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24.11.2010 · IWW-Abrufnummer 103397

Oberlandesgericht Koblenz: Beschluss vom 10.05.2010 – 10 W 772/09

Für Versicherungsfälle ab dem 1.1.2008 gilt gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 3 des Gesetzes zur Reform des Versicherungsvertragsrechts die Zuständigkeitsregelung in § 215 VVG 2008. Art. 1 EGVVG begründet insoweit nicht die weitere Anwendbarkeit von § 48 VVG a.F.


Geschäftsnummer:
10 W 772/09
16 O 306/09 LG Koblenz
OBERLANDESGERICHT
KOBLENZ
BESCHLUSS
in dem Rechtsstreit XXX
Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Weiss, die Richterin am Oberlandesgericht Schwager-Wenz und die Richterin am Oberlandesgericht Zeitler-Hetger
am 10.5.2010
beschlossen:
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss der 16. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 7. Oktober 2009 aufgehoben. Die Entscheidung über die Prozesskostenhilfe wird dem Landgericht übertragen. Das Landgericht wird angewiesen, die Prozesskostenhilfe nicht aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses erneut zu verweigern.
G R Ü N D E:
Die sofortige Beschwerde ist begründet und hat einen zumindest vorläufigen Erfolg.
Der angefochtene Beschluss bedarf einer Korrektur, soweit das Landgericht seine Zuständigkeit verneint hat. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist bezüglich der gerichtlichen Zuständigkeit § 215 VVG 2008 auch für bereits im Jahr 2008 eingetretene Versicherungsfälle anzuwenden, so dass der Gerichtsstand am Wohnsitz des Antragstellers begründet ist.
Bei § 215 VVG 2008 handelt es sich um die Bestimmung eines weiteren Gerichtsstandes für Klagen aus dem Versicherungsvertrag und damit in der Sache um eine Vorschrift des Prozessrechts und nicht des materiellen Versicherungsrechts. Bezüglich der zeitlichen Geltung prozessrechtlicher Bestimmungen gilt, dass Prozessrecht grundsätzlich in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden ist; im Gegensatz zum materiellen Recht, dessen Anwendung durch Übergangsregelungen gesteuert wird, sind Übergangsregelungen im Verfahrensrecht unüblich (Rauscher in MünchKomm. ZPO, 3. Aufl. Einleitung Rdn. 408).
Eine Übergangsvorschrift, welche die Fortgeltung des § 48 VVG a.F. anordnet und das Inkrafttreten des § 215 VVG 2008 hinausschiebt, ist entgegen vielfach vertretener, jedoch jeweils nicht tragfähig begründeter Auffassung nicht in Art. 1 EGVVG zu sehen. Diese Bestimmung ordnet für eine begrenzte Zeit die Anwendung alten Rechts auf Versicherungsverhältnisse an, die vor dem 1.1.2008 entstanden sind. Die prozessuale Rechtsdurchsetzung wird damit schon vom Wortlaut nicht erfasst. Auch die verschiedenen Sonderregeln in Art. 1 Abs. 2 bis 4 und Art 2 bis 6 EGVVG zeigen, dass der Gesetzgeber keine umfassende Weitergeltung des alten Rechts anordnen wollte. Es ist vielmehr eine differenzierende Betrachtung geboten. Entscheidend ist dabei, dass der Zweck der intertemporalen Kollisionsnormen – die Gewährung eines gewissen Vertrauensschutzes – im Fall des § 215 VVG n. F. nicht zutrifft. Ein Vertrauen in den Fortbestand der alten Gerichtsstandsregelung erscheint nicht schutzwürdig. Der zeitliche Anwendungsbereich des § 215 VVG 2008 richtet sich somit allein nach Art. 12 Abs. 1 Satz 3 des Gesetzes zur Reform des Versicherungsvertragsrechts, wonach das neue VVG am 1.1.2008 in Kraft tritt. Die Vorschrift ist daher auf alle ab dem 1.1.2008 erhobene Klagen anwendbar (Langheid/Wandt/Looschelders VVG § 215 Rdn. 38 - 40; Saarländisches Oberlandesgericht Beschluss v. 23.9.2008 Az: 5 W 220/08).
Da somit § 215 VVG 2008 entgegen der Auffassung des Landgerichts anwendbar ist, ist das Landgericht Koblenz als Gerichtsstand des Antragstellers für die Entscheidung über die von ihm beabsichtigte Klage zuständig. Der angefochtene Beschluss kann damit keinen Bestand haben und ist aufzuheben.
Über die Frage, ob der beabsichtigten Klage im Übrigen hinreichende Erfolgsaussicht zukommt, hat zunächst das Landgericht zu befinden, da dieses insoweit die Erfolgsaussicht noch nicht geprüft hat.

RechtsgebieteVersicherungsrecht, Zuständigkeit Vorschriften§ 215 VVG 2008; Art. 1 EGVVG

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