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02.11.2010

Finanzgericht Münster: Urteil vom 23.06.2010 – 12 K 2029/07 E

Das Besteuerungsrecht für die Besteuerung von Veräußerungsgewinnen aus der Veräußerung einer in Spanien gelegenen ETW ist nach dem DBA Spanien zu beurteilen und steht danach allein Spanien zu.


Im Namen des Volkes

URTEIL

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Senat in der Besetzung: Vorsitzender Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … ehrenamtlicher Richter … ehrenamtlicher Richter … ohne mündliche Verhandlung in der Sitzung vom 23.06.2010 für Recht erkannt:

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Gewinn aus der Veräußerung von in Spanien gelegenem Grundbesitz im Inland steuerlich zu erfassen ist.

Die Kläger (Kl.) werden als Eheleute zur Einkommensteuer (ESt) zusammen veranlagt. Zu berücksichtigen waren im Streitjahr 2004 neben Einkünften aus Gewerbebetrieb und aus nichtselbständiger Arbeit solche aus Vermietung und Verpachtung (VuV). Gegenstand der Vermietung war u.a. eine Eigentumswohnung (ETW) auf der zu Spanien gehörenden Insel B (Apartment Nr. 1 im D „S” in der Gemeinde T). Diese ETW hatte der Kl. im Jahr 1999 zum Preis von 125.000,00 DM erworben. In den folgenden Jahren waren bis 2001 nachträgliche Anschaffungskosten i. H. v. 28.417,77 DM angefallen. Im Sommer 2004 ist sie zum Preis von 113.750,00 EUR veräußert worden.

In ihrer Erklärung zur ESt des Streitjahres 2004 gaben die Kl. an, dass der Vorgang „Anschaffung/Veräußerung” nicht der deutschen ESt unterliege.

Das Finanzamt (FA) führte die Veranlagung im Wesentlichen auf der Basis der Erklärung durch. Zusätzlich berücksichtigte es den Gewinn aus der Veräußerung der in Spanien gelegenen ETW, den es wie folgt berechnete:

Anschaffungskosten125.000,00 DM
nachträgliche Anschaffungskosten28.417,77 DM
153.417,77 DM78.441,26 EUR
Veräußerungserlös113.750,00 EUR
Gewinn35.308,74 EUR.
Nach Auffassung des FA lag ein privates Veräußerungsgeschäft i. S. d. § 23 Abs. 1 Satz 3 Einkommensteuergesetz (EStG) vor, aus dem der Gewinn gem. § 22 Nr. 2 EStG als sonstige Einkünfte zu erfassen sei. Das Besteuerungsrecht für einen Veräußerungsgewinn dieser Art stehe gemäß Art. 13 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland (BRD) und dem Spanischen Staat zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung bei den Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (DBA-Spanien) vom 14.03.1968 (BStBl I 1968, 544) beiden Vertragsstaaten zu. Wie im Falle einer Vermietung bei laufenden Vermietungseinkünften werde die Doppelbesteuerung auch im Falle einer Veräußerung durch Anrechnung der ggf. in Spanien gezahlten Steuer vermieden. Dies ergebe sich aus Art. 23 Abs. 1 Buchstabe b ee DBA-Spanien. Die Anwendung der Anrechnungsmethode sei nicht auf die Nutzung des unbeweglichen Vermögens i. S. v. Art. 6 Abs. 1 DBA-Spanien beschränkt, sondern umfasse im Rahmen des Art. 23 Abs. 1 DBA-Spanien auch die Veräußerung des unmittelbaren Vermögens. Hingewiesen werde auf die insoweit gleich lautenden Verfügungen jeweils vom 29.11.1999 der Oberfinanzdirektion (OFD) Düsseldorf S 1301 A-Spanien – St 112 und der OFD Münster S 1301 – 35 – St 22 – 34, veröffentlich u. a. in EStG-Kartei NRW „DBA-Spanien” Nr. 800.

Mit dem Bescheid vom 13.10.2006 setzte das FA die ESt auf 60.552,00 EUR fest.

Wegen des Ansatzes der sonstigen Einkünfte in der Höhe von 35.309,00 EUR legten die Kl. am 19.10.2006 Einspruch ein.

Hinsichtlich des Ansatzes des Veräußerungsgewinns blieb der Einspruch erfolglos. Mit der Einspruchsentscheidung (EE) vom 11.04.2007 änderte das FA die ESt-Festsetzung aus anderen – hier nicht streitigen – Gründen. Es setzte die ESt nunmehr auf 60.664,00 EUR fest.

Mit der am 09.05.2007 erhobenen Klage tragen die Kl. vor, der Ansatz des Gewinns aus der Veräußerung der in Spanien belegenen ETW als sonstige Einkünfte sei rechtsfehlerhaft im Inland erfolgt. Dem stehe Art. 13 Abs. 1 des OECD-Musterabkommens (BStBl I 2004, 286) entgegen. Hiernach stehe das Besteuerungsrecht ausschließlich dem spanischen Staat zu. Auch nach Art. 13 Abs. 1 DBA-Spanien könnten Gewinne aus der Veräußerung unbeweglichen Vermögens i. S. d. Art. 6 Abs. 2 DBA-Spanien nur in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem dieses Vermögen liege. Der Umstand, dass zu dieser Frage Verwaltungsanweisungen existierten, könne allenfalls dazu führen, dass hierdurch eine Behörde gebunden sei.

Die Kl. beantragen,

den Einkommensteuerbescheid 2004 vom 13.10.2006 und die EE vom 11.04.2007 abzuändern und die Einkommensteuer ohne Ansatz sonstiger Einkünfte in Höhe von 35.309,00 EUR neu festzusetzen.

Der Bekl. beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, für den Fall des Unterliegens die Revision zuzulassen.

Er macht geltend, dass nach dem DBA-Spanien das Besteuerungsrecht der BRD zustehe. Bei dem OECD-Musterabkommen handele es sich nicht um ein Gesetz, sondern lediglich um eine Vorlage für ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung zwischen zwei Staaten.

Die Vertragsstaaten Deutschland und Spanien hätten in ihrem DBA vom 14.03.1962 (a.a.O.) für die Einkünfte aus der Veräußerung von unbeweglichem Vermögen nicht die Freistellungsmethode, sondern die Anrechnungsmethode vereinbart, Art. 23 Abs. 1 Buchstabe b (ee) BDA-Spanien. Dies bedeute, dass der Wohnsitzstaat – hier: BRD – auf die zu erhebende Steuer den Betrag, der der im anderen Staat gezahlten Steuer entspreche, anrechne. Bisher sei aber die Zahlung von in Spanien gezahlter Steuer nicht nachgewiesen. Aus diesem Grund habe eine Anrechnung auf die deutsche ESt nicht vorgenommen werden können.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze der sowie auf die vorgelegten FA-Akten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung, § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO).

Die Klage ist begründet.

Nach §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören zu den sonstigen Einkünften private Veräußerungsgeschäfte von u. a. Eigentumswohnungen bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als 10 Jahre beträgt. Nach Abs. 3 des § 23 EStG ist Gewinn oder Verlust aus Veräußerungsgeschäften nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Unterschied zwischen Veräußerungspreis einerseits und den Anschaffungs- und Herstellungskosten und den Werbungskosten andererseits. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen im Streitfall vor.

Der Kl. hatte im Jahr 1999 die in Spanien gelegene ETW zum Preis von 125.000,00 DM erworben. In den folgenden Jahren fielen nachträgliche Anschaffungskosten i. H. v. 28.417,77 DM an. Die Wohnung ist im Streitjahr 2004 zum Preis von 113.750,00 EUR veräußert worden. Da nicht ersichtlich ist, dass Werbungskosten zu berücksichtigen sind, beträgt der Gewinn i. S. d. § 23 Abs. 3 EStG 35.309,00 EUR.

Für diesen Gewinn steht das Besteuerungsrecht allein Spanien zu.

Diese Frage kann allerdings nicht nach dem OECD-Musterabkommen (a.a.O.) beurteilt werden. Dass dieses Abkommen im Verhältnis der BRD zum spanischen Staat gültig sein soll, ist nicht ersichtlich. Die Fragen im Zusammenhang mit einer möglichen Doppelbesteuerung sind allein nach dem DBA-Spanien zu beantworten. Das Abkommen ist mit einem beiderseitigen Notenwechsel am 05.12.1966 geschlossen worden (BStBl. I 1968, 297 ff). Das entsprechende Gesetz ist am 05.03.1968 verkündet worden (BStBl. I 1968, 544). Danach ist das Abkommen am 14.03.1968 in Kraft getreten.

Durch das DBA-Spanien wird das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik ausgeschlossen. Gem. Art. 13 Abs. 1 DBA-Spanien werden Gewinne aus der Veräußerung unbeweglichen Vermögens im Sinne des Art. 6 Abs. 2 DBA-Spanien in dem Vertragsstaat besteuert, in dem dieses Vermögen liegt. Hier liegt die ETW in Spanien, so dass grds. das Besteuerungsrecht Spanien zusteht.

Gemäß Art. 23 Abs. 1 Buchst. a DBA-Spanien nimmt die Bundesrepublik von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer die Einkünfte aus Quellen innerhalb Spaniens aus, die nach dem DBA-Spanien in Spanien besteuert werden können, es sei denn, es liegen die unter Art. 23 Abs. 1 Buchst. b DBA-Spanien erwähnten Fälle vor.

Der Veräußerungsgewinn wird hier nicht deshalb von der Besteuerung in der Bundesrepublik erfasst, weil er zu den in Art. 23 Abs. 1 Buchst. b (ee) DBA-Spanien erwähnten Einkünften gehörte.

Ein Veräußerungsgewinn zählt nicht zu den Einkünften aus unbeweglichem Vermögen im Sinne der genannten Bestimmung. Das DBA-Spanien rechnet zu den Einkünften aus unbeweglichem Vermögen nicht den Gewinn aus einer Veräußerung. Dies ergibt sich aus Art. 6 Abs. 3 DBA-Spanien, wonach zu den Einkünften aus unbeweglichem Vermögen i.S. des Art. 6 Abs. 1 DBA-Spanien Einkünfte aus der unmittelbaren Nutzung, der Vermietung oder Verpachtung sowie jeder anderen Art der Nutzung unbeweglichen Vermögens gehören. Aus Art. 13 Abs. 1 DBA-Spanien, in dem für Veräußerungsvorgänge in Bezug auf unbewegliches Vermögen eine besondere Regelung getroffen wird, geht hervor, dass Veräußerungsvorgänge nicht als eine andere Nutzung i.S. des Art. 6 Abs. 3 DBA-Spanien angesehen werden können (so auch Bundesfinanzhof – BFH – Urteil vom 19.05.1982 I R 257/78, BStBl. II 1982, 768; FG Münster Urteil vom 16.02.2009 9 K 463/04 K, F, EFG 2009, 1222).

Insoweit besteht auch kein Widerspruch zu der Entscheidung des BFH vom 23.03.1972 I R 128/70, BStBl II 1972, 948. In dem Urteil wurde eine Teilwertabschreibung auf ein in Italien belegenes Grundstück nicht berücksichtigt. Maßgebend dafür war, dass Art.2 und Art.11 Nr.1 Buchst. a DBA-Italien vom 1.Oktober 1925 (RGBl II 1925, 1146) das Besteuerungsrecht für Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen dem Belegenheitsstaat zuweisen und Nr. 2 des Schlussprotokolls zum DBA-Italien neben den durch die unmittelbare Verwaltung und Nutzung erzielten Einkünften die durch die Vermietung, Verpachtung und jede andere Art der Nutzung des unbeweglichen Vermögens erzielten Einkünfte als von Art.2 DBA-Italien erfasst ansieht. Im Unterschied zum DBA-Spanien enthält das DBA-Italien keine Sonderregelung für Veräußerungsgewinne, die diese nicht als andere Nutzung des unbeweglichen Vermögens erscheinen lassen.

Es ist aus dem Abkommen nicht ersichtlich, dass der Begriff der Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen i.S. des Art. 6 DBA-Spanien im Rahmen des Art. 23 Abs. 1 Buchst. b (ee) DBA-Spanien in einem anderen Sinne gebraucht wird. Dazu hätte es eines ausdrücklichen Hinweises in dem Abkommen bedurft.

Dem Beklagte wird aufgegeben die Einkommensteuer für 2004 ohne den Ansatz sonstiger Einkünfte in Höhe von 35.309,00 EUR bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens (Besteuerungsgrundlage) neu zu berechnen, § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO. Dabei ist Art. 23 Abs. 1 (a) Satz 2 DBA-Spanien i. V. m. § 32 b Abs. 1 Nr. 3 EStG zu beachten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die Rechtsfrage seit dem BFH-Urteil vom 19.05.1982 I R 257/78, a.a.O. geklärt ist.

VorschriftenEStG § 23 Abs 1 Nr 1, DBA Spanien Art 6 Abs 2, DBA Spanien Art 13 Abs 1, DBA Spanien Art 23 Abs 1 Buchst a, DBA Spanien Art 23 Abs 1 Buchst b (ee), EStG § 22 Nr 2

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