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02.11.2010

Finanzgericht Niedersachsen: Urteil vom 18.05.2010 – 2 K 61/09

Bei der Ermittlung eines Veräußerungsverlustes i. S. des § 17 EStG kommt eine Kürzung der AK gemäß § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG nicht in Betracht, wenn dem Stpfl. keine § 3 Nr. 40 EStG unterliegende Einnahmen aus seiner GmbH-Beteiligung zugeflossen sind.


Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob beim Kläger ein Verlust im Sinne des § 17 Einkommensteuergesetz (EStG) der in den Streitjahren gültigen Fassung zu berücksichtigten ist.

Der Kläger war an der X-GmbH, einer Gesellschaft für …, mit einer Stammeinlage von 13.500 €, entsprechend 50% des gesamten Stammkapitals, beteiligt und zugleich deren Geschäftsführer. Mit Verträgen vom 1. April 1999 und 10. Oktober 2001 gewährte der Kläger der X-GmbH Darlehen in Höhe von 23.000 DM bzw. 20.000 DM. Die Darlehen sollten jeweils innerhalb von fünf Jahren getilgt werden. Sollte die X-GmbH in Verzug geraten oder über ihr Vermögen das Konkursverfahren eröffnet werden, konnte der Kläger den restlichen Darlehensbetrag sofort fällig stellen. Ein Jahresabschluss für die X-GmbH wurde letztmalig zum 31. Dezember 2004 erstellt. Darin waren als Verbindlichkeiten gegenüber dem Kläger Beträge von 11.759,71 € (entspricht 23.000 DM) und 10.225,85 € (entspricht 20.000 DM) ausgewiesen. Einnahmen aus Gewinnausschüttungen sind dem Kläger einmalig im Jahr 2001 für das Jahr 2000 zugeflossen.

Am 7. Dezember 2005 wurde ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der X-GmbH gestellt, welcher mit Beschluss des Amtsgerichts A vom 13. Februar 2006 mangels Masse abgewiesen wurde. Die Auflösung der Gesellschaft wurde infolgedessen in das Handelsregister eingetragen.

Im Rahmen der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2005 machte der Kläger einen Verlust i.S.d. § 17 EStG in Höhe von 105.803 € geltend. Dieser setzte sich zusammen aus der Stammeinlage von 13.500 €, an die X-GmbH gewährten Darlehen von 43.000 € und einer Inanspruchnahme des Klägers seitens der Y-GmbH in Höhe von 49.303 €. Der Kläger habe persönlich eine Forderung gegen die Y-GmbH inne gehabt. Die Y-GmbH habe in der genannten Höhe im Jahr 2005 die Aufrechnung erklärt, da der Kläger bei einer Beauftragung nicht hinreichend deutlich gemacht habe, als Vertreter der X-GmbH zu handeln.

Der Beklagte – das Finanzamt (FA) – berücksichtigte diesen Verlust im Einkommensteuerbescheid vom 5. April 2007 nicht. Bereits am 16. Mai 2005 erließ das FA einen Änderungsbescheid aufgrund der Auswertung eines Grundlagenbescheids. Im gegen diesen Bescheid angestrengten Einspruchsverfahren teilte das FA mit, der Verlust sei allenfalls im Jahr 2006 zu berücksichtigen, da in diesem Jahr die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der X-GmbH abgelehnt worden sei. Im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006 vom 4. September 2008 setzte das FA lediglich einen Verlust in Höhe von 6.750 € an. Mangels weiterer Nachweise sei nur der Ausfall mit der Stammeinlage in Höhe von 13.500 € zu berücksichtigen. Da bei der Anwendung des § 17 EStG das Halbeinkünfteverfahren zu beachten sei, dürfe auch davon nur die Hälfte in Ansatz gebracht werden. Auch gegen diesen Bescheid wendete sich der Kläger mit einem Einspruch.

Im Rahmen des Einspruchsverfahrens legte der Kläger einen weiteren mit „Rückzahlungsvereinbarung/Darlehensvertrag” überschriebenen Vertragsentwurf vor. Danach sollten die bisher gewährten Darlehen gemeinsam verwaltet und gemeinsam über eine monatliche Rate getilgt werden. Die Tilgung war innerhalb von fünf Jahren beginnend ab dem 1. Juni 2005 vorgesehen. Das Schriftstück trägt das Datum vom 16. Dezember 2004. Unterschriften für die X-GmbH oder des Klägers befinden sich nicht darauf.

Das FA wies die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 2. Februar 2009 als unbegründet zurück. Es führte im Wesentlichen aus, der Verlust nach § 17 EStG sei nur in 2006 berücksichtigungsfähig. Neben der Berücksichtigung der Stammeinlage von 13.500 € komme der Ansatz weiterer Beträge nicht in Betracht. Hinsichtlich der zivilrechtlichen Inanspruchnahme des Klägers seien keine Unterlagen vorgelegt worden. Die Darlehensvaluta betrügen nur 43.000 DM anstatt 43.000 €. Es sei zudem nicht nachgewiesen, dass die Darlehen eigenkapitalersetzenden Charakter hätten.

Hiergegen richtet sich nunmehr die Klage. Der Kläger habe der X-GmbH Darlehen gewährt, mit denen er aufgrund der Insolvenz ausgefallen sei. Die Höhe betrage allerdings nur 43.000 DM statt 43.000 €. Zudem sei er von Gläubigern der insolventen Gesellschaft in Höhe von mindestens 49.303 € in Anspruch genommen worden und habe die entsprechenden Beträge geleistet. Der sich danach ergebene Gesamtverlust von 83.818 € sei entweder im Jahr 2005 oder im Jahr 2006 zu berücksichtigen.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid über Einkommensteuer für 2006 vom 4. September 2008 in Gestalt der Einspruchsbescheides vom 2. Februar 2009 dahin zu ändern, dass die Einkommensteuer unter Berücksichtigung eines Verlustes i.S.d. § 17 EStG in Höhe von 83.818 € niedriger festgesetzt wird,

hilfsweise

den Bescheid über Einkommensteuer 2005 vom 16. Mai 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. Februar 2009 dahingehend zu ändern, dass die Einkommensteuer unter Berücksichtigung eines Verlustes i.S.d. § 17 EStG in Höhe von 83.818 € niedriger festgesetzt wird

und zwar statt bislang lediglich eines Verlustes der Stammeinlage in Höhe von 6.750 € in 2006.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen

und verweist insoweit auf seine Ausführung in der Einspruchsentscheidung. Für den bereits anerkannten Verlust sei im Hinblick auf das Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 15. Februar 2010 (BStBl. I 2010, 181) weiterhin das Halbeinkünfteverfahren anzuwenden.

Die Steuerakten der GmbH haben dem Senat zur Entscheidungsfindung vorgelegen. Das Gericht hat den Kläger unter Hinweis auf § 79b Abs. 2 und 3 Finanzgerichtsordnung (FGO) am 22. Juli 2009 unter Fristsetzung zum 10. September 2009 aufgefordert, seinen Vortrag im Hinblick auf den Ausfall der Darlehen, den Kriseneintritt und die Übernahme von Verbindlichkeiten zu substantiieren und nachzuweisen. Die Verfügung ist dem Prozessbevollmächtigten am 23. Juli 2007 zugestellt worden, auf Bl. 30 und 34 der Gerichtsakte wird Bezug genommen. Die Frist hat der Kläger ungenutzt verstreichen lassen. Erst in der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter der Prozessbevollmächtigten ein Schreiben des Klägers vom 10. Januar 2005, ein Schreiben der Y-GmbH vom 17. Mai 2010 sowie ein Strafurteil des Amtsgerichts A und ein Zivilurteil des Landgerichts B vorgelegt, worauf jeweils Bezug genommen wird.

Im Übrigen wird wegen des Sach- und Streitstands auf die Schriftsätze der Beteiligten und das Sitzungsprotokoll verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist nur zu einem geringen Teil begründet.

I. Die Klage ist in Höhe eines Teilbetrags in Höhe von 6.750 € für das Jahr 2006 begründet, da der Ausfall mit dem Stammkapital nicht lediglich zur Hälfte zu berücksichtigen ist. Im Übrigen steht nicht zur Überzeugung des Senats fest, dass dem Kläger weitere Anschaffungskosten in Zusammenhang mit der X-GmbH entstanden sind.

Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch ein Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens ein Prozent beteiligt war. Absatz 1 ist unter anderem dann entsprechend anzuwenden, wenn eine Kapitalgesellschaft aufgelöst wird (§ 17 Abs. 4 Satz 1 EStG), wobei der maßgebliche Auflösungsverlust unter Abzug der Anschaffungskosten des Steuerpflichtigen zu ermitteln ist (§ 17 Abs. 2 Satz 1EStG). Dem Kläger sind lediglich Anschaffungskosten in Höhe seiner Stammeinlage von 13.500 € entstanden, welche in voller Höhe zu einem Auflösungsverlust führen.

1. Die Anschaffungskosten in Form der Stammeinlage sind nicht unter Anwendung des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG um die Hälfte zu kürzen, da dem Kläger keinerlei dem § 3 Nr. 40 EStG unterliegende Einnahmen aus seiner Beteiligung an dem X-GmbH zugeflossen sind. Insoweit ist die Klage begründet.

a) Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteilen vom 25. Juni 2009 (IX R 42/08, BStBl. II 2010, 220), vom 14. Juli 2009 (IX R 8/09, BFH/NV 2010, 399) sowie mit Beschluss vom 18. März 2010 (IX B 227/09, DStR 2010, 639) entschieden, dass der Abzug von Erwerbsaufwand (z.B. Anschaffungskosten) in Zusammenhang mit den Einkünften aus § 17 Abs. 1 und Abs. 4 EStG jedenfalls dann nicht nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG begrenzt ist, wenn der Steuerpflichtige keinerlei durch seine Beteiligung vermittelte Einnahmen erzielt hat. Zur Begründung führt der BFH den Wortlaut des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG an, wonach Betriebsvermögensminderungen, Betriebsausgaben, Veräußerungskosten oder Werbungskosten, die mit den in § 3 Nr. 40 EStG zugrunde liegenden Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen in wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, unabhängig davon, in welchem Veranlagungszeitraum die Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen anfallen, bei der Ermittlung der Einkünfte nur zur Hälfte abgezogen werden. Entsprechendes gilt, wenn bei der Ermittlung der Einkünfte der Wert des Betriebsvermögens oder des Anteils am Betriebsvermögen oder die Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder der an deren Stelle tretende Wert mindernd zu berücksichtigen sind. Soweit keine Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen anfallen, bestehe der vom Wortlaut der Vorschrift geforderte wirtschaftliche Zusammenhang nicht. Darüber sei es Sinn und Zweck des Halbabzugsverbots des § 3c EStG, bei steuerfreien Einnahmen keinen doppelten steuerlichen Vorteil durch den zusätzlichen Abzug von unmittelbar mit diesen Einnahmen zusammenhängenden Aufwendungen in voller Höhe erzielen zu können.

b) Nach dieser Rechtsprechung war der Ausfall des Klägers mit seiner Stammeinlage als Anschaffungskosten der Beteiligung nicht lediglich zur Hälfte zu berücksichtigen. Denn der Kläger hatte durch seine Beteiligung keinerlei dem § 3 Nr. 40 EStG unterliegenden Einnahmen und der gemeine Wert der GmbH-Beteiligung war aufgrund der Insolvenz mit 0 € anzusetzen.

Zwar erhielt der Kläger im Jahr 2001 eine Ausschüttung der X-GmbH für das Jahr 2000. Diese unterlag jedoch nicht dem § 3 Nr. 40 EStG, welcher nach § 52 Abs. 4b Nr. 1 EStG in der für die Streitjahre maßgebenden Fassung erstmals für Gewinnausschüttungen anzuwenden war, auf die bei der ausschüttenden Körperschaft der durch Art. 3 des Gesetzes zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung (StSenkG 2001/2002) vom 23. Oktober 2000 (BGBl I 2000, 1433) aufgehobene Vierte Teil des Körperschaftsteuergesetzes (Anrechnungsverfahren) nicht mehr anzuwenden ist. Die Vorschriften des früheren Anrechnungsverfahrens sind gemäß § 34 Abs. 10a Satz 1 Nr. 1 des Körperschaftsteuergesetzes i.d.F. des StSenkG 2001/2002 – KStG 2001 – (heute § 34 Abs. 12 Satz 1 Nr. 1 KStG) letztmals für offene Gewinnausschüttungen anzuwenden, die in dem ersten Wirtschaftsjahr erfolgen, für das das KStG 2001 erstmals anzuwenden ist; dies ist das Jahr 2001 (§ 34 Abs. 1 KStG 2001). Vielmehr war weiterhin das Anrechungsverfahren anzuwenden. Da der eingangs zitierte Wortlaut des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG aber gerade einen wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem § 3 Nr. 40 EStG unterliegenden Einnahmen fordert, ist für die Anwendung des Halbabzugsverbots kein Raum. Dies ergibt sich auch aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift, da der Kläger zu keinem Zeitpunkt steuerfreie bzw. teilweise steuerfreie Einnahmen aus seiner Beteiligung erlangt hat. Zwar hat der BFH in den angegebenen Entscheidungen stets betont, das Halbabzugsverbot sei dann nicht anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige keinerlei Einnahmen aus der Beteiligung erzielt. Ausweislich der Entscheidungsbegründungen dürfte diese Aussage sich aber nur auf bereits dem Halb- oder Teileinkünfteverfahren unterliegende Einnahmen beziehen. Hiervon gehen – soweit ersichtlich einhellig – auch die in der Literatur vertretenen Stimmen aus (Kaufmann/Sollte, FR 2009, 1121, 1125; Korn, DStR 2009, 2509, 2512; Jehke/Pitzal, DStR 2010, 256, 258; Schmidt/Heinicke, EStG, 29. Auflage 2010, § 3c Rn. 30; wohl auch Erhard, in: Blümich, EStG, § 3c Rn. 55). Der Senat schließt sich dieser Auffassung an. Soweit das Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz im Urteil vom 12. November 2009 (6 K 2084/07, EFG 2010, 318) eine davon abweichende Ansicht vertritt, vermag dies den Senat nicht zu überzeugen. Das FG bejaht einen wirtschaftlichen Zusammenhang zu den noch nicht dem § 3 Nr. 40 EStG unterliegenden Einnahmen und begründet dies mit einer zulässigen Typisierung des Gesetzgebers. Die Frage, ob der Gesetzgeber in der gegebenen Weise typisieren durfte, stellt sich aber erst, nachdem die Anwendbarkeit der Regelung auf den Streitfall geklärt ist. Bereits dies ist aufgrund der obigen Ausführungen zu verneinen.

Soweit sich das FA demgegenüber auf die Ausführungen aus dem genannten Schreiben des Bundesfinanzministeriums berufen, führt dies nicht zu einer anderen Beurteilung. Der BFH hat sich mit den entsprechenden Einwendungen bereits im Beschluss vom 18. März 2010 (IX B 227/09, a.a.O.) auseinandergesetzt. Der Senat schließt sich diesen Ausführungen an.

c) Der sich danach ergebende zusätzliche Verlustbetrag ist – wovon das FA bisher zutreffendweise ausgegangen ist – im Jahr 2006 zu berücksichtigen. Nach ständiger Rechtsprechung setzt das Entstehen des Auflösungsgewinns oder -verlusts gemäß § 17 Abs. 2 und 4 EStG nicht nur die zivilrechtliche Auflösung voraus; erforderlich ist zudem, dass feststeht, ob und in welcher Höhe der nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG wesentlich beteiligte Gesellschafter mit einer Zuteilung und Rückzahlung von Vermögen der Gesellschaft rechnen kann, sowie ferner, welche nachträglichen Anschaffungskosten der Beteiligung anfallen und welche Veräußerungs-/Aufgabekosten er persönlich zu tragen hat. Diese Voraussetzungen sind im Falle der Auflösung mit anschließender Liquidation häufig erst im Zeitpunkt des Abschlusses der Liquidation erfüllt. Findet hingegen eine Liquidation mangels Masse nicht statt, so ist der auf einen Zeitpunkt zu ermittelnde Auflösungsverlust bereits bei Ablehnung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenz- bzw. des früheren Konkursverfahrens entstanden (BFH-Urteil vom 12. Oktober 1999, VIII R 46/98, BFH/NV 2000, 561). Da der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der X-GmbH im Jahr 2006 abgelehnt wurde, ist der Auflösungsverlust im genannten Jahr zu berücksichtigen.

2. Im Übrigen ist die Klage unbegründet, da nicht zur Überzeugung des Senats feststeht, dass dem Kläger weitere Anschaffungskosten auf seine Beteiligung entstanden sind.

a) Zu den Anschaffungskosten einer Beteiligung gehören auch nachträgliche Aufwendungen auf die Beteiligung, wenn sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und weder Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen noch Veräußerungskosten sind. Unter diesen Umständen zählt zu diesen Aufwendungen auch die Wertminderung des Rückzahlungsanspruchs aus einem der Gesellschaft gewährten Darlehen. Ein Darlehen ist durch das Gesellschaftsverhältnis u. a. dann veranlasst, wenn im Zeitpunkt seiner Gewährung oder Weitergewährung die Gesellschaft entweder insolvenzreif ist oder wenn die Insolvenzreife zwar noch nicht eingetreten ist, die Rückzahlung des Darlehens aber angesichts der finanziellen Situation der Gesellschaft in dem Maße gefährdet ist, dass ein ordentlicher Kaufmann das Risiko einer Kreditgewährung zu denselben Bedingungen wie der Gesellschafter nicht mehr eingegangen wäre (sog. Krise). Was im Fall der Hingabe des Darlehens in der Krise der Gesellschaft gilt, gilt auch bei einem der Gesellschaft vor der Krise gewährten Darlehen, wenn der Gesellschafter das Darlehen stehenlässt, obwohl er es hätte abziehen können und es angesichts der veränderten finanziellen Situation der Gesellschaft absehbar war, dass die Rückzahlung gefährdet war. Auf die Prüfung, wann die Krise eingetreten ist und wann der Gesellschafter hiervon Kenntnis erlangt hat, kann verzichtet werden, wenn der Gesellschafter schon in einem früheren Zeitpunkt mit bindender Wirkung gegenüber der Gesellschaft oder den Gesellschaftsgläubigern zu erkennen gegeben hat, dass er das Darlehen auch in der Krise stehenlassen werde. Denn zu einer solchen Erklärung wäre ein Darlehensgeber, der nicht auch Gesellschafter ist, mit Rücksicht auf das ihm bei Gefährdung des Rückzahlungsanspruchs regelmäßig zustehende außerordentliche Kündigungsrecht im Allgemeinen nicht bereit (zum Ganzen ausführlich BFH-Urteil vom 4. November 1997, VIII R 18/94, BStBl. II 1999, 344 m.w.N.).

Diese Voraussetzungen sind für die vom Kläger an die X-GmbH gewährten Darlehen nicht gegeben. Der Kläger hat zum Eintritt der Krise der X-GmbH keinerlei Angaben gemacht. Aus der Steuerakten der X-GmbH ergeben sich für die Jahre der Darlehensgewährung (1999 und 2001) auch keine entsprechenden Anhaltspunkte, zumal die Bilanz zum 31. Dezember 2001 eine positives, das Stammkapital übersteigendes Kapitalkonto ausweist.

Die Darlehen waren auch nicht krisenbestimmt. Weder hat der Kläger dafür sprechende Umstände vorgetragen, noch ergeben sich Anhaltspunkte aus den Akten, insbesondere, da der Kläger die Darlehen bei Eintritt des Verzugs sofort fällig stellen konnte.

Ebenso wenig steht dem Kläger ein höherer Verlust unter dem Gesichtspunkt der stehengelassenen Darlehen zu. Der Wert der Darlehensforderung bei Eintritt der Krise ist nach dem Grad der Wahrscheinlichkeit ihrer Werthaltigkeit zu schätzen. Maßgeblich ist der Betrag, den der Gesellschafter bei einer fiktiven Veräußerung der Darlehensforderung von einem fremden Dritten erhalten hätte. Das entspricht dem gemeinen Wert der Forderung, aber auch ihrem Teilwert. Das wird im Allgemeinen die zu erwartende Insolvenzquote, kann aber im Einzelfall – insbesondere bei einer plötzlichen Krise mit anschließender Liquidation mangels Masse – auch ein Betrag von 0 € sein (vgl. BFH-Urteil vom 10. November 1998, VIII R 7/96, BStBl. II 1999, 348). Der Kläger hat trotz entsprechender Aufforderungen weder zum Eintritt der Krise, noch zur Werthaltigkeit der Darlehensforderungen zu diesem Zeitpunkt vorgetragen. Der Senat ist daher nicht in der Lage, eine sachgerechte Schätzung des gemeinen Werts der Forderung vorzunehmen, zumal der Kläger auch zum Verlauf der aufgrund der späteren Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu unterstellenden Krise – etwa unter dem Gesichtspunkt des plötzlichen Kriseneintritts – keinerlei Angaben gemacht hat. Der Zeitpunkt des Eintritts der Krise ist auch den Akten der X-GmbH nicht zu entnehmen. Zwar enthielt die Bilanz auf den 31. Dezember 2004 erstmals einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag. Es bleibt aber mangels entsprechenden Vortrags offen, inwieweit dieser Fehlbetrag etwa unter Berücksichtigung bei der GmbH vorhandener stiller Reserven hätte kompensiert werden können. Die danach bestehenden Ungewissheiten gehen zu Lasten des Klägers, welcher die Feststellungslast im Hinblick auf die begehrten Verluste trägt.

Der Eintritt der Krise bzw. eine Krisenbestimmung der Darlehen können auch weder aus der Vereinbarung vom 16. Dezember 2004 noch aus dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Schreiben des Klägers vom 10. Januar 2005 hergeleitet werden. Die erstgenannte Vereinbarung wurde bereits nicht unterzeichnet, so dass für den Senat nicht erkennbar ist, ob es sich dabei um einen bloßen Vertragsentwurf handelt, welcher nicht in die Tat umgesetzt wurde. Das in der mündlichen Verhandlung überreichte mit der Überschrift „Kredite” versehene Schreiben weist bereits keinen Adressaten auf. Es ist damit nicht ersichtlich, ob die entsprechende Erklärung überhaupt die an die X-GmbH gewährten Darlehen betrifft. Der Senat verkennt dabei nicht, dass der Kläger das Briefpapier der X-GmbH verwendet hat. Diesem Umstand kommt aber keine weitere Bedeutung zu, da der Kläger auch deren Geschäftsführer war.

Letztlich kann ein weiterer Verlust in Zusammenhang mit den Darlehen bereits deshalb keine Berücksichtigung finden, da der Kläger entgegen der gerichtlichen Aufforderung nicht nachgewiesen hat, in welcher Höhe er mit den Darlehen ausgefallen ist. Es kann nicht ohne weiteres zu seinen Gunsten unterstellt werden, er sei in voller Höhe mit dem Darlehen ausgefallen, da deren Entwicklung seit dem Jahresabschluss für 2004 bis zum Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens offen ist.

b) Auch aus den mit der Y-GmbH in Zusammenhang stehenden Vorgängen ergeben sich keine nachträglichen Anschaffungskosten des Klägers.

aa) Der ursprüngliche Vortrag, wonach der Kläger einen Anspruch gegen die Y-GmbH gehabt habe, welche ihrerseits im Jahr 2005 die Aufrechnung erklärt habe, führt zu keiner für den Kläger günstigen Entscheidung. Zum einen ist der entsprechende Vortrag nicht nachgewiesen und kann im Hinblick auf das sogleich unter bb) erläuterte Schreiben ohne zugehörige Nachweise auch nicht als wahr unterstellt werden, zumal darin ein anderer Zeitpunkt (2006) genannt ist. Zum anderen wäre der entsprechende Vortrag ohnehin nicht geeignet, nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung zu begründen. Denn wenn der Kläger tatsächlich die Vertretung der X-GmbH nicht hinreichend deutlich gemacht hätte, hätte er damit eine eigene Verbindlichkeit in Form eines Eigengeschäfts des Vertreters begründet (vgl. Dörner, in: Schulze/Dörner/Ebert, BGB, 5. Auflage 2007, § 164 Rn. 4). Dementsprechend wäre durch die Aufrechnung auch nur eine eigene Verbindlichkeit des Klägers zum Erlöschen gebracht worden. Ein Bezug zu seiner Beteiligung an der X-GmbH ergibt sich daraus indes nicht.

bb) Aufgrund des in der mündlichen Verhandlung überreichten Schriftsatzes der Y-GmbH soll der Kläger hingegen im Wege eines Vergleichs im Jahr 2006 eine Verbindlichkeit der X-GmbH getilgt haben. Inwieweit dieser Vorgang zu nachträglichen Anschaffungskosten auf die Beteiligung führt bedarf indes keiner weiteren Erörterung, da der mit Überreichung des Schriftsatzes vom Kläger in Bezug genommene Sachvortrag gemäß § 79b Abs. 3 Satz 1 FGO als verspätet zurückgewiesen wird. Danach kann das Gericht Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf einer nach den Absätzen 1 und 2 gesetzten Frist vorgebracht werden unter weiteren Voraussetzungen zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden. Dies gilt nach § 79b Abs. 3 Satz 3 FGO nicht, wenn es mit geringem Aufwand möglich ist, den Sachverhalt auch ohne die Mitwirkung des Beteiligten zu ermitteln.

Dem Kläger wurde mit der an den Prozessbevollmächtigten zugestellten Verfügung vom 22. Juli 2009 wirksam eine Präklusionsfrist gesetzt, die ungenutzt verstrichen ist. Die Zulassung des Vortrags hätte den Rechtsstreit verzögert (§ 79b Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Denn aufgrund der Abweichung vom bisherigen Vortrag und der sich daraus ergebenden Unklarheit, welcher der vorgetragenen Sachverhaltsvarianten zu folgen ist, wäre eine weitere Sachverhaltsermittlung nötig gewesen. Hierzu wäre insbesondere die Vernehmung des Geschäftsführers der Y-GmbH in Betracht gekommen, welche, da dieser im Rahmen der mündlichen Verhandlung nicht anwesend war, zu einer Verzögerung geführt hätte. Der Kläger bzw. der Vertreter der Prozessbevollmächtigten haben die Verspätung nicht genügend entschuldigt (§ 79b Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO). Vielmehr wurde in der mündlichen Verhandlung zugestanden, nicht rechtzeitig auf die Fristsetzung reagiert zu haben. Soweit darüber hinaus auf die Krankheit der Ehefrau des Vertreters der Prozessbevollmächtigten abgestellt wurde, stellt dies keine hinreichende Entschuldigung dar. Denn die Prozessbevollmächtigte ist eine Steuerberatungsgesellschaft, welche nicht nur über einen Berufsträger verfügt. Es wäre dementsprechend möglich gewesen, dass das Mandat für Zeiten der Verhinderung eines Steuerberaters durch einen Kollegen übernommen wird. Die Verfügung enthielt ferner eine Belehrung im Sinne des § 79b Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 FGO, in welcher der Kläger auf die Folgen den Fristversäumnis hingewiesen wurde. Schließlich war es dem Senat nicht möglich, aufgrund der erst in der Verhandlung eingereichten Unterlagen, den Sachverhalt mit geringem Aufwand selbst zu ermitteln. Dabei war insbesondere zu berücksichtigen, dass der Kläger die entsprechenden Umstände als ehemaliger Geschäftsführer der X-GmbH kennt bzw. kennen muss. Wenn es, wie aus den Widersprüchlichkeiten im Sachvortrag und den kaum aussagekräftigen Unterlagen hervorgeht, nicht einmal dem Kläger möglich ist, den Sachverhalt aufzuklären, gilt gleiches für den Senat.

Von dem nach § 79b Abs. 3 Satz 1 FGO eingeräumten Ermessen macht der Senat in der Weise Gebrauch, dass das verspätete Vorbringen des Klägers zurückgewiesen wird. Der Kläger ist seinen prozessualen Mitwirkungspflichtigen nur unzureichend nachgekommen. Er muss daher im Hinblick auf die von § 79b FGO beabsichtigte Konzentration und Beschleunigung des Verfahrens und vor dem Hintergrund seiner eigenen Verantwortlichkeit, zumal er als Geschäftsführer und Darlehensgeber der X-GmbH und aufgrund der angeblichen Tilgung von Schulden der X-GmbH in unmittelbarer Nähe der zu beurteilenden Vorgänge stand, die Einschränkung seines Vorbringens hinnehmen.

Außerdem weist der Senat darauf hin, dass auch unter Zugrundelegung des nunmehr von der Y-GmbH bestätigten Vergleichs nicht zwingend von nachträglichen Anschaffungskosten auf die Beteiligung auszugehen wäre. Zwar käme bei Tilgung einer Zahlungsverpflichtung eine verdeckte Einlage mit der Folge nachträglicher Anschaffungskosten in Betracht. Jedoch kann im Hinblick auf die ebenfalls vorgelegten Urteile, deren Sachverhalte nach den Angaben der Prozessbevollmächtigten den Umständen, welche zur Inanspruchnahme durch die Y-GmbH geführt haben, ähnlich seien, eine Verpflichtung der X-GmbH selbst durch die entsprechende Bestätigung nicht als zweifelsfrei betrachtet werden. Insbesondere im Urteil des Landgerichts B wird eine persönliche Verpflichtung des Klägers als Gesellschafter der Z-GbR angenommen, obwohl auf dem Deckblatt eines entsprechenden Vertrags der Stempel der X-GmbH angebracht war. Sollten die Vorgänge in Zusammenhang mit der Y-GmbH tatsächlich ähnlich gewesen sein, kann aus deren Bestätigung eine Verpflichtung der X-GmbH nicht zweifelsfrei hergeleitet werden. Denn für einen juristischen Laien – dies kann bei dem Geschäftsführer der Y-GmbH unterstellt werden – dürfte die Frage, ob Vertragspartner und damit Verpflichteter die X-GmbH, die Z-GbR oder der Kläger selbst ist, regelmäßig nicht ohne Weiteres zu beurteilen sein. Dementsprechend kann gerade in Zusammenhang mit den vorgelegten Urteilen und den damit verbundenen Erklärungen der Prozessbevollmächtigten weiterhin nicht von einer Verpflichtung der X-GmbH ausgegangen werden, die der Kläger ggf. getilgt hätte. Es steht insoweit insbesondere im Hinblick auf den zunächst vorgetragenen Sachverhalt, welche eine gewisse Bestätigung im Urteil des Landgerichts B findet, nicht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Y-GmbH überhaupt eine Forderung gegen die X-GmbH inne hatte. Hieran kann abschließend auch die Verurteilung des Klägers durch das Amtsgerichts A nichts ändern. Es ist schon nicht ersichtlich, inwieweit das Urteil den Kläger zu der angeblich an die Y-GmbH in den Jahren 2005 oder 2006 geleistete Zahlung bewegt haben soll, da das Urteil vom 24. Mai 2007 stammt. Eine Zahlung kann überdies damit ohnehin nicht nachgewiesen werden.

c) Soweit der Kläger seinem Hilfsantrag nach eine Steuerminderung im Jahr 2005 begehrt, dringt er mit diesem Begehren schon nicht durch, weil weitere Beträge – wie ausgeführt – allenfalls im Jahr 2006 zu berücksichtigen wären.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO, da der Kläger mit seinem Begehren nur zu einem geringen Teil durchgedrungen ist.

III. Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO zuzulassen. Der BFH hat die Frage, ob die Anwendung des § 3c Abs. 2 EStG auch dann ausgeschlossen ist, wenn dem Steuerpflichtigen zwar Einnahmen aus der Beteiligung zugeflossen sind, diese aber noch nicht der Vorschrift des § 3 Nr. 40 EStG unterlagen, ausdrücklich noch nicht beantwortet. Vielmehr ließe sich im Hinblick auf die bisher vom BFH verwendete Formulierung, welche das Halbabzugsverbot nur bei „keinerlei durch seine Beteiligung vermittelten Einnahmen” ausschloss (so zuletzt im Beschluss vom 18. März 2010, IX 

VorschriftenEStG § 17, EStG § 3c Abs. 2 Satz 1, EStG § 3 Nr. 40

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