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04.11.2010 · IWW-Abrufnummer 103504

Finanzgericht Berlin-Brandenburg: Urteil vom 16.03.2010 – 6 K 1328/05

1. Übernimmt der Leiter des Rechnungswesens (kein Geschäftsgührer) einer sanierungsbedürftigen GmbH im Vorgriff auf seinen im Rahmen einer Kapitalerhöhung geplanten Einstieg als Gesellschafter (mit einer Beteiligung von 25 % am Stammkapital der GmbH) eine Bürgschaft in Höhe des 3,6-fachen seines Jahresgehalts für Verbindlichkeiten der GmbH, so ist im Hinblick auf die ernsthaft geplante wesentliche Beteiligung i. S. v. § 17 EStG ein vorrangiger Veranlassungszusammenhang der Bürgschaftsübernahme mit den Einkünften nach § 17 EStG und nicht mit den nichtselbständigen Einkünften anzunehmen.



2. Wird die Übernahme der avisierten Beteiligung an der GmbH wegen des Scheiterns der Kapitalerhöhung und der Sanierung der GmbH nicht realisiert und wird der Leiter des Rechnungswesens tatsächlich somit weder zivilrechtlicher noch wirtschaftlicher Anteilseigner der GmbH, kann er die Aufwendungen infolge der späteren Inanspruchnahme aus der Bürgschaft weder im Rahmen von § 17 EStG steuermindernd geltend machen noch als nachträgliche Werbungskosten im Rahmen der nichtselbständigen Einkünfte bzw. der Einkünfte aus Kapitalvermögen abziehen.



3. Der schuldrechtliche Anspruch eines Nicht-Gesellschafters auf Erwerb eines Anteils durch Teilnahme an einer (disquotalen) Kapitalerhöhung bei der GmbH gehört grundsätzlich nicht zu den Anwartschaften i. S. v. § 17 Abs. 1 S. 3 EStG, es sei denn, die Kapitalerhöhung ist bereits beim Handelsregister angemeldet und eingetragen.



FG Berlin-Brandenburg v. 16.03.2010

6 K 1328/05
Tatbestand:
Der Kläger war seit … Juli 1996 als Leiter des Rechnungswesens bei der A. GmbH – im Folgenden: A. GmbH – in H. angestellt und erzielte aus dieser Tätigkeit im Jahr 1999 Einnahmen in Höhe von DM …,–.

Die im Baubereich tätige A. GmbH war 1990 gegründet worden und verfügte zunächst über ein Stammkapital von DM …,–. Alleinige Gesellschafter-Geschäftsführer der A. GmbH waren Herr B. und Herr C. Beide Herren waren auch Gesellschafter Geschäftsführer der D. & Söhne GmbH – im Folgenden: D. GmbH – aus H.. Mit Verschmelzungsvertrag vom … Dezember 1998 sollte die D. GmbH auf die A. GmbH verschmolzen und das Stammkapital der A. GmbH von DM …,– um DM …,– auf DM …,– erhöht werden. Das für die Eintragung der Verschmelzung zuständige Handelsregistergericht beanstandete mit Zwischenverfügung vom … Oktober 1999 einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag der D. GmbH in Höhe von DM …,… und lehnte die Eintragung der Verschmelzung sowie der Kapitalerhöhung ab.

Die A. GmbH befand sich im Jahr 1999 in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Einen Kreditantrag der A. GmbH auf Gewährung eines Darlehens in Höhe von DM 900.000,– lehnte die E. Bank des Landes X. im Sommer 1999 ab.

Die F. Bank, die Hausbank der A. GmbH, teilte der A. am 30. September 1999 mit, dass sie über einen Antrag auf Erhöhung des Kontokorrentkredites erst nach Vorlage verschiedener, im Einzelnen bezeichneter Unterlagen entscheiden könne. In jedem Falle sollte die A. GmbH die Aufnahme eines neuen Gesellschafters, z. B. in Person des Klägers, bei gleichzeitiger Erhöhung des Stammkapitals prüfen. Im November 1999 kam es zu einem „Runden Tisch” bei der Handwerkskammer P., an dem der Gesellschafter B., der Kläger, der Steuerberater F. sowie zwei Mitarbeiter der F. Bank teilnahmen. Bei diesem Gespräch erklärte sich die F. Bank bereit, eine „weitere Verbesserung der Lage des Unternehmens positiv” zu begleiten. Hierbei sollte es um den Beitritt eines neuen Gesellschafters gehen, der an einer Kapitalerhöhung auf DM …,– teilnimmt und anschließend mit 25 % beteiligt sein sollte.

Im Anschluss an dieses Gespräch beantragte die A. GmbH erneut einen Kredit bei der E. BANK sowie die Erhöhung ihres Kontokorrentkredites bei der F. Bank.

Im Dezember 1999 beschied die E. BANK den Kreditantrag über eine Summe von DM …,– positiv, verlangte aber u. a. Sicherheiten in Gestalt von Höchstbetragsbürgschaften der Gesellschafter B. und C. in Höhe von jeweils DM …,– sowie des Klägers in Höhe von DM …,–. Der Kläger übernahm am … Dezember 1999 eine entsprechende Höchstbetragsbürgschaft in Höhe von DM …,–; zu diesem Zeitpunkt war der Kläger weder Gesellschafter noch Geschäftsführer. Die beiden Gesellschafter der A. GmbH übernahmen jeweils eine Höchstbürgschaft von DM …,–. Die E. Bank zahlte daraufhin das Darlehen aus. Das monatliche Gehalt des Klägers stieg ab Dezember 1999 von DM …,– auf DM …,–.

Am … Dezember 1999 beschlossen die Gesellschafter B. und C. eine Erhöhung des Stammkapitals der A. GmbH von DM …,– auf DM …,–. Auf jeden Gesellschafter sollten nach Durchführung der Kapitalerhöhung jeweils DM …,– entfallen, wobei die Stammeinlagen in Höhe von jeweils DM …,–, DM …,–, DM …,– und DM …,– zusammengelegt wurden (Urkunde Nr. …/1999 des Notars G. vom … Dezember 1999).

Ausweislich der Urkunde Nr. …/1999 des Notars G. vom … Dezember 1999 wurde der Kläger zum weiteren Geschäftsführer der A. GmbH bestellt. Außerdem traten die Herren B. und C., die zu diesem Zeitpunkt über einen Geschäftsanteil von jeweils DM …,– verfügten, einen Anteil in Höhe von jeweils DM …,– mit Wirkung zum 01. Januar 2000 an den Kläger ab; der Kaufpreis sollte sich auf insgesamt DM …,– belaufen und zwei Wochen nach Mitteilung des Handelsregisters des Amtsgerichts N. über die Eintragung der am … Dezember 1998 beschlossenen Verschmelzung sowie der am … Dezember 1999 beschlossenen Stammkapitalerhöhung fällig werden (Nr. 3 des Abschnitts „Abtretung” der Urkunde Nr. …/1999). Sofern es nicht zu der Eintragung dieser Beschlüsse im Handelsregister kommen würde, sollte der Kläger zur Rückübertragung der von ihm erworbenen Geschäftsanteile oder zur Weiterübertragung auf einen von den Herren B. und C. benannten Dritten verpflichtet sein (Nr. 5 des Abschnitts „Abtretung” der Urkunde Nr. …/1999). Ausweislich der Handelsregisterauszüge des Amtsgerichts N. (HRB … NP: A. GmbH; HRB … NP: D. GmbH) wurde eine Verschmelzung beider Gesellschaften im Handelsregister nicht eingetragen. Nach den Ausführungen der Prozessbevollmächtigten betrachteten die Parteien die vollzogene Abtretung der Geschäftsanteile „als ex tunc nicht als zustande gekommen”.

Im April 2000 stellte die A. GmbH einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, auf Grund dessen das Amtsgericht N. am … April 2000 einen Sicherungsbeschluss erließ und H. zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellte. Mit Schreiben vom 03. Mai 2000 teilte der Kläger der E. Bank mit, dass er sich auf Vorschlag der F. Bank bereit erklärt habe, sich an seiner Arbeitgeberin, der A. GmbH, zu beteiligen. Er habe nicht nur seinen Arbeitsplatz sichern, sondern auch die von der F. Bank vorgesehene Sanierung stützen sowie Parallelfinanzierungen und weitere Beteiligungsmöglichkeiten absichern wollen. Inzwischen sei jedoch die wirtschaftliche Situation der A. GmbH durch externe Prüfer noch kritischer eingeschätzt worden. Die Hausbanken der A. GmbH hätten daher der A. GmbH ihre Unterstützung entzogen und einer Beteiligung an einer Auffanglösung nicht zugestimmt. Er sehe sich somit ebenfalls nicht in der Lage, zu dem verabredeten Konzept zu stehen, und gehe davon aus, dass weder die E. Bank noch die F. Bank gegen ihn Ansprüche aus Krediten oder Bürgschaften hätten.

Am … Mai 2000 kündigte die E. Bank den Darlehensvertrag. Das Insolvenzverfahren über das Vermögen der A. GmbH wurde am … Mai 2000 eröffnet. Am … Juni 2000 endete das Arbeitsverhältnis des Klägers bei der A. GmbH.

Mit Schreiben vom 07. Juni 2000 forderte die Bank…gesellschaft – BG – als Rechtsnachfolgerin der F. Bank den Kläger zur Zahlung von EUR …,… (= DM …,–) auf. Am … September 2000 nahm die E. Bank den Kläger aus der von ihm übernommenen Bürgschaft in Anspruch. Am … Dezember 2002 schlossen die E. Bank und der Kläger einen Vergleich, auf Grund dessen der Kläger einen Gesamtbetrag in Höhe von EUR …,… in monatlichen Raten von EUR …,… an die Bank zu zahlen hatte; der Vergleich wurde durch ein notarielles abstraktes Schuldanerkenntnis des Klägers abgesichert. Grund für den Vergleich war der Umstand, dass der Kläger nicht in der Lage war, den gesamten Bürgschaftsbetrag von DM …,– zu zahlen.

Der Kläger zahlte im Jahr 2002 einen Betrag von EUR …,… und im Streitjahr 2003 einen Betrag von EUR …,–.

Am … Dezember 2003 stellte der Kläger beim Beklagten u. a. wegen der von ihm im Jahr 2004 zu leistenden Zahlungen aus der Bürgschaft einen Antrag auf Eintragung eines Freibetrages auf der Lohnsteuerkarte 2004. Diesen Antrag lehnte der Beklagte am … Dezember 2003 ab. Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein und begründete diesen damit, dass er sich auf Vorschlag der Hausbank der A. GmbH bereit erklärt habe, sich finanziell an der Gesellschaft zu beteiligen. Damit habe er einen Beitrag zur Sicherung des eigenen Arbeitsplatzes und zur Sanierung leisten wollen. Die Anteilsübernahme sei wegen fehlgeschlagener Kapitalerhöhungsmaßnahmen nicht mehr zustande gekommen. Der Kläger hielt den Einspruch in diesem Punkt nicht mehr aufrecht, sondern kündigte an, seine Rechtsauffassung im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung für 2003 weiter verfolgen zu wollen.

In der Einkommensteuererklärung für 2003 machte der Kläger die in 2003 für die Bürgschaft geleisteten Zahlungen in Höhe von EUR …,– als nachträgliche Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit für seine frühere Tätigkeit bei der A. GmbH geltend. Hierzu führte er aus, dass er auf Grund seiner Tätigkeit als Leiter des Rechnungswesens umfassende Kenntnisse über die Lage der Gesellschaft und die Notwendigkeit der Zuführung liquider Mittel gehabt habe. Ihm sei daher klar gewesen, dass der Erhalt seines Arbeitsplatzes und der Arbeitsplätze der weiteren … Mitarbeiter vom Gelingen des Sanierungskonzeptes abhängig gewesen sei. Ohne seine Zustimmung und Mitwirkung wären die beteiligten Banken nicht bereit gewesen, neue Kreditmittel zu gewähren und den Bestand der Gesellschaft sowie des Arbeitsplatzes zu sichern. Die Bürgschaftsübernahme sei deshalb aus beruflichen Gründen erfolgt.

Mit Bescheid vom … November 2004 setzte der Beklagte die Einkommensteuer 2003 auf EUR …,– fest, ohne die geltend gemachten Werbungskosten aus der Bürgschaftsinanspruchnahme zu berücksichtigen. Der Beklagte begründete dies damit, dass die Höhe der übernommenen Bürgschaft gegen eine berufliche Veranlassung spreche. Die im Jahr 1999 übernommene Bürgschaft mit einem Betrag von DM …,– habe das Gehalt des Jahres 1999 von DM …,– erheblich überstiegen. Dies sei nur damit zu erklären, dass sich der Kläger als Gesellschafter habe beteiligen wollen. Als Arbeitnehmer wäre der Kläger sicherlich nicht bereit gewesen, eine Bürgschaft in dieser Höhe einzugehen, zumal er als Leiter des Rechnungswesens detaillierte Kenntnisse über den finanziellen Zustand der A. GmbH gehabt habe.

Hiergegen legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein und begründete diesen damit, dass es nicht auf das Verhältnis des Bruttogehalts zur Höhe der Bürgschaft ankomme, sondern auf die Kriterien „Mitarbeiterschaft” und „zukünftiges Beteiligungsverhältnis”. Insoweit müsse eine sachgerechte Aufteilung im Wege der Schätzung vorgenommen werden. Für den auf das Beteiligungsverhältnis entfallenden Teil sei zu prüfen, ob hier nicht gleichfalls vorweggenommene Werbungskosten im Sinne des § 20 Einkommensteuergesetz – EStG – vorlägen, worauf die Definition des § 9 EStG schließen lasse. Der bloße Hinweis auf § 12 EStG sei nicht ausreichend. Wegen der Größenordnung könne man Liebhaberei oder einen nicht steuerbaren Bereich ausschließen, es sei denn, der Beklagte würde die Auffassung vertreten, dass die Bürgschaft auch ohne das Angestelltenverhältnis und ohne konkrete Beteiligungsabsicht gegeben worden wäre.

Mit Einspruchsentscheidung vom … Juli 2005 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Die Bürgschaftsübernahme könne sowohl durch die berufliche Stellung des Klägers als auch durch seine angestrebte Stellung als Gesellschafter veranlasst gewesen sein. Zwar sei der Kläger weder Gesellschafter noch Geschäftsführer der A. GmbH geworden; jedoch sei seine Beteiligung mit einem Anteil von DM …,– (= 25 %) und seine Bestellung als weiterer Geschäftsführer geplant gewesen. Bei einer Bürgschaftsübernahme durch einen Gesellschafter sei zu vermuten, dass diese durch das Gesellschaftsverhältnis und nicht durch ein gleichzeitig bestehendes Arbeitsverhältnis veranlasst sei; diese Vermutung gelte auch bei einer angestrebten Gesellschafterstellung. Ohne die angestrebte Beteiligung an der A. GmbH wäre ein Dritter nicht bereit gewesen, eine Bürgschaft in Höhe des fast vierfachen Jahresgehalts zu übernehmen.

Die Aufwendungen aus der Inanspruchnahme aus der Bürgschaft könnten auch nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigt werden. Insoweit sei die Vorschrift des § 17 EStG vorrangig. Diese greife allerdings nicht, weil es nicht zu der wesentlichen Beteiligung gekommen sei.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner fristgerecht erhobenen Klage. Als „seinsliches oder tatsächliches Zwischenergebnis” sei festzuhalten, dass die Bürgschaft in engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Rettung des Arbeitsplatzes und der geplanten Beteiligung an der A. GmbH gestanden habe. Insoweit könne der Gesamtplangedanke herangezogen werden. Die „Kausalität zur hinreichenden Erfüllung eines (seinslichen) Verursachungs- oder Veranlassungsprinzips” erstarke durch die (geplante) und dann auch wenige Tage später tatsächlich begründete Gesellschafterstellung. Zu Unrecht gehe der Beklagte davon aus, dass der Kläger nicht Gesellschafter geworden sei. Der Kläger sei zumindest für eine logische Sekunde Anteilseigner geworden, nämlich am Tag der Anteilsübertragung, dem … Dezember 1999. Erst als deutlich geworden sei, dass die Bedingung für die Fälligkeit des Kaufpreises nicht eintreten würde, sei es zur schuldrechtlichen und dinglichen Aufhebung der Übertragung ex tunc gekommen. Damit sei § 17 Abs. 2 EStG anwendbar. Die Bürgschaftsübernahme sei eher der Gesellschafterstellung zuzuordnen als der Arbeitnehmerstellung; denn die Gesellschafterstellung sei kapitalorientiert, während die Arbeitnehmerstellung eher tätigkeitsspezifisch sei. Zwingend sei dies jedoch nicht, wenn – wie im Streitfall – die Arbeitnehmerstellung dominierend sei (s. auch BFH, Urteil vom 07. Februar 2008 VI R 75/06). Der Aufwand aus der Inanspruchnahme der Bürgschaft sei daher im Wege der Schätzung den Einkünften aus § 17 EStG und § 19 EStG zuzuordnen. Die Abziehbarkeit bestätige sich durch eine „Betrachtung des (negativen) abgegrenzten Problembereichs”: Eine Bürgschaftsübernahme ohne Gesellschafter- und Arbeitnehmerstellung sei nicht denkbar.

Soweit der Beklagte darauf abstelle, dass die Kapitalerhöhungen nicht wirksam geworden seien, schließe dies eine Anwendbarkeit des § 17 EStG nicht aus, da es auf die Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums ankomme. Im Übrigen erfasse § 17 EStG auch Anwartschaften auf Beteiligungen (s. auch BFH, Urteil vom 19. Dezember 2007 VIII R 14/06, BFH/NV 2008, 659). Selbst wenn man den Anwendungsbereich des § 17 EStG verneinen würde, wäre eine Vorgründungs-GmbH anzunehmen, so dass die Aufwendungen nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG im Rahmen einer Mitunternehmerschaft zu berücksichtigen wären. Da diese Aufwendungen als Sonderbetriebsausgaben zu berücksichtigen wären, könnten sie außerhalb einer gesonderten und einheitlichen Feststellung im Wege der Schätzung berücksichtigt werden. Die Abgabe einer entsprechenden Feststellungserklärung könne insoweit nicht gefordert werden.

Der Prozessbevollmächtigte hat den Antrag gestellt, ihm „den sachverhaltlichen Vortrag des Berichterstatters” rechtzeitig vor dem mündlichen Verhandlungstermin zur Kenntnisnahme und Prüfung zu überlassen. Nach der Ladung zur mündlichen Verhandlung hat er auf eine mündliche Verhandlung verzichtet; der Beklagte hat daraufhin ebenfalls auf eine mündliche Verhandlung verzichtet. Anschließend hat der Prozessbevollmächtigte beantragt, ihm den Sachverhaltsvortrag des Berichterstatters „angemessen rechtzeitig” vor dem Tag der Entscheidung zur Kenntnis zu übersenden. Komme der Senat diesem Antrag nicht nach, mutiere der Antrag sieben Tage vor dem festgesetzten Entscheidungstermin zu einer aktuellen Rüge. Der Vorsitzende Richter hat den Antrag abgelehnt. Der Prozessbevollmächtigte hat die Ablehnung mit den Worten „Abwehr, Abwehr und nochmals Abwehr” beanstandet.

Der Kläger beantragt,

den Einkommensteuerbescheid 2003 vom … November 2004 und die Einspruchsentscheidung vom … Juli 2005 dahingehend zu ändern, dass Werbungskosten in Höhe von EUR …,– bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit oder (vorbereitende) Anschaffungskosten bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb gemäß § 17 EStG berücksichtigt werden, sowie

die Hinzuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, dass eine Anteilsübertragung nicht stattgefunden habe, weil es keine Anteile im Umfang von insgesamt DM …,– gegeben habe; denn die Kapitalerhöhungen von DM …,– auf DM …,– sowie anschließend auf DM …,– seien mangels Eintragung im Handelsregister nicht wirksam geworden. Es habe somit nur einen schuldrechtlich unwirksamen Anteilsübertragungsvertrag gegeben, aber keine Anteile, die hätten übertragen werden können.

Selbst wenn eine Anteilsübertragung im Jahr 1999 stattgefunden haben sollte, wäre die Rückübertragung als Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung auf den Veräußerungszeitpunkt anzusehen. Im Übrigen würden sich nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung nicht im Streitjahr 2003 auswirken, sondern im Zeitpunkt der Rückübertragung, mithin im Jahr 1999.

Über eine Mitunternehmerschaft im Sinne von § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG könnte verfahrensrechtlich nur in einem gesonderten Verfahren entschieden werden. Hierfür wäre zunächst die Abgabe einer Feststellungserklärung abzuwarten. Im Übrigen führten die vom Kläger genannten BFH-Urteile zu keinem anderen Ergebnis.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands nimmt der Senat Bezug auf den Inhalt der Akten, insbesondere auf die dem klägerischen Schriftsatz vom 30. August 2005 beigefügten Anlagen.

Die Beteiligten haben auf eine mündliche Verhandlung gemäß § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung – FGO – verzichtet.



Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid für 2003 und die Einspruchsentscheidung sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die Zahlungen auf Grund der Inanspruchnahme aus der Bürgschaft sind weder Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 9, § 19 Einkommensteuergesetz – EStG – (s. unter 3. der Gründe) noch nachträgliche Anschaffungskosten im Sinne von § 17 Abs. 2 EStG (s. unter 4. der Gründe). Es handelt sich auch nicht um Werbungskosten aus den Einkünften aus Kapitalvermögen gemäß § 9, § 20 EStG (s. unter 5. der Gründe).

1. Der Senat kann auf Grund des Verzichts der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 90 Abs. 2 FGO).

2. Der Senat kann auch entscheiden, ohne den sich auf den Tatbestand beziehenden Teil des Votums den Beteiligten vorab übersandt zu haben. Weder ist eine solche Übersendung nach den Vorschriften der FGO noch unter dem Gesichtspunkt der Gewährung rechtlichen Gehörs geboten. Nach der FGO ist nicht einmal die Erstellung eines Votums Pflicht. Vielmehr genügt es (bei Durchführung einer mündlichen Verhandlung), wenn der Vorsitzende oder der Berichterstatter nach Aufruf der Sache den wesentlichen Inhalt der Akten vorträgt. Wird – wie im Streitfall – auf eine mündliche Verhandlung verzichtet, umfasst dieser Verzicht auch den Vortrag des wesentlichen Inhalts der Akten gegenüber den Beteiligten, nicht jedoch den entsprechenden Vortrag gegenüber den ehrenamtlichen Richtern in der Beratung (vgl. Brandis in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 92 FGO Rz. 7).

3. Die Aufwendungen aus der Inanspruchnahme aus der Bürgschaft im Jahr 2003 in Höhe von EUR …,– stellen keine Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1, § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG, § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG dar.

a) Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH gehören zu den Werbungskosten alle Aufwendungen, die durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind (vgl. BFH, Beschluss des Großen Senats vom 28. November 1977 GrS 2-3/77, BStBl. II 1978, 105). Die Aufwendungen müssen objektiv mit der auf Einnahmeerzielung gerichteten Tätigkeit – hier: mit der Tätigkeit als Arbeitnehmer – zusammenhängen und subjektiv zur Förderung dieser Tätigkeit getragen werden (BFH, Urteil vom 07. Februar 2008 VI R 75/06, BStBl 2010 II S. 48 mit weiteren Nachweisen). Für die Annahme von Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit genügt es grundsätzlich, wenn die Aufwendungen den Beruf des Arbeitnehmers im weitesten Sinne fördern (BFH, Urteil vom 04. Dezember 2002 VI R 120/01, BStBl. II 2003, 403). Die Anerkennung als Werbungskosten hängt nicht davon ab, dass die Aufwendungen freiwillig getragen werden (BFH in BStBl. II 2010, 48).

b) Übernimmt ein Arbeitnehmer eine Bürgschaft für eine Darlehensverbindlichkeit seines Arbeitgebers, können die Aufwendungen aus der späteren Inanspruchnahme nach den vorstehenden Grundsätzen unter Abschnitt 3 a) der Gründe Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit sein. Allerdings können die Aufwendungen auch durch eine andere Einkunftsart veranlasst sein: Dies gilt zum einen dann, wenn der Arbeitnehmer auch Gesellschafter seiner Arbeitgeberin ist (vgl. BFH, Urteile vom 20. Dezember 1988 VI R 55/84, BFH/NV 1990, 23; vom 26. November 1993 VI R 36/97, BStBl. II 1994, 242; Hessisches FG, Urteil vom 21. November 2008 1 K 2729/06, Juris; FG München, Urteil vom 27. Februar 2008 10 K 1529/06, Juris; Siebenhüter in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 9 EStG Anm. 750 „Bürgschaftsverluste”, mit weiteren Nachweisen). Dies gilt zum anderen aber auch dann, wenn der Arbeitnehmer eine Beteiligung als Gesellschafter anstrebt und daraus Einkünfte im Sinne von §§ 17 oder 20 EStG erzielen kann; denn ein Veranlassungszusammenhang mit einer Einkunftsart kann auch dann bestehen, wenn der Steuerpflichtige erst später Einkünfte aus dieser Einkunftsart erzielt (sog. vorweggenommene Aufwendungen) oder wenn es ihm trotz einer entsprechenden Absicht nicht gelingt, Einkünfte aus dieser Einkunftsart zu erzielen (sog. vergebliche Werbungskosten oder fehlgeschlagene Anschaffungskosten, vgl. BFH, Urteil vom 20. April 2004 VIII R 4/02, BStBl. II 2004, 597). Entscheidender Zeitpunkt für die Prüfung des Veranlassungszusammenhangs ist der Zeitpunkt der Bürgschaftsübernahme, nicht der Zeitpunkt der späteren Inanspruchnahme.

c) Ist der Arbeitnehmer wesentlich beteiligter Gesellschafter im Sinne von § 17 Abs. 1 EStG, geht die Rechtsprechung grundsätzlich davon aus, dass die Bürgschaftsübernahme durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist und nicht durch die Stellung als Arbeitnehmer. Denn ein Arbeitnehmer, der nicht Gesellschafter ist, wird nur in Ausnahmefällen bereit sein, zu Gunsten seines offenbar gefährdeten Arbeitgebers das Risiko einer Bürgschaft zu übernehmen (vgl. BFH in BFH/NV 1990, 23; in BStBl. II 1994, 242). Solche Umstände können u. a. dann anzunehmen sein, wenn sich der Gesellschafter-Geschäftsführer in seiner Funktion als Arbeitnehmer schadensersatzpflichtig gemacht hat oder in dieser Funktion als Haftender in Betracht kommt (BFH in BStBl. II 1994, 242). Entsprechendes gilt nach Auffassung des Senats auch dann, wenn der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Bürgschaftsübernahme bereits ernsthaft beabsichtigt hat, sich als Gesellschafter an seiner Arbeitgeberin wesentlich zu beteiligen. Denn dann überwiegt der Veranlassungszusammenhang mit der – geplanten – Gesellschafterstellung den beruflichen Veranlassungszusammenhang, so dass eine Aufteilung der Aufwendungen auf beide Einkunftsarten – § 19 und § 17 EStG – nicht in Betracht kommt.

d) Im Streitfall hatte der Kläger bei Übernahme der Bürgschaft am … Dezember 1999 ernsthaft geplant, sich als Gesellschafter an der A. GmbH wesentlich zu beteiligen. Bereits am … September 1999 hatte die F. Bank den Kläger als neuen Gesellschafter vorgeschlagen. Am … November 1999 war bei dem Zusammentreffen am „Runden Tisch” die Aufnahme eines neuen Gesellschafters thematisiert worden. Der Beitritt des Klägers als neuer Gesellschafter sollte durch den Vertrag am … Dezember 1999 (Urkundenrolle …/1999) – wenige Tage nach Unterzeichnung der hier streitigen Bürgschaft sowie ca. drei Wochen nach positiver Bescheidung des Kreditantrags – umgesetzt werden. Der zeitliche und sachliche Zusammenhang zwischen den Gesprächen der A. GmbH mit der E. Bank und F. Bank sowie dem „Runden Tisch”, an dem der Kläger als Leiter des Rechnungswesens der A. GmbH teilnahm, einerseits und dem Vertrag vom … Dezember 1999 andererseits spricht für einen Veranlassungszusammenhang zwischen der Bürgschaftsübernahme und der beabsichtigten Stellung als Gesellschafter. Dieser Veranlassungszusammenhang wird durch das Verhältnis vom laufenden Jahresgehalt von DM …,– zur Höhe der übernommenen Bürgschaft von DM …,– unterstrichen; denn ein Nur Arbeitnehmer wäre zwecks Rettung seines Arbeitsplatzes nicht bereit gewesen, eine Bürgschaft in einer Höhe des ca. 3,6fachen Jahresgehalts zu übernehmen (vgl. FG München, Urteil vom 27. Februar 2008 10 K 1529/06, Juris; s. auch BFH, Urteil vom 07. Februar 1997 VI R 33/96, BFH/NV 1997, 400, zur Gewährung eines Darlehens an den Arbeitgeber in Höhe des siebenfachen Jahresgehalts). Dies gilt erst recht, wenn es um die finanzielle Lage der Arbeitgeberin derart schlecht bestellt ist wie im Streitfall, in dem bereits ein Kreditantrag abschlägig beschieden worden war, die Arbeitgeberin in ihrer Existenz bedroht war (s. Abschnitt IV. Nr. 7 des Berichts über den „Runden Tisch”), und der Kläger als Leiter des Rechnungswesens um diese schlechte finanzielle Lage wusste.

Die angestrebte Gesellschafterstellung wäre auch eine wesentliche Beteiligung im Sinne von § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG in der im Jahr 1999 geltenden Fassung gewesen, da mit Wirkung vom 01. Januar 1999 die Wesentlichkeitsgrenze von mehr als 25 % durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 ( BGBl 1999 I S. 402) auf mindestens 10 % herabgesetzt wurde.

e) Auf Grund der geplanten wesentlichen Beteiligung an der A. GmbH ist ein Veranlassungszusammenhang mit den Einkünften im Sinne von § 17 EStG zu bejahen, der den Veranlassungszusammenhang zu den Einkünften im Sinne von § 19 EStG aus den unter Abschnitt c) genannten Gründen verdrängt, so dass die Aufwendungen nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend gemacht werden können. Dabei setzt die Vorrangigkeit des Veranlassungszusammenhangs zu den Einkünften aus § 17 EStG nicht voraus, dass sich die hier streitigen Aufwendungen im Rahmen des § 17 EStG steuerlich auch tatsächlich auswirken (s. unten zu 4.).

4. Die Aufwendungen aus der Inanspruchnahme aus der Bürgschaft sind nicht als Anschaffungskosten gemäß § 17 EStG zu berücksichtigen. Denn auch wenn ein Veranlassungszusammenhang zwischen der Bürgschaftsübernahme und der geplanten Beteiligung besteht, scheitert die Berücksichtigung der Aufwendungen daran, dass die Beteiligung nicht zustande gekommen ist. Mangels Beteiligung konnte der Kläger den Tatbestand des § 17 EStG – die Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung gemäß § 17 Abs. 1 EStG – nicht realisieren.

a) Entstehen dem Steuerpflichtigen Verluste im Zusammenhang mit dem geplanten Erwerb einer wesentlichen Beteiligung, ist der Aufwand nicht nach § 17 EStG abziehbar. Dies gilt nicht nur dann, wenn die geplante Gründung der Kapitalgesellschaft nicht zustande kommt und damit das Tatbestandsmerkmal des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG „Kapitalgesellschaft” nicht erfüllt ist (BFH in BStBl. II 2004, 597; s. auch Eilers/R. Schmidt in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 17 EStG Anm. 193), sondern auch dann, wenn zwar eine Kapitalgesellschaft besteht, der Steuerpflichtige aber nicht Gesellschafter dieser Kapitalgesellschaft wird; denn auch dann fehlt es an einem Tatbestandsmerkmal des § 17 EStG, nämlich der Veräußerung von Anteilen (an einer Kapitalgesellschaft) durch den Steuerpflichtigen. Hier wäre mangels Veräußerung entsprechender Anteile der Zeitpunkt der steuerlichen Berücksichtigung nicht feststellbar.

b) Der Kläger ist nach § 39 Abgabenordnung – AO – weder zivilrechtlicher noch wirtschaftlicher Anteilseigner der A. GmbH geworden.

aa) Zivilrechtlicher Anteilseigner im Sinne von § 39 Abs. 1 AO wäre der Kläger nur geworden, wenn er Inhaber der im Übertragungsvertrag vom … Dezember 1999 (Urkundenrolle …/1999) genannten Anteile von jeweils DM …,– geworden wäre. Dies setzt voraus, dass der Gegenstand der in dem Vertrag erwähnten Abtretung – die beiden Anteile – überhaupt existiert hat; daran fehlt es jedoch.

Gegenstand der Anteilsübertragung sollten die durch Teilung der bisherigen Geschäftsanteile von jeweils DM …,– zustande gekommenen Geschäftsanteile von jeweils DM …,– sein. Tatsächlich ging die Teilung der bisherigen Geschäftsanteile von jeweils DM …,– aber ins Leere, weil es keine Geschäftsanteile von jeweils DM …,– gab. Denn weder die Kapitalerhöhung vom … Dezember 1999 (Urkundenrolle …/1999) von DM …,– um DM …,– auf DM …,– noch die vorherige Kapitalerhöhung vom … Dezember 1998 von DM …,– um DM …,– auf DM …,– wurden wirksam, da die nach § 54 Abs. 3 GmbH-Gesetz erforderlichen Eintragungen der Kapitalerhöhungen unterblieben sind (s. auch FG Köln, Urteil vom 15. Februar 2000 13 K 1261/96, EFG 2000, 759; s. auch BFH, Urteil vom 06. März 1985 II R 231/81, BStBl. II BStBl 1985 II S. 388 sowie BFH, Urteil vom 20. Januar 2010 II R 54/07, zur Veröffentlichung vorgesehen, zur Entstehung von Geschäftsanteilen auf Grund einer Kapitalerhöung). Damit konnten die Geschäftsanteile von jeweils DM …,– nicht durch eine Teilung – nicht existierender Geschäftsanteile von jeweils DM …,– entstehen und dementsprechend auch nicht Gegenstand einer Abtretung sein.

bb) Der Kläger ist auch nicht als wirtschaftlicher Inhaber der Anteile anzusehen. Hierzu wäre gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO erforderlich gewesen, dass er auf Grund des Vertrags vom … Dezember 1999 (Urkundenrolle …/1999) eine rechtlich geschützte, auf den Erwerb der Anteile gerichtete Position erworben hat, die ihm gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden kann (s. hierzu BFH, Urteil vom 25. Juni 2009 IV R 3/07, BFH/NV 2009, 2039). Daran fehlt es im Streitfall, weil die Entstehung der Anteile von der Eintragung der Kapitalerhöhungsbeschlüsse im Handelsregister abhing, auf die der Kläger keinen Einfluss hatte.

c) Der Kläger hat schließlich auch keine Anwartschaft auf eine Beteiligung erworben. Unter einer Anwartschaft ist die rechtlich gesicherte Aussicht auf einen Erwerb von Anteilen zu verstehen, dessen Vollendung mit einiger Wahrscheinlichkeit erwartet werden kann (vgl. auch Eilers/R. Schmidt in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 17 EStG Anm. 150). Der schuldrechtliche Anspruch eines Nicht-Gesellschafters auf Erwerb eines Anteils durch Teilnahme an einer (disquotalen) Kapitalerhöhung gehört grundsätzlich nicht zu den Anwartschaften, es sei denn, die Kapitalerhöhung ist bereits beim Handelsregister angemeldet und eingetragen (vgl. FG Hamburg, Urteil vom 11. Juli 2001 VI 252/99, EFG 2001, 1435, mit weiteren Nachweisen; Eilers/R. Schmidt, a.a.O., § 17 EStG Anm. 151).

Im Streitfall bestand damit keine Anwartschaft, weil das Handelsregister die Kapitalerhöhung vom … Dezember 1998 abgelehnt und die Kapitalerhöhung vom … Dezember 1999 (Urkundenrolle …/1999) noch nicht angemeldet, jedenfalls aber nicht eingetragen war.

5. Die Aufwendungen aus der Inanspruchnahme aus der Bürgschaft sind nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen.

a) Bei den Zahlungen auf Grund der Inanspruchnahme aus der Bürgschaft handelt sich dem Grunde nach nicht um Werbungskosten, sondern um nachträgliche Anschaffungskosten, die nur wegen der fehlenden Beteiligung an der Kapitalgesellschaft nicht zu berücksichtigen sind (s. unter Abschn. 4.). Die Qualifizierung als (nachträgliche) Anschaffungskosten verdrängt einen etwaigen Werbungskostencharakter der Aufwendungen (vgl. BFH in BStBl. II 2004, 597; s. auch FG Hamburg, Urteil vom 11. Juli 2001 VI 252/99, EFG 2001, 1435).

b) Die Aufwendungen aus der Bürgschaftsübernahme sind als nachträgliche Anschaffungskosten anzusehen, weil die Bürgschaftsübernahme eigenkapitalersetzenden Charakter im Sinne von § 32a GmbHG a. F. hatte, der im Streitjahr noch gültig war. Die Bürgschaft ist nämlich vom Kläger zu einem Zeitpunkt übernommen worden, in dem sich die A. GmbH bereits in der Krise befand, weil sie nicht mehr kreditwürdig war (s. hierzu auch Eilers/R. Schmidt in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 17 EStG Anm. 202, 201; BFH, Urteil vom 12. Dezember 2000 VIII R 22/92, BStBl. II 2001, 385). Die eigenkapital-rechtliche Krise ergibt sich daraus, dass die A. GmbH im Dezember ohne die Gewährung eines weiteren Darlehens in ihrer Existenz bedroht gewesen wäre, Lieferantenkredite nicht mehr bedienen konnte und bereits ersten Vollstreckungsmaßnahmen ausgesetzt war (vgl. Bericht über den „Runden Tisch”, Abschnitt IV., Nr. 4, 6 und 7, Bl. 31 der Streitakte). Ohne Übernahme einer Höchstbürgschaft in Höhe von DM …, – neben der weiteren Übernahme von Höchstbürgschaften in Höhe von jeweils DM …,– durch die beiden Gesellschafter der A. GmbH – war die E. Bank nicht bereit, das Darlehen in Höhe von DM …,– auszureichen.

c) Der Annahme eines eigenkapitalersetzenden Charakters steht nicht entgegen, dass der Kläger im Zeitpunkt der Übernahme der Bürgschaft noch nicht Gesellschafter war. Denn nach § 32a Abs. 3 GmbHG gilt das Eigenkapitalrecht auch für Stützungsmaßnahmen Dritter, die der Darlehensgewährung oder Bürgschaftsübernahme durch einen Gesellschafter entsprechen. Zu den von § 32a Abs. 3 GmbHG erfassten Dritten gehören Nicht-Gesellschafter, die wirtschaftlich gesehen einem Gesellschafter gleichstehen, oder die einen Ausgleichsanspruch gegen Gesellschafter haben, weil sie die Finanzierungsmaßnahme wirtschaftlich für Rechnung des Gesellschafters erbringen (BFH in BStBl 2001 II S. 385 unter III. 2. Buchst. c der Gründe). Entsprechendes gilt auch für Dritte, die im Hinblick auf ihre beabsichtigte Gesellschafterstellung Finanzierungshilfen erbringen, wie dies im Streitfall zu bejahen ist (s. auch Hueck/Fastrich, GmbHG, 18. Aufl. 2006, § 32a Rz. 27, mit weiteren Nachweisen); die gesellschaftsrechtliche Vergleichbarkeit im Sinne von § 32a Abs. 3 GmbHG ergibt sich insbesondere daraus, dass auch die beiden Gesellschafter entsprechende Finanzierungshilfen, die auf Grund der bereits bestehenden Beteiligungen höher ausgestaltet waren, geleistet haben.

6. Schließlich sind die Aufwendungen nicht als Sonderbetriebsausgaben im Rahmen einer Mitunternehmerschaft, die aus dem Kläger und der A. GmbH (oder deren Gesellschaftern) bestand, zu berücksichtigen. Unabhängig davon, dass insoweit eine Feststellungserklärung noch nicht vorliegt und der Senat keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Schätzung nach § 162 Abs. 5, § 155 Abs. 2 AO hat, ist nicht ersichtlich, inwieweit eine Mitunternehmerschaft im Sinne von § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG zustande gekommen sein könnte. Das Scheitern der Beteiligung des Klägers an der A. GmbH führte nicht dazu, dass statt einer Kapitalgesellschaft nur eine Vorgründungsgesellschaft zustande kam, die als Personengesellschaft anzusehen wäre (vgl. hierzu auch BFH, Beschluss vom 05. September 2008 IV B 1/08, nicht veröffentlicht). Offenkundig war nämlich nur eine Beteiligung des Klägers als Anteilseigner an der bereits bestehenden A. GmbH geplant, nicht aber das Bestehen einer Personengesellschaft parallel zur A. GmbH.

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Da die Klage keinen Erfolg hatte, brauchte der Senat über die Notwendigkeit einer Hinzuziehung eines Bevollmächtigten nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO nicht zu entscheiden.

RechtsgebietEStGVorschriftenEStG § 9 Abs. 1 S. 1 EStG § 17 Abs. 1 S. 1 EStG § 17 Abs. 1 S. 3 EStG § 17 Abs. 2 EStG § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG § 20 Abs. 1

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