Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

02.11.2010 · IWW-Abrufnummer 102246

Finanzgericht Thüringen: Urteil vom 17.03.2010 – 4 K 856/08

1. Bei Nichtbestehen einer – eine Erbfallschuld nach § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG begründen könnenden – erbrechtlichen Verpflichtung zur Grabpflege sind Grabpflegekosten lediglich im Rahmen des § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG abzugsfähig. Dabei ist nicht auf die individuellen Verhältnisse, sondern auf die üblichen Kosten abzustellen. Maßgebend sind die bei der Inanspruchnahme von Fremdleistungen nach den üblichen Mittelpreisen des Bestattungsorts zu erwartenden Aufwendungen, die gem. § 13 Abs. 2 BewG nur mit dem Kapitalwert abgezogen werden können.


2. Bei der Bemessung der Grabpflegekosten nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG sind nur die durch den konkreten Sterbefall veranlassten Aufwendungen abzugsfähig, so dass im Falle eines Familiengrabs Grabpflegekosten zumindest dann anteilig für alle in dem Grab liegenden Toten erbracht werden, wenn sie dem Erben familiär gleich nahe stehen.


Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
hat der IV. Senat des Thüringer Finanzgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung … in der Sitzung vom 17. März 2010 für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe der zu berücksichtigenden Grabpflegekosten als Nachlassverbindlichkeit.
Die Klägerin war aufgrund testamentarischer Verfügung Erbin des Nachlasses des am 24. Juni 2005 verstorbenen Alfons X. In dem handschriftlichen Testament (Blatt 5 der Steuerakte) vom 25. Juli 2001 war die Klägerin als Hauptserbin eingesetzt worden. Unter anderem sollte sie auch einen Barbetrag in Höhe von 50.000 DM erhalten, den sie für die Bestattung, Grabpflege und Nachlassregelungen mit einsetzen könne. Die Urne des Erblassers wurde in einem Einzelgrab für die Größe eines Sarges neben der bereits 1981 verstorbenen Frau Berta X beigesetzt. Das Nutzungsrecht war bereits vorhanden gewesen und durch den Todesfall nur verlängert worden.
In ihrer Erbschaftsteuererklärung machte die Klägerin neben hier nicht streitigen Kosten in Höhe von 6.003,40 EUR auch Grabpflegekosten in Höhe von jährlich 1.388 EUR mit einem Kapitalwert (Jahreswert × 9,3) in Höhe von 12.909 EUR geltend.
Der Beklagte ermittelte die Summe der Besitzposten (hier Grundvermögen und Sparkonten) mit 199.579 EUR, setzte die Vermächtnisschulden, die Steuerberatungskosten und sonstige Verbindlichkeiten in Höhe von insgesamt 76.078 EUR ab und erhielt so den Saldo der anteilig anzurechnenden Vermögenswerte in Höhe von 123.501 EUR, wovon er die Erbfallkostenpauschale gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) in Höhe von 10.300 EUR abzog und einen Wert des Erwerbs in Höhe von 113.201 EUR errechnete. Mit Bescheid vom 28. Februar 2007 setzte er die Erbschaftsteuer für diesen Erwerb aus der Steuerklasse II mit einem Steuersatz nach § 19 Abs. 1 ErbStG von 17 % auf 17.493 EUR fest, wobei er einen Freibetrag nach § 16 ErbStG in Höhe von 10.300 EUR berücksichtigte (Bl. 84 und 83 der Steuerakte).
Die Klägerin erhob dagegen Einspruch und begehrte erst den Ansatz höherer Grabpflegekosten in Höhe von 12.906,68 EUR. Mit Schreiben vom 18. April 2007 begehrte sie dann anhand ihrer eigenen Auflistung (Blatt 101 der Steuerakte) den Ansatz der jährlichen Grabpflegekosten in Höhe von 844,55 EUR und einem Kapitalwert (9,3 × dem Jahreswert) in Höhe von 7.859 EUR. Diese Kosten setzten sich unter anderem aus folgenden Kostenbestandteilen zusammen: Kosten der Bepflanzung, Fahrtkosten an 216 Tagen, 23 Blumensträuße, Nutzung von Werkzeug und die Nutzungsgebühr der Grabstätte usw. Die hier streitigen Grabpflegekosten fielen tatsächlich an, auch wenn sie nach den Ausführungen des Finanzamtes über den ortsüblichen Aufwendungen lägen. Erfahrungswerte seien lediglich Durchschnittswerte, die in ihrer Höhe bei jedem einzelnen Steuerpflichtigen höher und niedriger ausfallen könnten. Ihre Grabpflegekosten gingen in jedem Fall über den erfahrungsgemäßen Durchschnitt hinaus. Zudem werde im Testament des Erblassers explizit geregelt, dass sie allein für die Grabpflege zuständig sei.
Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 3. September 2008 als unbegründet zurückgewiesen. Nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG seien u. a die Kosten für die übliche Grabpflege mit ihrem Kapitalwert für eine unbestimmte Dauer abzugsfähig. Hierbei sei auf die Üblichkeit des jeweiligen Bestattungsortes abzustellen, da die Kosten von Ort zu Ort variierten. Da es keine Festlegung dieser Kosten gebe, werde ein mittlerer Wert von 250 bis 300 EUR als üblich angesehen. Falls die tatsächlichen Aufwendungen die üblichen Kosten überstiegen, kämen sie nicht zum Ansatz, auch wenn sie durch die besondere gesellschaftliche Stellung des Erblassers, seine Vermögensverhältnisse oder andere persönliche Umstände veranlasst seien. Als Kapitalwert der Grabpflegekosten sei nach § 12 Abs. 1 ErbStG i. V. m. § 13 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes (BewG) das 9,3-fache der jährlichen Kosten anzusetzen. Da die Klägerin weder vorgetragen habe, dass die üblichen Grabpflegekosten in X-Stadt höher seien als die vom Finanzamt geschätzten, noch sich anderweitige Anhaltspunkte in dieser Hinsicht aus der Akte ergäben, sei ein geschätzter Ansatz mit höchstens 300 EUR nicht zu beanstanden. Eine individuelle Erhöhung dieser Kosten komme nicht zum Ansatz. Die Fahrtkosten an über 200 Tagen oder die 23 Blumensträuße seien durch persönliche Umstände veranlasst und fielen nicht mehr unter die Üblichkeit. Bei der Annahme von 300 EUR als jährliche Grabpflegekosten ergebe sich ein zu berücksichtigender Betrag von 2.790 EUR, sodass sämtliche Aufwendungen im Sinne des § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG die Pauschale von 10.300 EUR nicht überstiegen.
Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin vor, dass sie aufgrund testamentarischer Verfügung Erbin von Herrn Alfons X sei. Die Beklagte habe mit Bescheid vom 28. Februar 2007 die Erbschaftssteuer für diesen Erwerb auf 17.493,00 EUR festgesetzt, wobei lediglich die Erbkostenpauschale in Höhe von 10.300 EUR berücksichtigt worden sei, wogegen sie sich mit der Klage wende. Unstreitig sei, dass ihre Aufwendungen für die Grabpflege höher seien als die anerkannten Grabpflegekosten in dem angefochtenen Bescheid. Tatsächlich seien die in der Erbschaftssteuererklärung deklarierten Grabpflegekosten in Höhe von 12.900,68 EUR anzusetzen. Die vom Beklagten zugrunde gelegten Pauschalen seien lediglich Durchschnittswerte, die in ihrer Höhe bei jedem einzelnen Steuerpflichtige niedriger oder auch höher ausfallen könnten. Entgegen der Auffassung des Beklagten entsprächen die in der Erbschaftssteuer geltend gemachten Grabpflegekosten den tatsächlich anfallenden üblichen Aufwendungen. Zutreffend sei zwar, dass § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG regele, welche Kosten als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig seien. Die Vorschrift mache jedoch keine Angaben dahingehend, welcher Aufwand sich noch im Rahmen einer üblichen Grabpflege bewege. Der Beklagte könne sich nicht ausschließlich an den Sätzen orientieren, die am Bestattungsort dem üblichen Rahmen entsprächen. Die Höhe der absetzungsfähigen Kosten sei stets auch an der Person des Erblassers und seiner Angehörigen zu messen. Dabei spiele ebenso der jeweilige wirtschaftliche Hintergrund wie auch das Ansehen des Erblassers eine gewichtige Rolle. Es bedürfe keiner näheren Erläuterung, dass die Kosten für die Grabpflege sich daher ebenso wie die Erblasser unterschieden. Es sei daher stets eine am Einzelfall orientierte Betrachtung vorzunehmen. Der Beklagte müsse hinnehmen, dass es Personenkreise gebe, bei denen höhere Kosten für die Grabpflege anfielen. Sie sei als Leiterin der XY-Behörde im Z-Kreis tätig und übe daneben ehrenamtliche Tätigkeiten in verschiedenen Jugendeinrichtungen, Politik und Kirche aus. Für sie sei daher ein stets tadellos gepflegtes Grab von erheblicher Bedeutung. Weiterhin sei sie dem Erblasser durch eine gemeinsame Haushaltsführung und Pflege zu Lebzeiten sehr verbunden gewesen. Auch die Höhe des Nachlasses rechtfertige eine stets sorgfältige und liebevolle Grabpflege. Sie komme damit jedenfalls einer moralischen Verpflichtung nach, wenn sie sich in dem dargelegten Umfang um die Grabpflege kümmere. Es werde auf die bereits vom Beklagten übersandten Bilder verwiesen, auf denen die liebevolle und aufwendige Grabpflege deutlich werde. Ausweislich des als Anlage K 1 beigefügten Angebots des Blumenladens aus dem Jahre 2006 beliefen sich die Kosten für die Grabpflege auf nahezu 1.400 EUR. Ein neueres Angebot aus dem Jahre 2010 laute auf 1.125,02 EUR (Bl. 39 d. Gerichtsakte). Das Blumenlädchen habe ein Angebot in Höhe von 844,55 EUR und die Fa. ABC eines in Höhe von 1.066/12 EUR für die Jahrespflege abgegeben (Bl. 40 u. 41 der Gerichtsakte).
Die Klägerin stellt den Antrag,
die mit Erbschaftssteuerbescheid vom 28. Februar 2007 festgesetzte Erbschaftssteuer unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 3. September 2008 auf 16.016 EUR herabzusetzen
die Kosten des Verfahrens dem Beklagten aufzuerlegen;
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung seines Antrages trägt er vor, dass ausschlaggebend für die Berücksichtigung von Grabpflegekosten im Rahmen des § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG nicht die vom Erben tatsächlich getätigten Aufwendungen seien, sondern auf den Aufwand für eine übliche Grabpflege am Liegeort abzustellen sei. Die Klägerin lege wiederum das Kostenangebot eines Blumenladens in X-Stadt vor. Bei diesem Angebot sei zu Grunde gelegt worden, dass an 45 Wochen im Jahr jeweils zwei Blumensträuße auf das Grab gestellt würden. Dies sei ein ganz individueller Wunsch der Klägerin und nicht üblich. Zudem führe der Blumenladen insgesamt 30 Stunden für das Gießen des Grabes auf. Dies erscheint sehr hoch, da üblicherweise die Zeit des Gießens auf die Zeit von April bis Oktober beschränkt sei und sich unter Berücksichtigung von Frühlings- und Sommertemperaturen im Frühling (April bis Juni) auf ein Gießen von dreimal wöchentlich und im Sommer (Juli bis Oktober) von 4 Mal wöchentlich beschränken müsse. Setze man für das reine Gießen, das durch ein Unternehmen ausgeführt werde, pro Tag 10 Minuten an, errechne sich insgesamt ein Aufwand bei einem Stundenlohn von 18 EUR und 30 Wochen von 288 EUR netto (10 Min × 3 × 12 Wochen + 10 Min × 4 × 16 Wochen = 980 Min = ca. 16 Std. × 18 EUR). Es sei auch zu berücksichtigen, dass es sich um die Pflege eines Familiengrabes von zwei Personen handele und daher nicht allein durch den Erblasser verursachte Kosten vorlägen. Die als üblich angesehenen Grabpflegekosten in Höhe von 250 EUR bis 300 EUR seien den Kommentierungen entnommen worden. Es sei auch nicht zu erkennen, dass der Erblasser der Klägerin eine darüber hinausgehende Kostentragungspflicht durch letztwillige Verfügung auferlegt habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten bzw. beigezogenen Akten und Unterlagen und auf die Ausführungen in den umfangreichen Schriftsätzen der Beteiligten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der angegriffene Verwaltungsakt ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –).
Der Beklagte hat die auf die Klägerin entfallende Erbschaftsteuer auf den Erwerb von Todes wegen im Anschluss an den Tod des Erblassers, Herrn Alfons X, richtig festgesetzt. Der Wert der steuerpflichtigen Bereicherung (§ 10 Abs. 1 Satz 1 und 2 ErbStG) wurde zutreffend berechnet. Der Saldo der der Klägerin zuzurechnenden Vermögenswerte wurde unstreitig in Höhe von 123.501 EUR festgesetzt. Aber auch der Wert des Erwerbes in Höhe von 113.201 EUR ist nicht zu beanstanden. Es war nur die Erbfallkostenpauschale nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG in Höhe von 10.300 EUR als weitere Nachlassverbindlichkeit anzusetzen und nicht der von der Klägerin begehrte höhere, individuell ermittelte Betrag inklusive der zusätzlichen konkret angegebenen Grabpflegekosten.
Nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG sind als Nachlassverbindlichkeiten u. a. abzugsfähig die Kosten für die übliche Grabpflege mit ihrem Kapitalwert für eine unbestimmte Dauer. Für den Abzug dieser Grabpflegekosten, die nicht zu den von der Kostentragungspflicht des Erben umfassten Beerdigungskosten im Sinne des § 1968 BGB gehören, bedarf es keiner rechtlichen Verpflichtung der Erben. Es genügt vielmehr, dass solche Kosten in der Person eines Erwerbers tatsächlich entstanden sind bzw. künftig noch entstehen werden und dass sie durch den Sterbefall veranlasst sind. Abzugsfähig sind aber nur die Kosten der „üblichen” Grabpflege, d. h. die Aufwendungen, die bei der Inanspruchnahme von Fremdleistungen nach den üblichen Mittelpreisen des Liegeortes zu erwarten sind (vgl. § 15 Abs. 2 BewG). Diese fortlaufend anfallenden Kosten können überdies nur mit ihrem Kapitalwert im Sinne des § 13 Abs. 2 BewG – d. h., mit dem 9,3-fachen der jährlichen Kosten – abgezogen werden. Dass die tatsächliche Liegezeit u. U. deutlich länger ist, kann den Abzug eines über diesen Kapitalwert hinausgehenden Betrages nicht rechtfertigen (Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 7. Oktober 1981 II R 16/80, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs – BFHE – 134, 181, Bundessteuerblatt – BStBl – II 1982, 2). Dabei sind, da nur die durch den konkreten Sterbefall veranlassten Aufwendungen abzugsfähig sind, bei einer Familiengrabstätte nur die Kosten zu berücksichtigen, die auf die Grabstätte des Erblassers entfallen (Urteil des Finanzgerichts – FG-Rheinland Pfalz vom 20. März 1997 – 4 K 1904, 96, zitiert nach Haufe Steuer Office Professional). Diesen sich aus § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG ergebenden Abzugsbeschränkungen entspricht der Kostenansatz des Beklagten im angefochtenen Erbschaftsteuerbescheid. Dass die von der Klägerin geltend gemachten Aufwendungen den Maßstab des Üblichen überschreiten, wird auch nicht durch die vorgelegten Angebote widerlegt. Zu bedenken ist, dass die Angebote entsprechend den individuellen Wünschen des Bestellers ausgearbeitet werden. Der Maßstab des „Üblichen” ist deshalb nicht nur auf die Kostenforderungen der gewerblichen Grabpflegedienstleister, sondern auch auf die Vorstellung der Erben als Auftragsgeber anzuwenden. Dabei ist gerade nicht auf die besondere gesellschaftliche Stellung, gerade nicht auf die Vermögensverhältnisse und auch nicht auf die persönlichen Verhältnisse von Erblasser und Erben abzustellen, sondern auf die allgemein üblichen Verhältnisse am Ort des Grabmals (s. auch Moench/Kein-Humbert/Weinmann, Kommentar zur Schenkung- und Erbschaftsteuer, Rdn. 74 ff zu § 10 ErbStG) und auf die Wunschvorstellungen des durchschnittlichen Erben. Deshalb ist nach Auffassung des Senats wohl nicht eine feste, in EUR bemessene Summe als Schwellenwert für die Bestimmung des „Üblichen” anzuwenden, wie es der Beklagte mit dem Ansatz eines festen Wertes von 300 EUR (entsprechend den Festlegungen der OFD Koblenz) möglicherweise sieht, weil der Schwellenwert durchaus auch durch das Preisgefüge am Ort der Leistung und z. B. möglicherweise auch durch die Bedingungen auf dem jeweiligen Friedhof bestimmt wird.
Danach erscheinen die durch die besonderen Ansprüche der Klägerin hervorgerufenen Kosten für die durch gewerbliche Gärtner durchzuführende Grabpflege in X-Stadt unüblich hoch. Dabei sind für den hier maßgeblichen Sachverhalt auch zwei besondere Umstände zu berücksichtigen. Die Klage kann zum einen erst Erfolg haben, wenn der für die Grabpflegekosten anzusetzende jährliche Wert 462 EUR übertrifft, weil erst dann die vom Beklagten angewendete Pauschale in Höhe von 10.300 EUR überschritten wird. Zieht man nämlich von der Pauschale in Höhe von 10.330 EUR die unstreitigen Kosten in Höhe von 6.003 EUR ab, so verbleibt ein Wert von 4.297 EUR. Teilt man diesen Wert durch den durch § 13. Abs. 2 BewG bestimmten Faktor (hier Quotienten) von 9,3, so erhält man diese 462 EUR. Die sich daraus ergebende monatliche Belastung für die Klägerin würde somit 38,50 EUR betragen. Bei dem in X-Stadt wohl nicht sehr hohen Lohngefüge ist dies ein Betrag, der die Grenzen der „Üblichkeit”, gemessen an den Bedürfnissen des durchschnittlichen Erben, deutlich übersteigt. Dabei ist auch zu bedenken, dass der hier maßgebliche Grabpflegebetrag über einen langen Zeitraum mit dem Faktor 9,3 kapitalisiert wird. Deshalb muss man zumindest auch bei der Bewertung der Grabpflegekosten mit berücksichtigen, dass die Trauer und damit „üblicherweise” auch der Grabpflegeaufwand im Laufe der Zeit erheblich abnehmen. Eine, gemessen an dem kapitalisierten Wert, weit über zehnjährige monatliche Belastung in Höhe von mehr als 38 EUR für die Pflege eines Grabes ist nach Auffassung des Senats für den Raum X-Stadt nicht üblich im Sinne des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG.
Außerdem ist bei der Bemessung der Grabpflegekosten auch zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Grab um ein „Familiengrab” handelt, weil auch die Großmutter der Klägerin darin begraben ist, und damit die Grabpflegeleistungen auch für die weitere, der Klägerin familiär ebenso nahe stehenden beerdigten Person erbracht werden. Nach der auch vom hier entscheidenden Senat vertretenen Auffassung des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz (Urteil vom 20. März 1997 – 4 K 1904/96, zitiert nach Haufe Steuer Office Professional) sind aber nur die durch den konkreten Sterbefall veranlassten Aufwendungen abzugsfähig, bei einem Familiengrab nur die auf Grabstätte des Erblassers entfallenden Kosten (s. auch Troll/Gebel/Jülicher, Kommentar zum ErbstG, Rdn. 207 zu § 10). Dies führt nach Auffassung des Senats dazu, dass die Grabpflegekosten zumindest dann anteilig für alle in dem Grab liegenden Toten erbracht werden, wenn sie – wie im Streitfall – der Erbin (familiär) gleich nahe stehen. Damit hätte der jährliche Betrag für die Grabpflegekosten 924 EUR (2 × 462 EUR) überschreiten müssen, dass die hier anhängige Klage Erfolg haben kann. Dieser Betrag liegt aber weit oberhalb der Schwelle des „Üblichen” im Sinne von § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG.
Da im Streitfall auch die Kosten der Grabpflege auch nicht durch den Erblasser veranlasst oder angeordnet wurden, kann die Klage auch nicht unter dem von der Klägerin zur Begründung ihrer Klage ebenfalls angeführten Aspekt der erbrechtlichen Auflage Erfolg haben. Der bereicherungsmindernde Abzug von Grabpflegekosten ist dann nicht auf die üblichen Aufwendungen beschränkt, wenn der Erblasser einem Erwerber eine darüber hinausgehende Kostentragungspflicht durch letztwillige Verfügung auferlegt hat. Eine solche Auflage begründet eine Erbfallschuld im Sinne des § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG, die mit dem sich aus Anlage 9a zu § 13 Abs. 1 BewG ergebenden Kapitalwert anzusetzen ist. Für die Annahme einer derartigen letztwilligen Auflage (§§ 1940, 2192 BGB) muss aber die Anordnung, Grabpflegekosten im Interesse des Erblassers zu übernehmen, Inhalt einer Verfügung von Todes wegen sein. Enthält das Testament – wie im Streitfall – keine ausdrückliche Anordnung dieses Inhaltes, kann sich ein entsprechender Wille des Erblassers dennoch aus einer den inneren Zusammenhang der letztwilligen Verfügung sowie die Motive und Interessenlage des Erblassers berücksichtigenden Testamentsauslegung ergeben. Das handschriftliche Testament des Erblassers, Herrn Alfons X, enthält aber keine Anhaltspunkte für einen dahingehenden Erblasserwillen. Der Klägerin wird der Barbetrag von 50.000 DM vererbt mit dem Hinweis, sie könne die Beerdigungskosten und die Kosten der Grabpflege aus dieser Summe tragen. Art und Umfang der Grabpflege wird in diesem Testament also nicht vom Erblasser angeordnet, sonder in den Entscheidungsbereich der Klägerin gestellt. Insoweit wird nur ein Finanzierungsvorschlag gemacht für den Fall, dass die Klägerin das Grab pflegt, nicht jedoch eine zu beachtende erbrechtliche Auflage. Auch durch Auslegung ist nicht herzuleiten, dass die Klägerin die hier streitigen umfangreichen Pflegearbeiten für das Grab des Erblassers erbringen muss, um Erbin zu werden bzw. den Nachlass behalten zu dürfen, dass also diese Kosten aus dem Nachlass in einem durch das Testament bestimmten – hier ungewöhnlich hohem – Umfang zu tragen sind.
Da auch keine anderen Rechtsgrundlagen ersichtlich sind, die eine erbrechtliche Verpflichtung der Klägerin zur Grabpflege in dem streitigen Umfang begründen könnten, kann die Klage keinen Erfolg haben, weil die hier streitigen Grabpflegekosten im konkreten Fall durch die Erbfallpauschale in Höhe von 10.300 EUR vollumfänglich abgegolten sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

VorschriftenErbStG § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 1, ErbStG § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 2, ErbStG § 10 Abs. 5 Nr. 2, ErbStG § 12 Abs. 1, BewG § 15 Abs. 2, BewG § 13 Abs. 2, BewG § 13 Abs. 1, BGB § 1940, BGB § 2192

Sprechen Sie uns an!

Kundenservice
Max-Planck-Str. 7/9
97082 Würzburg
Tel. 0931 4170-472
kontakt@iww.de

Garantierte Erreichbarkeit

Montag - Donnerstag: 8 - 17 Uhr
Freitag: 8 - 16 Uhr