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03.11.2010 · IWW-Abrufnummer 103539

Landgericht Bonn: Beschluss vom 27.08.2010 – 31 T 1412/09

Zur Angemessenheit einer Ordnungsgeldes, wenn die Rechnungslegungsunterlagen wenige Sekunden nach Fristablauf eingereicht worden sind.


Landgericht Bonn

31 T 1412/09

Tenor: Auf die sofortige Beschwerde wird die unter dem 22.09.2009 getroffene Ordnungsgeldentscheidung aufgehoben, soweit sie über ein Ordnungsgeld von 50,00 Euro hinausgeht. Die festgesetzten Zustellungskosten bleiben unberührt.Die außergerichtlichen Kosten der Beschwerdeführerin, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren, werden der Staatskasse zu 4/5 auferlegt. Im Übrigen trägt die Beschwerdeführerin ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Gründe
I.
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes von 250,00 Euro wegen verspäteter Einreichung der Jahresabschlussunterlagen 2006 bei dem Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers. Das Bundesamt für Justiz hat der Beschwerdeführerin die Verhängung des Ordnungsgeldes mit Verfügung vom 11.03.2008, zugestellt am 18.03.2008, angedroht.
Das Bundesamt für Justiz hat durch die angefochtene Entscheidung vom 22.09.2009 das bezeichnete Ordnungsgeld festgesetzt.
Gegen die ihr am 24.09.2009 zugestellte Entscheidung hat die Beschwerdeführerin am 29.09.2009 (Eingang) sofortige Beschwerde eingelegt.
II.
Die gemäß §§ 335 Abs. 4, Abs. 5 S. 1 und 4 HGB statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde ist überwiegend begründet; im Übrigen ist sie unbegründet.
Das Bundesamt für Justiz hat das Ordnungsgeld dem Grunde nach zu Recht festgesetzt, denn die Beschwerdeführerin hat die Jahresrechnungsunterlagen für das Geschäftsjahr 2006 nicht innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung der Androhungsverfügung eingereicht. Die Einreichung ist erst am 30.04.2008 um 00:00:10 Uhr und damit 10 Sekunden zu spät erfolgt. Die Kammer geht davon aus, dass die Zeitangabe zutrifft, nachdem das Bundesamt mitgeteilt hat, dass ein Zeitsignal von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig mittels Signalsender an einen Zeitserver bei dem Bundesanzeiger-Verlag übermittelt werde, von wo es an die einzelnen Webserver weitergegeben werde, sodass gewährleistet sei, dass die Systemzeit genau der Echtzeit entspreche. Die Beschwerdeführerin hat im Übrigen mit Schriftsatz vom 19.08.2010 mitgeteilt, dass sie diese Feststellung nicht angreife. Soweit sie sich verwundert zeigt, dass das Gericht diese Feststellung überhaupt überprüft hat, ist darauf hinzuweisen, dass das Verfahren dem Amtsermittlungsgrundsatz unterliegt. Außerdem hatte die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 29.09.2009 mitgeteilt, dass eine gewisse Ungenauigkeit theoretisch denkbar und daher nicht von vornherein auszuschließen sei.
Die verspätete Einreichung war nicht entschuldigt. Soweit die Beschwerdeführerin vorträgt, dass bei der Eingabe übersehen worden sei, die Zustimmung zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Verlags anzuhaken, sodass es zu einer Fehlermeldung gekommen sei, war dies fahrlässig und die Verspätung damit schuldhaft. Fristen dürfen zwar grundsätzlich ausgeschöpft werden; es war daher nicht vorwerfbar, dass erst am letzten Tag der Frist mit der Einreichung begonnen wurde. Dann muss aber mit der erforderlichen Sorgfalt vorgegangen werden, um zu vermeiden, dass durch einen Fehler bei der Eingabe die Frist doch noch überschritten wird. Wenn übersehen wurde, ein notwendiges Häkchen zu setzen, und die Eingabe so knapp vor Fristablauf erfolgte, dass allein durch den Erhalt der Fehlermeldung und die umgehende Korrektur die Frist überschritten wurde, fehlte es an der erforderlichen Sorgfalt.
Die Fristüberschreitung war jedoch nur geringfügig im Sinne des § 335 Abs. 3 Satz 5 HGB. Das Ordnungsgeld konnte daher unter den gesetzlichen Mindestbetrag von 2.500,00 Euro herabgesetzt werden. Das Bundesamt hat einen Betrag von 250,00 Euro für angemessen gehalten. Dem kann die Kammer nicht folgen. Einerseits ist bei der Abwägung zwar zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber der Offenlegungspflicht eine hohe Bedeutung zugemessen hat, wie sich an dem hohen Mindestbetrag und dem weitgehenden Fehlen von Ausnahmeregelungen zeigt. Außerdem hat das Bundesamt lediglich 10 % des gesetzlichen Mindestbetrags angesetzt. Andererseits ist zu bedenken, dass die Einreichung lediglich um 10 Sekunden verspätet erfolgte. Die minimale Verspätung beruhte auf einem bloßen Versehen und nicht etwa auf einem vorsätzlichen Entschluss. Zudem ist die Verhältnismäßigkeit im Hinblick auf andere geringfügige Einreichungen zu wahren, die innerhalb der von dem Landgericht akzeptierten Schonfrist von zwei Wochen erfolgen und die - nach der bisherigen Kenntnis des erkennenden Gerichts - stets mit einem Ordnungsgeld von 250,00 Euro geahndet werden. Dies mag zwar im Regelfall nicht zu beanstanden sein, insbesondere wenn schon mehrere Tage der Schonfrist verstrichen sind. Bei einer derart minimalen Überschreitung wie in dem vorliegenden Fall gebietet es die Verhältnismäßigkeit jedoch, einen Betrag anzusetzen, der dieser besonderen Situation hinreichend Rechnung trägt. Die Kammer bemisst den angemessenen Betrag daher unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls auf 50,00 Euro.
Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Beschwerdeführerin auf § 335 Abs. 5 Satz 7 HGB. Im Übrigen ist keine Kostenentscheidung veranlasst.
Eine weitere Beschwerde gegen diesen Beschluss ist nicht zulässig (§ 335 Abs. 5 S. 6 HGB).
Der Wert des Beschwerdeverfahrens, soweit die Beschwerdeführerin mit ihrem Rechtsmittel keinen Erfolg gehabt hat, wird auf 50,00 EUR festgesetzt.

RechtsgebietHGBVorschriften§ 335 Abs. 3 Statz 5 HGB

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