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02.11.2010

Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 18.03.2010 – 4 K 1343/06

Der Arbeitnehmeranteil zur Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder ist - obwohl nicht gesetzliche Pflichtversicherung - bei der Berechnung der Einkünfte und Bezüge eines gesetzlich rentenversicherten Kindes gemäß § 32 Abs. 4 S. 2 EStG mindernd zu berücksichtigen, da die vom Arbeitgeber abgeführten Beiträge an die VBL zum Aufbau einer Zusatzversorgung im Alter den Beiträgen zur gesetzlichen Sozialversicherung vergleichbar sind, das Kind sich den Beitragszahlungen nicht entziehen kann und die Beiträge an die VBL nicht in den Verfügungsbereich des Kindes gelangen, weil sie vom Arbeitgeber abgeführt werden.


Tatbestand

Strittig ist, ob der Arbeitnehmeranteil zur Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder als nicht gesetzliche Pflichtversicherung bei der Berechnung der Einkünfte und Bezüge eines gesetzlich rentenversicherten Kindes gemäß § 32 Abs. 4 S. 2 EStG mindernd zu berücksichtigen ist.

Die am 12. Oktober 1984 geborene Tochter A (Bl. 16 KiG-A) des Klägers befand sich laut Ausbildungsbescheinigung des Arbeitsamts vom 31. Oktober 2002 (Bl. 45 KiG-A) seit 1. September 2002 in einer Ausbildung als „Fachangestellte für Arbeitsförderung”. Ihre Abschlussprüfung legte sie am 29. Juni 2005 erfolgreich ab und wurde zum 30. Juni 2005 als Arbeitnehmerin übernommen (Bl. 60 KiG-A). Nach der Erklärung des Klägers vom 28. Oktober 2005 (Bl. 73/74 KiG-A) und der Gehaltsmitteilung des Arbeitgebers vom 21. Dezember 2004 (Bl. 58 KiG-A) erhielt die Tochter im Streitjahr 2004 eine Ausbildungsvergütung in Höhe von 10.894 € brutto. Die gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträge beliefen sich auf einen Jahresbetrag von 2.280,46 € und die Beiträge zur Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (nachfolgend kurz VBL genannt) auf insgesamt 156,86 € (Bl. 58 KiG-A). Zu den Werbungskosten für das Kalenderjahr 2004 machte der Kläger keine Angaben (Bl. 79/80 KiG-A) und merkte hierzu an, dass der Zeitraum schon lange zurückliege, keine Aufzeichnungen vorhanden seien und er davon ausgehe, dass mit dem Pauschbetrag alles abgegolten sei (Bl. 70 KiG-A).

Durch Bescheid vom 30. Dezember 2005 (Bl. 90/91 KiG-A) lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Gewährung von Kindergeld vom 17. November 2005 mit dem Argument ab, die Einkünfte und Bezüge der Tochter hätten im Kalenderjahr 2004 mehr als 7.680 € betragen. Gegen den Ablehnungsbescheid erhob der Kläger am 5. Januar 2006 Einspruch. Er wandte ein, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Januar 2005 zur Frage der Einbeziehung von Sozialversicherungsbeiträgen in den Jahresgrenzebetrag des § 32 Abs. 4 S. 2 EStG treffe auch auf die Arbeitnehmeranteile für die VBL zu, da die abgeführten Beiträge keine Entlastung der Eltern bewirken könnten (Bl. 92 KiG-A). Den Einspruch wies die Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom 13. Februar 2006 (Bl. 93-96 KiG-A) zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Für volljährige Kinder, die eine Berufsausbildung absolvierten, bestehe Anspruch auf Kindergeld gemäß § 32 Abs. 4 S. 2 EStG unter der zusätzlichen Voraussetzung, dass die Einkünfte des Kindes und seine Bezüge den gesetzlich festgelegten Grenzbetrag von 7.680 € nicht überschritten. Als Einkünfte seien die Bruttoeinnahmen des Kindes aus den sieben steuerlichen Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 EStG abzüglich der Werbungskosten bzw. der Betriebsausgaben anzurechnen. Ausweislich der Jahreslohnabrechnung 2004 sei bei der Tochter des Klägers von Bruttoeinkünften in Höhe von 10.894 € auszugehen. Hiervon sei nur der Arbeitnehmerpauschbetrag in Höhe von 920 € abzusetzen, da keine höheren Werbungskosten geltend gemacht bzw. nachgewiesen worden seien. Abziehbar sei ferner der Arbeitnehmeranteil der Sozialversicherungsbeiträge für Renten-, Pflege-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung in Höhe von insgesamt 2.280,46 €. Es verbliebe folglich ein zu berücksichtigendes Einkommen von 7.693,54 €. Die Beiträge zur VBL könnten hingegen nicht abgezogen werden. Da der Begriff der Einkünfte im § 32 Abs. 4 S. 2 EStG dem des § 2 Abs. 1 EStG entspreche, könnten nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen des Kindes nicht zusätzlich von dessen Einnahmen abgezogen werden. Ausnahmen seien nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Januar 2005 lediglich hinsichtlich des Abzuges von gesetzlichen Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Sozialversicherung des Kindes zugelassen worden. Hierunter würden die Beiträge zur VBL nicht fallen, auch wenn das Kind über diese Beiträge nicht frei verfügen könnte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 13. Februar 2006 verwiesen.

Mit der Klage hält der Kläger an seiner bisherigen Auffassung fest, dass die Beiträge zur VBL bei der Berechnung der Einkünfte und Bezüge eines gesetzlich rentenversicherten Kindes gemäß § 32 Abs. 4 S. 2 EStG mindernd zu berücksichtigen seien. Hierzu trägt er ergänzend und vertiefend vor:

Die ohne weitere Begründung im Raum stehende Behauptung der Beklagten, dass die Beiträge zur VBL nicht zu berücksichtigen seien, finde in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Januar 2005 nicht nur keine Stütze, sondern widerspräche Wortlaut und erkennbarer Intention des Urteils. Dabei sei der beklagten Familienkasse zuzugestehen, dass das Bundesverfassungsgericht nicht explizit die Berücksichtigung der VBL im Urteil angeordnet habe, was aber wohl daran liegen würde, dass in dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Sachverhalt kein Beitrag zur VBL zu entrichten gewesen sei. Nach dem nämlichen Urteil des Bundesverfassungsgerichts sei § 32 Abs. 4 S. 2 EStG verfassungskonform so auszulegen, dass Bezüge und Einkünfte des Kindes nur dann in den Jahresgrenzbetrag einfließen dürften, wenn sie zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet seien. Das Bundesverfassungsgericht habe dazu folgende Aussage wörtlich gemacht:

„Die Einbeziehung von Sozialversicherungsbeiträgen in die Bemessungsgröße für den Jahresgrenzbetrag gemäß § 32 IV S. 2 EStG benachteiligt unterhaltsverpflichtete Eltern von Kindern, die sozialversicherungspflichtige Einkünfte oberhalb der Freigrenze beziehen, ..., gegenüber unterhaltsverpflichteten Eltern, deren Kinder keine Einkünfte und Bezüge haben oder solche Mittel in einer Höhe beziehen, die noch unterhalb der Freigrenze blieben, jedoch dieselbe Höhe erreichen, die sich bei sozialversicherungspflichtigen Einkünften ergeben würden. Die anderen Eltern kommen in den Genuss eines Ausgleichs für ihre durch Unterhaltsverpflichtungen geminderte finanzielle Leistungsfähigkeit durch Gewährung von Kindergeld oder Kinderfreibeträgen. Dagegen wird ein solcher Ausgleich in der Fallgruppe mit Sozialversicherungspflicht versagt, obwohl Einkünfte in Höhe der gesetzlichen Pflichtbeiträge für den laufenden Unterhalt des Kindes, unabhängig von einer Willensbetätigung der Beteiligten, von vornherein nicht verfügbar sind und deshalb eine unmittelbare Erhöhung der finanziellen Leistungsfähigkeit der Eltern nicht bewirkt werden können”.

Das Bundesverfassungsgericht hebe in der Entscheidung erkennbar auf die tatsächliche wirtschaftliche Verfügbarkeit der Mittel des Kindes ab, ohne sich auf die dogmatische Einordnung als Bezüge oder Einkünfte zu beschränken. § 26 der Satzung der VBL begründe die Pflicht zur Versicherung in der VBL für den in der Norm umschriebenen Personenkreis. Seine Tochter gehöre diesem Personenkreis an, so dass ohne Willensbetätigung der Beteiligten die Beiträge zur VBL von vornherein nicht verfügbar seien und eine Erhöhung der finanziellen Leistungsfähigkeit tatsächlich nicht bewirkt werden könnte, da dieser Teil der Mittel schlicht nicht zur Verfügung gestanden habe. Das Bundesverfassungsgericht habe weiter ausgeführt, dass die folgerichtige Betrachtung des Zweckes von § 32 Abs. 4 S. 2 EStG verlange, dass für die Einbeziehung von Mitteln des Kindes in die Bemessungsgröße für die Freigrenze die mögliche Entlastungswirkung solcher Mittel bei den unterhaltspflichtigen Eltern entscheide, denn auf deren Leistungsfähigkeit komme es für die Gewährung und Begrenzung von Kindergeld und Kinderfreibeträgen an. Nach alledem sei bei verfassungskonformer Auslegung von § 32 Abs. 4 S. 2 EStG die Zahlung an die VBL zu berücksichtigen und ihm, dem Kläger, Kindergeld für das Jahr 2004 zu gewähren.

Der Kläger beantragt,

den Ablehnungsbescheid vom 30. Dezember 2005 und die Einspruchsentscheidung vom 13. Februar 2006 aufzuheben sowie die Beklagte zu verpflichten, ihm für Januar bis Dezember 2004 Kindergeld für seine Tochter A zu gewähren.

Die Beklagte, für die im Termin niemand erschienen ist, hat -- unter Bezugnahme auf ihre Ausführungen in der Einspruchsentscheidung -- schriftsätzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Gründe

I.

Die Klage ist begründet.

Der Ablehnungsbescheid vom 30. Dezember 2005 sowie die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 13. Februar 2006 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger für seine Tochter A von Januar bis Dezember 2004 Kindergeld zu gewähren (§ 101 S. 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Anspruch auf Gewährung von Kindergeld hat nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 63 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 32 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 Nr. 2a EStG, wer im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn sein im ersten Grad verwandtes Kind das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und das Kind für einen Beruf ausgebildet wird. Dass diese Erfordernisse gegeben sind, ist zwischen den Beteiligten zu Recht unstrittig. Im Streitjahr 2004 wohnte der Kläger im Inland und seine damals zwischen 20 bis 21 Jahre alte Tochter Annekatrin wurde als „Fachangestellte für Arbeitsförderung” ausgebildet.

Auch ist die weitere Voraussetzung des § 32 Abs. 4 S. 2 EStG erfüllt.

a) Nach dieser Vorschrift (in der für das Jahr 2004 gültigen Fassung) wird ein Kind nur berücksichtigt, wenn es Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, von nicht mehr als 7.680 € im Kalenderjahr hat.

Der Ausbildungslohn der Tochter belief sich im Jahr 2004 auf 10.894 € brutto. Soweit in dem Ausbildungslohn Beiträge des Kindes zur gesetzlichen Sozialversicherung (Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung) enthalten sind, gehören diese Sozialversicherungsbeiträge nicht in die Bemessungsgröße des § 32 Abs. 4 S. 2 EStG und müssen daher nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Januar 2005 (2 BvR 167/02, BVerfGE 112 Seite 164 = BFH/NV 2005, Beilage 3 Seite 260) herausgerechnet werden; hier also ein Betrag von 2.280,46 €. Weil nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG unter dem Begriff der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu verstehen ist (vgl. z.B.: BFH vom 4. November 2003 VIII R 59/03, BFH/NV 2004 Seite 407), ist der Ausbildungslohn im Hinblick darauf, dass keine höheren Werbungskosten nachgewiesen wurden, um den Werbungskostenpauschbetrag in Höhe von 920 € (§ 9a S. 1 Nr. 1 EStG 2004) zu kürzen. Abzuziehen sind ferner die Beiträge des Kindes zur VBL in Höhe von 156,86 €. Die Einkünfte und Bezüge im Sinne des § 32 Abs. 4 S. 2 EStG der Tochter A beliefen sich im Jahr 2004 mithin auf 7.536,68 € (= 10.894 € Brutto-Ausbildungslohn abzüglich 2.280,46 € gesetzliche Sozialversicherungsbeiträge abzüglich 920 € Werbungskostenpauschbetrag abzüglich 156,86 € Beiträge zur VBL) und unterschritten damit den gesetzlichen Jahresgrenzbetrag von 7.680 €.

b) Die vom Arbeitgeber abgeführten Beiträge an die VBL zum Aufbau einer Zusatzversorgung im Alter sind den Beiträgen zur gesetzlichen Sozialversicherung vergleichbar und müssen aus diesem Grunde wie die Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung aus der Bemessungsgröße des § 32 Abs. 4 S. 2 EStG herausgerechnet werden. Entgegen der Ansicht der Beklagten hat das Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz nicht nur hinsichtlich des Abzugs von gesetzlichen Pflichtbeiträgen zur Sozialversicherung des Kindes eine Ausnahme gemacht.

Wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 11. Januar 2005 (2 BvR 167/02, a.a.O.) herausstellte, sei § 32 Abs. 4 S. 2 EStG verfassungskonform so auszulegen, dass von den Bezügen wie von den Einkünften nur diejenigen in die Bemessungsgröße des § 32 Abs. 4 S. 2 EStG einfließen, „die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind”. Der Relativsatz „die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind” sei nicht nur auf Bezüge, sondern auch auf Einkünfte des Kindes zu beziehen. Dabei könne offen bleiben, „in welchen Fällen der Relativsatz im Einzelfall auf Einkünfte anzuwenden ist”. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist daher jeweils im Einzelfall zu prüfen, welche Teile der Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 2 EStG wegen eines sonst vorliegenden Grundrechtsverstoßes im Wege verfassungskonformer Einschränkung nicht angesetzt werden dürfen (BFH vom 26. September 2007 III R 4/07, BStBl II 2008Seite 738). Eine am Zweck des § 32 Abs. 4 S. 2 EStG orientierte Einzelprüfung führt nach Ansicht des erkennenden Senats zum Ergebnis, dass die Pflichtbeiträge zu der privaten Rentenzusatzversicherung nicht in die Bemessungsgröße des Jahresgrenzbetrages einzubeziehen sind.

Zweck der Begrenzung von Ansprüchen gemäß § 32 Abs. 4 S. 2 EStG ist es, diejenigen Eltern von finanziellen Entlastungen durch Freibeträge und Kindergeld auszuschließen, deren Kinder über eigene Einkünfte und Bezüge in einer das zu schützende Existenzminimum übersteigenden Höhe verfügen, so dass zugleich die Unterhaltspflicht der Eltern entfällt oder sich mindert (BFH vom 21. Juli 2000 VI R 153/99, BStBl II 2000 S. 566). Die folgerichtige Beachtung dieses Zweckes verlangt, dass für die Einbeziehung von Mitteln des Kindes in die Bemessungsgröße für den Jahresgrenzbetrag die mögliche Entlastungswirkung solcher Mittel bei den unterhaltspflichtigen Eltern entscheidet. Demgemäß hat der BFH in seinem Urteil vom 16. November 2006 (III R 74/05, BStBl II 2007S. 527: Beiträge zur freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung) ausgeführt, eine tatsächliche Entlastungswirkung der Eltern werde nicht nur dann verfehlt, wenn die fraglichen Einkünfte dem Kind von Gesetzes wegen nicht zur Verfügung stünden, sondern auch dann, „wenn sie nicht verfügbar sind, weil die Einkünfte durch unvermeidbare (zwangsläufige) Aufwendungen gebunden sind und daher nicht zur Bestreitung des Existenzminimums zur Verfügung stehen”. Von solchen unvermeidbaren (zwangsläufigen) Aufwendungen ist bei den Beiträgen zur VBL auszugehen. Der erkennende Senat folgt insoweit dem Niedersächsischen Finanzgericht vom 24. August 2006 (6 K 278/06, EFG 2006 Seite 1768), dem Finanzgericht Baden-Württemberg vom 30. Juli 2009 (13 K 1831/09, EFG 2009 Seite 1957) und den Finanzgericht Köln vom 28. August 2009 (5 K 1568/07, EFG 2010 Seite 61).

Zwar gehören die Beiträge des Kindes zu einer über die gesetzliche Rentenversicherung hinausgehende private Rentenzusatzversicherung nicht zu den unvermeidbaren, von den Einkünften abzuziehenden Aufwendungen, wenn das Kind in Berufsausbildung ist und in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert ist, da Altersvorsorgeaufwendungen im Unterschied zu Krankenversicherungsbeiträgen nicht der aktuellen Existenzsicherung des Kindes dienen und die Altersvorsorgung nicht vom Lebensbedarf i.S. des § 1610 BGB und deshalb nicht vom Unterhaltsanspruch des Kindes erfasst wird (BFH vom 26. September 2007 III R 4/07, BStBl II 2008S. 738). Hieraus folgt aber nicht, dass eine zusätzliche tarifliche Altersversorgung aufgrund tarifvertraglicher Vereinbarungen selbst dann bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge i.S. des § 32 Abs. 4 S. 2 EStG zu berücksichtigen ist, wenn sich das Kind den Beitragszahlungen nicht entziehen kann (a.A.: Sächsisches Finanzgericht vom 12. Mai 2009 5 K 1239/06 Kg, juris). Der Differenzierungsgrund zu den Beiträgen an die VBL besteht darin, dass die Beiträge für eine freiwillige private Rentenversicherung aus Einkünften des Kindes geleistet werden, die zuvor in seinen Verfügungsbereich gelangt waren und daher grundsätzlich zur Bestreitung des Unterhalts zur Verfügung standen. Hingegen gelangen weder die gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträge der Tochter des Klägers noch deren Beiträge an die VBL in ihren Verfügungsbereich, weil sie vom Arbeitgeber abgeführt werden. Sie können mithin eine effektive Entlastung der Eltern nicht bewirken (FG Baden-Württemberg vom 30. Juli 2009 13 K 1831/09, a.a.O.), obwohl die Eltern andererseits aus sittlichen Gründen sich der Unterstützung ihres Kindes nicht entziehen können, wenn das Kind außer Stande ist, ein Unterschreiten seiner Einkünfte und Bezüge unter das Existenzminimum durch eine eigenverantwortliche Willensentscheidung zu vermeiden. So verhält es sich im Streitfall.

In dem von der Beklagten mit Schreiben vom 8. März 2010 beigefügten Muster-Ausbildungsvertrag der Bundesagentur für Arbeit heißt es in § 2, dass sich das Ausbildungsverhältnis u.a. nach dem Tarifvertrag zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Nachwuchskräfte der Bundesagentur für Arbeit (TVN-BA) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der jeweils geltenden Fassung bestimmt. Gemäß § 2 Abs. 1 des Tarifvertrages über die betriebliche Altersversorgung für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesagentur für Arbeit (Tarifvertrag Altersversorgung BA-ATV-BA) vom 18. November 2002 in der Fassung des 3. Änderungstarifvertrages sind die Beschäftigten bis auf die in den Absätzen 2 und 3 geregelten Ausnahmefälle ansonsten bei der Zusatzversorgungseinrichtung pflichtweise zu versichern. Da die Tochter (unstrittig) nicht zu dem in den Absätzen 2 und 3 des § 2 BA-ATV-BA genannten Personenkreis gehört, zeigen sich die von ihr getragenen Beiträge zur VBL als Pflichtbeiträge, denen sie sich nicht durch eine eigenverantwortliche Willensentscheidung entziehen konnte. Denn nach der Einlassung der Beklagten im Schreiben vom 8. März 2010 war es der Tochter des Klägers laut Auskunft der Personalverwaltung nicht möglich, einen abweichenden Individualvertrag abzuschließen.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache war die Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.

VorschriftenEStG § 32 Abs. 4 S. 2

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