einen Beruf bzw. auf eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor: Das Programm des Klägers erfülle nicht die von ihr zu prüfenden Voraussetzungen, die an eine Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG zu stellen seien. Die erbrachten Leistungen seien nicht als Prüfungsvorbereitung zu qualifizieren. Es handle sich auch nicht um eine Berufsvorbereitung im Sinne einer beruflichen Aus-, Fort- oder Weiterbildung, denn insoweit sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erforderlich, dass spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt würden, die zur Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten notwendig seien. Dies sei hier jedoch gerade nicht der Fall. Vielmehr sei Sinn und Zweck der einzelnen Module des Programms die berufliche Orientierung der Schüler. Nach dem Wortlaut des § 4 Nr. 21 a) bb) UStG sei die Bescheinigung auf berufliche und prüfungsvorbereitende Leistungen beschränkt. Inwieweit europarechtliche Vorgaben ausreichend umgesetzt seien, spiele im Bescheinigungsverfahren keine Rolle. Es handle sich zwar um ein eigenständiges Verwaltungsverfahren und die Bescheinigung stelle einen Grundlagenbescheid dar, sie sage aber als solche noch nichts über die Umsatzsteuerbefreiung selbst aus. Hierüber habe die Finanzverwaltung in eigener Zuständigkeit zu befinden und gegebenenfalls andere Möglichkeiten der Umsatzsteuerbefreiung zu prüfen, wozu auch die Frage der unmittelbaren Anwendbarkeit der einschlägigen gemeinschaftsrechtlichen Richtlinie gehöre. Da die Richtlinie selbst kein Bescheinigungsverfahren vorschreibe, eröffne sie der Bescheinigungsbehörde auch keine weiteren Prüfungskompetenzen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorganges der Beklagten Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
Die Klage ist zulässig.
Der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist eröffnet. Es handelt sich um keine Abgabenangelegenheit im Sinne von § 33 Finanzgerichtsordnung (FGO), für die der Finanzrechtsweg gegeben wäre. Die Frage, ob Bescheinigungen nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG zu Recht versagt worden sind, unterliegt der Nachprüfung durch die allgemeinen Verwaltungsgerichte.
Vgl. BFH, Urteil vom 3. Mai 1989 - V R 83/84 -; BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 1976 - VII C 73.75 -; Urteil vom 12. Januar 2010 - 23 K 4332/09 -, sämtlich juris.
Die Klage ist weiterhin als Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 2. Alt. VwGO statthaft.
Vgl. zur Einordnung einer Bescheinigung, die Voraussetzung für eine abgabenrechtliche Vergünstigung ist, als Grundlagenbescheid im Sinne von § 171 Abs. 10 AO BFH, Urteil vom 20. August 2009 - V R 25/08 -, juris, Rn. 28. Die Klage ist begründet. Die Ablehnung der Erteilung der vom Kläger beantragten Bescheinigung durch den Bescheid der Beklagten vom 10. Juni 2009 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Erteilung der beantragten Bescheinigung nach der in den Streitjahren 2008 und 2009 geltenden Regelung des § 4 Nr. 21 a) bb) Umsatzsteuergesetz (UStG) in der Fassung vom 20. Dezember 2007 bzw. vom 19. Dezember 2008.
Nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG sind von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG fallenden Umsätzen die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen steuerfrei, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist insoweit ausschließlich zu klären, ob die vom Kläger durchgeführten Maßnahmen in diesem Sinne "auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten".
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. Mai 2009 - 14 A 2934/07 -, juris.
Eine ordnungsgemäße Vorbereitung liegt nach der Rechtsprechung dann vor, wenn die steuerlich privilegierte Leistung objektiv geeignet ist, der Berufs- oder Prüfungsvorbereitung zu dienen, von einem seriösen Institut erbracht wird und die eingesetzten Lehrkräfte die erforderliche Eignung besitzen.
BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 1976 - VII C 73.75 - , a.a.O.; OVG NRW, Urteil vom 7. Mai 2009, a.a.O.
Dass es sich beim Kläger um eine seriöse Einrichtung handelt und die eingesetzten Lehrkräfte ausreichend qualifiziert sind, ist zwischen den Parteien unstreitig. Der Beklagte lehnt die Erteilung der Bescheinigung allein deshalb ab, weil er meint, die vom Kläger durchgeführten berufsorientierenden Maßnahmen würden nicht auf einen konkreten Beruf vorbereiten. Entgegen der Rechtsansicht des Beklagten ist dieses Tatbestandsmerkmal aber gegeben. Die Vorschrift des § 4 Nr. 21 a) bb) UStG dient der Umsetzung des Artikels 13 A.i) der sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrund-lage (RL 77/388/EWG), gültig bis 31. Dezember 2006 bzw. des Artikels 132 Abs. 1 i) der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem, gültig ab 1. Januar 2007 (im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie). Sie ist richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass auch berufs-orientierende Maßnahmen in der vom Kläger angebotenen Form unter den Begriff der Berufsvorbereitung fallen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes muss sich ein nationales Gericht, wenn es bei der Anwendung von nationalem Recht - gleichgültig, ob es sich um vor oder nach der Richtlinie erlassene Vorschriften handelt - dieses Recht auszulegen hat, soweit wie möglich am Wortlaut und Zweck der für das jeweilige Sachgebiet maßgeblichen Richtlinie ausrichten, um das mit ihr verfolgte Ziel zu erreichen. Auf diese Weise wird dem Gebot von nunmehr Art. 288 Abs. 3 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), wonach die Richtlinie für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet ist, hinsichtlich des zu erreichenden Zieles verbindlich ist, nachgekommen. Danach besteht die gemeinschaftsrechtliche Verpflichtung der Gerichte und der sonstigen Träger öffentlicher Gewalt in den Mitgliedstaaten, im Rahmen ihrer Zuständigkeiten alle zur Erreichung des durch eine Richtlinie vorgeschriebenen Zieles erforderlichen Maßnahmen zu treffen.
Vgl. EuGH, Beschluss vom 17. Oktober 2003 - C-35/02 -, juris, Rn. 36; BFH, Urteil vom 18. März 2004 - V R 53/00 -, juris, Rn. 27
Die Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung des nationalen Rechts, durch das Richtlinien der Europäischen Gemeinschaften umgesetzt werden, ergibt sich weiterhin daraus, dass der nationale Gesetzgeber mit Erlass seiner Normen die Vorgaben der Richtlinie umsetzen will.
Vgl. BFH, Urteil vom 18. März 2004 - V R 53/00 -, a. a. 0.
Weiter ist zu berücksichtigen, dass eine "Umsetzung" der Mehrwertsteuerrichtlinie nur dadurch erfolgt ist, dass der nationale Gesetzgeber die schon bei Inkrafttreten der Richtlinie 77/388/EWG vorhandenen, teilweise bereits im UStG 1951 enthaltenen Steuerbefreiungstatbestände im Wesentlichen unverändert weitergeführt hat.
Vgl. BFH, Urteil vom 24. Januar 2008 - V R 3/05 -, juris.
Die Mehrwertsteuerrichtlinie regelt eine umfassende Steuerbefreiung für Dienstleistungen im gesamten Bildungsbereich. Nach Art. 132 Abs. 1 i) Richtlinie 2006/112 EG befreien die Mitgliedstaaten folgende Umsätze von der Steuer: Erziehung von Kindern und Jugendlichen, Schul- und Hochschulunterricht, Aus- und Fortbildung sowie berufliche Umschulung und damit eng verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung.
Auch wenn bei der Auslegung der Tatbestandsmerkmale der Steuerbefreiungen zu beachten ist, dass die Begriffe, mit denen die Steuerbefreiungen nach der Mehrwertsteuerrichtlinie umschrieben sind, grundsätzlich eng auszulegen sind, weil Steuerbefreiungen Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz darstellen, dass jede Dienstleistung , die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, der Steuer unterliegt,
vgl. BFH, Urteil vom 24. Januar 2008 - V R 3/05 -, juris,
ist anerkanntes Ziel dieser Vorschrift, sämtliche Dienstleistungen, die der Bildung dienen und einen Zusammenhang zu einer - späteren - Berufstätigkeit haben, von der Steuer zu befreien; es soll eine umfassende Steuerbefreiung in allen Mitgliedsstaaten erfolgen, denn einzubeziehen sind nach dem Wortlaut der Richtlinie ausdrücklich auch mit dem Schul- und Hochschulunterricht, der Aus- und Fortbildung sowie der beruflichen Umschulung "eng verbundene Dienstleistungen".
Um solche mit der Schul- sowie der Ausbildung eng verbundene Dienstleistungen handelt es sich bei den vom Kläger durchgeführten berufsorientierenden Maßnahmen. Es würde dem dargelegten Sinn und Zweck der gemeinschaftsrechtlichen Regelung widersprechen, die in Rede stehenden und vom Kläger angebotenen Maßnahmen nicht als steuerbegünstigt im Sinne des § 4 Nr. 21 a) bb) UStG anzusehen. So ist Ziel des Moduls Interessenserkundung, die persönliche Entscheidungskraft für eine berufliche Orientierung zu verbessern und den Stellenwert von Arbeit im persönlichen Lebensentwurf zu bestimmen, im Modul Berufsfelderkundung werden verschiedene Berufsfelder und ihre formalen Voraussetzungen sowie Anforderungen vorgestellt. Mit dem Modul Kompetenzfeststellung sollen die Schüler eine erste Vorstellung über ein mögliches passendes Berufsfeld und die dazugehörigen Anforderungen entwickeln. Schwerpunkt des Moduls Bewerbungstraining sind das Vorstellungsgespräch sowie Einstellungstestverfahren. Die Dienstleistungen des Klägers sind sowohl zeitlich als auch inhaltlich eng mit den in Art. 132 Abs. 1 i) Richtlinie 2006/112 EG ausdrücklich benannten Dienstleistungen Schulunterricht und Ausbildung verbunden. Sie stellen eine Verklammerung beider Bereiche dar. Anknüpfend an den Schulunterricht werden Bewerbungsstrategien vermittelt; das Kennenlernen der eigenen Fähigkeiten sowie bestimmter beruflicher Anforderungen soll zur Auswahl eines konkreten Berufs bzw. einer konkreten Ausbildung führen. Der Kläger erfüllt mit seinen Angeboten nach nationalem Recht eine schulische Aufgabe, denn nach § 5 Abs. 2 SchulG NRW sollen die Schulen Hilfen zur beruflichen Orientierung geben und zwar auch mit außerschulischen Partnern.
vgl. Insoweit auch Bereinigte Amtliche Sammlung der Schulvorschriften - BASS - 2010/2011, Stichtag 1.7.2010, Runderlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung vom 6. November 2007: Berufsorientierung in der Sekundarstufe I, in der gymnasialen Oberstufe, im Berufskolleg und im Weiterbildungskolleg, Ziffer 3.1.
Für die von der Kammer vorgenommene Auslegung spricht auch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zum gemeinschaftsrechtlichen Begriff "Schul- und Hochschulunterricht", der nicht auf Unterricht beschränkt sein soll, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sondern (auch) andere Tätigkeiten einschließt, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler oder Studenten zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben.
Vgl. BFH, Urteil vom 23. August 2007 - V R 10/05 -, juris, Rdnr. 43, 44; ebenso OVG NRW, Urteil vom 7. Mai 2009 - 14 A 2934/07 -, juris.
Eine lediglich hobbymäßige Beschäftigung der Schüler stellen die Maßnahmen des Klägers unstreitig nicht dar.
Die Auslegung des Tatbestandsmerkmals "auf einen Beruf ordnungsgemäß vorbereiten" in § 4 Nr. 21 a)bb) UStG kann auch im oben dargestellten Sinne richtlinienkonform erfolgen, denn das nationale Recht lässt bei Anwendung der anerkannten Auslegungsmethoden eine solche Auslegung zu.
Vgl. insoweit zur Grenze der gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung: BVerwG, Urteil vom 29. Januar 2004 - 3 C 39/03 -, juris, Rn. 26 ff.
Der Wortlaut "auf einen Beruf vorbereiten" lässt nämlich sowohl die vom Bundesverwaltungsgericht vor Erlass der Richtlinie gewählte - und hier von der Beklagten herangezogene - enge Auslegung "auf einen bestimmten Beruf" vorbereiten
Vgl. Urteil vom 3. Dezember 1976, a.a.O.; daran anknüpfend: OVG NRW, Urteil vom 7. Mai 2009, a.a.O., wobei Gegenstand beider Entscheidungen keine berufsorientierenden Maßnahmen waren sowie VG L. , nicht rechtskräftiges Urteil vom 12. Januar 2010 - 23 K 4332/09 - in einem dem vorliegenden wohl vergleichbaren Fall (Potentialcheck NRW für Schülerinnen und Schüler der 8. Klasse der Hauptschulen), sämtlich juris.
als auch die Auslegung "auf irgendeinen Beruf" oder "auf das Berufsleben" vorbereiten zu. Schließlich steht der Sinn und Zweck der Regelung des § 4 Nr. 21 a)bb) UStG, das Schul- und Bildungswesen weitgehend von der Umsatzsteuer zu befreien und die schulische und berufliche Aus- und Fortbildung zu fördern, der gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung dahingehend, dass auch berufsorientierende Maßnahmen zur Berufsvorbereitung gehören, nicht entgegen.
Die Kammer sieht vor diesem Hintergrund keine Veranlassung zu einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Artikel 267 AEUV. Im Ergebnis offen bleiben kann danach auch die Frage, ob die vom Kläger durchgeführten Maßnahmen auch das Tatbestandsmerkmal der Prüfungsvorbereitung im Sinne des § 4 Nr. 21 a) bb) UStG erfüllen.
Vgl. zu diesem Tatbestandsmerkmal: BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 1976 - VII C 73.75 -, juris, Rdnr. 17, 20.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Berufung ist im Hinblick auf die zitierte Entscheidung des Verwaltungsgerichts L. vom 12. Januar 2010 wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 124 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr

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