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02.11.2010

Hessisches Finanzgericht: Urteil vom 16.01.2010 – 8 K 2151/07

Der auf 2/3 der Aufwendungen begrenzte Abzug von Kinderbetreuungskosten nach § 9 Abs. 5 S. 1 EStG i.V.m. § 4f EStG bei berufstätigen Eltern verstößt nicht gegen das objektive Nettoprinzip und ist verfassungsgemäß.


Tatbestand

Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Sie haben zwei in den Jahren 1999 und 2003 geborene Kinder. Der Kläger ist als Beamter tätig, die Klägerin ist seit dem .2006 mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von … Stunden bei … angestellt. Für ihr zweites Kind A, der das 3., aber noch nicht das 6. Lebensjahr vollendet hat, haben die Kläger Kindergartengebühren für die Zeit vom 01.09. – 31.12.2006 als Werbungskosten in (voller) Höhe von … € geltend gemacht.

Das Finanzamt erkannte bei der Einkommensteuerveranlagung nach § 10 Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes – EStG – in der im Streitjahr geltenden Fassung nur zwei Drittel der Aufwendungen (… €) als Sonderausgaben an.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren tragen die Kläger vor, bei berufstätigen Eltern verstoße die Begrenzung gem. § 9 Abs. 5 Satz 1 i.V.m § 4f EStG auf zwei Drittel der Aufwendungen gegen das objektive Nettoprinzip. Im Hinblick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 16.03.1999 (2 BvL 7/00, BVerfGE 112, 268, BFH/NV 2005, Beilage 4, 356) bestünden erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken an der gesetzlichen Regelung.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom … 2007 den angefochtenen Einkommensteuerbescheid zu ändern und die Kinderbetreuungskosten in voller Höhe als Werbungskosten zu berücksichtigen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach Auffassung des Beklagten wurden die Kinderbetreuungskosten zu Recht mit zwei Dritteln der Aufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG berücksichtigt. Eine Berücksichtigung als Werbungskosten komme nicht in Betracht, da die Klägerin nicht als erwerbstätig i.S. der Vorschrift des § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4f EStG anzusehen sei (BMF-Schreiben vom 19.01.2007-IV C 4 – S 2221 – 2/07, BStBl I 2007, 184, Tz. 23).

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die wechselseitigen Schriftsätze verwiesen.

Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Dem Senat lagen die den Streitfall betreffenden Einkommensteuerakten vor.

Gründe

Die Klage ist nicht begründet.

1. Nach § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4f des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung sind Aufwendungen für Dienstleistungen zur Betreuung eines zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehörenden Kindes, die wegen einer Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen anfallen, in Höhe von zwei Dritteln der Aufwendungen als Werbungskosten abzugsfähig. Im Falle des Zusammenlebens der Elternteile gilt dies nur, wenn beide Elternteile erwerbstätig sind. Sofern die Kinderbetreuungskosten keine Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben sind, können zwei Drittel der Aufwendungen als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 5, 8 EStG berücksichtigt werden.

a) Im Streitfall kann es mangels steuerlicher Auswirkung dahinstehen, ob der Abzug der geltend gemachten Kinderbetreuungskosten als Werbungskosten oder als Sonderausgaben zu erfolgen hat. Der Abzug in Höhe von zwei Dritteln der entstandenen Aufwendungen entspricht nach beiden Tatbeständen der gesetzlichen Regelung.

b) Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen im Streitfall nicht.

Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 4f EStG muss eine Kausalität zwischen Erwerbstätigkeit und dem Anfall von Kinderbetreuungskosten bestehen. Die Finanzverwaltung nimmt bei einer Arbeitszeit von mindestens 10 Stunden pro Woche ohne weitere Nachprüfung an, dass die Kinderbetreuungskosten erwerbsbedingt anfallen (BMF-Schreiben vom 19.01.2007-IV C 4 – S 2221 – 2/07, BStBl I 2007, 184, Tz. 23; vgl. Loschelder in Schmidt, EStG, 28. Auflage 2009 § 4f Rz 15). Folgte man dieser Verwaltungsauffassung, käme ein Abzug als Werbungskosten ohnehin nicht in Betracht, da die wöchentliche Arbeitszeit der Klägerin nur (weniger als 10) Stunden beträgt. Verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich des begrenzten Sonderausgabenabzugs sind von den Klägern nicht vorgetragen worden und für das Gericht auch nicht ersichtlich.

Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen aber selbst dann nicht, wenn die Betreuungskosten als Werbungskosten anzuerkennen wären.

Aus dem von den Klägern zitierten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 16.03.1999 (2 BvL 7/00, BVerfGE 112, 268, BFH/NV 2005, Beilage 4, 356), wonach erwerbsbedingt notwendige Kinderbetreuungskosten eines alleinstehenden Elternteils einkommensteuerlich berücksichtigt werden müssen, folgt nichts anderes:

Im Streitfall handelt es sich zumindest nicht um in vollem Umfang erwerbsbedingte notwendige und damit zwangsläufige Aufwendungen. Der Sohn der Kläger war im Streitjahr ab dem .2006 täglich von 8.00 – 12.00 Uhr und damit wöchentlich 20 Stunden im Kindergarten. Die Klägerin hat nicht vorgetragen, wie sich ihre wöchentliche Arbeitszeit im Einzelnen gestaltet. Selbst wenn die Klägerin nur an den Vormittagen … Std. wöchentlich arbeitete und die An- und Abfahrtszeiten zur Arbeitsstelle noch hinzuzurechnen wären, so ist doch mindestens die Hälfte der Betreuungszeit nicht durch die Berufstätigkeit veranlasst. Bei dieser Sachlage wird durch den Abzug von zwei Dritteln der Betreuungsaufwendungen steuerlich mehr berücksichtigt, als objektiv durch die Berufstätigkeit der Ehefrau veranlasst ist. Wegen des fehlenden Veranlassungszusammenhangs liegt der von den Klägern behauptete Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip nicht vor.

2. Da die Klage keinen Erfolg hat, sind die Kosten des Verfahrens gem. § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung den Klägern aufzuerlegen.

VorschriftenEStG § 9 Abs. 5, EStG § 4f

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