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30.09.2010 · IWW-Abrufnummer 102799

Oberlandesgericht Koblenz: Beschluss vom 01.04.2010 – 2 U 1120/09

. Für den Rücktritt vom PKW-Kaufvertrag ist eine Fristsetzung zur Nachbesserung nur entbehrlich, wenn mindestens zwei fehlgeschlagene Nachbesserungsversuche vorgelegen haben und zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung der Mangel noch bestanden hat.


2. Wird beim PKW-Kaufvertrag ein Fahrzeug in Zahlung gegeben und löst der Verkäufer eine noch laufende Finanzierung für das Altfahrzeug ab, handelt sich um einen einheitlichen Kaufvertrag (in Anknüpfung BGHZ 175, 286 = Urteil vom 20.02.2008 - VIII ZR 334/06 -= NJW 2008, 2028).


OLG Koblenz

Beschluss vom 01.04.2010

2 U 1120/09

vorhergehend: LG Koblenz, 07.09.2009 - 5 O 339/08

in dem Rechtsstreit XXX

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch
...
am 01. April 2010
e i n s t i m m i g
beschlossen:

...

Gründe:

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht. Die Berufung hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Die Gründe werden nachfolgend dargestellt. Dem Kläger wird eine Frist zur Stellungnahme gesetzt bis zum 27. April 2010. Der Senat regt zur Vermeidung weiterer Kosten an, dass die Berufung zurückgenommen wird. Im Einzelnen:

I.

Der Kläger verlangt im Wege der Mängelgewährleistung die Rückabwicklung eines Kaufvertrages über ein Neufahrzeug.

Am 16.3.2007 bestellte der Kläger bei der Beklagten (VW-Vertragshändler) einen VW Touareg V10 TDI 5,0 I zu einem zu finanzierenden Kaufpreis von 94.758,97 €. Zugleich bot er der Beklagten sein typengleiches Altfahrzeug zum Preis von 45.000 € zum Kauf an. Das Neufahrzeug wurde dem Kläger am 5.6.2007 gegen Rückgabe des Gebrauchtfahrzeugs übergeben und am gleichen Tag in Rechnung gestellt. Die Beklagte löste die noch laufende Finanzierung des Altfahrzeugs in Höhe von 51.120,76 € ab.

Ab Ende 2007 traten bei dem VW Touareg wiederholt Probleme mit der Motorsteuerung auf, deren Ursache im Zusammenhang mit einem defekten, jedenfalls nicht ordnungsgemäß funktionierenden Drehzahlgeber stand. In diesen Fällen sprang der Motor nicht an und das Fahrzeug musste abgeschleppt werden.

Am 5.11.2007 wurde das Fahrzeug bei Kilometerstand 21.369 auf dem Betriebsgelände der Beklagten eingeschleppt. In der Werkstatt der Beklagten wurde ein Defekt des Drehzahlgebers festgestellt und dieser wurde im Rahmen der Mängelgewährleistung kostenlos ersetzt.

Am 25.1.2008 fuhr der Kläger den VW Touareg bei Kilometerstand 31.890 zur Durchführung der fälligen Wartung (Intervallservice) bei der Beklagten vor. Im Rahmen der Wartungsarbeiten sprang der Motor zunächst nicht an, woraufhin seitens der Beklagten die Kontakte des Kabelsteckers des Drehzahlgebers nachgearbeitet wurden. Am 6.5.2008 führte der Kläger sein Fahrzeug bei Kilometerstand 38.424 bei dem Autohaus Thomas, einem weiteren VW/Audi-Vertragshändler in N., zwecks Durchführung einer Motordiagnose vor. Am 25.6.2008 wurde der VW Touareg wiederum in die Werkstatt der Beklagten eingeschleppt (Kilometerstand 40.364). Nach Durchführung einzelner - zwischen den Parteien streitiger - Arbeiten blieb das Fahrzeug zunächst auf dem Betriebsgelände der Beklagten stehen. Nach Rückkehr aus seinem Urlaub holte der Kläger den VW Touareg, nachdem er hierzu von der Beklagten aufgefordert worden war, am 10.7.2008 wieder ab.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 29.7.2008 ließ der Kläger die "Wandlung" des Kaufvertrags erklären mit der Begründung, die Beklagte habe das Problem mit dem Drehzahlfühler, welches mehrmals (zuletzt am 25.6.2008) dazu geführt habe, dass der Touareg ohne Vorwarnung stehen geblieben sei und jeweils habe abgeschleppt werden müssen, bei ihren wiederholt fehlgeschlagenen Nachbesserungsversuchen nicht in den Griff bekommen. Mit anwaltlichem Schreiben vom 19.8.2008 wurde für die Beklagte Einverständnis mit der Rückabwicklung der getroffenen Vereinbarungen erklärt, jedoch mit dem Vorbehalt, sich in einem eventuellen späteren gerichtlichen Verfahren auf die Unwirksamkeit des Rücktritts berufen zu können.

Die Parteien haben darüber gestritten, ob zwischen ihnen ein einheitlicher Kaufvertrag unter Einbeziehung des in Zahlung genommenen Altfahrzeugs geschlossen worden ist. Dieser Streitpunkt hat sich inzwischen dadurch erledigt, dass die Beklagte im Verlaufe des Rechtsstreits das Altfahrzeug anderweitig veräußert hat und damit nicht mehr zur Rückgabe an den Kläger in der Lage ist. Die Parteien streiten nunmehr im Wesentlichen darüber, ob der Rücktritt vom Kaufvertrag wegen wiederholt fehlgeschlagener Nachbesserungsversuche im Zusammenhang mit dem Drehzahlgeber berechtigt war.

Der Kläger hat die Beklagte auf Zahlung von 78.091,21 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4.9.2008 Zug um Zug gegen Übergabe des Fahrzeugs der Marke Touareg nebst sämtlichen Fahrzeugpapieren in Anspruch genommen.

Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Er erstrebt unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zur Zahlung von 78.091,21 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 04.09.2008 Zug um Zug gegen Übergabe seines PKW Touareg nebst Fahrzeugpapieren zu verurteilen.

II.

Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg.

1) Das Landgericht hat einen Anspruch des Klägers auf Rückabwicklung des Kaufvertrages infolge des erklärten Rücktritts verneint. Es hat die Klage im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, dass der Kläger eine Frist zur Beseitigung des in Rede stehenden Mangels nicht gesetzt habe und auch eine Entbehrlichkeit einer Fristsetzung eines Nachbesserungsverlangens gemäß § 440 BGB nicht angenommen werden könne, da nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nur von einem fehlgeschlagenen Nachbesserungsversuch ausgegangen werden könne. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung und trägt vor, dass es nicht nur einen fehlgeschlagenen Nachbesserungsversuch, sondern drei fehlgeschlagene Nachbesserungsversuche gegeben habe. Der Angriff der Berufung verfängt nicht.

2) Zunächst ist davon auszugehen, dass die Parteien keine einvernehmliche Rückabwicklung des Kaufvertrages vereinbart haben. Der Kläger hat zwar am 25.06.2008 persönlich die Wandlung des Kaufvertrages erklärt (GA 50, K 4 GA 55/56 ) und sich dahingehend geäußert, dass er vor dem Hintergrund, dass das Fahrzeug jedes Mal ohne Vorwarnung stehen geblieben sei, an dem Fahrzeug keinerlei Interesse mehr habe. Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten hat der Kläger am 29.07.2008 (K 4, GA 56) vorsorglich das Wandlungsbegehren nochmals wiederholt. Die Beklagte hat zwar mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 19.08.2008 (K 2, GA 11/12) das Einverständnis mit der Wandlung erklärt, allerdings verlangt, dass auch der in Zahlung gegebene Altwagen zurückgenommen werde. Der Kläger könne nicht anstatt des damals noch nicht weiter veräußerten Altwagens den dafür angerechneten Betrag verlangen. Die Beklagte hat darauf verwiesen, dass der in Zahlung genommene Altwagen des Klägers mit 45.000,00 € bewertet worden sei, die Beklagte jedoch den für Altwagen laufenden Kredit des Klägers in Höhe 51.120,76 € abgezahlt habe. Die Beklagte ist unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 20.02.2008 - VIII ZR 334/06 - BGHZ 175, 286 = NJW 2008, 2028) dem Vortrag des Klägers entgegengetreten, dass es sich um zwei selbständige Kaufverträge, sondern um einen einheitlichen Kaufvertrag gehandelt habe. Der Kläger war ausweislich des Schreibens seiner Prozessbevollmächtigten vom 01.09.2008 (K 3, GA 14) mit dieser Verfahrensweise nicht einverstanden und beharrte darauf, dass kein einheitlicher Kaufvertrag vorliege. Zudem hat sich die Beklagte in ihrem Schreiben vom 19.08.2008 (GA 12) ausdrücklich vorbehalten, in einem eventuell späteren Gerichtsverfahren sich auf die Unwirksamkeit des erklärten Rücktritts zu berufen.

Zwar hat die Zeugin H., Bürokauffrau bei der Beklagten, in der Beweisaufnahme erklärt, dass der Kläger einmal bei der Beklagten angerufen und geäußert habe, er habe das Fahrzeug "endgültig satt" und wolle es nicht mehr repariert haben. Die Zeugin, die lediglich an der Information gesessen hatte, konnte aber über den weiteren Ablauf nichts bekunden, insbesondere darüber nicht, ob sich die Beklagte mit der Rückabwicklung einverstanden erklärt hat.

Von einer einvernehmlichen Rückabwicklung des Kaufvertrages kann mithin nicht ausgegangen werden.

3) Dem Kläger steht aufgrund der von ihm erklärten "Wandlung" bzw. des Rücktritts kein Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages gemäß §§ 434, 437 Nr. 2, 440, 323 BGB wegen eines Sachmangels zu. Die Probleme mit der Motorsteuerung des VW Touareg im Zusammenhang mit einem defekten bzw. nicht ordnungsgemäß funktionierenden Drehzahlgeber, der ein wiederholtes Nichtanspringen des Motors verursachte, stellte einen Sachmangel im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 2 BGB dar. Dieser Mangel war bereits bei Auslieferung des Fahrzeugs vorhanden, so dass es auf die Vermutungswirkung des § 476 BGB nicht ankommt. Ohnehin findet diese Vorschrift keine Anwendung, da kein Verbrauchsgüterkauf vorliegt.

Der Rücktritt vom Vertrag war aber bereits deshalb ausgeschlossen, weil zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung am 25.06.2008 und Durchführung der Reparaturmaßnahmen der Mangel nach eigenem Vortrag des Klägers nicht mehr aufgetreten ist (vgl. BGH, NJW 2009, 508). Das Fahrzeug hat ausweislich des Tachofotos (GA 172) seitdem nur noch geringe Fahrleistungen zurückgelegt (25.06.2008 40.364 km; 02.06.2009 43.650 km).

4) Im Übrigen ist der Senat mit dem Landgericht der Auffassung, dass eine angemessene Fristsetzung zur Nacherfüllung nur dann entbehrlich gewesen wäre, wenn die dem Kläger zustehende Nacherfüllung fehlgeschlagen oder unzumutbar wäre. Zutreffend führt das Landgericht aus, dass eine Nachbesserung erst nach dem erfolglosen zweiten Versuch als fehlgeschlagen gilt (BGH Urteil vom 11.02.2009 - VIII ZR 274/07 - VRS 116, 174; BGH Urteil vom 15.11.2006 - VIII ZR 166/06 - NJW 2007, 504; OLG Düsseldorf Urteil vom 29.01.2007 I -1 U 59/07).

Das Landgericht ist aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass nur von einem fehlgeschlagenen Nachbesserungsversuch der Beklagten in Bezug auf den Mangel am Drehzahlgeber auszugehen war. Die Beklagte hat am 05.11.2007 einen Defekt am Drehzahlgeber als Ursache für das Nichtanspringen des Motors diagnostiziert und den Drehzahlgeber erneuert. Dieser Nachbesserungsversuch schien zumindest zunächst erfolgreich, hat sich später jedoch als fehlgeschlagen erwiesen.

Entgegen der Auffassung der Berufung des Klägers trat am 25.01.2008 kein weiterer fehlgeschlagener Nachbesserungsversuch am Drehzahlgeber auf. Der Kläger begab sich an diesem Tag nicht in die Werkstatt des Beklagten, weil der Motor nicht angesprungen war, sondern weil er eine Wartung bzw. Inspektion durchführen ließ. Der Kläger hat selbst das Fahrzeug in den Betrieb der Beklagten gefahren. Bei der Wartung hat die Beklagte einen Wackelkontakt am Kabelstecker des Drehzahlgebers beseitigt. Nach der Wartung hat der Kläger das Fahrzeug abgeholt und ist bestimmungsgemäß mit dem Fahrzeug gefahren.

Am 06.05.2008 wurde zwar das Fahrzeug des Klägers zu dem Autohaus T. (Audi Vertragswerkstatt) nach N. abgeschleppt und dort überprüft. Ausweislich des Diagnoseprotokolls war als Fehler ausgewiesen "Geber für Motordrehzahl G 28 kein Signal" (B 8, GA 186). Der Kläger hat jedoch dort keine Reparatur durchführen lassen. Der Kläger hat wohl seinen ursprünglichen Vortrag, es seien die Steckkontakte des Kabelsteckers überprüft und vorsorglich der Drehzahlgeber ausgetauscht worden, nicht mehr aufrechterhalten (GA 252). Der Kläger hat in seiner Berufung lediglich vorgetragen, es sei der Kabelstrang des Drehzahlgebers und am Stecker nachgearbeitet worden und er habe sich vorsorglich auf Anraten des Werkstattmeisters einen zusätzlichen Drehzahlgeberstecker geben lassen. Es ist nicht ersichtlich, dass anlässlich der Überprüfung des Fahrzeugs eine weitere Nachbesserung fehlgeschlagen wäre. Hinzu kommt, dass der Kläger nicht ausreichend dargelegt und beweisen hat, dass das Autohaus T. als Vertragswerkstatt von VW Erfüllungsgehilfin der Beklagten war. Die vom Kläger in Bezug genommenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Verkauf von fabrikneuen Kraftfahrzeugen und Anhängern (NWVB) mit der darin enthaltenen Ermächtigung zur Vornahme der Nachbesserung in anderen autorisierten Vertragswerkstätten (Ziffer VII 2 a) liegen nicht vor bzw. es ist nicht ersichtlich, dass diese Vertragsinhalt geworden sind.

Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme vor dem Landgericht kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der ursprüngliche Mangel am Drehzahlgeber am 25.06.2008 erneut aufgetreten ist. Der VW Touareg ist zwar mit einem Anhänger in die Werkstatt der Beklagten gebracht worden, er konnte jedoch problemlos vom Hänger gefahren werden. Entsprechend einer Empfehlung des Herstellers ist vorsorglich ein Abschirmkabel zwischen Drehzahlgeber und Motorsteuergerät eingebaut worden, um Störungen zu vermeiden (Aussagen B. und P., GA 125, 128). Ein erfolgloser Nachbesserungsversuch hat jedoch nicht stattgefunden. Der Kläger hat auch nicht den Beweis dafür erbracht, dass Grund für das Einschleppen des Fahrzeugs am 25.06.2008 mit einem Anhänger der defekte Drehzahlgeber bzw. das Nichtanspringen des Motors war. Die Beweiswürdigung des Landgerichts wird von der Berufung ohne Erfolg angegriffen.

Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 78.091,21 € festzusetzen.

RechtsgebietBGBVorschriftenBGB §§ 434, 437 Nr. 2, §§ 440, 323, 476

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